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MKL1888:Pathologie

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Pathologie“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 12 (1888), Seite 775776
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Pathologie. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 775–776. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Pathologie (Version vom 12.04.2023)

[775] Pathologie (griech.), die Lehre vom Kranksein, bez. von den Krankheiten. Während die Anatomie und Physiologie die Formen und Verrichtungen des normalen Körpers lehren, gehört der P. der ganze übrige Hauptteil der Medizin an. Die P. ruht wesentlich auf der Erkenntnis der anatomischen Veränderungen, welche die Organe unter abnormen Lebensbedingungen erfahren (pathologische Anatomie), und auf der Kenntnis der chemischen Veränderungen, welche namentlich in den Absonderungen wahrnehmbar sind (pathologische Chemie). Da die P. eigentlich erst durch die Fortschritte in der Kenntnis der pathologischen Anatomie eine Wissenschaft geworden ist, so wird vielfach der Name P. in diesem engern Sinn selbst gebraucht; namentlich bezeichnet man als spezielle P. die anatomischen Veränderungen, welche die einzelnen Organe, Herz, Lungen, Leber, Nieren etc., in Krankheitsfällen erfahren, und die Wandlungen, welche sie durchmachen müssen, um wieder zur Norm zurückzukehren. Diese Kenntnis wird durch Sektionen und durch mikroskopische Untersuchung der erkrankten Gewebe (pathologische Histologie) gewonnen. Die allgemeine P. lehrt dieselbe Materie, aber mehr nach allgemeinen Gesichtspunkten geordnet, so daß sie mehr die Prozesse selbst, die Entzündungen, die wässerigen Ausscheidungen, die Vorgänge gesteigerter oder herabgesetzter Gewebsernährung ins Auge faßt und die Ergebnisse der speziellen P. so durch Vergleichung und durch Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Thätigkeit der ganzen Systeme (Atmung, Blutbewegung, Ernährung) nutzbar macht. Das notwendige Bindeglied, welches die P. zur wirklichen Grundlage für die Beobachtung am lebenden kranken Menschen macht, ist die experimentelle P. Das Experiment gewährt in Fragen der P. große Vorteile, welche darin bestehen, daß man nach Willkür Ort, Zeit und Bedingungen eines künstlich zu produzierenden krankhaften Zustandes wählen, letztern unter den mannigfaltigsten Modifikationen zur Anschauung bringen und den für die Untersuchung der Krankheit notwendigen Tod (des Tiers) eine bestimmte Zeit nach dem Experiment herbeiführen kann. Wir verdanken dem Experiment eine Reihe der schönsten und sichersten pathologischen Thatsachen. Um einige Beispiele anzuführen, so sind es einige Fragen in Bezug auf die Ursachen der Krankheiten, in welchen das Experiment eine ganz zuverlässig Antwort gegeben hat. Wir erinnern an die Vergiftungskrankheiten, an die Übertragung mehrerer pflanzlicher und tierischer Parasiten [776] (Bandwürmer, Trichinen, Milzbrand), an die Kuhpockenimpfung, an die Beobachtungen über die Impfbarkeit der primären und sekundären Syphilis etc. Ebenso sind es einzelne pathologische Prozesse, welchen die P. durch das Experiment teils alleinigen, teils durch die Beobachtung am Krankenbett ergänzten Aufschluß verdankt. Wir erwähnen in dieser Beziehung nur die Experimente über die Gefäßverstopfungen und ihre Folgen, über Entzündung, über Gewebsneubildungen, über die Folge der Nervendurchschneidungen etc.

Wichtigste Litteratur: Rokitansky, Lehrbuch der pathologischen Anatomie (3. Aufl., Wien 1855–61, 3 Bde.); Förster, Handbuch der allgemeinen und speziellen pathologischen Anatomie (2. Aufl., Leipz. 1865, 2 Bde.); Klebs, Handbuch der pathologischen Anatomie (Berl. 1867–80); Ziegler, Lehrbuch der pathologischen Anatomie (5. Aufl., Jena 1887, 2 Bde.); Orth, Lehrbuch der speziellen pathologischen Anatomie (Berl. 1883–86); Birch-Hirschfeld, Lehrbuch der pathologischen Anatomie (2. Aufl., Leipz. 1885, 2 Bde.); Virchow, Cellularpathologie (Berl. 1871); Lotze, Allgemeine P. und Therapie als mechanische Naturwissenschaften (2. Aufl., Leipz. 1848); Perls, Lehrbuch der allgemeinen P. und Pathogenese (Stuttg. 1877); Uhle-Wagner, Handbuch der allgemeinen P. (7. Aufl., Leipz. 1876); v. Recklinghausen, Handbuch der pathologischen Anatomie (in „Deutsche Chirurgie“, Stuttg. 1883); E. Klebs, Die allgemeine P. (Jena 1887 ff., 3 Tle.); Felix v. Niemeyer, Lehrbuch der speziellen P. und Therapie (11. Aufl. von Seitz, Berl. 1884, 2 Bde.); Eichhorst, Handbuch der speziellen P. und Therapie (3. Aufl., Wien 1886–1887, 4 Bde.); Ad. Strümpell, Lehrbuch der speziellen P. und Therapie (3. Aufl., Leipz. 1886, 2 Bde.); Liebermeister, Vorlesungen über spezielle P. und Therapie (das. 1885–86, 2 Bde.); Jürgensen, Lehrbuch der speziellen P. und Therapie (das. 1886); v. Ziemssen u. a., Handbuch der speziellen P. und Therapie (das. 1875–84, 16 Bde.).