MKL1888:Moschus
[821] Moschus (Bisam), das Sekret, welches von dem männlichen Moschustier (s. d.) in einem besondern Beutel abgesondert wird. Man unterscheidet im Handel tongkinesischen (tibetischen, orientalischen) als besten, ferner kabardinischen (russischen, sibirischen), bengalischen und bucharischen M.; auch kommt die aus den Beuteln genommene Moschussubstanz (M. ex vesicis) für sich allein in den Handel; aber alle Sorten unterliegen oft arger Verfälschung. Der M. bildet eine anfangs salbenartige, später krümelige, körnige, braune, fettglänzende Masse von bitterlichem Geschmack und eigentümlichem, höchst durchdringendem und lange haftendem Geruch, welcher beim Trocknen der Substanz fast verschwindet, beim Befeuchten aber allmählich wieder stärker hervortritt und vielleicht auf einer eigentümlichen Selbstentmischung der Substanz beruht. Auch beim Zusammenreiben mit schwefelsauren und andern Metallsalzen, mit Sulfuraurat, Kampfer, Mutterkorn, Emulsionen etc. tritt der Geruch sehr zurück, doch nicht immer. Minimale Mengen von salzsaurem oder schwefelsaurem Chinin sollen den Geruch des M. völlig unterdrücken. An Wasser gibt M. 40–50, an Alkohol 8–10 Proz. lösliche Stoffe ab. M. gehört zu den flüchtigen Erregungsmitteln. Er steigert die Respiration, Zirkulation, Hautthätigkeit, Harnabsonderung; man gibt ihn als Arzneimittel [822] bei typhösen und anomalen Fiebern, Starrkrampf, Keuchhusten, Konvulsionen, Hysterie, Neurosen etc. Die Chinesen benutzen den M. seit alter Zeit, zu uns kam er erst durch die Araber; gegenwärtig wird er namentlich zu Parfümen verwendet, in welchen er sich stets dadurch verrät, daß sein Geruch unverkennbar zurückbleibt, wenn alle ätherischen Öle verdunstet sind. – Moschusgeruch findet sich, zum Teil an Drüsensekrete gebunden, noch beim Fleisch des Moschusochsen, beim Bisamschwein (Pekari), bei der Moschusratte, Bisamspitzmaus, beim Ameisenfresser, bei der türkischen Ente, bei dem Ei des Gänsegeiers, dem Alligator, bei den Schildkröten (mit Ausnahme der Landschildkröten), dem Moschusbock (Käfer), dem Moschuspolyp (Kopffüßer) und bei einer Schnecke (Fasciolaria trapezium), deren Deckel (Bisamnagel) früher als Räuchermittel diente, ferner bei der Sumbulwurzel, bei Mimulus moschatus, Malva moschata, Adoxa moschatellina, zwei Ritterspornarten vom Himalaja, sehr schwach bisweilen bei der weißen Rübe etc. – Künstlicher M., s. Bernsteinöl.
[585] Moschus. Moschusartig riechende Substanzen sind im Tier- und Pflanzenreich ziemlich weit verbreitet, auch hat man durch Behandeln von Bernsteinöl mit Salpetersäure ein moschusartig riechendes Harz gewonnen. Jetzt hat aber Bauer ein nitriertes Butyltoluol dargestellt, welches so stark und rein nach M. riecht, daß es als Surrogat des letztern angewandt werden kann. Man erhält diesen Körper, indem man Toluol unter Zusatz von Aluminiumchlorid mit Butylchlorid kocht, aus dem Produkt durch fraktionierte Destillation den bei 170–180° siedenden Teil abscheidet und mit konzentrierter Salpetersäure unter Zusatz von Schwefelsäure behandelt. Durch Waschen mit Wasser und Umkristallisieren aus Alkohol erhält man die Verbindung in gelblichweißen Kristallen.