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MKL1888:Manteuffel

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Manteuffel“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 205206
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Manteuffel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 205–206. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Manteuffel (Version vom 19.12.2023)

[205] Manteuffel, altadliges Geschlecht, das schon frühzeitig im alten Kassubenland zu den burggesessenen Herren zählte, in Pommern die höchsten geistlichen und weltlichen Ämter bekleidete und sich von hier aus nach der Mark, nach Mecklenburg, Preußen, Sachsen, Schweden und den Ostseeprovinzen verzweigte. Eine gräfliche Linie (Mannteuffell) wurde 1756 in Livland begründet und 1759 in den Reichsgrafenstand erhoben; sie existiert noch jetzt in Rußland. Die jetzige freiherrliche Linie in Sachsen und Preußen stammt von Christoph Friedrich v. Mühlendorf (geb. 1727, gest. 1803) ab, der von Ernst Christoph v. M. (geb. 1676, gest. 1749), kursächsischem Minister und Gesandten in Berlin, seit 1709 Freiherr, seit 1719 Graf, adoptiert wurde und 1742 den Namen M. mit der reichsfreiherrlichen Würde erhielt. Sein zweiter Sohn ist:

1) Georg August Ernst von, geb. 26. Okt. 1765 zu Althörnitz in der Oberlausitz, ward 1791 Supernumerarappellationsrat, 1793 Landsyndikus des Markgrafentums Niederlausitz und Mitglied des Konsistoriums in Dresden. 1797 trat er als Wirklicher Rat ins Appellationsgericht zurück, wurde 1799 Geheimer Finanzrat, 1812 Direktor des ersten Departements im Geheimen Finanzkollegium und 1813 Mitglied der Immediatkommission, welcher der König, als er Sachsen verlassen mußte, die Verwaltungsgeschäfte anvertraute. Nach der Übergabe Dresdens an die Verbündeten ward er als angeblicher Anhänger der Franzosen nach der Feste Sonnenstein, dann nach Kosel gebracht und kehrte erst, nachdem das Schicksal Sachsens entschieden war, nach Dresden zurück. Er ward nun Direktor des zweiten Departements im Geheimen Finanzkollegium, 1817 Mitglied des Geheimen Rats, 1820 Wirklicher Geheimer Rat, später Präsident des Geheimen Finanzkollegiums, 1828 Konferenzminister und 1830, nach dem Rücktritt des Ministeriums Einsiedel, durch Ernennung zum Gesandten am deutschen Bundestag beseitigt. 1840 nach Dresden zurückgekehrt, starb er 8. Jan. 1842 daselbst.

2) Friedrich Otto Gottlob von, Bruder des vorigen, geb. 6. April 1777, war Präsident der Oberamtsregierung und des Konsistoriums in Lübben; starb 20. Jan. 1812.

3) Otto Theodor, Freiherr von, preuß. Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. 3. Febr. 1805 zu Lübben in der Niederlausitz, kam nach dem Tode desselben mit seinem zweiten Bruder in das Haus seines Oheims Hans Karl Erdmann, Vaters von M. 5), besuchte seit 1819 Schulpforta und widmete sich 1824–1827 zu Halle dem Studium der Rechts- u. Kameralwissenschaften. 1830 als Referendar zur Regierung nach Frankfurt versetzt, wurde er 1833 zum Landrat des Luckauer Kreises, 1841 zum Oberregierungsrat in Königsberg und 1843 zum Vizepräsidenten der Regierung in Stettin ernannt. 1844 berief ihn der Prinz von Preußen, der damals Vorsitzender des Staatsministeriums war, als vortragenden Rat zu sich; bald darauf wurde M. auch zum Mitglied des königlichen Staatsrats ernannt und vorzüglich in den Abteilungen der Finanzen verwendet, bis er 1845 Direktor im Ministerium des Innern wurde. Der Vereinigte Landtag 1847 gab ihm Gelegenheit, sein parlamentarisches Geschick zu bekunden, und er zeigte sich hier als einen energischen Vorkämpfer des büreaukratischen Staatswesens gegen die Ansprüche des konstitutionellen Liberalismus. Am 8. Nov. 1848 trat er als Minister des Innern in das Kabinett Brandenburg. An der preußischen Verfassung vom 5. Dez. 1848 hatte M. wesentlichen Anteil; er war es aber auch, der die Botschaft vom 7. Jan. 1850, welche wesentliche Bestimmungen jener Verfassung wieder aufhob, mit einbrachte und vor den Kammern verteidigte. Nach dem Tode des Grafen Brandenburg mit der interimistischen Leitung der auswärtigen Angelegenheiten betraut, nahm er im November 1850 an der Konferenz zu Olmütz teil, beschickte von neuem den Bundestag und gab die verfassungsmäßigen Rechte Kurhessens und Holsteins dem österreichischen Restaurationseifer preis. „Der Starke tritt einen Schritt zurück“, mit diesen Worten suchte er die mit diesen Maßregeln unzufriedenen Kammern zu beruhigen. Am 19. Dez. 1850 erfolgte seine definitive Ernennung zum Präsidenten des Staatsministeriums und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, in welcher Eigenschaft er auch 1856 am Pariser Kongreß teilnahm. Er hielt sich in seiner Stellung, freilich mehr und mehr auf die reaktionäre Partei sich stützend, bis zur Einsetzung der Regentschaft (Oktober 1858), worauf er 6. Nov. mit dem ganzen Ministerium seine Entlassung erhielt. Er zog sich hierauf auf seine Güter in der Lausitz zurück, ward für Görlitz in das Haus der Abgeordneten gewählt und trat in dasselbe ein, ohne sich jedoch bei den Verhandlungen in hervortretender Weise zu beteiligen. Seit 1864 Mitglied des Herrenhauses, trat er wiederholt für reaktionäre Grundsätze auf. Er starb 26. Nov. 1882 auf seinem Gut Krossen bei Golßen in der Niederlausitz. – Sein Sohn Otto Karl Gottlob, Freiherr von M., geb. 26. Nov. 1844, ist Landrat in Luckau und Mitglied des Herrenhauses.

4) Karl Otto, Freiherr von, Bruder des vorigen, geb. 9. Juli 1806 zu Lübben, wurde mit seinem Bruder seit 1819 in Schulpforta erzogen. Seit 1825 widmete er sich zu Halle dem Studium der Rechte und Staatswissenschaften, ward Oberlandesgerichtsassessor zu Frankfurt a. O., trat aber ebenfalls zur Verwaltung über und wurde, nachdem er längere Zeit bei der Regierung in Frankfurt fungiert, von den Ständen des Kreises Luckau 1841 zum Landrat erwählt. Nach seines Bruders Berufung ins Ministerium 1850 ward er zum Vizepräsidenten der Regierung zu Königsberg befördert u. von hier im Februar 1851 als Regierungspräsident nach Frankfurt versetzt. Schon im April d. J. erfolgte seine Berufung als Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern. 1854 wurde er Mitglied des Staatsrats, im Oktober Chef des landwirtschaftlichen Ministeriums, welchen Posten er bis 6. Nov. 1858 bekleidete. Seit 1873 konservatives Mitglied des Abgeordnetenhauses, starb er 28. Febr. 1879 in Berlin.

[206] 5) Edwin Hans Karl, Freiherr von, preuß. Generalfeldmarschall, geb. 24. Febr. 1809 zu Dresden als Sohn des sächsischen Oberamtsregierungspräsidenten der Niederlausitz, spätern preußischen Oberlandesgerichtspräsidenten Hans Karl Erdmann v. M. (Bruders von M. 1 und 2, gest. 1844), wurde im elterlichen Haus mit seinen Vettern Otto und Karl v. M. (s. M. 3 und 4) erzogen, trat 1827 in das preußische Gardedragonerregiment ein, wurde 1828 Leutnant, besuchte 1834–36 die Kriegsschule, ward 1837 Regimentsadjutant, 1838 Adjutant des Gouverneurs von Berlin, Generals v. Müffling, 1839 des Prinzen Albrecht, 1842 Premierleutnant, 1843 Rittmeister und 1848 Flügeladjutant des Königs, der ihn zu vielen diplomatischen Sendungen verwendete, in denen M. seine Vertrautheit mit der hohen Politik und den Verhältnissen der Höfe und seine Geschicklichkeit bewährte. Im Oktober 1848 wurde er Major, 1853 Oberstleutnant und Kommandeur des 5. Ulanenregiments in Düsseldorf und 1854 Oberst. 1855 wurde er vom König, der ihn hoch schätzte, zur Vertretung des Generals v. Gerlach in den politischen Vorträgen, 1856 zu der des Generals v. Schöler im Militärkabinett und 1857 zum Chef desselben ernannt. In dieser einflußreichen Stellung erwarb er sich um die Reorganisation der Armee große Verdienste, indem er das Offizierkorps zu verjüngen strebte und frischen, fähigen Kräften die Bahn zu den hohen Stellen schon im Frieden eröffnete. Im Publikum überschätzte man seine politische Thätigkeit und schrieb ihm vielfach einen sehr nachteiligen reaktionären Einfluß zu, und so nannte ihn 1861 Twesten in seiner Broschüre „Was uns noch retten kann“ einen unheilvollen Mann in unheilvoller Stellung. Diesen Angriff auf seine amtliche Wirksamkeit beantwortete M. mit einer Herausforderung zum Zweikampf, welcher Twesten eine Verwundung, M. einen kurzen Arrest in Magdeburg eintrug. Nach wie vor blieb M. indes der Leiter des Militärkabinetts, nachdem er 1858 zum Generalmajor, 1861 zum Generalleutnant und Generaladjutanten ernannt worden war. Auf seinen Wunsch schied er 29. Juni 1865 aus dem Militärkabinett und erhielt das Kommando über die preußischen Truppen in Schleswig-Holstein, 22. Aug. auch das Gouvernement von Schleswig. Seine Aufgabe war äußerst schwierig, denn er mußte in vielen Dingen den Neigungen der Bevölkerung entgegentreten und namentlich dem Prinzen Friedrich gegenüber eine schroffe Haltung beobachten. In seinen Handlungen bewährte zwar M. die echt preußische Straffheit und Strenge; in seinen Worten affektierte er aber, nach Popularität strebend, den Ton soldatischer Biederkeit, der ihm freilich wenig gelang. Die „sieben Fuß schleswigschen Bodens, die er mit seinem Leib decken wollte“, und „das heidenmäßig viele Geld, das Preußen habe“, waren seine ersten geflügelten Worte. Nach Ausbruch des Konflikts mit Österreich überschritt er 7. Juni 1866 die Eider, nötigte Gablenz zur Räumung Holsteins und begann damit den Krieg. Am 15. Juni rückte er mit seiner Division in Harburg ein, nahm am 18. Stade durch Überrumpelung und stieß dann zur Mainarmee unter dem Befehl des Generals Vogel v. Falckenstein. Doch blieb er mit dem Kabinett des Königs in unmittelbarer Verbindung, schloß auch 29. Juni zu Langensalza die Kapitulation mit den Hannoveranern ab und ward 19. Juli an Falckensteins Stelle zum Oberbefehlshaber der Mainarmee ernannt. Durch den Marsch auf Würzburg und die Gefechte von Tauberbischofsheim, Helmstadt[WS 1] u. Roßbrunn führte er den Mainfeldzug glücklich zu Ende. Hierauf wurde er im August 1866 nach Petersburg gesandt, um den Kaiser von Rußland von der Notwendigkeit der Neugestaltung Deutschlands zu überzeugen. Am 20. Sept. wurde er zum General der Kavallerie und Kommandeur des 9. Armeekorps ernannt. Da er sich aber dem Zivilgouverneur Scheel-Plessen nicht als gleichgestellt anerkennen wollte, wurde er im Januar 1867 beurlaubt und zog sich nach Merseburg zurück, wo er seit 1862 Domherr war. 1868 an Falckensteins Stelle zum Kommandeur des 1. Korps ernannt, führte er dasselbe im Krieg von 1870 in den Schlachten von Colombey-Nouilly (14. Aug.) und Noisseville mit Auszeichnung und erhielt 27. Okt. den Oberbefehl über die erste Armee, an deren Spitze er im November und Dezember 1870 unter den schwierigsten Verhältnissen gegen die französische Nordarmee kämpfte und die Schlachten bei Amiens (27. Nov.) und an der Hallue (23. Dez.) schlug. Am 9. Jan. 1871 wurde er abberufen und übernahm 12. Jan. das Kommando der Südarmee (2., 7. und 14. Korps) gegen Bourbaki. Sofort wagte er mit dem 7. und 2. Korps den kühnen Zug über die Côte d’Or in den Rücken des bei Belfort kämpfenden Feindes, drängte ihn an die Schweizer Grenze und zwang 1. Febr. 80,000 Mann zum Übertritt über dieselbe. Zur Belohnung erhielt M. 22. März das Großkreuz des Eisernen Kreuzes, 16. Juni den Schwarzen Adlerorden sowie eine Dotation, 20. Juni den Oberbefehl über die in Frankreich bleibende Okkupationsarmee. Auch diese Aufgabe führte er mit Klugheit, Energie und Geschick durch. Nach Beendigung derselben im September 1873 ward M. 19. Sept. zum Generalfeldmarschall ernannt und erhielt 1879 nach der Neuorganisation der Reichslande den wichtigen Posten eines kaiserlichen Statthalters derselben, den er 1. Okt. antrat. Die Versöhnung der widerwilligen höhern Kreise der elsaß-lothringischen Bevölkerung erstrebte er mit Ungeduld und machte dem Klerus und den Notabeln bedenkliche Zugeständnisse, welche die deutschen Beamten verletzten, ohne doch ihren Zweck zu erreichen. Im Gegenteil waren die Zustände im Reichsland ungünstiger als vorher und die Elsaß-Lothringer nur noch anspruchsvoller geworden, als M. 17. Juni 1885 in Karlsbad starb. M. ist eine der einflußreichsten Persönlichkeiten in der neuesten Geschichte Preußens und Deutschlands und ein durch entschlossenen Mut, Charakterfestigkeit, treue, unermüdliche Thätigkeit, klare Einsicht und Geschicklichkeit hervorragender und hochverdienter Feldherr und Diplomat, dem nur die Popularität versagt war, obwohl er sich sehr darum bemühte. Vgl. „Aus dem Leben des Generalfeldmarschalls Edwin, Freiherrn von M.“ (Berl. 1874).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 551
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[551] Manteuffel, 5) Edwin, Freiherr von, preuß. Generalfeldmarschall. Ihm zu Ehren wurde 1889 das rheinische Dragonerregiment Nr. 5, dessen Chef er schon bei Lebzeiten gewesen war, Dragonerregiment Freiherr v. M. genannt. Seine Biographie schrieb Keck (Bielef. 1889).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Helmstädt