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MKL1888:Laffitte

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Laffitte“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Laffitte“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 10 (1888), Seite 399400
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Laffitte. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 399–400. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Laffitte (Version vom 27.10.2024)

[399] Laffitte (Laffite, spr. lafít), Jacques, franz. Staatsmann und Bankier, geb. 24. Okt. 1767 zu Bayonne als der Sohn eines Zimmermanns, trat 1787 als Kommis in das Wechselhaus des Senators Perregaux zu Paris. Seit dessen Tod 1805 Chef dieses Hauses, erwarb er demselben durch Fleiß und Geschick europäischen Ruf und für sich ein ungeheures Vermögen. Die Regierung ernannte ihn 1814, als der Kredit des Landes erschüttert war, zum Gouverneur der Bank. Schon während der Hundert Tage war L. in die Deputiertenkammer getreten, auch nach der zweiten Restauration ward er wieder gewählt. Er stand auf seiten der Opposition und ergriff besonders bei Finanzverhandlungen mit Erfolg das Wort. Bei den Wahlen von 1817 wurde er von allen 20 Sektionen in Paris zugleich gewählt. Durch seinen Widerstand in der Kammer der Hofpartei verdächtig geworden, verlor er 1819 das Gouvernement der Bank, erhielt aber 1822 als Régent de la banque das Amt von neuem übertragen. 1824 unterstützte er das Ministerium Villèle bei Gelegenheit der Rentenreduktion, namentlich in seinen „Réflexions sur la réduction de la rente et sur l’état du crédit“ (Par. 1824), wodurch er seinen Sitz in der Kammer verlor. 1827 von neuem in die Kammer gewählt, unterzeichnete er die berühmte Adresse der 221. Im Juli 1830 war sein Haus der Sammelpunkt aller einflußreichen Männer, die sich der Bewegung anschlossen, und aus seiner Privatkasse flossen die Mittel, um die Revolution zu vollenden. Er war es, der die Republik unmöglich machte, indem er den Herzog von Orléans bestimmte, auf dem Stadthaus das sogen. Programm der Julirevolution anzuerkennen. Im ersten Ministerium 11. Aug. 1830 war er Minister ohne Portefeuille, 3. Nov. d. J. bildete er im Auftrag des Königs ein neues Kabinett und übernahm selbst das Portefeuille der Finanzen. Doch zerfiel er bald mit dem König Ludwig Philipp, der seine Hoffnung auf eine wirklich freisinnige Regierung täuschte, und nahm 12. März 1831 wegen einer Differenz über die auswärtige Politik in Italien seine Entlassung. In der Kammer, in die er 1831 wieder als Deputierter trat, gehörte er seitdem zur Opposition. Da er beim Eintritt in das Ministerium genötigt war, sein Bankgeschäft aufzugeben, wurde sein bereits wankend gemachter Kredit vollends zerrüttet, und er sah sich jetzt genötigt, seine Besitztümer zu veräußern, um 50 Mill. Frank Schulden zu decken. Durch eine Nationalsubskription ward ihm wenigstens sein Hotel in Paris erhalten. Aus den Trümmern seines Vermögens bildete er 1837 die Banque sociale, welche einen raschen Aufschwung nahm. Je mehr sich inzwischen Regierung und Kammern von den Grundsätzen der Julirevolution entfernten, desto freimütiger und anklagender erhob L. seine Stimme. Sein ganzer Schmerz über die erfahrene Enttäuschung [400] sprach sich in seinen Worten aus: „Ich bitte Gott und die Welt wegen meines Anteils an der Revolution um Verzeihung.“ 1843 wählte ihn die Kammer noch einmal zu ihrem Präsidenten. Er starb 26. Mai 1844 und hinterließ drei Töchter, von denen eine den Sohn des Marschalls Ney, den Fürsten von der Moßkwa, heiratete und 1881, durch ihren Geiz berüchtigt, starb. Die „Souvenirs de J. L., racontés par lui-même“ (Par. 1844, 3 Bde.) sind von Marchal verfaßt.