Zum Inhalt springen

MKL1888:Lüneburg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Lüneburg“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Lüneburg“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 10 (1888), Seite 10041005
Mehr zum Thema bei
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Lüneburg. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 1004–1005. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:L%C3%BCneburg (Version vom 16.08.2023)

[1004] Lüneburg, ehemaliges Fürstentum im niedersächs. Kreis, gehörte seit Heinrich dem Löwen dem Haus Braunschweig-L. und gab mehreren Linien dieses Hauses den Namen: Alt-L. 1235–1369; Mittel-L. 1373–1532 und Neu-L. seit 1546. Von letzterm stammt die Dynastie in Großbritannien sowie die früher in Hannover regierende ab. Seit 1705 ist L. mit Kalenberg vereinigt und bildet im wesentlichen den Regierungsbezirk L. der preußischen Provinz Hannover. Vgl. Manecke, Topographisch-historische Beschreibung des Fürstentums L. (Celle 1858, 2 Bde.); v. Lenthe, Archiv für Geschichte und Verfassung des Fürstentums L. (das. 1854–63, 9 Bde.); Mithoff, Kunstdenkmale etc. im Fürstentum L. (Hannov. 1876).

Lüneburg, Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks in der preuß. Provinz Hannover sowie des ehemaligen Fürstentums Lüneburg und Stadtkreis,

Wappen von Lüneburg.

an der schiffbaren Ilmenau, Knotenpunkt der Linien Lehrte-Harburg, Berlin-Buchholz und Büchen-L. der Preußischen Staatsbahn, 13 m ü. M., hat im Innern enge Straßen mit altertümlichen, schwerfällig gebauten Häusern, während die mit schönen Gärten gezierten Vorstädte ein freundliches Aussehen zeigen. Die ehemaligen Festungswerke sind meist verschwunden. Unter den Plätzen sind der Markt und der sogen. Sand die schönsten. L. hat 4 Kirchen, darunter eine katholische. Die evangelischen, in den letzten Jahrzehnten sämtlich restauriert, sind: die Michaeliskirche (aus dem 15. Jahrh., mit den Begräbnisstätten der lüneburgischen Fürsten), die fünfschiffige Johanniskirche (die älteste, aus dem 14. Jahrh., im reinsten gotischen Stil ausgeführt, mit 113 m hohem Turm) und die Nikolaikirche (gleichfalls aus dem 14. Jahrh., mit großartigem Mittelschiff). Sonstige bemerkenswerte Gebäude sind: das am Marktplatz liegende altertümliche Rathaus mit in den letzten Jahren restaurierter Gerichtslaube (die Decken- und Wandgemälde sind von Münchener Künstlern wiederhergestellt), großem Fürstensaal, alten Bildnissen, Glasmalereien und Schnitzwerken etc. (von dem ehemals in demselben aufbewahrten Silbergerät [s. Lüneburger Silberschatz] sind gute galvanoplastische Nachbildungen hier zurückbehalten worden); die großen Gebäude des ehemaligen Michaelisklosters (jetzt Seminar u. Landgericht); das alte Kaufhaus etc. Die Zahl der Einwohner beträgt (1885) mit der Garnison (4 Eskadrons Dragoner Nr. 16) 19,336 (darunter 499 Katholiken und 164 Juden). L. hat eine große, schon seit 906 benutzte Saline (jährliche Produktion 212,500 Doppelzentner Salz), mit Solbad verbunden, ein fiskalisches Gipswerk auf der westlichen Seite der Ilmenau in den bis 56 m ansteigenden Höhen (Schildstein, Kalk- und Zeltberg), ein Eisenwerk, Zement-, Tapeten- und Böttcherwarenfabrikation, eine Haartuchweberei und Roßhaarspinnerei, eine chemische Fabrik, eine Kunstmühle, ansehnliche Kunst- und Handelsgärtnerei, renommierten Weinhandel, Handel in Getreide, Holz, Heu, Stroh, Wolle, Wachs etc. Bekannt sind auch die Lüneburger Bricken (Neunaugen). L. ist Sitz einer Regierung, eines Landratsamtes für den Landkreis L., eines Landgerichts, einer Berginspektion, eines Hauptsteueramtes, einer Oberförsterei, einer Handelskammer etc. und hat ein Gymnasium, ein Realgymnasium, ein Schullehrerseminar, einen Museumsverein für das Fürstentum L. mit reichen Sammlungen, eine Strafanstalt etc. Zum Landgerichtsbezirk L. gehören die zwölf Amtsgerichte zu Bergen, Bleckede, Celle, Dannenberg, Isenhagen, Lüchow, L., Medingen, Neuhaus a. E., Soltau, Ülzen und Winsen a. L. – Der Ort war schon 795 vorhanden, erhielt aber erst Bedeutung, nachdem auf dem Kalkberg 904 das Benediktinerkloster des heil. Michael gegründet wurde. 1382 ward das Kloster in die Stadt verlegt. Ganz besonders gewann L. durch die Zerstörung von Bardowiek (1189), indem ein großer Teil der Bewohner dieser Stadt sich in L. niederließ. 1247 erhielt L. Stadtrecht und trat später der Hansa bei; auch war es 1267–1369 die Residenz der ältern Lüneburger Linie. Kaiser Karl IV. belehnte 1370 die Herzöge von Sachsen mit den lüneburgischen Landen; die Stadt, durch den Übermut des Herzogs Magnus von Braunschweig gereizt, schloß sich ihnen 1371 an. In dem sich daraus entwickelnden Krieg war die Stadt selbst 21. Okt. 1371 Schauplatz eines blutigen Kampfes, in dem die Braunschweiger geschlagen wurden. Doch unterwarf sich L. nach dem Tode des Herzogs Magnus 1373 wieder den Welfen. 1530 bekannte sich L. zur Reformation, verlor im 16. Jahrh. den größten Teil seiner Freiheiten, wurde im Dreißigjährigen Krieg 22. Aug. 1636 von den Schweden unter Banér eingenommen, aber 13. Sept. 1637 vom Herzog Georg wieder besetzt. 1655 wurde das Kloster des heil. Michael in eine Ritterschule umgewandelt. Wenn der Wohlstand der früher sehr reichen Stadt auch im 17. Jahrh. gelitten hatte, so blieb sie noch im Besitz der Salzwerke und erhob sich seit der Mitte des 19. Jahrh. zu neuer Blüte. Bei L. lieferten die Verbündeten unter Dörnberg den Franzosen unter Morand 2. April 1813 ein siegreiches Gefecht. Vgl. Volger, Führer durch die Stadt L. (Lüneb. 1876); Derselbe, Urkundenbuch der Stadt L. (Hannov. [1005] u. Lüneb. 1872–77, Bd. 1–3); „Altertümer der Stadt L.“ (Lüneb. 1852–72, 6 Lfgn.).

Der Regierungsbezirk L. (s. Karte „Hannover“) umfaßt 11,343, nach andern Angaben 11,517 qkm (206,01 QM.), hat (1885) 400,252 Einw. (darunter 393,068 Evangelische, 5446 Katholiken und 1038 Juden) und besteht aus den 16 Kreisen:

Kreise: QKilo­meter QMeilen Ein­wohner Einw. auf 1 QKil.
Bleckede 576 10,46 21200 37
Burgdorf 838 15,22 34121 41
Celle (Stadtkreis) 23 0,42 18782
Celle (Landkreis) 1553 28,21 29453 19
Dannenberg 454 8,25 14433 32
Fallingbostel 983 17,85 25444 26
Gifhorn 804 14,42 29874 37
Harburg (Stadtkreis) 3 0,05 22341
Harburg (Landkreis) 797 14,48 36300 46
Isenhagen 817 14,84 15858 19
Lüchow 750 13,62 29899 40
Lüneburg (Stadtkreis) 20 0,36 19336
Lüneburg (Landkreis) 689 12,51 19758 29
Soltau 903 16,40 15912 18
Ülzen 1446 26,26 44156 31
Winsen a. d. L. 687 12,48 23385 34