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MKL1888:Keimblätter

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Keimblätter“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Keimblätter“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 9 (1887), Seite 661
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Keimblätter. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 661. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Keimbl%C3%A4tter (Version vom 10.01.2023)

[661] Keimblätter, in der Botanik, s. Kotyledonen. – In der Entwickelungsgeschichte der Tiere sind die K. die wie Blätter eines Buches übereinander liegenden Schichten des noch jungen Embryos, aus denen bei weiterm Wachstum die verschiedenen Organe hervorgehen. Besonders deutlich und daher auch zuerst bekannt geworden sind die K. im Embryo des Huhns, überhaupt der Wirbeltiere, während sie bei manchen niedern Tieren nicht immer die Blattform besitzen. Man unterscheidet am Embryo von außen nach innen (oder von oben nach unten) drei K.: das äußere (obere, Ektoderm, Epiblast, Hautsinnesblatt), aus welchem Oberhaut, Hautdrüsen, Zähne, Horn etc., Speicheldrüsen, Gehirn, Rückenmark und Sinnesorgane (daher Hautsinnesblatt) sowie Speiseröhre und Enddarm hervorgehen; das innere (untere, Entoderm, Hypoblast, Darmdrüsenblatt), welches die innere Auskleidung des Mitteldarmes und seiner drüsigen Anhänge (Leber etc.) liefert; und das zwischen beiden gelegene mittlere (Mesoderm, Muskelblatt), welches den Hauptteil der Muskulatur herstellt und sich in zwei Lagen (Haut- und Darmmuskelblatt) spaltet. Während die beiden ersten K. allen Tieren (mit Ausnahme der Protozoen, s. d.) zukommen, kann das mittlere Keimblatt fehlen; das ist bei den Cölenteraten (s. d., also Quallen, Polypen etc.) der Fall, indem zwischen Ektoderm und Entoderm eine gallertartige sogen. Stützsubstanz ausgeschieden wird, welche nichts mit der Muskulatur zu thun hat. Gewöhnlich entsteht das mittlere Blatt aus dem innern in der Art, daß sich im Embryo vom Mitteldarm (Urdarm, Gastrula) rechts und links zwei Abteilungen losschnüren und sich so gruppieren, daß ihre innere Wand sich als Darmmuskelblatt dem Darm von außen, ihre äußere dagegen sich als Hautmuskelblatt der Haut von innen anschmiegt, während der zwischen ihnen gelegene Hohlraum zur Leibeshöhle (Brust- und Bauchhöhle) wird. Diese ist also hier ein Teil des Darmes; man nennt die Tiere, bei welchen dies der Fall ist (z. B. Wirbeltiere, Gliedertiere, Gliederwürmer), Enterocölier im Gegensatz zu den Schizocöliern (z. B. Plattwürmer). Bei diesen entsteht das Mesoderm, hier auch Mesenchym genannt, dadurch, daß von den beiden andern Blättern einzelne Zellen sich ablösen und die Blätter auseinander drängen; die Leibeshöhle aber stammt nicht vom Darm ab, sondern fehlt entweder oder bildet sich durch Zusammenfließen einzelner Lücken im Mesoderm. Vgl. Hertwig, Die Cölomtheorie (Jena 1881).