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MKL1888:Cölenteraten

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Cölenteraten“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Cölenteraten“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 4 (1886), Seite 203204
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Cölenteraten. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 4, Seite 203–204. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:C%C3%B6lenteraten (Version vom 02.04.2024)

[203] Cölenteraten (Coelenterata, Zoophyten), die niedersten echten Tiere oder Metazoen (s. d.), deren wesentlichster Charakter in dem Verhalten des Ernährungsapparats besteht, der einen einfachen Hohlraum (Magen) darstellt, von dem aus Kanäle sich durch den Körper verbreiten. Die äußere Haut wird vom Ektoderm oder Hautblatt, die Wand des Magens vom Entoderm oder Darmblatt gebildet; zwischen beiden liegt in oft sehr dicker Schicht das Mittelblatt oder Mesoderm. Besondere Blutgefäße fehlen; die im Magen zubereitete Ernährungsflüssigkeit zirkuliert in Kanälen, welche direkt mit ihm in Verbindung stehen (Gastrovaskularkanäle). Wo sich eine Reihe Individuen zu einer Kolonie vereinigen, sind jene Kanäle allen gemeinsam und so kommt, was ein Einzeltier erwirbt, der Gesamtheit zu gute. Darum hat sich auch eine eigentümliche Art von Arbeitsteilung ausbilden können, bei welcher in solchen Kolonien gewisse Individuen die Ernährung, andre die Bewegung, wieder andre die Fortpflanzung etc. besorgen. (Vgl. Siphonophoren.) – Die C. wurden als besonderer Stamm des Tierreichs zuerst von [204] Leuckart 1848 aufgestellt und waren bis dahin in dem Cuvierschen Typus der Radiaten (s. d.) enthalten gewesen. Doch umfaßten sie damals noch nicht die Schwämme, welche neuerdings dazu gerechnet werden. Gegenwärtig zerfallen sie in die Poriferen oder Schwämme (s. d.) und in die Korallpolypen (s. d.), Hydromedusen (s. d.) und Ktenophoren (s. d.) oder Rippenquallen. Die drei letztgenannten werden auch wohl, da sie unter sich vieles gemeinsam haben, als C. im engern Sinn oder als Knidarier (Nesseltiere) bezeichnet, weil bei ihnen sich in der Haut die sogen. Nesselorgane entwickeln. Dieses sind Kapseln mit einem spiralförmig aufgerollten Faden im Innern; bei leisester Berührung bersten sie und entleeren sowohl den Faden als auch die ihn umgebende, wahrscheinlich giftige Flüssigkeit. Kleinere Tiere werden mit diesen zwar mikroskopisch kleinen, aber meist äußerst zahlreichen Wurfgeschossen geradezu getötet, größere gelähmt; auch der Mensch kann schwere Krankheiten von der Berührung einer großen Scheibenqualle davontragen. Solche Nesselorgane fehlen den Schwämmen gänzlich. Gemeinsam haben die Knidarier im Gegensatz zu den Schwämmen ferner den Mangel der Hautporen und das Vorhandensein von Muskeln und Nerven samt Sinnesorganen. – Die Fortpflanzung geschieht bei allen C. meist ungeschlechtlich durch Knospung und Teilung und führt zur Bildung der oft sehr umfangreichen Tierstöcke. Stets tritt aber auch die geschlechtliche Fortpflanzung hinzu. Selten entstehen beiderlei Zeugungsstoffe (Eier und Samenfäden) in dem Körper desselben Individuums; auch treffen sie meist erst außerhalb ihres Entstehungsortes zusammen, teils in der Magenhöhle, teils außerhalb der Tiere. Aus dem Ei schlüpft meist eine flimmernde Larve, aus welcher durch mehr oder minder komplizierte Metamorphose ein den Eltern ähnliches geschlechtliches Geschöpf hervorgeht. Die Larven vermehren sich oft durch Sprossung und Knospung und erzeugen so eine Generation von Individuen, welche unter mannigfacher Umgestaltung entweder selbst zur Form der Geschlechtstiere zurückkehrt, oder ihrerseits erst auf ungeschlechtlichem Weg die Brut der Geschlechtstiere erzeugt (Generationswechsel, s. d.). Die C. sind bis auf vereinzelte Gattungen Meeresbewohner. Über ihre paläontologische Verbreitung s. die vier oben genannten Gruppen. Vgl. Leuckart, Über Morphologie und Verwandtschaftsverhältnisse wirbelloser Tiere (Leipz. 1848).