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MKL1888:Inkubation

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Inkubation“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Inkubation“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 8 (1887), Seite 960
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Inkubation. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 960. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Inkubation (Version vom 14.07.2021)

[960] Inkubation (lat., griech. Enkoimēsis), das Liegen und Schlafen in den Tempeln und heiligen Bezirken (besonders des Äskulap, Apollon, Serapis), die älteste Art der Verbindung religiöser Vorstellungen mit der Heilwissenschaft bei den Ägyptern, Griechen und Römern. Den Griechen ward der Gebrauch durch die Priesterfamilie der Asklepiaden gebracht. Die Kranken wurden zu diesem Behuf in die Tempelbezirke eingelassen und hier verschiedenen Reinigungen und Zeremonien unterworfen, darauf feierlich in den Tempel gebracht und dort auf einer Lagerstätte, die mit dem Fell eines frisch geschlachteten Opfertiers bedeckt war, niedergelegt, um unter dem Einfluß von geheimen Prozeduren in einen Zustand des Schlafes zu verfallen, welchen unsre neuern Mesmeristen häufig mit dem Hellsehen verglichen haben. In diesem Zustand meinten sie durch unmittelbare göttliche Eingebung die Orakel der heilenden Götter zu erhalten und hingen, von der Krankheit befreit, eine kurze Nachricht über dieselbe als Opfergabe in den Heiligtümern auf (Votivtafeln). Die noch jetzt üblichen Wallfahrten Kranker nach heiligen Stätten samt den dort aufgehängten Krücken, Bildern und nachgeformten Gliedern sind auf jene antike Sitte zurückzuführen. Vgl. Ritter v. Rittershain, Der medizinische Wunderglaube und die I. im Altertum (Berl. 1878).

Inkubation (lat.), in der Zoologie die Bebrütung des Eies oder die Zeit der Entwickelung des Keims im Ei; in der modernen Medizin die Zeit zwischen erfolgter Ansteckung und dem Ausbruch der Krankheit. Im Stadium der I. weist durchaus nichts darauf hin, daß eine Krankheit im Anzug sei, daher dieses Stadium auch dasjenige der Latenz, des Verborgenseins, genannt wird. Das Stadium der I. dauert bei den einzelnen Ansteckungskrankheiten verschieden lange, z. B. bei der Cholera und dem Milzbrand höchstens 3, bei den Pocken etwa 9, bei den Masern 14 Tage und bei der Hundswut wochen-, ja selbst monatelang. Eine Erklärung läßt sich heute nur beim Milzbrand geben, von dem wir wissen, daß die bei der Ansteckung in den Körper gelangenden Pilzkeime 1–3 Tage gebrauchen, ehe sie sich zu so großen Massen vermehrt haben, daß dadurch Krankheitserscheinungen ausgelöst werden. Vgl. Ansteckung und Mykosen.