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MKL1888:Hasse

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Hasse“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Hasse“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 8 (1887), Seite 205
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Hasse. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 205. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Hasse (Version vom 08.07.2021)

[205] Hasse, 1) Johann Adolf, Komponist, geb. 25. Mai 1699 zu Bergedorf bei Hamburg, ward 1718 als Tenorist bei der Hamburger Oper angestellt und 1722 als Hof- und Theatersänger nach Braunschweig berufen, wo er die von ihm komponierte Oper „Antigonus“ mit Beifall zur Aufführung brachte. Nachdem er sich seit 1724 in Neapel unter Porporas und A. Scarlattis Leitung noch weiter in der Komposition vervollkommt und die Opern: „Sesostrate“ und „Attalo, re di Bitinia“ im dortigen königlichen Theater mit Erfolg zur Aufführung gebracht hatte, ließ er sich 1727 in Venedig nieder, wo ihm die Kapellmeisterstelle am Conservatorio degl’ Incurabili übertragen wurde, und vermählte sich hier mit der gefeierten Sängerin Faustina Bordoni. Im J. 1731 wurde er als Opernkapellmeister und seine Gattin als erste Hof- und Opernsängerin nach Dresden berufen, und hier sollte er gleich mit seiner ersten für Dresden geschriebenen Oper: „Cleofide, o Alessandro nelle Indie“, einen außerordentlichen Erfolg erringen. Dennoch brachte er die nächsten zehn Jahre meist in Italien zu, war auch 1733 vorübergehend in London an der gegen Händel eröffneten Konkurrenzoper thätig, ohne jedoch daselbst besondern Beifall zu finden. Eine anhaltende Heiserkeit beraubte ihn 1755 seiner schönen Tenorstimme, und 1760 verbrannten bei der Beschießung Dresdens durch die Preußen die sämtlichen Manuskripte seiner Kompositionen, die er eben zum Druck vorbereitet hatte. Seit 1763 pensioniert, siedelte er nach Wien über, wo er für den Karneval und zu Hoffesten bis 1766 außer sechs Opern noch mehrere kleinere Werke schrieb; die letzten Jahre seines Lebens aber verbrachte er in Venedig, wo er 23. Dez. 1783 starb. Die Zahl der von ihm komponierten Opern beläuft sich nach v. Dommer („Geschichte der Musik“, S. 378) auf etwa fünfzig; daneben hat er zehn Oratorien sowie Kirchenmusik und Instrumentalsachen in großer Zahl geschrieben. Fast kein Komponist ist von seinen Zeitgenossen mehr vergöttert worden als H., er war die Bewunderung Italiens, wo man ihn nur mit dem Beinamen „il caro Sassone“ kannte, und der Stolz Deutschlands; und wo Händel und Bach kaum oder nur als gelehrte Kontrapunktisten erwähnt werden, da sind H. und sein Berliner Kollege Graun als Vorbilder und Wegweiser ihrer Zeit und Nation gepriesen. In der That war H. für die dramatische Komposition ungemein begabt, und namentlich befähigten ihn seine als Sänger gemachten Erfahrungen, gesanglich wirksam zu schreiben. Da er jedoch in seinem Kunstanschauen völlig italienisiert war, so konnte es ihm allenfalls gelingen, die Oper der neapolitanischen Schule auf den Höhepunkt ihrer Entwickelung zu führen, nicht aber neue Bahnen einzuschlagen, und mit dem Erscheinen Mozarts mußte seine Herrschaft über die Bühnen Europas für immer ein Ende nehmen. – Seine Gattin Faustina, geborne Bordoni, geb. 1693 zu Venedig, war Schülerin Gasparinis, trat in ihrem 16. Jahr zum erstenmal in Venedig auf, gastierte dann als Opernsängerin in Florenz, wurde 1724 mit einem Jahresgehalt von 15,000 Gulden nach Wien berufen, folgte bald darauf einem Ruf nach London an die Nationaloper (Akademie), die unter Händels Direktion blühte, und kehrte 1727 in ihre Vaterstadt zurück, wo sie sich mit H. vermählte. Sie starb 11. Jan. 1786. Vgl. Niggli, Faustina Bordoni-H. (Leip. 1880).

2) Karl Ewald, Mediziner, geb. 23. Juni 1810 zu Dresden, studierte an der medizinisch-chirurgischen Akademie daselbst, in Leipzig, Paris und Wien. Nachdem er eine Zeitlang den Grafen Stroganow als Leibarzt begleitet, habilitierte er sich 1836 zu Leipzig und wurde 1839 außerordentlicher Professor daselbst. 1844 ging er nach Zürich als medizinischer Direktor der Kantonalkrankenanstalten und Professor der medizinischen Klinik und Pathologie, und 1852 ward er als ordentlicher Professor der medizinischen Klinik und der speziellen Pathologie nach Heidelberg, 1856 in gleicher Stellung nach Göttingen berufen. 1879 zog er sich nach Hameln zurück. H. ist auf dem Gebiet der Gehirn- und der Nervenkrankheiten als eine der hervorragendsten Autoritäten anerkannt. Er schrieb: „Anatomische Beschreibung der Krankheiten der Zirkulations- und Respirationsorgane“ (Leipz. 1841, engl. 1846) und „Krankheiten des Nervensystems“ (Erlang. 1855, 2. Aufl. 1868).