MKL1888:Héktor
[346] Héktor, der älteste Sohn des Königs Priamos von Troja und der Hekabe, Gemahl der Andromache, Vater des Astyanax (Skamandrios), erscheint in Homers „Ilias“ als das Ideal eines Kriegshelden und zugleich als der liebevollste Gatte, Vater und Sohn. Ergreifend ist namentlich sein Abschied von Andromache, ferner jene Schilderung, wie er unter den Klagen des Priamos und der Hekabe zum letzten Streit mit Achilleus auszieht, und der von Andromache, Hekabe und Helena um ihn angestimmte Klagegesang. Fast noch in höherm Grad als Achilleus unter den griechischen Helden ist H. unter den Trojanern Homers Lieblingsgestalt. An Mut, Entschlossenheit, Klugheit und Ausdauer über alle seine Genossen hervorragend, erscheint er allenthalben, wo der Kampf am heftigsten tobt, die Verteidigung des Vaterlandes als sein höchstes Ziel betrachtend. Von den Göttern sind ihm besonders Apollon und Ares gewogen. Zu seinen Hauptthaten in der Schlacht gehören die Verteidigung des verwundeten Sarpedon, sein Zweikampf mit Aias dem Telamonier, die Erstürmung des griechischen Walles und Sprengung des Thors. Dann steckt er die Schiffe der Griechen in Brand und erschlägt den Patroklos; bald darauf wird er nach hartem Kampfe von Achilleus getötet. Letzterer wirft den Leichnam mit wilder Freude vor der Totenbahre des Patroklos in den Staub und bestimmt ihn den Hunden zum Fraß; allein Aphrodite schützt ihn durch Salben mit ambrosischem Öl vor Verwesung, und als ihn Achilleus dreimal um das Grab des Patroklos schleift, schirmt ihn Apollon vor jeder Verletzung. Auf Zeus’ Veranlassung gibt endlich Achilleus den Leichnam dem Priamos, der sich bittend in das Zelt des Siegers gewagt hatte, zurück; H. wird darauf im Hof des Königspalastes ausgestellt und ihm ein feierliches Leichenbegängnis bereitet. Sein gewöhnliches Beiwort bei Homer ist „der Helmbuschschüttelnde“.