MKL1888:Frankfurt am Main
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Wappen von Frankfurt a. M. | |
Frankfurt am Main (hierzu der Stadtplan), ehemals (bis 1866) Freie Stadt, gegenwärtig Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Wiesbaden, liegt 91 m ü. M. (Pegel an der Alten Brücke), unter 50° 7′ nördl. Br. und 8° 41′ östl. L. v. Gr., zu beiden Seiten des Mains, und zwar auf dem rechten Ufer die eigentliche Stadt, auf dem linken die Vorstadt Sachsenhausen. Den Fluß überspannen 7 Brücken, nämlich 3 Fahrbrücken (darunter die Alte Brücke, seit 1342 erbaut, mit dem Standbild Karls d. Gr. von Wendelstädt), ein Fußgängersteg und 3 Eisenbahnbrücken, deren eine nach Vollendung des Zentralbahnhofs dem Fahrverkehr übergeben wird. Die Altstadt liegt innerhalb der Grenzen einer Stadtbefestigung des 12. Jahrh., welche sich durch Straßennamen, die mit dem Wort Graben endigen (vom Wallgraben bis Hirschgraben), kennzeichnen. Die Neustadt von 1333 reicht bis an die Anlagen. Diese sind auf den im 17. Jahrh. vor die alte Stadtmauer gelegten Festungswällen im Anfang dieses Jahrhunderts [498] errichtet. Von den Befestigungen des Mittelalters haben sich nur der Eschenheimer Thor-Turm (1400–1427 erbaut, 49 m hoch), der Rententurm am Fahrthor (gleichzeitig) und in Sachsenhausen der sogen. Kuhhirtenturm erhalten. Die gartenreiche Außenstadt ist seit 1864 mit der Innenstadt vereinigt. 1877 wurde das frankfurtische Dorf Bornheim mit etwa 11,000 Einw. der Stadt als Stadtteil einverleibt. Mit der benachbarten (ehemals kurhessischen Stadt Bockenheim (s. d.) früher 2 km von Frankfurts Thoren entfernt, ist F. völlig zusammengewachsen. Nächst Hamburg ist F. die erste deutsche Stadt gewesen, welche nach dem Schwemmsystem kanalisiert wurde. Die 1866 begonnenen Arbeiten sind bis auf einen kleinen Teil der Niederstadt vollendet. Die Quellwasserleitung (1873 eröffnet, seit 1877 städtisch) führt Wasser aus dem Vogelsberg und dem Spessart herbei. Neuerdings liefert auch eine Grundwasserleitung aus dem Frankfurter Stadtwald gutes Trinkwasser, während eine Mainwasserleitung die Hydranten für Feuerlöschzwecke und Straßenbesprengung speist.
[Straßen, Plätze, Denkmäler.] Die Zahl der bebauten Straßen und Plätze beträgt 510. Die Altstadt besitzt noch zahlreiche enge Gassen und vorherrschend Fachwerkbauten und ist vornehmlich Sitz des Handwerks und des Kleinverkehrs. Die Neustadt ist der Hauptsitz des Geldmarktes, der Luxusgeschäfte und des Fremdenverkehrs. Ihre Hauptverkehrsader ist die Linie Zeil-Roßmarkt-Kaiserstraße, letztere mit ihren imposanten Bauten (unter andern auch der Frankfurter Hof, ein Aktienhotel) die Hauptstraße des neuen, seit 1872 entstandenen Stadtteils vor den Westbahnhöfen. Die bedeutendsten Plätze der Altstadt sind: der Römerberg, dessen Springbrunnen (mit einer Justitia) einer Erneuerung entgegensieht, der Paulsplatz (hinter dem Römer) u. der Liebfrauenberg. Die Neustadt weist außer dem Roßmarkt (mit dem Gutenbergdenkmal von E. von der Launitz, 1858 vollendet) und dem anliegenden Goetheplatz (mit Schwanthalers Goethestatue von 1844) noch den Schillerplatz (mit Statue von Joh. Dielmann, modelliert 1863), den Kaiserplatz (mit Granitschale, Geschenk des Barons von Erlanger), Theaterplatz, Börsenplatz und Opernplatz auf. Von den mit Vorgärten besetzten Straßen der Außenstadt sind die Bockenheimer Landstraße und die Liebigstraße die bemerkenswertesten. Die Anlagen sind mit einer Anzahl Weiher und Springbrunnen und einigen Denkmälern berühmter Frankfurter (so Börne, Bethmann, Senckenberg) geziert. Am Friedberger Thor befindet sich das sogen. Hessendenkmal, vom König Friedrich Wilhelm II. von Preußen den beim Sturm auf das von Franzosen besetzte F. gefallenen hessischen Truppen errichtet. In der Nähe in einem Pavillon im v. Bethmannschen Garten befinden sich die berühmte Danneckersche Ariadne auf Naxos in Marmor und sehenswerte Gipsabgüsse. Das Denkmal für die 1870/71 gefallenen Frankfurter Krieger ist auf dem parkartigen ehemaligen Peterskirchhof (in der Stadt). Die Friedhöfe in der Stadt sind sämtlich 1827 geschlossen; von den neuen, weit vor den Thoren angelegten Friedhöfen sind der im N. liegende christliche wegen seiner hervorragenden Grabmäler in den östlichen Arkaden (von Bethmann) und dem kurfürstlich hessischen Mausoleum und der neue Sachsenhäuser Friedhof wegen des Denkmals der dort beerdigten Krieger von 1870/71 zu beachten. Vor dem Untermainkai liegt, vor Nordwind geschützt, die reizende, wegen ihrer südlichen Flora Nizza benannte Promenade. Die alten interessanten Häuser der Judengasse (jetzt Börnestraße), auf den Judenmarkt (jetzt Börneplatz) führend, sind bis auf das neu restaurierte Stammhaus der Familie Rothschild verschwunden.
[Gebäude.] F. zählt 5 katholische, 8 lutherische, 2 reformierte Kirchen und 3 Synagogen. Außerdem ist für den Gottesdienst der deutschkatholischen (freireligiösen) Gemeinde, der Altlutheraner, der Methodisten, der Baptisten und der Bekenner der englischen Kirche durch geeignete Lokale gesorgt. Unter den katholischen Kirchen sind bemerkenswert: der Dom, dessen Gründung in das Jahr 850, dessen Erbauung zum Teil auf älterer Grundlage in das 14. und 15. Jahrh. fällt. Schon seit dem Jahr 880 mit einem Kollegiatstift des heil. Salvator verbunden, nach einem Umbau des 13. Jahrh. auf den heil. Bartholomäus geweiht, erhielt der Dom dadurch besondere Bedeutung, daß seit ebendieser Zeit die Wahl und Inthronisation, seit 1562 auch die Krönung in ihm stattzufinden pflegte. Es ist ein Kreuzbau in einfach gotischem Stil, 108 m lang und 67 m breit. In einer Seitenkapelle (neben dem Grabmal des Königs Günther von Schwarzburg) fand die Wahl, vor dem Hochaltar die Krönung statt. Das Altarbild (Krönung Mariä) ist von Ph. Veit. Der 95 m hohe Turm (Pfarrturm genannt), 1415–1514 im Bau, doch unvollendet, ist nach dem Brande der Kirche 15. Aug. 1867 bis zum Jahr 1877 durch Denzinger wiederhergestellt und nach dem Originalplan völlig ausgebaut. Das Nordportal ist mit Figuren nach Entwürfen von Nordheim geziert, das Südportal alt (außen große Kreuzesszene). Ferner die Leonhardskirche (von 1219 ab erbaut, seit 1317 mit einem Kollegiatstift verbunden und dann nach und nach vergrößert, Chor von 1434) mit zwei Türmen und auf der Nordseite zwei innern Portalen aus der Übergangszeit sowie einer spätgotischen Kapelle mit frei schwebendem Gurtwerk. In der Liebfrauenkirche (Kollegiatstift, um 1320 gegründet, das Langhaus 1344 geweiht, hohes Chor von 1503–1509) sind bemerkenswert das Südportal und die Chorstühle, der Turm (1452–78 erbaut) diente gleichzeitig auch Befestigungszwecken. Die Deutschordenskirche, neben dem 1709 erbauten Deutschordenshaus in Sachsenhausen, mit schmuckloser Fassade (von 1750), aber schönen, neu restaurierten Wandgemälden aus dem frühen 14. Jahrh. Das ehemalige Dominikanerkloster und -Kirche sowie das Karmeliterkloster und -Kirche werden zu profanen Zwecken benutzt, erstere für Schulen, letztere als Feuerwehrzentralstation und Zolllager. Von den protestantischen Kirchen ist die Katharinenkirche (1681 geweiht) durch ihre farbenprächtigen Renaissancedenkmäler, Marmorkanzel und Gemälde bemerkenswert. Die Paulskirche, ein Rundbau, der von 1787 bis 1833 im Bau war, diente 1848 und 1849 dem deutschen Parlament als Sitzungslokal. Die Nikolaikirche am Römerberg, 1290 vollendet, ward 1841–47 einer Renovation unterzogen, der auch der gußeiserne Helm entstammt. Die Dreikönigskirche in Sachsenhausen wurde von Denzinger 1877–81 in gotischem Stil erbaut.
Unter den mittelalterlichen Profanbauten verdient der Römer den ersten Platz. An Stelle mehrerer Häuser als Rathaus 1405–16 erbaut, ist er seitdem mehrfach umgebaut, zuletzt 1731–42, und durch die benachbarten Häuser vergrößert. Im ersten Stock liegt der Kaisersaal, der bei Krönungsfesten als Speisesaal diente, und in dem die überlebensgroßen Bildnisse aller deutschen Kaiser sich befinden, von namhaften Künstlern, wie Lessing, Veit, [499] Steinle etc. gemalt. Vom Saalhof, dem kaiserlichen Palastgebäude am Fahrthor, das den ersten Karolingern zum Aufenthalt diente, sind nur noch die Kapelle (von der Mainfronte aus sichtbar), aus dem 12. Jahrh., und der Flügel nach der Saalgasse (aus dem 14. Jahrh., viel verändert und mit aufgesetzten Renaissancegiebeln) an mittelalterlichen Bauten erhalten. Alles andre entstammt Restaurationsbauten von 1717 und 1842. An weitern Bauten des 15. Jahrh. sind erhalten: das Leinwandhaus (einst Kaufhaus für Leinen, hinter dem Dom), das Haus Fürsteneck in seiner Nähe (sogen. antiker Saal im ersten Stock von 1615) und das Steinerne Haus von 1464 am Markt. Die bürgerliche Architektur des 16. und 17. Jahrh. wird repräsentiert durch das Salzhaus (im Römerviertel) und das gegenüberliegende Haus zum Engel (von 1562, mit Holzschnitzereien), das alte Kaufhaus, die Goldene Waage (beide am Markt), und als Beispiel einer Hofeinrichtung dient der Rebstock in der Kruggasse. Als interessante Bauten aus dem 18. Jahrh. stellen sich dar: das Thurn und Taxissche Palais in der Eschenheimer Gasse, 1730 von de l’Opéra erbaut, von 1816 bis 1866 Sitz des deutschen Bundestags, der „König von England“ (von 1743), einstweilen Sitz des Oberlandesgerichts, der Russische Hof auf der Zeil, 1780 von Nic. de Pigage aus Mannheim erbaut, und die beiden reformierten Kirchen. Auch das Geburtshaus Goethes (Großer Hirschgraben), Eigentum des Freien deutschen Hochstifts, im Innern möglichst getreu wiederhergestellt, ist hier aufzuführen.
Von den modernen öffentlichen Bauten sind die hauptsächlichsten: die Stadtbibliothek (1820–25 erbaut, mit Säulenportal und Vorhalle, in welcher eine Goethestatue, sitzend, in Marmor von Marchesi ausgeführt, und Büsten berühmter Frankfurter sich befinden); der Saalbau mit Fest- und Konzertsälen von H. Burnitz, 1860 eröffnet; die Restaurationsgebäude des zoologischen und Palmengartens, ersteres nach Plänen von Kayser und Durm, letzteres nach dem Brand von 1878 von Schmidt wiederhergestellt; das Aktienhotel zum Frankfurter Hof (von Mylius und Bluntschli, 1876 eröffnet); das Stadtarchiv (hinter dem Dom), in gotischem Stil von Denzinger erbaut, 1878 bezogen; das Städelsche Kunstinstitut in Sachsenhausen, 1878 von O. Sommer erbaut; die neue Börse von H. Burnitz, mit großem Börsensaal und reichem Fassadenschmuck, 1879 eröffnet; das Opernhaus nach Plänen von Lucae in Berlin (gest. 1877), 1880 eröffnet. Von den seit 1875 errichteten zahlreichen städtischen Schulgebäuden sind die Adlerflycht- und Humboldtschule (1876), die Elisabethenschule (1876), die Musterschule (1880), Wöhlerschule (1881) u. a. hervorzuheben. Außerdem ist die Realschule der israelitischen Religionsgesellschaft neu erbaut und ein königliches Gymnasium im Bau begriffen. Andere Neubauten sind: die Markthalle, 1879 in Glas und Eisen erbaut; der Viehhof und das Schlachthaus, nebeneinander am Sachsenhäuser Mainkai errichtet und 1884, resp. 1885 eröffnet. Vollendet wurde 1885 auch das städtische Krankenhaus am Sandhof; im Bau begriffen sind noch: der Zentralbahnhof, das Polizeipräsidium und Polizeigefängnis und ein Gerichtsgebäude, das die bislang getrennten Gerichte unter einem Dach vereinigen soll. Die (neue) Kaserne des Infanterieregiments Nr. 81 liegt hinter dem Zentralbahnhof. Unter den modernen Privatgebäuden zeichnen sich aus: die Bauten der Kaiserstraße und ihrer Nachbarschaft, die am Ausgang der Zeil und am Schillerplatz (Bavaria) sowie die am Opernplatz errichteten Gebäude. In der Außenstadt entstehen namentlich im Westende elegante Häuser, vielfach zum Alleinbewohnen.
[Bevölkerung, Erwerbszweige etc.] Die Bevölkerung von F., das 1387 etwa 10,000 Seelen zählte, 1800 etwa 40,000, war 1867 auf 78,000 Einw. angewachsen. Die Zählung von 1885 ergab (einschließlich 1806 Seelen Militärbevölkerung) 154,441 Einw. (worin entgegen den frühern Zahlen allerdings Bornheim mit jetzt etwa 19,000 Einw. inbegriffen ist). Von der Bevölkerung waren 1880: 61,3 Proz. Protestanten, 27,6 Katholiken, 10,1 Israeliten, 1 Proz. andern Bekenntnisses.
Die Gewerbthätigkeit in F. ist eine sehr lebhafte und vielseitige, die Großindustrie aber noch wenig vertreten, teils wegen der Teurung des Areals, teils wegen des Mangels einer eigentlichen Arbeiterbevölkerung. Als hervorragend zu bezeichnen sind: Maschinenfabriken, namentlich für Nähmaschinen, sodann chemische Fabriken, darunter als bedeutendste die Chininfabrik von K. Zimmer, ein Etablissement von europäischer Bedeutung, ferner Toiletteseifen- und Parfümeriefabriken, Metallgießereien, Strohhutfabriken und Haarschneidereien (Fabriken, in denen Hasen- und Kaninchenhaare für die Hutfabrikation verarbeitet werden). Die Bierbrauereien Frankfurts gewinnen nach außen immer mehr Ansehen (Jahresproduktion im Wert von 9 Mill. Mk.). Zu verzeichnen sind auch die polygraphischen Gewerbe, Buch-, Stein- und Kupferdruckereien, auch eine kartographische Anstalt sowie die Schriftgießereien.
Handel und Verkehr. F. ist Knotenpunkt für ein großes Netz hier einmündender Eisenbahnen, deren Verkehr bis zur Eröffnung des Zentralbahnhofs durch sieben Bahnhöfe vermittelt wird. Die Main-Weserbahn und Bebraer Bahn leiten den Verkehr nach N. und NO., die Taunusbahn und die linksmainische Strecke der Hessischen Ludwigsbahn (nach Mainz) stellen die Verbindung mit dem Rhein stromab und stromauf her, die Main-Neckarbahn sowie die Riedbahn nach Mannheim und die Linie Hanau-Eberbach (beide der Hessischen Ludwigsbahn angehörig) verbinden F. mit Baden und Württemberg, während die Hanau-Aschaffenburger Bahn nach Bayern und Österreich führt. Die Lahnbahn (der Hessischen Ludwigsbahn), die Homburger, Kronberger und Sodener Bahn erschließen den Taunus. Eine Verbindungsbahn vermittelt den Verkehr zwischen den einzelnen Güterbahnhöfen untereinander und mit dem Mainhafen. Eine Lokalbahn und eine elektrische Bahn führen nach Offenbach, eine Pferdebahn (Trambahn) von 21 km Länge durchkreuzt in verschiedenen Richtungen die Stadt und verbindet Bornheim, Sachsenhausen und Bockenheim. Der Verkehr auf dem Main hat infolge der Vermehrung der Eisenbahnlinien und der dadurch hervorgerufenen Konstruktion größerer Rheinschiffe, die zu einer Umladung der Fracht an der Mainmündung zwingen, sehr abgenommen. Die nahezu vollendete Kanalisierung des untern Mains wird auch den größern Rheinschiffen den direkten Weg bis F. ermöglichen, so daß dies dadurch in die Reihe der Rheinhäfen eintreten wird. Hafenanlagen in F. wie in Sachsenhausen, beide mit Eisenbahnverbindung, ein besonderer Sicherheits- und Handelshafen auf Frankfurter Seite, Lagerhäuser und Lagerplätze werden den Warenhandel Frankfurts, der vermöge seiner Lage vorzugsweise auf Zwischenhandel angewiesen ist, zu höherer Bedeutung sich entfalten lassen. Bislang beschäftigte sich derselbe namentlich mit Kolonialwaren, Eisen- und Stahlwaren, mit Leder, Häuten und Fellen, Steinkohlen und Wein. Manufaktur- und Mode-, [500] zumal Seidenwaren und sogen. Konfektionsartikel (fertige Garderobegegenstände, Ausstattungen) setzten ebenfalls große Summen um. Das Bücherantiquariat wie auch der Antiquitätenhandel stehen in hoher Entfaltung. Buchhandlungen sind zahlreich, auch das Verlagsgeschäft hat sich neuerdings wieder gehoben.
Für den Warenhandel waren ehemals die beiden Messen (Frühjahr und Herbst) von großer Bedeutung. Im 16. Jahrh. beruhte Frankfurts Größe auf denselben, und damals hatte auch der deutsche Büchermarkt hier sein Zentrum. Neuerdings sind die Messen infolge des erleichterten Reiseverkehrs und der Aufhebung aller für Handel und Gewerbe drückenden Schranken gänzlich bedeutungslos geworden. Nur die Ledermessen und die Pferdemärkte haben sich auf der alten Höhe erhalten. Der wichtigste aller Handelszweige Frankfurts ist das Geld-, Wechsel- und Bankgeschäft. Auf ihm beruht die internationale Bedeutung Frankfurts, das einer der ersten Wechsel- und Börsenplätze Europas ist. Die Frankfurter Bank, seit 1854, mit Notenemissionsrecht, ein Institut von anerkannter Solidität, daneben eine Reichsbankhauptstelle (seit 1871) und eine Reihe von Privatbanken (ohne Notenemission, Deutsche Effekten- und Wechselbank, Frankfurter Bankverein, Deutsche Vereinsbank) und Bankgeschäfte vermitteln und befördern den Geldverkehr. Außer der Fondsbörse (vormittags) mit dem Hauptbörsenverkehr besteht in der Effektensocietät eine regelmäßige Abendbörse. Speziellen Zwecken gewidmet sind die Hypothekenbank, Hypothekenkreditverein, Landwirtschaftliche Kreditbank, Frankfurter Baubank, Gewerbekasse, Versicherungs- und Rückversicherungsgesellschaften (darunter Providentia und Phönix), Sparbank, Sparkasse, Ersparungsanstalt, Pfennigsparkasse etc.
Zahlreich sind die Wohlthätigkeitsanstalten und die Vereine für milde Zwecke. Neben dem städtischen Krankenhaus bestehen das Heiliggeist-Spital (seit 1278 vorkommend, seit 1839 in einem Neubau) als Anstalt für Gesellen, Dienstboten und Fremde, das Senckenbergsche Stift, ein Hospital für Bürger und Pfründneranstalt, von dem Arzt Joh. Chr. Senckenberg (gest. 1772) gestiftet, zwei Entbindungsanstalten; ein Kinderspital, ein israelitisches Gemeindespital, Diakonissenanstalten, Armenklinik, Augenheilanstalt und kleinere Hospitalstiftungen, mehrere Spezialkliniken, eine allgemeine Poliklinik sowie zahlreiche Krankenkassen dienen der Unterstützung in Krankheitsfällen. Ein städtisches Waisenhaus und mehrere konfessionelle Waisenanstalten, Stipendienstiftungen und Erziehungsvereine sind der Erziehung elternloser oder unbemittelter Kinder gewidmet. Der allgemeine Almosenkasten (1428 gegründet, 1532 reformiert), die konfessionellen Almosenkasten, ein Armenverein, eine Anzahl kleinerer Stiftungen und Frauenvereine ergänzen die seit 1883 nach dem Elberfelder System umgestaltete städtische Armenpflege. Die beiden ehemaligen Frauenklöster zu St. Katharina und der Weißfrauen sind in weibliche Versorgungsanstalten für Lutheraner umgewandelt, außerdem stehen dem städtischen Versorgungshaus für Altersschwache noch mehrere konfessionelle Versorgungsstiftungen u. Siechenhäuser zur Seite. Endlich befinden sich in F. noch eine Irrenanstalt, eine Taubstummen-Erziehungsanstalt und eine Blindenanstalt.
[Bildungsanstalten, Behörden etc.] Der Jugendbildung dienen ein städtisches Gymnasium, ein in Vorbereitung begriffenes königliches Gymnasium, 2 Realgymnasien (eins mit Handelsschule), eine Oberrealschule und 4 Realschulen, ein kath. Progymnasium, 2 höhere Töchterschulen, zahlreiche Bürger- und Volksschulen (simultane wie konfessionelle, auch israelitische). Das Städelsche Kunstinstitut (1816 von dem Bankier J. Fr. Städel gegründet) besitzt eine reiche Gemälde- und Kupferstichsammlung sowie Gipsabgüsse nach Antiken, daneben auch eine Kunstbibliothek und eine Kunstschule zur Heranbildung von Malern, Bildhauern und Architekten. Die Kunstgewerbeschule des Mitteldeutschen Kunstgewerbevereins besitzt eine Vorschule und verschiedene Fachklassen. Der Verein unterhält daneben eine Fachbibliothek und eine permanente Kunstgewerbeausstellung, der Kunstverein eine permanente Gemäldeausstellung (zum Verkauf). Das städtische historische Museum (im Archivgebäude) enthält Gemälde und Altertümer. Das Freie deutsche Hochstift (in Goethes Vaterhaus) sammelt eine litterarische Bibliothek und veranstaltet Vortragscyklen und Einzelvorträge aus allen Wissensgebieten, das Senckenbergsche Stift, die damit verbundene Senckenbergsche naturforschende Gesellschaft (1817 gegründet und im Besitz eines bedeutenden naturhistorischen Museums), der Physikalische und Geographische Verein Spezialkurse u. Einzelvorträge ihrer Wissenschaften. Die genannten naturwissenschaftlichen Vereine haben ihre Bibliotheken mit der des Senckenbergianums vereinigt, die Polytechnische Gesellschaft (gegründet 1816), der auch der genannte Mitteldeutsche Kunstgewerbeverein sich angeschlossen hat, ist Gründerin verschiedener nützlicher Institute (so Sparkasse, Blindenanstalt) und auch einer Bibliothek meist technischen und gewerblichen Inhalts, so daß die Stadtbibliothek in ihren Aufgaben wesentlich entlastet ist. Daneben bestehen eine Volksbibliothek und zahlreiche kleinere Spezialbibliotheken von Vereinen und Instituten. Zwei Musikkonservatorien, eine Musikschule und mehrere Musikvereine (der Philharmonische Verein, der Cäcilienverein, Rühlsche Gesangverein u. a.) pflegen die Musik. Der Frauenbildungsverein besitzt eine Kochschule und eine gewerbliche Fortbildungsschule. In F. erscheinen sieben tägliche Zeitungen, deren älteste das „Frankfurter Journal“ (nationalliberal), deren bedeutendste aber die „Frankfurter Zeitung“ (demokratisch) ist. Daneben werden eine Anzahl ausschließlich dem Geldverkehr dienender periodischer Blätter, mehrere Wochenblätter (darunter zwei humoristische) und verschiedene periodische Zeitschriften wissenschaftlichen und technischen Inhalts hier verlegt. F. ist der Sitz zahlreicher Behörden: Polizeipräsidium, zugleich Landratsamt für den Stadtkreis, Oberlandesgericht (für die Landgerichte F., Hechingen, Limburg a. L., Neuwied, Wiesbaden), Landgericht (für die Amtsgerichte Bockenheim, F., Homburg), Oberpostdirektion, königliche Eisenbahndirektion, Handelskammer und 2 Konsistorien. Die städtischen Behörden gipfeln in dem Magistrat (16 Mitglieder) und 57 Stadtverordneten. Die bedeutendsten europäischen und außereuropäischen Staaten haben Konsulate in F. Von Militärbehörden sind hier Kommandantur, Kommando der 21. Division, der 21. Kavalleriebrigade und der 42. Infanteriebrigade; die Garnison bildet das 1. hessische Infanterieregiment Nr. 81. Das 1. hessische Husarenregiment Nr. 13, zur Frankfurter Garnison gehörig, liegt in Bockenheim.
Das Wappen der Stadt ist ein weißer, goldgekrönter und -bewehrter Adler in Rot.
An Vergnügungsorten stehen voran: Palmengarten und zoologischer Garten, beide mit täglichen Konzerten, Opernhaus, Schauspielhaus, Museumskonzerte (Saalbau) und zahlreiche andre Konzerte. [501] Spaziergänge in der Umgebung: in den bedeutenden, sehr gut verwalteten Stadtwald (am Pfingstdienstag im dortigen Forsthaus das Frankfurter Volsfest, sogen. Wäldchestag), nach Bergen, Bockenheim, Hausen, Rödelheim, Niederwald, woselbst auch die Pferderennen stattfinden. Der Rudersport steht zu F. in hoher Blüte. Der Taunusklub veranstaltet regelmäßige Exkursionen in die benachbarten Gebirge.
[Geschichte.] Die Stelle, wo heute die Altstadt liegt, war eine sumpfige, von zahlreichen Flußarmen durchzogene Niederung und ist deshalb später bebaut worden als die Hochebene oberhalb derselben. Die Römerstraßen von Mainz nach Heddernheim (Novus vicus), der Saalburg (Arctaunum), Friedberg und den Grenzbefestigungen am Odenwald und Spessart umgingen diese Niederung, welche, wie noch jetzt zahlreiche Flurnamen beweisen, auf beiden Seiten des Flusses mit Wald bedeckt war. F. wird erst 793 urkundlich genannt, kommt aber schon 794 als namhafter Ort vor. Karl d. Gr. baute sich an der „Frankenfurt“ einen Königshof, welcher an der Stelle der jetzigen St. Leonhardskirche stand, und hielt 794 hier eine Kirchenversammlung, auf welcher der Adoptianismus verdammt und der Bilderdienst verworfen wurde. Ludwig der Fromme wählte F. zum Wohnsitz, erweiterte die Pfalz, ließ an der Stelle des spätern Saalhofs einen noch größern Palast erbauen und umgab die Stadt 838 mit Mauern und Gräben. Nach dem Vertrag von Verdun (843) wurde F. die Hauptstadt des ostfränkischen Reichs oder Deutschlands. Das häufige Verweilen der Kaiser und Könige in F., die wiederholt hier gehaltenen Reichstage und Kirchenversammlungen, die Errichtung eines geistlichen Stifts und die zahlreichen Schenkungen an die dortige Kirche förderten das städtische Gemeinwesen ungemein. Auch als die deutschen Kaiser keine beständige Residenz mehr hatten, blieb F. doch kaiserliches Kammergut und Hauptort von Ostfranken. Nachdem Kaiser Friedrich I. 1152 hier gewählt worden, wurde die Stadt herkömmlich Wahlstadt der deutschen Könige. Im J. 1245 wurde F. unmittelbare Reichsstadt, und 1250 wurde die Burggrafschaft daselbst in das Reichsschultheißenamt verwandelt. Der Frankfurter Schöppenstuhl war der Oberhof (Obergericht) für die ganze Wetterau und die angrenzende Gegend. Anfangs gehörten die meisten Einkünfte der Stadt dem Reich; erst später, besonders unter Heinrich IV. und Friedrich II., wurden diese Einkünfte und sogar die Verwaltung selbst verpfändet oder verkauft. Die Gewalt in der Stadt lag zuerst in den Händen des Vogts und des Schultheißen. Schon früher wählten sich jedoch die Bürger eigne Bürgermeister mit Beisitzern, denen die Polizeiverwaltung und niedere Gerichtsbarkeit oblag, und da diese die Gunst des Kaisers genossen, ward die Würde der Vögte endlich zur Zeit des Interregnums (1257) ganz beseitigt. Kaiser Ludwig der Bayer, dem die Bürger, obgleich Friedrich von Österreich schon Sachsenhausen besetzt hatte, die Thore der Stadt öffneten, gab derselben 1329 die Erlaubnis, alle ihre verpfändeten Einkünfte, Ämter und Rechte einzulösen und bis zur Wiederauslösung von seiten das Reichs zu behalten. Dazu verbot er die Erbauung neuer Schlösser am Main und die Anlegung neuer Zölle in einem Umkreis von zehn Stunden, gewährte der Stadt das Recht, Bündnisse zu schließen, und erweiterte sie 1333. Auch in F. wurden die städtischen Ämter allmählich ein Erbteil einzelner hervorragender alter Geschlechter, was zu vielen Streitigkeiten mit den Zünften den Anlaß bot. Kaiser Karl IV. teilte endlich den Rat in die drei (je aus 14 Mitgliedern bestehenden) Bänke der Schöffen, der Gemeinde und der Zünfte. Durch die Goldene Bulle wurde F. 1356 beständige Wahlstadt der deutschen Kaiser, mit der Verpflichtung, den Wahlakt zu schirmen; 16 Jahre später brachte die Stadt das Schultheißenamt an sich. Vorzügliche Verdienste um seine Vaterstadt erwarb sich Jakob Knoblauch, welcher bei Kaiser Ludwig und Karl IV. die wichtigsten Privilegien, z. B. die, jährlich neben der seit 1240 bestehenden Herbstmesse eine Ostermesse zu halten, und das Münzrecht für F. erwirkte. Er löste auch die kaiserliche Pfalz ein und stellte sie wieder her. Sein Schwiegersohn Siegfried von Marburg vereitelte dann einen Versuch des Landvogts Ulrich III. von Hanau, der Stadt das Schultheißenamt zu entreißen und vor ihren Thoren einen Zoll zu errichten. Als Mitglied des Rheinisch-Schwäbischen Städtebundes schickte F. öfters seine Söldner aus, um die Burgen der Raubritter und Wegelagerer brechen zu helfen, wobei der Stadt Niederlagen nicht erspart blieben. Kaiser Maximilians I. ewiger Landfriede gab ihr die Ruhe wieder. Seitdem blühten Künste und Gewerbe auf, die Wissenschaften wurden gepflegt, und die Erfindung der Buchdruckerkunst förderte auch hier Bildung und Intelligenz.
Die Reformation, die in F. 1530 Eingang fand, befreite die Stadt endlich von dem übermäßigen klerikalen Druck, der auf ihr gelastet hatte. Nach einigem Zögern trat F. 1536 auch dem Schmalkaldischen Bund bei, öffnete jedoch im Dezember 1546 nach dem unglücklichen Feldzug der Verbündeten an der Donau den Kaiserlichen seine Thore. In den Jahren 1531–46 wurden in F. mehrere Konvente der protestantischen Fürsten abgehalten, wie auch 1558 hier auf einem Reichstag der Frankfurter Rezeß (s. d.) geschlossen ward. Als Kaiser Matthias 1612 die städtischen Privilegien bestätigte, kam es zu erheblichen Ruhestörungen, indem sich ein Teil der Bürgerschaft unter Leitung von Vinzenz Fettmilch gegen den Rat erhob und der Pöbel eine Judenverfolgung begann. Der Kaiser beauftragte Mainz und Hessen-Darmstadt mit der Herstellung der Ordnung, was jedoch erst 1616 gelang, wo der Bürgervertrag errichtet und das Zunftwesen aufgehoben wurde. Die Juden erlangten vom Kaiser ein Mandatum poenale restitutorium, zogen unter Militärbedeckung wieder in die Stadt ein und machten den Tag der Rückkehr (20. Adar) zu einem jährlichen Festtag, der den Namen Purim Vinz führt. Im Dreißigjährigen Krieg wußte F. stets die Neutralität zu behaupten, hatte aber dennoch viel, zumal durch die Pest, zu leiden. Im Westfälischen Frieden wurde es als Reichsstadt bestätigt und gelangte bald zu neuem Wohlstand. Im J. 1681 fand hier ein Kongreß der deutschen Fürsten statt, um der französischen Willkür entgegenzutreten; doch kam es infolge von Rangstreitigkeiten unter den Gesandten zu keinem Resultat. Als sich die Bürger wegen der drückenden Abgaben und des willkürlichen Regiments an den Kaiser wendeten, gab dieser der städtischen Verfassung, namentlich durch Einsetzung des Bürgerausschusses, eine zeitgemäße Änderung. Während des Siebenjährigen Kriegs wurde F. von den Franzosen, welche seit 1757 öfters Truppen hatten durchmarschieren lassen, am 2. Jan. 1759 besetzt und behielt trotz vieler Proteste die französische Besatzung bis zum Schluß des Kriegs. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. ließen sich in F. viele um ihres Glaubens willen vertriebene niederländische Familien nieder, welche den Unternehmungsgeist und die Gewerbthätigkeit [502] der Stadt ungemein förderten. Dazu brachten die verschiedenen Kaiserkrönungen viel Leben in die Stadt.
Im fränzösischen Revolutionskrieg bemächtigte sich Custine im Oktober 1792 Frankfurts und legte der Stadt eine Kontribution von 2 Mill. Gulden auf. Am 2. Dez. d. J. eroberten dagegen die aus der Champagne zurückkehrenden Preußen und Hessen unter Rüchel die Stadt wieder. Im J. 1796 besetzte der österreichische General v. Wartensleben dieselbe, konnte sich aber gegen die Franzosen unter Kléber, welcher die Stadt 15. Juli beschießen ließ, nicht halten, und abermals wurde der Stadt eine Brandschatzung von 6 Mill. Frank in Geld und 2 Mill. in Lieferungen auferlegt. Darauf wurde die Stadt 2. Dez. 1796 für neutral erklärt, was der Reichsdeputationsrezeß zu Regensburg vom 25. Febr. 1803 bestätigte. Während damals fast alle Reichsstädte ihre Reichsunmittelbarkeit verloren, blieb F. Reichsstadt und erhielt überdies alle in seinem Gebiet liegenden geistlichen Besitzungen. Im Januar 1806 besetzte General Augereau mit 9000 Mann die Stadt und erpreßte von ihr abermals 4 Mill. Frank. Mit der Stiftung des Rheinbundes verlor sie ihre Selbständigkeit und wurde den Staaten des Fürsten-Primas Karl v. Dalberg (s. d.) einverleibt. Schon 6. Sept. 1806 trat dieser die Regierung an, erklärte alle Religionsparteien für fähig zu Staatsämtern und gewährte selbst den Juden bürgerliche Rechte, vermochte jedoch nicht, der auswärtigen Gewalt Widerstand zu leisten. 1810 wurde F. die Hauptstadt des neugeschaffenen Großherzogtums F. (s. d., S. 497). Am 2. Nov. 1813 zogen die Alliierten in F. ein, versprachen der Stadt schon im Dezember Wiederherstellung ihrer alten Rechte und errichteten einstweilen einen Zentralverwaltungsrat unter der Leitung des Freiherrn vom Stein. Die Wiener Kongreßakte erklärte F. zu einer Freien Stadt des Deutschen Bundes, und 1816 ward es Sitz des Bundestags. Epochemachend in Frankfurts neuester Geschichte war das berüchtigte Frankfurter Attentat (s. d.) vom 3. April 1833. Im J. 1836 schloß sich F. dem Deutschen Zollverein an. Durch einen 18. März 1842 abgeschlossenen Staatsvertrag trat Österreich unter Mitwirkung des Hoch- und Deutschmeisters alle Güter (die Deutschordenskirche und das Deutsche Haus in Sachsenhausen ausgenommen) und Rechte der frühern Deutschordenskommende F. an die Freie Stadt F. käuflich ab.
In dem ereignisvollen Zeitraum von 1848 bis 1850 spiegelt sich in der Geschichte der Freien Stadt die Geschichte unsers deutschen Vaterlandes im kleinen ab. Hier tagten das Vorparlament und die deutsche Nationalversammlung, die 18. Mai 1848 ihre erste und 31. Mai 1849 ihre letzte Sitzung in der Paulskirche hielt. Hier, als am Mittelpunkt des damaligen gesamten politischen Lebens in Deutschland, war das Parteigetriebe und die Aufregung am heftigsten; daher die wiederholten Tumulte, unter denen besonders der zu Sachsenhausen 7. und 8. Juli 1848 sowie der zunächst durch den Malmöer Waffenstillstand hervorgerufene vom 18. Sept. mit Waffengewalt unterdrückt werden mußten. Während des folgenden Dezenniums und der letzten Zeit seiner Selbständigkeit zeigte F. eine große Regsamkeit auf dem Gebiet der Verfassungsentwickelung und Gesetzgebung. In diese Periode fallen namentlich die Verfassungsrevision von 1864, das neue Gewerbegesetz auf der Grundlage vollständiger Gewerbefreiheit und die bereits zehn Jahre früher angebahnte politische Emanzipation der Israeliten (1864). Im August 1863 tagte in F. der mit der deutschen Bundesreform beschäftigte Fürstenkongreß sowie öfters der Nationalverein und der diesem entgegengesetzte Reformverein. Auch der deutsche Abgeordnetentag hielt hier seine Sitzungen. Als sich in Schleswig-Holstein eine nationale Frage von großer Dringlichkeit erhoben hatte, richtete der Gesetzgebende Körper 18. Nov. 1863 das einstimmige Ersuchen an den Senat, den bisherigen Erbprinzen von Augustenburg als nunmehrigen Herzog von Schleswig-Holstein und Lauenburg anzuerkennen und seine Anerkennung am Bund zu beantragen. Der Senat aber schloß sich 7. Dez. dem Bundesbeschluß auf Exekution in Holstein an, welcher eine Anerkennung Christians IX. involvierte. Als die Gasteiner Konvention zu stande gekommen war, unterwarf sie der am 1. Okt. 1865 in F. zusammentretende Abgeordnetentag einer so heftigen Kritik, daß einige Tage darauf bei dem Senat drohende Depeschen Österreichs und Preußens einliefen, welche sich über die dortige Handhabung des Preß- und Vereinswesens beschwerten. Als es endlich zum Bruch zwischen den beiden letztern kam, stand F. zwar mit den andern Freien Städten bei der Abstimmung in der verhängnisvollen Bundestagssitzung vom 14. Jun. 1866 auf seiten Preußens; aber seine Lage, umgeben von den erbittertsten Gegnern Preußens, von beiden Hessen und Nassau, schloß jede aktive Teilnahme aus. Am 12. Juni hatten die österreichischen und preußischen Truppen die Stadt verlassen, und in der zweiten Hälfte des Monats sammelte sich bei F. das 8. Bundesarmeekorps, dessen Hauptquartier nach Bornheim verlegt wurde. Am 4. Juli beschloß die Bundesversammlung, durch Anlegung von Schanzen um die Stadt her sich einigen Schutz zu verschaffen. Doch der Senat erhob dagegen Widerspruch, um F. den Charakter eines offenen Platzes zu wahren, und in der That bedurfte es auch der Schanzen nicht mehr; denn schon 14. Juli siedelte der Rumpfbundestag nach Augsburg über, und 16. Juli rückte Vogel v. Falckenstein an der Spitze der Division Goeben in die Bundesstadt ein. Der Stadt wurden 6 Mill. Gulden Kriegssteuer auferlegt, der ganze Regierungsapparat, Senat, Gesetzgebender Körper und Bürgerkollegium, sofort außer Thätigkeit gesetzt und die Thurn und Taxissche Generalpostverwaltung von Peußen übernommen. Dann trat 19. Juli General Manteuffel an Stelle Falckensteins, der eine neue Forderung von 25 Mill. Gulden stellte und die Stadt mit noch härtern Maßregeln bedrohte. Eine Deputation, welche sich in das Hauptquartier des Königs nach Böhmen begab, erlangte zwar den Erlaß der zweiten Kontribution; aber durch königliches Patent vom 18. Okt. 1866 ward die Einverleibung Frankfurts in den preußischen Staat ausgesprochen. Seitdem bildet die Stadt mit ihrem ehemaligen Gebiet, unter Zulegung des vorher großherzoglich hessischen Teils, des Ortsbezirks Nieder-Ursel, einen Kreis (Stadtkreis) des Regierungsbezirks Wiesbaden, dem der königliche Polizeipräsident als Landrat vorsteht. Die Leitung der städtischen Angelegenheiten Frankfurts ist nach Maßgabe der preußischen Städteordnung geregelt. In neuester Zeit wurde F. historisch wichtig durch den Frieden von F. (s. Frankfurter Friede). Vgl. Faber, Topographisch-politische und historische Beschreibung von F. (Frankf. 1788–89, 2 Bde.); Battonn, Örtliche Beschreibung von F. (hrsg. von L. Euler, das. 1861–75); Kirchner, Geschichte der Stadt F. (das. 1807–10, 2 Bde.); und Feyerlein, Nachträge und Berichtigungen zu Kirchners Geschichte von F. (das. 1809–10, 2 Bde.); Böhmer, Urkundenbuch der Reichsstadt F. (das. 1836, Bd. 1); [503] Kriegk, Geschichte von F. (das. 1871); Stricker, Neuere Geschichte von F. seit 1806 (das. 1874–81, 4 Bücher); Horne und Grotefend, Geschichte von F. (2. Aufl., das. 1882); Grotefend, Quellen zur Frankfurter Geschichte (das. 1884); Ph. Gwinner, Kunst und Künstler in F. (das. 1862, Zusätze 1867); „Aktenstücke zur neuesten Geschichte von F.“ (2. Aufl., Stuttg. 1866); „Frankfurts Bauten“, herausgegeben vom Architektenverein (Frankf. 1886); „Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst“ (Heft 1–8, das. 1839–58; neue Folge 1860 ff.); „Mitteilungen an die Mitglieder des Vereins für Geschichte und Altertumskunde“, seit 1858, und die „Neujahrsblätter“ dieses Vereins.
FRANKFURT AM MAIN. |
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