Zum Inhalt springen

MKL1888:Feldpost

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Feldpost“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Feldpost“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 6 (1887), Seite 116118
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Feldpost
Wiktionary-Logo
Wiktionary: Feldpost
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Feldpost. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 116–118. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Feldpost (Version vom 04.11.2024)

[116] Feldpost, Anstalt zur Unterhaltung des Postverkehrs bei den im Feld stehenden Truppen unter sich und mit der Heimat. Nach den Angaben von Herodot und Xenophon haben schon im Altertum mehr oder minder regelmäßige Nachrichtenvermittelungen zwischen den kriegführenden Armeen und deren Heimatsland bestanden. Diese Einrichtungen dienten im großen und ganzen nur der Korrespondenz der Könige und Heerführer, bez. der amtlichen Korrespondenz. Wie aus Justinus’ „Philippischer Geschichte“ (12. Buch) hervorgeht, wurde indes während der Feldzüge Alexanders d. Gr. (330 v. Chr.) zum Teil auch schon dem Bedürfnis der Mannschaften, [117] Briefe in die Heimat zu senden, Rechnung getragen. Die Anfänge des modernen Feldpostwesens finden wir zuerst in der Mitte des 17. Jahrh. in den französischen unter Guébriant und Turenne am Oberrhein kämpfenden Heeren. Hier bestand die Einrichtung, an bestimmten Tagen von den Soldaten Briefe anzunehmen, die dann unbesehen nach rückwärts in benachbarte französische Postämter gesandt, dort sortiert und weiter versandt wurden. Indes war bei den damaligen Verkehrsverhältnissen die Besorgung nur eine höchst unsichere; Briefe, welche überhaupt ankamen, brauchten fast immer mehrere Monate. Das erste preußische Feldpostamt wurde 1716 im vorpommerschen Krieg errichtet. Friedrich d. Gr. bildete die F. weiter aus und legte den Grund zu den Feldposteinrichtungen in ihrer heutigen Gestalt. Im J. 1813 hatte jedes preußische Korps bereits ein Feldpostamt und Feldpostexpeditionen für jede Brigade (der heutigen Division entsprechend). Im ganzen waren damals 3 Feldpostmeister, 27 Sekretäre, 4 Briefträger, 79 Postillone mit 193 Pferden und 27 Wagen in Verwendung.

Die Organisation der F. unterscheidet sich von der des Kriegs-, Eisenbahn- und -Telegraphenwesens wesentlich dadurch, daß ihr keine Friedensformation zur Unterlage dient, sondern daß die Formationen bei jeder Mobilmachung neu gebildet werden müssen. Für den Zweck der Ausrüstung und der Bereithaltung des Personals werden indes die Vorbereitungen von den Landespostverwaltungen so vollständig getroffen, daß beim Mobilmachungsfall die Entwickelung der Feldpostanstalten jederzeit mit der nötigen Schnelligkeit erfolgen kann. So standen 1870 die deutschen Feldpostanstalten am zehnten Mobilmachungstag überall zum Abmarsch bereit. Die mobilen Feldpostanstalten haben ein doppeltes Ressortverhältnis. In allen technischen Beziehungen stehen sie unter der Landespostverwaltung, welche den gesamten Feldpostbetrieb leitet; in ihrer Eigenschaft als Militärbehörden sind sie den Truppenbefehlshabern untergeordnet. Sie marschieren bei dem Stab ihrer Division etc. mit und haben den Postverkehr für die ihnen zugewiesenen Truppenteile und Administrationszweige wahrzunehmen, d. h. die Heranschaffung und Austeilung der zur Armee strömenden Korrespondenz sowie die Absendung der von den Truppen eingelieferten, bez. eingesammelten Briefe zu bewirken. Zur Herstellung der hierzu erforderlichen Postverbindungen werden in erster Linie die den Feldpostanstalten beigegebenen Transportmittel verwendet; da letztere aber, sobald größere Marschbewegungen beginnen und die Armee im Feindesland vorrückt, unzureichend werden, so bedarf es eines Mittelgliedes, um die marschierende F. mit der heimatlichen im Zusammenhang zu erhalten. Dies zu bewerkstelligen, ist Aufgabe besonderer Feldpostbehörden, in Deutschland der Etappen-Postdirektionen. Letztere ressortieren teils von der Postverwaltung, teils von dem an der Spitze des Etappenwesens einer Armee stehenden General-Etappeninspekteur. Der Etappenpostdirektor hat die Post für gewöhnlich bis auf einen Tagemarsch von dem Hauptquartier des Armeekorps zu bringen und dort an die mobile Feldpostanstalt zu überliefern. Auf den Etappenstraßen hat er an geeigneten Punkten besondere Postanstalten (Feldpostrelais) einzurichten, welche Zwischenstationen der Feldpostkurse bilden und zugleich den Postdienst für die am Ort befindlichen Truppenkommandos, Lazarette etc. wahrnehmen. Während in Friedensverhältnissen die Postanstalt die ihr anvertrauten Sendungen lediglich an die Adresse nach einem angegebenen Bestimmungsort zu befördern hat, tritt bei den für die Armee bestimmten Feldpostsendungen noch die Aufgabe hinzu, den Bestimmungsort zunächst auszumitteln. Um dem zu genügen, tritt die Einfügung eines weitern, von dem übrigen Postbetrieb mehr oder weniger getrennt arbeitenden Apparats in den sogen. Postsammelstellen hinzu. Es sind dies Depots, welchen die für die Armee bestimmten Postsendungen zugeführt werden, und welche die Sendungen nach den einzelnen Truppenteilen, bez. Feldpostanstalten zu sondern und nach dem Standort der letztern weiterzuleiten haben. Als Unterlage für die Weitersendung dienen sogen. Feldpostübersichten, d. h. numerologisch geordnete Zusammenstellungen aller Stäbe, Regimenter, Abteilungen, Kolonnen und Verwaltungsstellen mit Angabe der zugehörigen Feldpostanstalten, welche nach Bedarf aufgestellt und den Sammelstellen und mobilen Feldpostanstalten, bez. Feldpostrelais übersandt werden. Durch die Sammelstellen werden die heimatlichen Postanstalten jedes Zweifels über die Leitung der Feldpostsendungen überhoben, brauchen also keinerlei Notizen über Truppendislokationen etc. zu unterhalten, was zur Vereinfachung und zur Geheimhaltung der die Truppenaufstellung betreffenden Angaben notwendig ist.

Die großartigsten Leistungen hat die F. bis jetzt im deutsch-französischen Krieg 1870/71 aufzuweisen gehabt. Selbst auf Gefechtsfeldern oder in unmittelbarer Nähe derselben, bei den Verbandplätzen, haben die Feldpostanstalten vielfach ihre fliegenden Büreaus aufgeschlagen, Briefe eingesammelt und für die Verwundeten das Ausfüllen von Postkarten besorgt. Nachdem eine auch den weitgehendsten Ansprüchen genügende Briefbeförderung hergestellt war, dehnte die F. ihre Vermittelung auch auf die Einrichtung eines Postpäckereidienstes aus, durch welchen wärmende Kleidungsstücke, stärkende Nahrungsmittel und sonstige Gegenstände den Truppen aus der Heimat auf schnellstem Weg zugesandt werden konnten. Es bestanden im ganzen: 1 Feldoberpostamt, 5 Armeepostämter, 15 Feldpostämter für die einzelnen Armeekorps, ferner je eine Feldpostexpedition für jede Infanterie- und Kavalleriedivision und für die Korpsartillerie. Mit der Okkupation des französischen Gebiets traten allmählich 5 Etappenpostdirektionen hinzu, so daß am Schluß des Kriegs die Gesamtzahl der norddeutschen Feldpostbehörden sich auf 81 belief. Da die französische Post überall beim Erscheinen deutscher Truppen ihre Thätigkeit einstellte, waren auf den drei Hauptetappenstraßen besondere Feldpostkurse eingerichtet, die durch 140 Feldpostrelais verbunden waren. Postsammelstellen befanden sich in Berlin, Hamburg (diese später mit Berlin vereinigt), Leipzig, Kassel, Köln, Frankfurt a. M. und Saarbrücken; Berlin, die größte, welche zuzeiten täglich bis 200,000 Briefe expedierte, beschäftigte über 150 Beamte. Im Oktober 1870 kam zur Briefbeförderung noch die Beförderung von Feldpostpaketen hinzu. Sie hatte ihre Sammelstellen in Berlin, Frankfurt a. M. und Saarbrücken; hier wurden die Pakete für jedes Regiment in Säcke verpackt und gingen dann meist in Extrazügen nach den Hauptetappenorten der Armeen ab, um von hier den Truppen nachgesandt zu werden. Das Depot von Lagny vor Paris, allerdings das bedeutendste, hat beispielsweise gegen eine Million Feldpostpakete verausgabt; über tausend Wagenladungen derselben sind für im Gefecht oder im Marsch begriffene Regimenter von [118] hier nachgeschickt worden. Nach den „Jahrbüchern für die deutsche Armee und Marine“ sind durch die F. nach und von der Armee in dem Zeitraum vom 16. Juli 1870 bis 30. März 1871 befördert worden:

Briefe und Korrespondenzkarten 89659000 Stück
Zeitungen 2354310 Expl.
Geldsendungen in Militärdienstsachen 36705 Stück
 mit 43,123,460 Thlr.    
Geldsendungen in Privatangelegenheiten 2379020
 mit 16,842,460 Thlr.    
Pakete in Militärdienstsachen 125916
Privatpäckereien für die Soldaten etc. 1853686
in Summa Postsendungen: 96408637 Stück
Die Gesamtzahl der Postetablissements auf dem Kriegstheater betrug 411  
Das Personal der F., einschließlich der Relaisbeamten, belief sich auf 1826 Köpfe
Außerdem waren von den Postbeamten nach Reims, dem Elsaß und nach Lothringen kommittiert 314
zur Fahne einberufen 3761
so daß im ganzen auf dem Kriegsschauplatz 5901  
 Postbeamte etc. zur Verwendung gelangt sind.    

An Transportmitteln hat die F. verwendet: 1933 Pferde, 465 Fahrzeuge. Postpferdedepots befanden sich in Metz, Nancy, Epinal und Châlons sur Marne. Die Summe der von der Postverwaltung vom Eintritt der Mobilmachung bis Ende 1871 für Feldpostzwecke aufgewendeten Ausgaben betrug ca. 41/2 Mill. Mk. Vgl. Stephan, Geschichte der preußischen Post (Berl. 1859); die „Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine“; das Generalstabswerk über den deutsch-französischen Krieg 1870/71, Heft 20.