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MKL1888:Dislokation

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Dislokation“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Dislokation“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 4 (1886), Seite 1016
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Dislokation. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 4, Seite 1016. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Dislokation (Version vom 21.06.2022)

[1016] Dislokation (lat.), im Militärwesen Verteilung der Truppen in die Friedensgarnisonen; dann Verteilung in Quartiere (Kantonnements) auf kurze Zeit, auf Märschen, bei Manövern und im Feld. Eine gute D. ist die Bedingung rascher Versammlung der Truppen. Dislokationskarten und Dislokationstableaus geben eine Übersicht dieser Verteilung. Die Dislokationskarten von Fröltsch von Deutschland, Frankreich, Rußland, Österreich erfreuen sich eines weiten Rufs. – In der Chirurgie bezeichnet man mit D. die Verschiebung eines Teils von seiner richtigen Stelle, namentlich der Bruchenden bei Knochenbrüchen und der Gelenkenden bei Verrenkungen.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 252
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[252]  Dislokation (lat.), im geologischen Sinn die Gesamtheit aller der mechanischen Veränderungen in der ursprünglichen, flachen Lagerung der sedimentären Schichten, welche nach der Bildung und Verfestigung der letztern eingetreten sind. Die Dislokationen sind gewöhnlich linear und lassen sich in zwei Klassen teilen, je nachdem die Bewegungen, aus denen die D. hervorgegangen, hauptsächlich vertikal oder horizontal gewesen sind. Im erstern Fall ist ein längsgestreckter Streifen der Erdrinde relativ zu dem nebenliegenden Stück gehoben oder gesenkt worden in der Richtung des Erdradius (radial) nach einer oft sehr scharf ausgesprochenen Bruchlinie (Verwerfung). Im zweiten Fall erfolgte die Bewegung der Massen tangential zur Erdoberfläche, wodurch die Schichten aufgerichtet und in Falten gelegt wurden. Beide Arten von D. kommen getrennt vor, so daß man Bruchregionen und Faltungsregionen unterscheiden kann, meistens finden sich aber beide Bildungsweisen kombiniert. In jeder der beiden Klassen können die Dislokationen in zwei Formen von ganz verschiedenem Aussehen auftreten, je nachdem sie mit oder ohne Bruch vor sich gegangen sind. Ersteres bedingte eine Trennung, letzteres eine Umbiegung der Schichten. In der Klasse der D., welche aus einer vertikalen Bewegung hervorgegangen sind, ist der Bruch vorherrschend, welcher der relativen Verschiebung der beiderseitigen Stücke der Erdrinde vorausging; in der Klasse der D. durch Horizontalschub ist der Bruch die äußerste Grenze der Faltung. Umgekehrt entsteht Umbiegung infolge seitlichen Druckes bei der zweiten Klasse der D. fast ausnahmslos, während in der ersten Klasse der D. eine Biegung sich nur aus einer Streckung der Schichten entwickeln kann. In Bezug auf die Bewegung der einzelnen Schichtenkomplexe kann man nur von einer relativen Richtung sprechen. Mit dem Ausdruck „gehoben“ oder „gesenkt“ wird nur die gegenwärtige thatsächliche Lage der verstellten Schichten zu einander bezeichnet, während das Verhältnis in Wirklichkeit sogar durch eine ungleich starke Bewegung beider Teile hervorgerufen sein kann. Die gleiche Auffassung gilt für die Horizontalbewegungen; eine nach N. überschobene Falte kann auch durch eine entgegengesetzte Bewegung in der Basis der Falte entstanden sein. Als Ursache aller Dislokationen nimmt man allgemein die Kompression der starren Erdrinde infolge der durch Abkühlung bedingten Kontraktion des noch heißen Erdinnern an. Vgl. Margerie und Heim, Die Dislokationen der Erdrinde (deutsch u. franz., Zürich 1888).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 204205
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[204] Dislokation. Die sichtbaren Verwerfungen in der Erdrinde sind das Ergebnis von Bewegungen, welche aus der Verringerung des Volumens der Erde hervorgehen. Die durch diesen Vorgang erzeugten Spannungen zeigen das Bestreben, sich in tangentiale und radiale Spannungen und dabei in horizontale, d. h. schiebende und faltende, und in vertikale, d. h. senkende, Bewegungen zu zerlegen. Man trennt daher die Dislokationen in zwei Hauptgruppen, von denen die eine durch mehr oder minder horizontale, die andre durch vertikale Ortsveränderung von Gebirgsteilen gegeneinander erzeugt ist. Die nächste Folge einer annähernd horizontalen Bewegung der Erdrinde ist das Entstehen langer Falten, deren Sättel eine Strecke weit hinstreichen, allmählich verflachen und dann durch andre Sättel abgelöst werden, welche ungefähr parallel [205] dazu stehen. Solche Falten werden durch entgegenstehende Hindernisse gestaut, und ihr Streichen krümmt sich dann im Sinne der allgemeinen Bewegung nach vorwärts. Der mittlere Teil des Schweizer Jura ist ein typisches Beispiel hierfür. Bei stärker geneigten Falten teilt sich dieselbe nach einer der Achse des Sattels entsprechenden Fläche, worauf dann die Überschiebung des hängenden Teils auf dieser Teilungsfläche erfolgt. Tritt diese Erscheinung in mehreren parallel hintereinander streichenden Faltensätteln auf, so zeigt in dem ursprünglichen, geneigten Faltensattel der liegende Teil die verkehrte, der hängende die normale Reihenfolge der Schichten. Wird durch Überschiebung der liegende, d. h. der überstürzte, Flügel ganz verdeckt, so bleiben hintereinander nur die hängenden Flügel mit einer gegen das Innere des Gebirges, bei nördlicher Bewegung also südwärts geneigten, doch normalen Schichtfolge sichtbar, so daß man in der Richtung gegen das Innere des Gebirges folgende Schichtfolge trifft: 1 2 3 4 5, 1 2 3 4 5 etc. Ein einfaches Faltengebirge würde ergeben 1 2 3 4 5 4 3 2 1 2 etc. Diese Erscheinung heißt Schuppenstruktur oder in der Sprache der Bergleute Wechsel oder Schlächten. Das regelmäßige Streichen der Gebirgsfalten wird häufig durch eine S-förmige Beugung und durch das Vorwärtstreten eines Gebirgsteils gegen den andern unterbrochen. Noch häufiger sieht man einen steil abfallenden Bruch, welcher beide Gebirgsteile quer auf das Streichen trennt. Diese oft beträchtliche Verschiebung einzelner Gebirgsteile gegeneinander ist ohne Zweifel durch eine ungleichmäßige Bewegung der Massen hervorgebracht. Diese zweite Gruppe der aus der tangentialen Bewegung im Gebirge hervorgehenden Sprungflächen umfaßt die Verschiebungsflächen, Blätter oder Übersprünge. Das Streichen der Wechsel entspricht dem Streichen der Gebirgsfalten und wird mit demselben abgelenkt; das Streichen der Blätter ist meist fast senkrecht auf das Streichen des Gebirges. Jede einzelne Wechselfläche hat eine bestimmte Fallrichtung, welche an demselben Orte gegen die Tiefe anhält; die Fallrichtung der Blattflächen ist fast immer außerordentlich steil und kann in der Tiefe von einer Himmelsrichtung in die entgegengesetzte umspringen. Durch die radialen Spannungen entstehen Senkungen und Einstürze. In einem normalen Senkungsfeld lassen sich zwei Hauptrichtungen der Sprünge unterscheiden, peripherische und radiale; eine geringere Bedeutung haben die diagonalen und Quersprünge. Die erstern umgrenzen nicht nur das Senkungsfeld, sondern wiederholen sich innerhalb desselben in mehr oder minder konzentrischer Weise. An jedem dieser peripherischen Sprünge ist der gegen die Mitte des Senkungsfeldes liegende Flügel gesenkt, so daß sich der Betrag der Senkungen gegen die Mitte des Senkungsfeldes summiert. Ist zwischen irgend zwei peripherischen Sprüngen ein Gebirgsstreifen zu tief gesunken, so nennt man solche zu tief gesenkte Streifen Gräben oder Grabensenkungen. Mindert sich in dem Streichen einer peripherischen Linie das Ausmaß der Senkung allmählich und beginnt zugleich eine zweite peripherische Spalte mit parallelem Verlauf und zunehmender Senkung, so bleibt zwischen beiden Sprüngen ein schwebendes Stück zurück, das man als Brücke bezeichnet. Nähern sich die äußern Umrisse zweier Senkungsfelder einander und bleibt zwischen beiden ein trennender Rücken, von welchem nach beiden Seiten die Senkungen treppenförmig abfallen, so heißt ein solcher Rücken ein Horst. Zwischen dem schwäbischen und lothringischen Senkungsfeld sind Schwarzwald und Vogesen als solche Horste stehen geblieben. Die radialen Sprünge durchschneiden die peripherischen und erzeugen trapezförmige Schollen. Gegen die Mitte, wo die radialen Linien sich vereinen, entstehen kleinere Keile, aus deren Zerstückelung Einsturzfelder hervorgehen, welche bald einen runden, bald einen unregelmäßig eckigen Umriß haben. Solche Einstürze gegen die Tiefe eines Senkungsfeldes sind der Rieskessel bei Nördlingen und der Hegau an der Ostseite des südlichen Schwarzwaldes. Eine andre Art von Störungslinien ist auf dem großen Plateau des westlichen Nordamerika besonders ausgeprägt. Dieselben sind auf weite Strecken hin mehr oder minder scharfe S-förmige Beugungen der Schichten, welche man im Gegensatz zu den echten Falten als Flexuren bezeichnet. Dieselben ersterben an manchen Orten in immer flacherer Beugung; an andern Stellen gehen sie in steile Brüche über mit beträchtlicher Absenkung einer Seite. Aus der zerrissenen Flexur wird eine Verwerfung mit geschuppten Flügeln, wobei der gesenkte Flügel nach aufwärts, der andre nach abwärts geschleppt ist, gerade so wie durch Zerreißung eines Faltensattels eine Wechselfläche entsteht. Verwerfungen und Flexuren treten abwechselnd auf derselben Störungslinie auf; es schwankt aber nicht bloß der Betrag der Störung, sondern es kann bald der östliche, bald der westliche Flügel abgesunken sein. Bei den Dislokationen, welche aus Senkung und tangentialer Bewegung zu stande gekommen sind, ist zu unterscheiden, welches die Streichungsrichtung der hauptsächlichsten Bruchlinie im Verhältnis zu der Richtung der faltenden Kraft ist. Ist der Bruch ein Längsbruch, so kann der gesenkte Teil im Sinne der faltenden Kraft nach innen oder nach außen liegen, also z. B. in einem nach Norden gefalteten Gebirge der südliche oder der nördliche Teil abgesunken sein. Sinkt in einem solchen Fall an einem Längsbruch der innere Flügel ab, so herrscht häufig in dem Gebirge das Bestreben, in einer der normalen Faltung entgegengesetzten Richtung den Bruch zu überfalten. Diese Erscheinung heißt Rückfaltung. Wenn hingegen in einem faltenden Gebirge Absenkungen auf Sprüngen, die im Streichen des Gebirges liegen, in der Weise vor sich gehen, daß ein nach außen liegender Teil absinkt, also in einem nordwärts faltenden Gebirge auf ostwestlich verlaufenden Sprüngen nördlich von dem Hauptgebiet der Faltenbildung das Land gesenkt wird, so erfolgt eine weit größere Horizontalbewegung; diese heißt Vorfaltung. Vgl. E. Süß, Das Antlitz der Erde. Bd. 1 (Prag u. Leipz. 1884).