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MKL1888:Adresse

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Adresse“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 132
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Adresse. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 132. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Adresse (Version vom 05.03.2023)

[132] Adresse (franz.), die Aufschrift irgend einer Sendung, vornehmlich eines Briefs, bezeichnet die Person dessen, für welchen dieselbe bestimmt ist (Adressat). Im politischen Sinn heißt A. eine Zuschrift, worin Bitten, Beschwerden, Vorstellungen und sonstige Kundgebungen enthalten sein können, welche vorzugsweise dazu bestimmt sind, gewisse Gesinnungen, Grundsätze und Ansichten in ostensibler Weise auszusprechen. Dem Konstitutionalismus war es vorbehalten, das Adreßwesen auszubilden, und so hat es denn gegenwärtig in allen Kulturstaaten eine hohe öffentliche Bedeutung erlangt. Derartige Adressen werden von Versammlungen, Korporationen und namentlich von parlamentarischen Körperschaften an die Staatsregierung oder an eine bestimmte Behörde oder an ein sonstiges öffentliches Organ gerichtet. Auch pflegen die Wähler nicht selten in einer A. ihrem Abgeordneten ein Vertrauens- oder Mißtrauensvotum zu erteilen. Die A. ist nichts als ein Ausdruck der Beistimmung, der Billigung oder Mißbilligung, des Danks und unterscheidet sich dadurch von der Petition, welche direkt etwas fordert. In manchen Verfassungsurkunden ist den Ständen der Regierung gegenüber das Adreßrecht ausdrücklich eingeräumt. Die Verfassung des Deutschen Reichs enthält eine solche Bestimmung nicht, doch wird das Adreßrecht thatsächlich vom Reichstag ausgeübt. Nach der Geschäftsordnung desselben (§§ 67 f.) wird der Antrag, eine A. an den Kaiser zu richten, wie ein andrer Antrag behandelt. Beschließt der Reichstag, die Vorberatung des vorgelegten Adreßentwurfs einer Kommission zu überweisen, so wird diese aus dem Präsidenten und bei dessen etwaniger Verhinderung dem Vizepräsidenten des Reichstags als Vorsitzendem und 21 von den Abteilungen des Reichstags zu wählenden Mitgliedern gebildet. Liegt ein Entwurf zu einer A. nicht vor, so ist dieser von einer in gleicher Weise zusammenzusetzenden Kommission auszuarbeiten und dem Reichstag zu unterbreiten. Soll die A. durch eine Deputation überreicht werden, so bestimmt der Reichstag auf Vorschlag des Präsidenten die Zahl der Mitglieder, welch letztere alsdann durch das Los gewählt werden. Der Präsident ist jedesmal Mitglied und alleiniger Wortführer der Adreßdeputation. Der Erlaß einer A. ist im parlamentarischen Leben namentlich zum Zweck der Beantwortung einer Thronrede gebräuchlich. – Adressieren, etwas an jemand richten, überschreiben, hinweisen, empfehlen.