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München (Ringelnatz)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Joachim Ringelnatz
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Titel: München
Untertitel:
aus: Reisebriefe eines Artisten, S. 129–130
Herausgeber:
Auflage: 5.–9. Tausend
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1928 (EA 1927)
Verlag: Ernst Rowohlt
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Erscheinungsort: Berlin
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Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[129]
MÜNCHEN
Nach einer Herrenstammtischnacht
(Versehentlich an die Steuerbehörde gesandt)


Die Amseln flöten am Stachus.
Am Sendlingertorplatz nach Schwabinger Nacht
Schimpfen Caprivi und Bacchus
Auf eines Wasserspringbrunnens Pracht.

5
Jemand, der seinen Doktor gemacht

Hat, fühlt sich als ein Riese
Und brüllt als wie am Spieße. –
Auf der Oktoberwiese:
Die Bavaria: – lacht.

10
Vor Mittag wünschen zweie

Sich „Angenehme Ruh!“
Der dritte Chargierte Immerzu
Feiert noch Bannerweihe.
Im Donisl blühn die Weißwürste.

15
Im Schlachthof brüllt anderthalb Kalb.

Und reaktionäre Dürste
Erheben sich allenthalb …
Die Frauentürme verwechseln
Sich selber. Von unten her

20
Kurzwichsig mit Jodeln und Sächseln

Hebt sich der Fremdenverkehr.
Da lassen sich aus Venedig
Die Tauben und Witwen und Ehefraun

[130]
Am Theatiner rundum beschaun
25
Und trippeln, als seien sie ledig.

Und weil ich mich eben so freue,
Mal ohne Frau, auf verbotenem Weg,
Drum preis’ ich die alte und neue
Pinako – Pinako – – kothek.