Landesfürstliche Geburts-, Vermählungs- und Todesanzeigen im 15. Jahrhundert
← Die älteste Ansicht der Stadt Dresden | Landesfürstliche Geburts-, Vermählungs- und Todesanzeigen im 15. Jahrhundert (1906) von Otto Richter Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908) |
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Die Formen des Verkehrs zwischen Fürst und Volk waren im Mittelalter einfacher und unbefangener als heutzutage. Viel häufiger als jetzt trat der einzelne Bürger dem Fürsten nahe, nicht bloß zu Hause, wo er seine Anliegen persönlich vorbrachte, auch draußen im Felde, wo der Untertan oft genug mit seinem Landesherrn unmittelbar die Gefahren und Beschwerlichkeiten des Krieges teilte. Freudige und traurige Ereignisse im fürstlichen Hause begleitete die Bevölkerung der Residenzstadt mit familiärer Anteilnahme. Nicht durch feierliche Ansage des Oberhofmarschallamts wurden sie verkündet, sondern der Landesherr ließ dem Rate seiner getreuen Stadt durch einen seiner Diener mündliche Botschaft ausrichten. Nur wenn er sich auswärts aufhielt, gelangte eine briefliche Anzeige an den Rat. Erst in der Zeit Herzog Georgs, als Beamtentum und Schreibwesen größeren Umfang annahmen, wurde es üblich, daß der Landesherr dem Rate Familienereignisse auch [92] vom Dresdner Schlosse aus schriftlich anzeigte. Diese Anzeigen bildeten dann die Regel bis zum Tode des Kurfürsten Johann Georg IV. im Jahre 1694. Seitdem unterblieben sie auch bei Todesfällen; es erfolgte nur noch eine Anordnung des Oberkonsistoriums an den Superintendenten wegen der Landestrauer.
Von jenen fürstlichen Briefen an den Rat zu Dresden aus dem 15. Jahrhundert seien einige Proben aus dem Ratsarchive hier mitgeteilt.
Lieben getruwen. Als wir von gotlicher schickunge unde ordenunge der heiligen ee mit eyner frucht begnad unde geladin geweft sint, vorkundige wir uch in guter zcuvorsicht zcu sunderlichin frouden, das wir uf huthe gifft dißes briffs mit gotes hulffe des almechtigen unser dritte geborne frucht, eynen jungen fursten[1] an persone unde geledemaßen wolgestalt unde geschicket, gothe zcu lobe, unsern landen unde luten zcu hulffe, troste unde nutcze wol genesin gnediclichin irhort unde entladin sint. Begern wir von uch mit ganczim fliße, das ir uch des mit uns in gothe dem hern frauwet, dangsaget unde syne almechtikeit bittet, das er uns unde sogethane dritte frucht unde fursten im zcu lobe zcu langen zciten geruche zcu fristen. Daran bewiset ir uns gutin willin. Gegebin zcu Mißin anno XXXIX0 am fritage Augustini.
Lieben getruwen. Wanne die hochgeborne furstynne frauw Catheryn etwann herczogynne zcu Sachsen etc. unser liebe frauw und muter seligen gedechtnißs noch schickunge des almechtigen gotes uff gestern sonnabind[2] in der achten stunden noch mittage vorscheiden ist, der zelen er gnedig und barmherczig wolle sin, davon begern wir von uch mit allem fleiße, ir wollet schaffen und bestellen, das die obgnante unser libe frauw und muter obiral bie uch in pfarrekirchen und clostern mit vigilien und selmessen, als sichs gebort, erlichen begangen werde, doran tut ir uns besundern wol czu dancke. Gebin zcu Wittemberg am sontage noch nativitatis Christi anno domini etc. XLIII0.
[Beigelegter Zettel:] Auch so ist die hochgeborne furstynne frauw Elizabeth[3] etwann marcgrafynne zcu Brandemburg und burcgrafynne zcu Nuremberg, unser libe muhme selige, an der mittewochen vor sante Andres tag[4] nestvorgangen in der zcehnden stunden vorscheiden, der wollet auch im begengknisse unser liben frauwen und muter seligen gedencken und die mit ir begeen laßen.
Lieben getruwen. Es ist der eldiste unser lieber sone herczog Friderich in der vorgangen nacht in der czehnden stunde noch dem willen gotis mit tode abgegangen und vornunffticlich vorscheiden, dem got gnedig wolle sin. Darumb begern wir von uch mit ganczem fliße, ir wollet zcu troste der liben selen messen und vigilien in den pfarrekirchen und clostern bie uch bestellen zcu singen und zcu lesen, darczu auch zcu luten und es mit andern sachen noch gewonheit zcu halden uch des nicht swere sin lassen. Doran thut uns zcu sunderm großen dancke. Geben zcu Grymme am sontage noch Lucie anno domini etc. L primo.
Lieben getruwen. Wir schicken zcu uch dise geinwertigen unnser dyner und lieben getruwen, uch durch sie vorkundende das eeliche byeleger des hochgebornnen fursten unsers lieben sones hern Albrechts hertzogen zcu Sachsen etc. mit des durchluchten fursten hern Jorgen koniges zcu Behern etc. unsers lieben hern und swehirs tochter frawlyn Zdena, gescheen zcu Eger am dinstag noch Martini[5] nehstvorgangen, und tun das dorumb, das ir uch des mit uns in got dem hern frawen sullet, nochdem sulchs nicht anders dann zcu mehrung des cristelichen gloubens, zcu eren dem Romischen rich und gemeynem fryde der lande also ergangen ist, begernde mit vlis, ir wullet denselben unsern dynern gunst, furderung und guten willen uns zcu liebe bewisen. Das kompt uns von uch zcu besunderm dancke. Geben zcu Turgaw am fritag Andree apostoli anno domini etc. L nono.
Lieben getrauwen. Nach dem wir euch jungst geschreben mit gutlicher begere, das ir etliche ewrer ratsfrunde uf unnser ehelich beylager gein Dresden schicken wolt, als ir danne uß dem selbin unserm schreiben vorstanden. Szo abir durch vorhencknis des almechtigen gots die swere pflage des sterbins sich an dem selbin ortt ouch etlicher maße irewgt, der ursachen halben wir solich unnser beylager doselbist zu Dresden zu haltin vorandert und das hieher gein Lipczig vorordent, dem nach ist unnser gutlich begerunge, ir wollit uf sontag noch Elizabet[6] schirsten czeitlich des abints etliche von ewern ratsfrunden hieher gein Lipczig zu unns fertigen geschickt sampt andern unnsern liben herren, frunden, frawen und juncfrawen soliche hochczeit in allir frolichkeit, wie zu Dresden hette bescheen sollin, helffen zu .... den und nicht ußen bleiben. Doran irczaigt ir unns ...... nders danck nemens gefallen in gnaden z ...... men. Gebin zu Lipczig sonnabint nach .....[7] virginis anno XCVIten.
Durch die hier abgedruckten Briefe werden übrigens einige falsche Zeitangaben in Handbüchern der Landesgeschichte berichtigt.