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Juedischer Krieg/Buch I 10-18

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Juedischer Krieg
Buch I 19-27 »
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[37]
Zehntes Capitel.
Zwist zwischen Antigonus und Antipater, zwischen Hyrkan und Herodes.

195 (1.) Um dieselbe Zeit sollte merkwürdigerweise sogar Antigonus, der Sohn des Aristobulus, mit seinem Auftreten vor Cäsar die Veranlassung zu einer noch größeren Beförderung für Antipater werden. Anstatt nämlich sich damit zu begnügen, bloß über seinen Vater, der allem Anschein nach wegen seiner Feindseligkeit gegen Pompejus vergiftet worden war, zu wehklagen und wegen der Hinrichtung seines Bruders den Scipio der Grausamkeit zu beschuldigen, ohne in diese Gefühle des Mitleides die leiseste neidische Erregung einfließen zu lassen, erhob Antigonus vielmehr auch gegen Hyrkan und Antipater öffentlich die Anklage, 196 dass sie ihn und seine Geschwister gegen alles Recht aus dem ganzen Gebiete der väterlichen Erde verjagt, an dem Volke aber in ihrem Uebermuthe viele und maßlose Frevel verübt hätten. Auch die Hilfe im ägyptischen Feldzuge hätten sie nicht aus Anhänglichkeit an Cäsar, sondern einzig darum geschickt, weil sie wegen ihrer früheren feindlichen Haltung gegen ihn ein schlechtes Gewissen hatten und auf diese Weise die Freundschaft mit Pompejus wettzumachen suchten.

197 (2.) Bei dieser Anschuldigung warf Antipater seine Kleidung ab, zeigte auf seine zahlreichen Wundnarben hin und sagte, er brauche wohl über seine Anhänglichkeit an Cäsar kein Wort zu verlieren. Denn wenn auch das Wort verstumme, würde sein Leib dafür desto lauter aufschreien. 198 Er müsse aber seinerseits über die Keckheit des Antigonus staunen, wie denn er, der Sohn eines Römerfressers und ausgesprungenen Römersclaven, ein Mensch, dem das Arbeiten am Umsturz und das Aufruhrmachen von seinem Vater her im Blute [38] liege, sich nur habe unterfangen können, beim römischen Imperator andere zu verklagen, und statt es für eine Gunst zu betrachten, dass er wenigstens mit dem Leben davon gekommen, jetzt auch noch einen fetten Brocken erschnappen wolle. Denn offenbar bemühe er sich gerade gegenwärtig wieder um einen Antheil an der Regierung, nicht so sehr aus Noth, als vielmehr in der Absicht, die Juden, wenn er durchgedrungen, wieder zu entzweien und die gewonnenen Stützpunkte gegen jene auszunützen, die ihm dazu verholfen haben würden.

199 (3.) Als Cäsar diese Vertheidigung Antipaters gehört, erklärte er feierlich den Hyrkan für den würdigsten Vertreter der hohenpriesterlichen Würde und gab auch dem Antipater volle Freiheit, sich ein Regierungsamt auszusuchen. Da aber dieser das Ausmaß der Ehre in die Hand des Ehrenden legte, ward er von Cäsar zum Procurator von ganz Judäa ernannt und bekam außerdem noch die Befugnis, die zerstörten Mauern Jerusalems wieder herzustellen. 200 Diese Auszeichnungen ließ nun Cäsar gleich nach Rom melden, damit sie daselbst, in eherne Tafeln eingegraben, auf dem Capitol als bleibendes Denkmal seines eigenen Gerechtigkeitssinnes als auch der tüchtigen Eigenschaften jenes Mannes aufbewahrt würden.

201 (4.) Antipater gab dann dem Cäsar noch das Geleite über Syrien und kehrte nach Judäa zurück. Hier war es sein erstes, dass er die von Pompejus niedergelegte Mauer Jerusalems wieder aufrichtete und die im Lande selbst noch fortbestehenden Wirren durch sein persönliches Erscheinen allerorts beizulegen suchte, wobei er zugleich Drohungen und gewinnende Rathschläge auf die einzelnen wirken ließ: Falls sie, ließ er sich verlauten, dem Hyrkan anhiengen, würden sie ein Leben in Wohlstand und Bequemlichkeit führen und den frohen Genuss von ihrem privaten Besitzthum, wie von den gemeinsamen Segnungen des Friedens haben; 202 sollten sie sich jedoch von den armseligen Hoffnungen derer, die nur zur Erreichung ihrer egoistischen Interessen den Umsturz wünschten, berücken lassen, so würden sie an ihm statt eines Beschützers einen strengen Herrn und an Hyrkan statt eines Königs einen Gewaltherrscher, an den Römern aber und Cäsar ganz gewiss Feinde anstatt Führer und Freunde finden. Denn nie würden letztere es dulden, dass der je vom Throne gestürzt werde, den einmal Rom daraufgesetzt. 203 Diese Reden waren indes auch von verschiedenen Verwaltungsmaßregeln begleitet, die er im ganzen Lande und zwar auf eigene Faust verfügte, da er ja sehen musste, wie Hyrkan ein geistesträger und für die Regierung allzu schwacher Mann war. So bestellte er unter anderem seinen ältesten Sohn Phasaël zum Befehlshaber von Jerusalem und dem umliegenden Lande, während [39] er den zweitältesten, Herodes, einen noch blutjungen Mann, mit der gleichen Bestimmung nach Galiläa sandte.

204 (5.) Dieser letztere, ein Charakter von großer Unternehmungslust, fand alsbald einen entsprechenden Gegenstand für seinen Thatendrang. Er brachte nämlich den Räuberhauptmann Ezechias, welcher mit einem sehr großen Schwarm die Nachbarschaft Syriens beunruhigte, in seine Gewalt und ließ ihn hinrichten, wie er auch viele von seiner Bande tödtete. 205 Da er mit dieser muthigen That ganz besonders den Syrern eine große Wohlthat erwiesen hatte, feierte man ihn dort von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt wie einen Engel des Friedens und Hort des Besitzthums, so dass infolgedessen sein Ruf auch zu Sextus Cäsar, einem Verwandten des großen Cäsar, der damals gerade Syrien zu verwalten hatte, drang. 206 Mit seinem im Ansehen steigenden Bruder pflog auch Phasaël einen hochherzigen Wettstreit, indem er sich die Bürger Jerusalems immer mehr verpflichtete und, obschon factisch alleiniger Herr der Stadt, dennoch nicht im geringsten seine Macht nach Art niedrig denkender Menschen durch übermüthiges Benehmen schändete. 207 So kam es, dass dem Antipater von Seite des Volkes eine wahrhaft königliche Huldigung und allseitige Ehrenbezeigungen, wie sie nur einem unumschränkten Gebieter erwiesen werden, zutheil wurden. Er wich aber darum kein Haar breit von der Pflicht der Ergebenheit und Treue gegen Hyrkan ab.

208 (6.) Es ist indes unmöglich, mit glänzenden Thaten dem Neide zu entfliehen. Denn wirklich nagte bereits der Neid über den Ruhm der jungen Leute in aller Stille an Hyrkans Seele, dem namentlich die herrlichen Erfolge des Herodes ein Dorn im Auge waren, zumal ein Herold nach dem andern dahergelaufen kam, um jede einzelne Waffenthat ja recht herauszustreichen. Außerdem schürten noch viele Neider am Königshof, denen die besonnene Haltung der Söhne des Antipater oder des Vaters selbst ein Strich durch ihre Rechnung war, 209 und die dem Hyrkan sagten, er habe sich ja bereits factisch der Regierung zu Gunsten des Antipater und seiner Söhne begeben und sitze unthätig da mit dem bloßen Namen eines Königs, bar jeder Gewalt. Wie lange wolle er sich denn noch darüber täuschen, dass er eigentlich Kronprätendenten an seinem Busen nähre, die sich schon nicht einmal mehr mit der Maske der Statthalterschaft begnügten, sondern, nachdem sie Hyrkan zur Seite gedrängt, bereits ganz offen die Herrn spielten: es sei ja doch Thatsache, dass Herodes ohne vorhergehende mündliche oder schriftliche Bevollmächtigung von Seite des Hyrkan eine große Anzahl Menschen gegen alles jüdische Recht und Gesetz habe hinschlachten lassen. Wäre dieser Mann nicht König, [40] sondern nur Privatmann, so hätte er ja von Rechtswegen vor Gericht zu erscheinen, um ihm selbst, wie auch den Landesgesetzen, welche die Verhängung der Todesstrafe ohne richterliches Urtheil nicht gestatten, Rechenschaft zu geben.

210 (7.) Durch solche Reden kam Hyrkan allmählig immer mehr in die Hitze und machte endlich seinem Zorne Luft, indem er Herodes vor seinen Richterstuhl forderte. In der That kam Herodes auf den Rath seines Vaters und im Vertrauen auf seine eigene Sache nach Judäa herauf, nicht ohne früher ganz Galiläa durch entsprechende Besatzungen gesichert zu haben. Er selbst kam bloß mit einer, allerdings starken, Begleitmannschaft, um auf diese Weise nicht den Verdacht zu erwecken, als ob er Hyrkan vom Throne stoßen wollte, was der Fall gewesen wäre, wenn er ein eigentliches Kriegsheer mitgebracht haben würde. Er wollte aber auch andererseits nicht ganz wehrlos in die Hände seiner Neider gerathen. 211 Unterdessen hatte auch Sextus Cäsar, der um den Jüngling in ernstlicher Sorge war, er könnte, von den Feinden einmal abgefangen, Schlimmes befahren, an Hyrkan Boten geschickt, mit der unzweideutigen Weisung, den Herodes von der peinlichen Anklage freizusprechen. Hyrkan fällte denn auch ein freisprechendes Urtheil, wozu er ohnehin schon aus Wohlwollen für Herodes entschlossen gewesen.

212 (8.) Herodes zog sich indes in der Voraussetzung, dass er eigentlich gegen den Willen des Königs dem Todesurtheil entgangen sei, zu Sextus nach Damaskus zurück und machte sich darauf gefasst, eine neuerliche Vorrufung mit einer entschiedenen Weigerung zu beantworten. Die Ränkeschmiede suchten nun abermals den Hyrkan gegen Herodes aufzubringen, indem sie ihm sagten, Herodes sei nur aus Zorn aus dem Lande gegangen und stehe schon bereit, gegen ihn loszuschlagen. Der König glaubte das und war infolgedessen in der größten Verlegenheit, da er den Gegner sich überlegen sah. 213 Als Herodes endlich auch noch von Sextus Cäsar zum Befehlshaber von Cölesyrien und Samaria ernannt ward und auf diese Art nicht bloß wegen der Gunst, in der er beim jüdischen Volke stand, sondern durch seine Macht allein schon Besorgnis einflößen musste, verfiel Hyrkan in die schrecklichste Angst und meinte, dass Herodes schon jetzt und jetzt mit seinem Heere auf ihn losstürzen werde.

214 (9.) Er sollte sich in seiner Voraussetzung auch nicht täuschen. Denn Herodes hatte wirklich aus Zorn über die drohende Haltung, die man gegen ihn in dem erwähnten Processe eingenommen hatte, ein Heer auf die Beine gebracht und führte es gegen Jerusalem, um Hyrkan zu entthronen. Das hätte er auch nur zu rasch ausgeführt, [41] wenn nicht sein Vater und Bruder ihm noch rechtzeitig entgegen gegangen wären und seinen Ungestüm gebrochen hätten, indem sie in ihn drangen, seine Rachelust auf mündliche Drohungen und die Entfaltung seiner drohenden Kriegsmacht zu beschränken und ja einen König nicht anzutasten, unter dem er so hoch gestiegen sei: wenn er schon über die Vorladung zu Gerichte erbost wäre, so dürfe er doch auch den Dank für den Freispruch nicht vergessen, indem es nicht angehe, dass man einerseits wegen erlittener Unbilden gleich feindlich auftrete, auf der anderen Seite aber für die Rettung keinen Dank wisse. 215 Und wenn nun erst zu bedenken käme, dass auch das Zünglein an der Schlachtenwage vom Finger Gottes geleitet werde, so sei es eine natürliche Folgerung, dass die Ungerechtigkeit der Sache dabei viel schwerer ins Gewicht falle, als ein noch so starkes Heer. Gerade darum könnte Herodes auch in Betreff seines Sieges nicht in alleweg guter Hoffnung sein, da er ja im Begriffe stehe, sich mit einem Könige zu schlagen, der sein Busenfreund und vielfacher Wohlthäter, kein einzigesmal aber sein Gegner gewesen, außer nur insoferne, dass er einmal auf den Rath von Intriguanten ihm etwas zugefügt habe, was man nur einen Schatten von wirklicher Beleidigung nennen könne. Diesen Vorstellungen schenkte Herodes Gehör, in der Ueberzeugung, für seine Hoffnungen dadurch allein schon genug gewonnen zu haben, dass er seine Macht der Nation wenigstens einmal vor Augen geführt.

216 (10.) Während dieser Ereignisse in Judäa brachen im Gebiete von Apamea in Syrien unter den Römern selbst Unruhen aus, die zu einem Bürgerkriege führten. Cäcilius Bassus, ein Parteigänger des Pompejus, hatte als solcher den Sextus Cäsar hinterlistiger Weise ermordet und auch dessen Heer für sich gewonnen. Doch die anderen Feldherren Cäsars warfen sich zur Rache für diesen Mord mit ihrer gesammten Streitmacht auf Bassus. 217 Aus Freundschaft für den ermordeten Cäsar, wie auch für den damals noch lebenden Dictator sandte Antipater den Feldherren desselben durch seine Söhne ein Hilfscorps zu. Der Krieg zog sich jedoch in die Länge, und von Italien traf unterdessen Murkus als Nachfolger des Sextus ein.


Eilftes Capitel.
Der Cäsarmörder Cassius. Antipaters Vergiftung. Strafe des Giftmörders Malchus.

218 (1.) Um diese Zeit entstand bei den Römern jener gewaltige Kampf, der die Folge des durch Cassius und Brutus an Cäsar nach einer Regierung von drei Jahren und sieben Monaten verübten [42] Meuchelmordes war. In der ungeheuren Bewegung, die dieser Mord hervorrief, und bei der allgemeinen Spaltung, die unter den Größen Roms eingerissen war, ließ sich jedermann nur von seinen Aussichten bestimmen und schloss sich darum jener Partei an, von der er sich den meisten Gewinn versprechen konnte. Unter diesen Wirren nun erschien auch Cassius in Syrien, um die im Gebiete von Apamea befindlichen römischen Streitkräfte in seinen Besitz zu bringen. 219 Es gelang ihm hier, zwischen Murkus und Bassus und ihren sich feindlich gegenüberstehenden Legionen einen friedlichen Vergleich herzustellen und so Apamea von der Einschließung zu befreien. Nachdem er selbst das Commando über diese Legionen übernommen, zog er damit von Stadt zu Stadt, legte überall Contributionen auf und erlaubte sich die maßlosesten Erpressungen.

220 (2.) Da auch von den Juden eine Abgabe von 700 Talenten gefordert worden war, so vertheilte Antipater aus Furcht vor der Drohung des Cassius die Summe zur Eintreibung nicht bloß unter seine Söhne, sondern in der Eile auch an einige andere Verwandte, darunter sogar an den ihm feindseligen Malchus: so arg stack er in der Klemme. 221 Der erste, der den Cassius zufriedenstellte, war Herodes, der vor allen anderen die auf ihn entfallende Rate im Betrage von 100 Talenten aus Galiläa ihm überbrachte und aus diesem Grunde ihm ganz besonders lieb und wert wurde. Die übrigen schalt Cassius Faulenzer und ward über die säumigen Städte so aufgebracht, 222 dass er die Einwohner von Gophna und Emmaus und von zwei anderen minder bedeutenden Städten als Sclaven verkaufen ließ und sich sogar mit dem Gedanken trug, den Malchus hinrichten zu lassen, weil er sich mit der Eintreibung ganz und gar nicht beeilte. Sein und der übrigen Städte Verderben verhütete jedoch Antipater, indem er schleunig mit 100 Talenten den Cassius begütigte.

223 (3.) Kaum war jedoch Cassius abgezogen, als Malchus für diesen Liebesdienst dem Antipater keinen Dank mehr wusste. Im Gegentheile, er bereitete seinem vielfachen Retter noch Nachstellungen, um ihn sobald als möglich aus dem Wege zu räumen, weil er seinem ungerechten Treiben entgegentrat. Da Antipater vor dem Einfluss und der Schlauheit des Mannes doch einige Sorge hatte, so begab er sich über den Jordan, um ein Heer zu sammeln und so jedem Anschlag die Spitze bieten zu können. 224 Obschon sich nun Malchus bei seinem Ränkespiel ertappt sah, überlistete er dennoch durch seine Unverschämtheit die Söhne des Antipater, indem er sowohl den Commandanten Jerusalems, Phasaël, wie auch den Herodes, dem damals die Hut des Arsenales oblag, mit seinen wiederholten, von Schwüren be- [43] gleiteten Rechtfertigungsversuchen beschwindelte und sogar beredete, als Friedensvermittler zwischen ihm und ihrem Vater zu dienen. So wurde er abermals von Antipater gerettet, da dieser den damaligen Commandierenden von Syrien, Murkus, der schon Willens war, den Malchus wegen seiner Umsturzbestrebungen hinrichten zu lassen, davon wieder abredete.

225 (4.) Als es hierauf zum Kriege zwischen dem jungen Cäsar im Bunde mit Antonius einerseits und Cassius mit Brutus andererseits kam, und Cassius im Verein mit Murkus ein Heer aus Syrien aufgebracht hatte, setzten sie bei diesem Anlasse den Herodes zum Verweser von ganz Syrien ein, weil derselbe einen ganz ansehnlichen Beitrag zu den Kriegsbedürfnissen, wie allen bekannt war, geleistet hatte, und überwiesen ihm eine entsprechende Truppenmacht von Fußsoldaten und Reitern. Cassius versprach ihm überdies, nach der glücklichen Beendigung des Krieges ihn auch noch zum König von Judäa zu machen. 226 Aber für Antipater sollte diese gewaltige Macht seines Sohnes und dessen noch größere Hoffnungen für die Zukunft die Ursache des Verderbens werden. Denn gerade das hatte Malchus gefürchtet und darum bestach er jetzt einen von den königlichen Mundschenken, dem Antipater Gift zu geben. So hatte die Tücke des Malchus den Preis gewonnen und zwar mit dem Leben des Antipater, der nach dem Gelage verschied. Mit ihm schied ein Mann, der stets eine hohe Energie in der Führung von Staatsgeschäften entfaltet und der das besondere Verdienst hatte, dem Hyrkan die Herrschaft wiedergewonnen und auch behauptet zu haben.

227 (5.) Das Volk, das in Malchus den Giftmörder vermuthete und ihn mit seinem Zorne bedrohte, suchte der letztere durch entschiedenes Leugnen von seiner Unschuld zu überzeugen. Zu gleicher Zeit begann er sich aber auch durch Anwerbung von Schwerbewaffneten stärker zu rüsten, weil er ja voraussetzen konnte, dass Herodes nicht den müßigen Zuschauer machen werde. Das trat auch ein, indem Herodes gleich darauf mit einem Heere zur Stelle war, um für den Mord des Vaters Rache zu nehmen. 228 Da ihm jedoch sein Bruder Phasaël rieth, den Menschen nicht offen zur Bestrafung zu ziehen, weil ein Theil des Volkes für ihn Partei ergreifen würde, so nahm er vorderhand die Rechtfertigung des Malchus entgegen und erklärte sogar öffentlich, ihn von der Anschuldigung loszuzählen. Seinem Vater hielt er eine glänzende Bestattungsfeier.

229 (6.) Darauf eilte Herodes nach Samaria, das durch einen Aufruhr in arge Verwirrung gestürzt worden, und brachte die Stadt wieder zurecht. Dann kehrte er zur Festzeit nach Jerusalem zurück [44] und zwar in Begleitung seiner Truppen. Da Malchus vor dem Einmarsche derselben Angst hatte, so schickte Hyrkan auf sein Betreiben dem Herodes die Ordre, zu den Landeskindern, die sich eben jetzt im Zustande der gesetzlichen Reinheit für die Festfeier befänden, keine ausländischen Truppen hereinzulassen. Herodes kümmerte sich aber weder um den Vorwand noch um den Auftraggeber und rückte bei der Nacht ein. 230 Wiederum stellte sich Malchus bei ihm vor, um ihm sein innigstes Beileid wegen Antipaters auszudrücken, obschon Herodes es kaum über sich brachte, seinerseits die Heuchlerrolle gegen den Heuchler weiter zu spielen und seinem Ingrimm Schweigen zu gebieten. Doch schrieb er einen Brief an Cassius, worin er sich bei ihm, der ohnehin den Malchus hasste, bitter über den gewaltsamen Tod seines Vaters beklagte. Cassius gab ihm in seiner Erwiderung schriftlich die Erlaubnis, den Mörder seines Vaters zur Strafe zu ziehen, und wies zugleich die ihm unterstehenden Obristen heimlich an, dem Herodes zur Vergeltungsthat hilfreiche Hand zu bieten.

231 (7.) Als nun nach der Erstürmung von Laodicea durch Cassius von allen Seiten die angesehensten Personen herbeiströmten, um ihm Geschenke und Siegeskränze zu überbringen, glaubte Herodes diesen günstigen Augenblick für seine Rache benützen zu müssen. Malchus aber, der selbst die Luft nicht mehr rein finden mochte, fasste, in Tyrus angekommen, den Entschluss, seinen Sohn, der sich als Geisel bei den Tyriern aufhielt, heimlich aus der Stadt zu entführen, und rüstete sich schon zur schleunigen Abreise nach Judäa. 232 Die Verzweiflung an seiner endlichen Rettung reifte jetzt in ihm den Entschluss, einen noch größeren Schlag zu thun. Er hoffte nämlich gerade jetzt, wo Cassius mit den Kampfesrüstungen gegen Antonius alle Hände voll hatte, das jüdische Volk zu einer Erhebung gegen Rom zu bringen, und auf diese Weise nach der unschweren Beseitigung des Hyrkan selbst König zu werden.

233 (8.) Doch die Schicksalsmächte lachten nur über seine Träume. Herodes hatte nämlich seinen Plan durchschaut und lud ihn persönlich mit Hyrkan zu einem Mahle. Gleich nach der Einladung beschied er aber einen der umstehenden Diener zu sich und schickte ihn in die Stadt hinein, als sollte er noch etwas für die Tafel besorgen, in Wirklichkeit aber, um den Obersten vorher zu melden, dass sie sich zum Hinterhalt vor die Stadt begeben sollten. 234 Diese gedachten der Ordre des Cassius und giengen, das Schwert in der Faust, auf das vor der Stadt sich hinziehende Gestade hinaus. Hier umzingelten sie den Malchus und hieben ihn mit vielen Streichen nieder, während Hyrkan vor Entsetzen auf der Stelle in Ohnmacht fiel. Nachdem er [45] mit Mühe wieder zu sich gekommen war, wollte er von Herodes wissen, wer denn den Malchus habe tödten lassen. 235 Einer der Obersten gab zur Antwort: „Cassius hat es befohlen!“ Da rief Hyrkan: „Cassius ist also mein, sowie meines Vaterlandes Retter, weil er den hinterlistigen Feind beider beseitigt hat.“ Ob freilich Hyrkan das aus voller Ueberzeugung gesagt hat, oder bloß aus Furcht, weil er ja auch an der That selbst nichts mehr ändern konnte, ließ sich nicht abnehmen. Wie dem immer sein mag, dem Malchus hat Herodes auf solche Art ein verdientes Ende bereitet.


Zwölftes Capitel.
Unruhen in Judäa. Herodes und Phasaël vor Antonius. Klagen der Juden.

236 (1.) Kaum war Cassius von Syrien abgezogen, als neuerdings in Jerusalem ein Aufstand losbrach. Ein gewisser Helix hatte sich an der Spitze einer bewaffneten Macht gegen Phasaël erhoben, um die über Malchus verhängte Todesstrafe an Herodes in der Person seines Bruders zu rächen. Herodes, der sich gerade bei dem in Damaskus stehenden römischen Feldherrn Fabius aufhielt, wollte ihm sofort zu Hilfe kommen, wurde aber durch eine Krankheit ans Bett gefesselt. 237 Währenddessen war aber Phasaël ganz allein mit Helix fertig geworden, nicht ohne dem Hyrkan schwere Vorwürfe wegen seiner Undankbarkeit machen zu müssen, da er nicht bloß dem Helix Vorschub geleistet, sondern auch dem Bruder des Malchus durch seine Unthätigkeit die Festungen in die Hände gespielt hatte. Denn es waren schon viele in seine Gewalt gerathen, darunter sogar die allerstärkste Veste, Masada.

238 (2.) Das alles aber bot ihm keine dauernde Stütze gegen den Ansturm des Herodes, der, von seiner Krankheit hergestellt, alle Festungen wieder gewann und ihm nur auf seine demüthige Bitte freien Abzug von Masada bewilligte. Auch aus Galiläa verjagte er den Beherrscher von Tyrus, namens Marion, der sich bereits in den Besitz von drei starken Plätzen gesetzt hatte. Die dabei gefangenen Tyrier schonte Herodes ohne Ausnahme, ja einige sandte er sogar mit Geschenken betheilt nach Tyrus zurück, was von Seite der Stadt ihm selbst Wohlwollen, dem Herrscher aber nur neuen Hass eintrug. 239 Allerdings war Marion mit diesem Fürstenthum gerade von Cassius ausgezeichnet worden, der überhaupt ganz Syrien mit solchen kleineren Fürstenthümern bedeckte: aber schon aus persönlichem Hass gegen Herodes unterstützte er die Restauration des Antigonus, des Sohnes des Aristobulus, hauptsächlich jedoch aus Rücksicht für Fabius, welchen [46] Antigonus durch Bestechung auf seine Seite gezogen hatte, und der ihm nun zur Rückkehr auf den Thron verhelfen wollte. Die Geldmittel zu allem und jedem stellte dem Antigonus sein Schwager Ptolemäus zur Verfügung.

240 (3.) Diesen Feinden warf sich nun Herodes mit seinem Heere entgegen und errang bei den Pässen, die nach dem Bergland Judäas führen, einen entscheidenden Sieg. Nach der Vertreibung des Antigonus kehrte er nach Jerusalem zurück, wo er infolge seiner Waffenthat jetzt allgemein beliebt war. Denn auch jene, die früher nie zu ihm gehalten, hatte seine Verschwägerung mit Hyrkan ihm näher gebracht. 241 Herodes hatte nämlich früher eine Jüdin von nicht unansehnlicher Abkunft, namens Doris, zur Ehe genommen, von der er den Antipater bekam: jetzt aber heiratete er Mariamne, die Tochter Alexanders, des Sohnes von Aristobulus, eine Enkelin des Hyrkan und wurde so mit dem König selbst verschwägert.

242 (4.) Als Cäsar Octavianus und Antonius dem Cassius bei Philippi Sieg und Leben entrissen hatten, wandte sich der erste nach Italien, Antonius aber nach Asien. Hier stellten sich nun unter vielen anderen Gesandtschaften verschiedener Städte auch die jüdischen Großen bei Antonius in Bithynien vor, um gegen Phasaël und Herodes die Anklage zu erheben, dass sie mit Gewalt die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten an sich gerissen hätten, während dem Hyrkan nichts mehr als ein schönklingender Titel übrig geblieben sei. Herodes, der sich bei dieser Sachlage natürlich auch persönlich eingefunden und dem Antonius nicht unbeträchtliche Summen zur Huldigung überbracht hatte, stimmte aber denselben so günstig für sich, dass er seine Widersacher nicht einmal anhören wollte, und dieselben unverrichteter Dinge wieder abreisen mussten.

243 (5.) Aufs neue jedoch kamen die Juden, hundert Mann an der Zahl, lauter Personen von Rang, zu Antonius nach Daphne bei Antiochien. Es war das zu jener Zeit, wo sich der letztere schon von den Reizen der Kleopatra hatte bestricken lassen. Die Juden schoben die höchststehenden und redegewandtesten ihrer Leute voran und führten durch sie die Klage gegen die beiden Brüder. Als Vertheidiger trat für letztere Messala in die Schranken, an dessen Seite auch Hyrkan, schon mit Rücksicht auf die Verwandtschaft mit den angeklagten Brüdern, erschienen war. 244 Als Antonius beide Parteien gehört hatte, erkundigte er sich bei Hyrkan, wer denn wohl das bessere Zeug zu einem Regenten hätte, worauf Hyrkan sich entschieden für die Familie des Herodes aussprach. Darüber zeigte sich Antonius sehr erfreut – war er ja doch bereits Gastfreund der Familie von ihrem Vater aus, da [47] er bei Gelegenheit der Expedition, die er unter Gabinius nach Judäa mitgemacht, bei Antipater eine herzliche Aufnahme gefunden hatte – und ernannte die Brüder zu Tetrarchen, in welcher Eigenschaft sie ganz Judäa in seinem Auftrage zu verwalten hatten.

245 (6.) Als die jüdischen Gesandten darüber offen ihren Unwillen kundgaben, befahl Antonius, fünfzehn von ihnen festzunehmen und in das Gefängnis zu werfen, willens, sie auch hinrichten zu lassen, die anderen jagte er unter Hohn und Spott davon. Darob entstand nun in Jerusalem eine noch größere Aufregung, so dass man neuerdings und diesmal gar 1000 Abgesandte nach Tyrus schickte, wo eben Antonius auf seinem Zuge nach Jerusalem verweilte. Auf deren lautes Geschrei schickte Antonius das Oberhaupt der Stadt Tyrus zu ihnen vor die Stadt hinaus, mit dem Befehle, soviele er von ihnen erwischen könnte, gleich mit dem Tode zu bestrafen, und auf diese Weise das Seinige beizutragen, um den von ihm aufgestellten Tetrarchen Respect zu verschaffen.

246 (7.) Vor ihm aber war noch Herodes mit Hyrkan nach dem Strande geeilt und redeten den Juden eindringlich zu, durch ihre unvernünftige Streitsucht doch nicht den eigenen Tod und einen Krieg über das Vaterland heraufbeschwören zu wollen. Sie geriethen aber in noch größere Wuth, weshalb Antonius Bewaffnete hinausschickte, die eine Menge Juden niederhieben, eine Menge verwundeten. Die Gefallenen wurden übrigens von Hyrkan mit einem anständigen Begräbnis, die Verwundeten mit entsprechender Pflege bedacht. 247 Trotzdem gaben jene, die noch glücklich davongekommen, keine Ruhe, sondern erregten in Jerusalem einen solchen Lärm, dass Antonius, darüber erbittert, auch die Verhafteten hinrichten ließ.


Dreizehntes Capitel.
Einfall der Parther im Bunde mit Antigonus. Gefangennahme des Phasaël und Hyrkan. Flucht des Herodes. Verstümmlung des Hyrkan. Tod des Phasaël.

248 (1.) Zwei Jahre darauf, zur Zeit, da der parthische Satrap Barzapharnes mit dem königlichen Prinzen Pakorus Syrien bereits in die Gewalt der Parther gebracht hatte, suchte Lysanias, der damals schon das Reich seines verstorbenen Vaters Ptolemäus, des Sohnes von Mennäus, übernommen hatte, den genannten Satrapen durch das Angebot von 1000 Talenten und 500 Haremsfrauen für den Plan zu gewinnen, Antigonus wieder auf den Thron zu bringen und Hyrkan zu beseitigen. 249 Pakorus ließ sich darauf ein und gab, indes er selbst längs des Meeresgestades hinzog, dem Barzapharnes [48] den Auftrag, durch das Binnenland in Judäa einzudringen. Während nun aber die Bewohner der Seestädte Ptolemais und Sidon dem Prinzen die Thore öffneten, verweigerten ihm die einzigen Tyrier den Einlass, und so übergab er hier einem der königlichen Mundschenke, der, wie der Prinz, Pakorus hieß, eine Reiterabtheilung mit dem Befehle, den Vormarsch nach Judäa damit auszuführen, dabei aber Macht und Stellung der Feinde wohl auszukundschaften und je nach Bedürfnis die Action des Antigonus zu unterstützen.

250 (2.) Als nun die Parther den Karmel verheerend durchzogen, eilten viele Juden herbei und boten sich dem Antigonus freiwillig zur Theilnahme am bevorstehenden Einfalle in Judäa an. Antigonus sandte sie nach dem sogenannten Eichgrunde voraus, um sich dieses wichtigen Punktes zu versichern, wo denn auch die beiderseitigen Streitkräfte aufeinander stießen. Die Leute des Antigonus warfen nicht bloß den Feind zurück, sondern machten in der Hitze der Verfolgung nicht früher Halt, als bis sie vor Jerusalem standen. Nachdem sie hier Verstärkungen abgewartet hatten, drangen sie in die Stadt und ergossen sich schon bis zum Königspalast, 251 wo ihnen Hyrkan und Phasaël mit bedeutender Mannschaft die Spitze boten, so dass ein heftiger Kampf auf dem Marktplatz hin- und herwogte. Endlich schlugen die Krieger des Herodes die Feinde zurück, drängten sie im Tempel zusammen und legten sechzig Mann zu ihrer Bewachung in die dem Tempel benachbarten Häuser. 252 Das Volk aber, das gegen die Brüder Partei ergriffen hatte, überfiel ganz unerwartet diese Wachen und verbrannte sie mit den Häusern. Erbittert über ihre Ermordung, drang Herodes unter das Volk und hieb viele davon nieder. So gab es Tag für Tag Straßenkämpfe und Scharmützel, und das Morden wollte gar kein Ende nehmen.

253 (3.) Da nahte das sogenannte Pfingstfest, und das ganze Tempelgebiet, wie die übrige Stadt, begann sich mit einer Menge von Leuten zu füllen, die, meistens bewaffnet, vom Lande hereinkamen. Phasaël hütete noch immer die Mauer, Herodes aber mit einer freilich unbeträchtlichen Zahl den Königspalast. Trotzdem wagte er einen Ausfall auf die ohne Ordnung in der Vorstadt stehenden Feinde, von denen er eine Masse niederstreckte, während er alle übrigen zur Flucht zwang und zum Theil gegen die eigentliche Stadt, zum Theil gegen den Tempel, zum Theil sogar in das vor der Stadt gelegene verschanzte Lager hindrängte. 254 Unter diesen Umständen stellte nun Antigonus das Ansuchen, den Pakorus als Friedensmittler in die Stadt hineinzulassen. Phasaël ließ sich wirklich dazu bereden, den Parther mit 500 Reitern in die Stadt aufzunehmen und bewirtete [49] sie sogar, obschon das Wort vom Friedenstiften bei Pakorus im Grunde nur eine Finte, und sein einziges Ziel in Wahrheit nur die Unterstützung des Antigonus war. 255 So legte er zunächst dem Phasaël einen Fallstrick, indem er ihn bewog, sich zum Zwecke von Friedensverhandlungen in der Eigenschaft eines Gesandten zu Barzapharnes zu begeben, so dringend ihn auch Herodes davon zurückhalten wollte, der ihn sogar aufforderte, den hinterlistigen Menschen eher niederzustoßen, als sich seinen Tücken auszuliefern, da den Barbaren die Treulosigkeit schon angeboren sei. In Phasaëls Begleitung befand sich auch Hyrkan, während Pakorus, damit die Sache weniger verdächtig aussähe, bei Herodes einige von den sogenannten „freien“ Reitern zurückließ und mit den übrigen dem Phasaël persönlich das Geleite gab.

256 (4.) Nach Galiläa gekommen, fanden sie überall das Volk in feindseliger Stimmung und in Waffen starrend. Dann folgte die Vorstellung bei dem Satrapen, der den geplanten Streich mit meisterhafter Schlauheit durch allerlei Aufmerksamkeiten zu verschleiern wusste. Er gab ihnen z. B. auch Geschenke, ließ sie aber beim Abzuge mit Spähern umstellen. 257 Sie merkten den Anschlag erst, als sie in eine am Meere gelegene Veste, namens Ekdippa, hinuntergeführt worden waren. Hier erfuhren sie nämlich von dem Versprechen der 1000 Talente, wie auch, dass Antigonus die meisten Frauen ihres Hofes in die Zahl der 500 einbezogen und den Parthern verschrieben hätte. 258 Sie brachten außerdem in Erfahrung, dass die Barbaren ihren jeweiligen Aufenthalt bei der Nacht stets vorsichtig mit Wachen umstellt hätten, und dass sie von ihnen schon längst gefangen gesetzt worden wären, wenn letztere nicht auf die Abfangung des Herodes in Jerusalem gewartet hätten, die natürlich früher erfolgen musste, damit er nicht etwa, falls er von der Ueberrumplung seines Bruders und Hyrkans Wind bekäme, sich inacht nehmen könnte. Diese Mittheilungen konnten nicht mehr als leeres Geschwätz gelten, seitdem sie sich bereits selbst von der Anwesenheit der Wachen in einiger Entfernung mit eigenen Augen zu überzeugen vermochten.

259 (5.) Auch ein gewisser Ophellius, der von dem wohlhabendsten Syrer jener Zeit, Saramalla, das ganze Truggewebe in Erfahrung gebracht hatte, drängte den Phasaël wiederholt zur Flucht. Dieser konnte es aber nicht über sich gewinnen, den Hyrkan im Stiche zu lassen, sondern begab sich geradewegs zum Satrapen und warf ihm seine Verrätherei an den Kopf, ganz besonders aber das, dass er sich durch das Geld zu einem solchen Schurken habe machen lassen. Wenn es aber beim Parther schon aufs Geld ankäme, bemerkte Phasaël, so [50] würde er selbst gewiss für sein Leben mehr geben, als Antigonus ihm für den Thron versprochen habe. 260 Auf diese Anwürfe hin suchte sich der Parther zunächst durch Entschuldigungen und eidliche Betheuerungen auf schlaue Weise von dem Verdachte zu reinigen, gieng aber dann auf der Stelle zu Pakorus. Sofort ergriffen jetzt mehrere bei Phasaël und Hyrkan zurückgebliebene Parther, die den Auftrag dazu schon erhalten hatten, die beiden Männer, von denen sie natürlich für ihren Meineid und ihre Falschheit mit Verwünschungen überschüttet wurden.

261 (6.) Währenddem war der Mundschenk wieder nach Jerusalem abgeschickt worden und suchte sich dort auch des Herodes listigerweise zu bemächtigen, indem er ihn verleiten wollte, sich vor die Mauer hinauszubegeben. So war er instruiert worden. Aber Herodes, der schon von Anfang an den Barbaren nie recht getraut hatte, hatte damals auch in Erfahrung gebracht, dass ein Brief von den Feinden aufgefangen worden sei, der die Bestimmung gehabt hätte, ihm den ganzen Anschlag mitzutheilen, und war darum gar nicht geneigt, sich hinauszuwagen, so vertrauenswürdig auch die Einladung des Pakorus klingen mochte: er solle nur ruhig, hieß es, den Briefboten entgegengehen; denn es sei gar nicht wahr, dass das Schreiben den Feinden in die Hände gefallen sei, es enthalte auch keinerlei Anzeige über eine Verrätherei, sondern nur die Ergebnisse, die Phasaël bei seinen Verhandlungen erzielt habe. 262 Zum Glücke hatte aber Herodes schon früher von anderer Seite die Gefangennahme seines Bruders erfahren und ward überdies von der Tochter des alten Hyrkan, Mariamne, einer sehr klugen Frau, die sofort zu ihm geeilt war, kniefällig gebeten, sich ja nicht hinauszubegeben und seine Person den Barbaren anzuvertrauen, die ihre feindselige Haltung schon kaum mehr maskierten.

263 (7.) Während nun die Leute des Pakorus auf neue Schliche sannen, wie sie ihren tückischen Plan auf eine feine Art zur Ausführung bringen könnten, da es in plumper Weise am wenigsten angieng, einem so scharfsinnigen Manne beizukommen, nahm Herodes die Zeit wahr und floh mit seinen nächsten Verwandten, von den Feinden unbemerkt, des Nachts aus Jerusalem in der Richtung gegen Idumäa. 264 Als die Parther Wind bekamen, setzten sie ihm nach. Da gebot Herodes seiner Mutter und seinen Geschwistern, wie auch seiner Braut in Begleitung ihrer Mutter und des jüngsten Bruders, den Weg ohne ihn fortzusetzen, während er selbst mit seinen Dienern die Barbaren sehr wirkungsvoll zurückschlug und bei jedem Anprall eine Masse niederstreckte, bis er endlich die Veste Masada wohlbehalten erreichte.

265 (8.) Ernster als die Angriffe der Parther waren übrigens auf dieser Flucht die Kämpfe, die Herodes von Seite der Juden zu bestehen [51] hatte, da sie ihn nicht bloß unausgesetzt beunruhigten, sondern auch sechzig Stadien von Jerusalem entfernt zu einem ziemlich ausgedehnten Gefechte zwangen, in welchem er jedoch das Feld behauptete und den Juden schwere Verluste beibrachte. Später legte er darum an dieser Stelle als Siegesdenkmal den bekannten Platz an, den er mit einem außerordentlich prunkvollen Königspalaste ausstattete, wie auch mit einer ungemein festen Akropolis krönte und nach seinem eigenen Namen Herodium benannte. 266 Auf jenem Rückzug strömten übrigens Tag für Tag dem Herodes so viele Flüchtlinge zu, dass ihm sein Bruder Joseph, der bei dem Orte Thresa in Idumäa ihm entgegenkam, den Rath ertheilte, den größten Theil dieses Menschentrosses sich vom Halse zu schaffen, da für eine solche Masse – es waren ja über 9000 Menschen – Masada vielleicht nicht einmal genug Raum haben würde. 267 Herodes folgte dem Rathe und schickte jene, die ihm mehr Beschwerde, als Vortheil brachten, mit der nöthigsten Zehrung versehen, nach den verschiedensten Gegenden Idumäas. Nur die Stärksten behielt er um sich und schlug sich auf solche Weise mit seinen nächsten Angehörigen glücklich nach der Veste durch. In Masada ließ er für die Frauen eine Bedeckung von 800 Mann, wie auch einen ausreichenden Vorrath von Lebensmitteln für eine eventuelle Belagerung zurück und zog dann in Eilmärschen nach Petra in Arabien.

268 (9.) Mittlerweile hatten sich die Parther in Jerusalem aufs Plündern geworfen und waren in die den Flüchtlingen gehörigen Häuser, wie auch in den Königspalast eingebrochen, wo sie nur die Schätze des Hyrkan unberührt ließen, die übrigens 300 Talente nicht überstiegen. Die Ausbeute war aber auch bei den anderen keine solche, wie sie es sich gehofft hatten, da z. B. Herodes bei seinem schon von allem Anfang an bestehenden Misstrauen gegen die Treulosigkeit der Barbaren die kostbarsten Kleinodien bereits früher nach Idumäa hatte bringen lassen, was auch alle seine Parteigänger thaten. 269 Nach diesen Plünderungen verstiegen sich die Parther in ihrem Uebermuth so weit, dass sie das ganze Land mit den Schrecken eines wilden Raubkrieges erfüllten, die Stadt der Marisäer verödeten und, nachdem sie Antigonus zum Könige aufgestellt, ihm auch den Phasaël und Hyrkan in Fesseln auslieferten, damit er mit ihnen mache, was er wolle. 270 Als sich nun Hyrkan vor ihm auf die Knie geworfen hatte, biss ihm Antigonus die Ohren ab und verstümmelte ihn auf diese Weise, damit er auch nicht einmal späterhin, wenn je wieder ein Umschwung sich vollziehen sollte, die hohepriesterliche Würde mehr bekleiden könnte. Denn nur körperlich ganz unversehrte Männer dürfen Hohepriester werden.

[52] 271 (10.) Beim Heldenmuth des Phasaël dagegen hatte er nur das Nachsehen, indem sich dieser schon früher den Kopf an einem Steine zerschmettert hatte, da er sich ja als Gefesselter weder eines Schwertes noch seiner eigenen Hände bedienen konnte. So zeigte er sich als echten Bruder des Herodes im Gegensatz zur erbärmlichen Haltung des Hyrkan und gab, mit hohem Mannesmuthe endend, selbst in seinem Untergange noch den Thaten seines Lebens einen ehrenvollen Abschluss. 272 Es erhält sich übrigens noch ein anderes Gerücht, wonach er seine damalige Verletzung zwar überstanden haben soll, dass aber dann ein von Antigonus angeblich zur Heilung entsendeter Arzt die Wunde mit giftigen Salben bestrichen und ihn auf diesem Wege ums Leben gebracht hätte. Welche Todesart nun immer die geschichtliche sein mag, beide haben wenigstens dieselbe ruhmvolle Veranlassung. Ja, man erzählt auch, dass er, noch ehe er die Seele aushauchte, auf die Nachricht vom Entrinnen des Herodes, die er von einem Weiblein erhalten, ausgerufen habe: Nun scheide ich getrost, weil wenigstens der am Leben bleibt, der an meinen Todfeinden sicher Rache nehmen wird.

273 (11.) Also endete Phasaël. Was nun die Parther anbelangt, so suchten sie, obschon um den Besitz der Frauen gekommen, an dem ihnen am meisten gelegen gewesen wäre, doch dem Antigonus die Herrschaft in Jerusalem zu befestigen, während sie den Hyrkan ins Innere von Parthien gefangen abführten.


Vierzehntes Capitel.
Herodes in Arabien. Seine Flucht nach Rom und seine Ernennung zum König von Judäa.

274 (1.) Herodes zog unterdessen im angestrengtesten Marsche nach Arabien, weil er noch in dem Glauben war, dass sein Bruder am Leben sei, und deshalb schleunigst von dem König Geld aufnehmen wollte, das bei der bekannten Habsucht der Barbaren ihm allein noch Aussicht gab, dieselben für die Freilassung Phasaëls zu gewinnen. Er rechnete nämlich darauf, dass, wenn auch der Araber jetzt für die Freundschaft mit seinem Vater ein allzu kurzes Gedächtnis haben sollte und auch zu knickerisch wäre, ihm die Summe umsonst zu geben, er doch zum wenigsten das Lösegeld von ihm zu leihen bekommen würde, wofür er ihm zur Sicherstellung den Knaben des loszukaufenden Gefangenen, 275 seinen siebenjährigen Neffen, den er bei sich hatte, übergeben wollte. Er war entschlossen, sich auf eine Summe von 300 Talenten einzulassen, und gedachte die Tyrier als Unterhändler vorzuschieben. Da aber das Verhängnis seinen Eifer überflügelt hatte, [53] und Phasaël bereits todt war, so war auch die liebevolle Bemühung des Herodes um seinen Bruder ganz umsonst. Indes fand Herodes auch bei den Arabern keine probehaltige Freundschaft mehr. 276 Denn ihr König Malchus schickte noch vor seinem Eintreffen den Befehl an ihn, in aller Eile das Land wieder zu verlassen, wofür er sich schlauerweise auf die Parther berief, die ihn angeblich in aller Form aufgefordert haben sollten, Herodes aus Arabien fortzuschaffen: der wahre Grund aber für dieses Benehmen war seine Absicht, das von Antipater ausgeliehene Geld zu behalten und sich auf keine Weise erbitten zu lassen, für die Spenden des Antipater seinen jetzt in größter Noth befindlichen Kindern einen Ersatz zu leisten. Zu dieser Unverschämtheit riethen ihm auch andere, die genau so, wie er, den Wunsch hatten, verschiedene von Antipater ihnen anvertraute Summen für immer einzusacken, und das waren gerade die einflussreichsten Personen seiner Umgebung.

277 (2.) So fand denn also Herodes die Araber gerade wegen solcher Dinge ihm feindlich gesinnt, derentwegen er bei ihnen die freundschaftlichste Aufnahme zu finden gehofft hatte. Er gab daher den Boten eine Antwort, wie sie ihm eben nur die schmerzlichste Ueberraschung auf die Zunge legen konnte, und kehrte zurück, um sich nach Aegypten zu wenden. Die erste Nacht brachte er in einem Tempelgebäude des Landes zu, wo er die einstweilen zurückgelassenen Begleiter wieder traf. Am folgenden Tage erreichte er Rhinokorura, wo ihm die erste Nachricht von dem unglücklichen Ende seines Bruders zukam. 278 Von neuem Schmerze niedergedrückt, wenn auch in gleichem Maße der Sorgen enthoben, die er bis nun um den Bruder gehabt hatte, reiste Herodes einfach weiter. Jetzt schickte freilich auch der Araber, den es, allerdings zu spät, wieder gereut hatte, schleunig dem so schmählich behandelten Flüchtling Boten nach, um ihn zurückzurufen. Aber Herodes war ihnen schon zu weit voraus und bereits in Pelusium eingetroffen. Da er hier auf den im Hafen ankernden Schiffen keine Gelegenheit zur Ueberfahrt nach Alexandrien bekommen konnte, wandte er sich an die Obrigkeit, und diese ließ ihn aus Achtung vor seinem Rufe und seiner Würde nach Alexandrien befördern. 279 In dieser Stadt angelangt, fand er bei der Kleopatra eine höchst ehrenvolle Aufnahme, weil sie für ihre nächsten kriegerischen Unternehmungen einen tüchtigen Feldherrn an ihm zu bekommen hoffte. Herodes lehnte aber die wiederholten Anerbieten der Königin entschieden ab und fuhr, ohne im geringsten die Strenge des Winters oder die Wirren in Italien zu scheuen, über das Meer nach Rom.

280 (3.) Auf der Höhe von Pamphylien kam er in einen gefährlichen Sturm und konnte sich nur mit genauer Noth dadurch, dass er den [54] größten Theil der Ladung ins Meer werfen ließ, auf die Insel Rhodus retten, die im Kriege mit Cassius hart mitgenommen worden war. Hier fand er bei seinen Freunden Ptolemäus und Sapphinius Aufnahme und ließ, obgleich in Geldverlegenheit, einen Dreiruderer größten Stiles bauen, 281 auf welchem er dann in Begleitung seiner Freunde nach Brundusium fuhr. Von dort eilte er nach Rom, wo er sich in Anbetracht der Freundschaft, die zwischen Antonius und seinem Vater bestanden hatte, zunächst an diese Persönlichkeit wandte und ihm seine und seines Hauses Unglücksschläge auseinandersetzte, wie er zuletzt namentlich seine theuersten Familienglieder in einer Festung, preisgegeben allen Schrecken einer Belagerung, habe zurücklassen müssen, um nach einer Meerfahrt im Winter bei ihm Schutz und Hilfe zu suchen.

282 (4.) Bei der Nachricht von dieser traurigen Wendung ward Antonius von Mitleid für Herodes ergriffen und beschloss aus Erkenntlichkeit gegen die Gastfreundschaft des Antipater, hauptsächlich aber aus Rücksicht auf die hohe Befähigung des Bittstellers, denselben Mann jetzt auf den Königsthron Judäas zu erheben, den er selbst früher bereits zum Tetrarchen befördert hatte. Nicht weniger aber, als das Wohlwollen gegen Herodes, trieb ihn dazu seine Missstimmung gegen Antigonus, den er, wie ganz natürlich, nur für einen unruhigen Kopf und Feind der Römer halten konnte. 283 Was nun Cäsar Octavianus anlangt, so kam er den Wünschen des Herodes fast zuvor. Mit Vergnügen gedachte er des Feldzuges, den Antipater an der Seite seines eigenen Vaters mitgemacht hatte, sowie dessen Gastfreundschaft und unbeschränkten Wohlwollens. Selbstverständlich ließ er auch die Energie des Herodes nicht unbeachtet. 284 Er berief alsdann den Senat, vor welchem zuerst Messala und nach ihm Atratinus im Namen des anwesenden Herodes auftraten, indem sie die guten Dienste seines Vaters, wie auch seine eigene Ergebenheit gegen die Römer des weiteren ausführten, zugleich aber auch Antigonus als einen Feind Roms hinstellten, gestützt sowohl auf die Anlässe älteren Datums, wo er sich mit den Römern überworfen hatte, als auch ganz besonders darauf, dass er gerade jetzt wieder den Thron mit Hilfe der Parther, ohne im geringsten nach den Römern zu fragen, in Besitz genommen habe. Hatten schon diese Ausführungen im Senate Bewegung hervorgerufen, so stimmte derselbe vollends dem Antrage bei, als Antonius auftrat und auch den politischen Vortheil der Erhebung des Herodes auf den Königsthron für den Partherkrieg aufzeigte. 285 Nach Schluss der Berathung verließ Herodes, rechts und links von Antonius und Cäsar geleitet, den Senat. Die Consuln mit den übrigen Staatsbehörden [55] bildeten die Spitze des Zuges, der sich gegen das Capitol bewegte, um dort ein Opfer zu entrichten und das Ernennungsdecret feierlich zu hinterlegen. Dem Herodes zu Ehren veranstaltete dann Antonius am ersten Tage seines Königthums ein festliches Gastmahl.


Fünfzehntes Capitel.
Belagerung Masadas durch Antigonus. Ventidius und Silo in Judäa. Landung des Herodes. Eroberung Joppes, Entsatz von Masada. Flaue Belagerung Jerusalems. Rückzug der Römer. Besetzung Jerichos durch Herodes.

286 (1.) Während dieser Zeitereignisse war Antigonus zur Belagerung der Besatzung Masadas geschritten. Da die letztere, obwohl sonst mit allem Nöthigen wohl versorgt, fast kein Trinkwasser mehr hatte, so fasste Josephus, der Bruder des Herodes, den Entschluss, mit 200 Leuten von seiner Verwandtschaft einen Fluchtversuch gegen Arabien hin zu unternehmen, zumal er gehört hatte, dass den König Malchus sein pflichtvergessenes Benehmen gegen Herodes wieder reue. 287 Er hätte in der That die Veste vor der Ankunft des Entsatzes noch verlassen, wenn es nicht zufällig gerade in der für den Ausbruch bestimmten Nacht sehr stark geregnet hätte. Infolge dessen waren die Cisternen wieder voll, und eine Flucht nicht mehr nothwendig. Im Gegentheil ergriffen jetzt die Belagerten gegen die Leute des Antigonus die Offensive und brachten ihnen theils im stehenden Kampfe, theils in heimlichen Ueberfällen zahlreiche Verluste bei. Allerdings trafen sie es nicht bei allen Ausfällen gleich gut, indem sie auch manchmal mit blutigen Köpfen heimgeschickt wurden.

288 (2.) Inzwischen drang der römische Feldherr Ventidius, der nach Syrien gesandt worden war, um daraus die Parther zu vertreiben, die letzteren vor sich herjagend, auch in Judäa ein. Hier stellte er sich nun, als wollte er der Besatzung des Josephus zu Hilfe kommen, während er in Wirklichkeit nur von Antigonus Geld zu erpressen suchte. 289 Er hatte nämlich bereits in der nächsten Nähe von Jerusalem ein Lager bezogen, als er auf einmal, natürlich vollbespickt mit dem Gelde des Antigonus, sich selbst mit der Hauptmacht wieder zurückzog. Damit aber nicht etwa die Wegnahme aller Soldaten den sauberen Gewinn ans Tageslicht brächte, hatte er wohlweislich den Silo mit einem Theile des Heeres zurückgelassen. Daraus schöpfte Antigonus seinerseits neue Hoffnung auf die Hilfe der Parther und buhlte unterdessen um die Gunst des Silo, damit er nicht am Ende seine Absichten durchkreuzen möchte.

[56] 290 (3.) Bereits war aber auch Herodes auf seiner Seefahrt von Italien herüber in Ptolemais angekommen, um mit einem nicht unbedeutenden Heere, das er sich aus fremden Söldnern und Stammgenossen geworben hatte, über Galiläa gegen Antigonus heranzuziehen. Er sollte dabei auch von Ventidius und Silo unterstützt werden, welche der von Antonius geschickte Dellius bewogen hatte, dem Herodes bei der Wiedergewinnung des Thrones zur Seite zu stehen. 291 Obschon nun Ventidius sich einstweilen noch mit der Beilegung der Wirren abgab, die in den syrischen Städten durch den Parthereinfall hervorgerufen worden waren, Silo aber, der gleichfalls von Antigonus bestochen worden, noch in Judäa stand, hatte trotzdem Herodes keinen Mangel an Streitkräften, ja es wurden die Machtverhältnisse für ihn beim Vormarsche Tag für Tag günstiger, und mit wenigen Ausnahmen schloss sich ihm ganz Galiläa an. 292 Nun galt es zunächst jenem Punkte, der am meisten bedroht war, nämlich Masada, und dem Entsatze der hier belagerten Verwandten, der zu allernächst zu bewerkstelligen war. Joppe sperrte ihm aber hiebei den Weg, da sie eine ihm feindlich gesinnte Stadt war und andererseits vor dem Weitermarsch um jeden Preis genommen werden musste, weil Herodes auf dem Zuge gegen Jerusalem im Rücken keine feindliche Festung lassen wollte. Jetzt machte übrigens auch Silo mit ihm gemeinsame Sache, und das um so lieber, als er damit einen Vorwand gefunden hatte, von Jerusalem fortzukommen. Die Juden verfolgten ihn jedoch und setzten ihm arg zu, bis Herodes sie mit einer Handvoll Leute, mit der er ihm von seinem Lager aus beigesprungen war, schnell zum Weichen brachte und den Feldherrn, der nur mehr einen schwachen Widerstand leisten konnte, noch heraushieb.

293 (4.) Hierauf nahm er Joppe mit Sturm und zog dann in Eilmärschen nach Masada, um seine Angehörigen endlich zu entsetzen. Auf diesem Zuge schlossen sich ihm viele Landesbewohner, die einen aus alter Freundschaft mit seinem Vater, die anderen aus Begeisterung für seinen Ruhm, wieder andere aus Erkenntlichkeit für die von Vater und Sohn erhaltenen Gutthaten, die meisten aber sicherlich wegen der Hoffnungen an, die sich ganz natürlich an einen festbegründeten Königsthron knüpfen müssen. Schon war eine für jeden Angriff widerstandsfähige Macht um Herodes vereint. 294 Wohl suchte ihn Antigonus auf seinem Vormarsch wiederholt in eine Falle zu locken, indem er ihm an solchen Pässen, die zum Ueberfall wie geschaffen waren, auflauern ließ, aber er konnte dem Feinde gar nichts oder nur wenig anhaben, und so gelang es Herodes nicht bloß ohne sonderliche Anstrengung die Seinigen aus Masada herauszubekommen, sondern auch noch die Festung Thresa zu erobern, worauf er dann seinen Marsch auf Jerusalem [57] richtete. Hier vereinigten sich mit ihm die von Silo commandierte römische Heeresabtheilung, wie auch eine Menge Leute aus der Stadt, die vor seiner Macht bereits zitterten.

295 (5.) Sobald Herodes an der Westseite der Stadt sein Lager bezogen hatte, begannen auch schon die daselbst postierten Wachen seine Leute mit Pfeilen und Wurfspeeren zu beschießen, während andere zu einzelnen Haufen aus den Thoren stürmten und mit der Vorpostenkette anzubinden suchten. Herodes befahl aber zu allernächst nur seinen Herolden, im Umkreis der Mauer bekannt zu geben, dass er zur Wohlfahrt des Volkes und zum Heile der Stadt gekommen sei und nicht im mindesten, selbst nicht an seinen offenkundigen Feinden, Rache zu nehmen gedenke, sondern dass er sogar den unversöhnlichsten aus ihnen volle Straffreiheit schenken wolle. 296 Da aber die Anhänger des Antigonus sich dagegen aufhielten und nicht einmal die weiteren Vorstellungen von Jemand anhören lassen, geschweige denn eine Sinnesänderung dulden wollten, so gab nunmehr Herodes den Seinigen die Erlaubnis, die Mauerkämpfer zurückzuweisen, worauf sie auch in kurzer Zeit alle Vertheidiger mit ihren Schüssen von den Thürmen vertrieben.

297 (6.) Bei dieser Gelegenheit verrieth nun auch Silo, dass er bestochen worden sei. Er leitete nämlich viele Soldaten dazu an, dass sie laut über Mangel an Proviant schrien und ungestüm Geld zur Verköstigung verlangten, ja geradezu die Zurückführung in die Winterquartiere und zwar in bequeme Quartiere forderten: die ganze Umgebung der Stadt, sagten sie, sei eine förmliche Wüstenei, weil die Leute des Antigonus vorher mit allem gründlich aufgeräumt hätten. Auf diese Aeußerungen hin begann Silo das Lager abzubrechen und wollte sich zurückziehen. 298 Da begab sich Herodes zu den einzelnen Führern, die unter Silos Befehlen standen, und von einer Gruppe Soldaten zu der anderen und bat sie, man möge ihn mit Rücksicht auf Cäsar Octavian, Antonius und den Senat, die alle hinter seiner Sendung stünden, nicht verlassen. Er werde noch am selben Tage ihren Mangel beseitigen. 299 Gleich nach dieser Bitte machte er persönlich einen Streifzug auf das Land und schaffte einen derartigen Ueberfluss von Nahrungsmitteln herbei, dass er dem Silo damit alle Ausreden abschnitt. Er sorgte auch dafür, dass in den folgenden Tagen die Verproviantierung keine Unterbrechung erlitt, indem er zu diesem Zwecke den Bewohnern von Samaria und Umgebung, die seiner Sache ergeben waren, entbieten ließ, Getreide, Wein, Oel und Viehherden nach Jericho hinunter zu bringen. 300 Das kam dem Antigonus zu Ohren, der rasch die Leute am Lande anweisen ließ, die Proviantcolonnen aufzuhalten und zu diesem Zwecke zunächst abzupassen. Man entsprach seiner Weisung, und es sammelte sich eine [58] beträchtliche Zahl Bewaffneter oberhalb Jericho, wo sie sich auf den Bergen in mehrere Hinterhalte legten und nach der Proviantkarawane ausspähten. 301 Herodes war aber auch nicht faul, nahm sich zehn Cohorten, fünf römische und fünf jüdische, letztere auch mit Söldnern untermischt, zog außerdem noch eine kleine Zahl Reiter bei und erschien vor den Mauern Jerichos. Er fand die eigentliche Stadt verlassen, stieß aber auf der die Stadt beherrschenden Burg auf 500 Mann, welche mit ihren Frauen und Kindern sich hier festgesetzt hatten. 302 Er nahm sie gefangen, um sie gleich wieder freizugeben, während unterdessen die Römer sich in die übrigen Theile der Stadt ergossen und sie rein ausplünderten, da sie die Häuser mit allen möglichen Kostbarkeiten angefüllt fanden. Nachdem der König eine Besatzung in die Stadt Jericho gelegt hatte, kehrte er wieder nach Jerusalem zurück. Da der Winter schon nahe war, vertheilte er das römische Heer zur Einquartierung in die ihm ergebenen Städte Idumäas, Galiläas und Samarias. Doch erlangte auch Antigonus von dem bestechlichen Silo die Vergünstigung, einen Theil des römischen Heeres in Lydda verpflegen zu dürfen, um sich durch dieses Benehmen bei Antonius einzuschmeicheln.


Sechzehntes Capitel.
Einnahme von Sepphoris. Kämpfe um die Höhlen. Streit zwischen dem Feldherrn Machäras und Herodes. Herodes an der Seite des Antonius vor Samosata.

303 (1.) Während nun die Römer in Hülle und Fülle die Wintertage verbrachten und vom Waffenhandwerk ausrasteten, blieb Herodes nicht unthätig, sondern schickte seinen Bruder Joseph nach Idumäa, um das Land mit 2000 Fußgängern und 400 Reitern in Schach zu halten und vor Aufwieglungsversuchen von Seite des Antigonus zu sichern. Er selbst geleitete seine Mutter und alle Angehörigen, die er aus Masada herausgeholt hatte, nach Samaria, um sie dort in Sicherheit zu bringen; dann gieng er hin, um den Rest der galiläischen Städte zu unterwerfen und die Besatzungen des Antigonus aus ihren Plätzen zu verjagen.

304 (2.) Im heftigsten Schneegestöber drang er bis Sepphoris und bekam die Stadt ohne Schwertstreich in seine Hand, da die Vertheidiger schon vor seinem Angriff ausgerissen waren. Da hier ein großer Reichthum von Lebensmitteln vorhanden war, so ließ er seine Mannschaft, die von den Unbilden der Witterung arg hergenommen worden war, sich zuerst erholen und setzte sich dann gegen die in den Felsenhöhlen hausenden Räuber in Bewegung, welche auf ihren über einen großen [59] Theil des Landes sich ausdehnenden Streifereien den Einwohnern kaum weniger Schaden zufügten, als ein auswärtiger Feind hätte thun können. 305 Er sandte drei Abtheilungen Fußgänger mit einem Reitergeschwader gegen das Dorf Arbela voraus, während er selbst erst 40 Tage später mit der übrigen Streitmacht nachkam. Statt sich aber vor seinem Anmarsch furchtsam zurückzuziehen, rückten ihm die Feinde sogar wohlgerüstet entgegen, da es lauter Leute waren, welche die Erfahrung von Soldaten mit der Verwegenheit von Räubern vereinigten. 306 So schlugen sie denn auch, wie sie auf die Macht des Herodes geriethen, mit ihrem rechten Flügel seinen linken in die Flucht. Doch warf sich Herodes von seinem rechten Flügel, wo er persönlich befehligte, rasch herum, um den Bedrängten beizuspringen, und brachte nicht bloß die fliehende Abtheilung der Seinigen zum Stehen, sondern lähmte auch durch seinen Flankenangriff die Wucht der Verfolgung, bis die Feinde dem Ansturm seiner nunmehr wieder vollen Front nicht mehr widerstehen können und ins Weichen kommen.

307 (3.) Alles vor sich niederhauend, folgte ihnen Herodes bis an den Jordan, wo er den Rest über den Fluss sprengte, während eine Unzahl von Leichen das Kampffeld deckte. So war Galiläa der schrecklichen Banden wieder los, mit Ausnahme der allerletzten, die sich in die Felsenhöhlen vergraben hatten, und derentwegen man sich Zeit nehmen musste. 308 Darum zahlte nun zuerst Herodes seinen Soldaten den wohlverdienten Lohn für ihre saure Arbeit aus, indem er dem gemeinen Mann je 150 Silberdrachmen, den Officieren aber das Vielfache davon gab und sie in ihre verschiedenen Winterquartiere einrücken ließ. Seinem jüngsten Bruder Pheroras gab er den Auftrag, für ihre Verpflegung zu sorgen und Alexandrium zu befestigen, welche zweifache Aufgabe sich dieser auch recht angelegen sein ließ.

309 (4.) Inzwischen brachte Antonius seine Zeit in Athen zu, während Ventidius sich mit den Vorbereitungen zum Partherkrieg beschäftigte, zu dem er auch Silo und Herodes entboten hatte, allerdings mit der Weisung, zunächst die Dinge in Judäa ins Reine zu bringen. Ohne Bedauern willigte Herodes in den Abzug des Silo, der zu Ventidius stieß, und unternahm nun seinerseits den Streifzug gegen die in ihren Höhlen verschanzten Räuber. 310 Es war aber diesen Höhlen, weil sie in steile Bergwände eingebaut waren, von gar keiner Seite beizukommen, nur querüber hatten sie einen äußerst engen Aufgang. An der Stirnseite der Höhlen senkte sich der Fels in ungemein tiefe Schluchten hinab, und zwar so, dass er auf die Thalsohle lothrecht einfiel, weshalb der König lange Zeit gar nicht wusste, was er mit der allen Anstrengungen trotzenden Oertlichkeit anfangen sollte. Endlich gerieth er [60] auf den folgenden, freilich sehr gewagten Einfall. 311 Er ließ nämlich die kräftigsten seiner Krieger in Kästen, die an Seilen hingen, in die Tiefe hinab und brachte sie so bei den Mündungen der Höhlen hinein, wo sie nun die Räuber sammt ihren Familien abschlachteten und, wenn sie ernsten Widerstand trafen, mit hineingeworfenen Feuerbränden erstickten. Da Herodes doch auch einige von ihnen am Leben erhalten wollte, musste sie ein Herold auffordern, zu ihm herauszukommen. Doch auch nicht einer ließ sich zu einem solchen Schritte herbei, im Gegentheil wählten viele im Augenblick, wo man sie schon überwältigen wollte, lieber den Tod, als die Gefangenschaft. 312 So geschah es auch bei diesem Anlasse, dass ein Greis, Vater von sieben Söhnen, die Frau sammt den Kindern, als sie ihn um die Erlaubnis baten, hinausgehen und sich auf Gnade ergeben zu dürfen, in folgender grässlicher Weise hinmordete: Er befahl ihnen, nur eins nach dem anderen herauszukommen, und stellte sich selbst neben dem Eingang der Höhle auf. Sowie nun eines seiner Kinder herauskam, stach er es jedesmal nieder. Als Herodes von Weitem diese Scene erblickte, ward er von Mitleid erschüttert und bat den Greis mit ausgestreckter Hand, sich doch der armen Kinder zu erbarmen. 313 Bei dem aber half kein Zureden, sondern er warf sogar noch dem Herodes unter Schimpfworten seine gemeine Abstammung vor, erwürgte dann über den blutigen Leibern der Kinder sein Weib und stürzte, nachdem er zuvor die Leichen über den Rand des Abgrundes geschleudert hatte, sich selbst zuletzt in die Tiefe hinunter.

314 (5.) Auf diese Weise bekam Herodes die Höhlen mit ihren Bewohnern in seine Gewalt. Darauf kehrte er nach Zurücklassung einer Heeresabtheilung, die nach seinem Ermessen neuen Revolten in Galiläa gewachsen war, und deren Commando er Ptolemäus anvertraute, nach Samaria zurück, geleitet von 3000 Bewaffneten zu Fuß und 600 zu Pferde, die er gegen Antigonus verwenden wollte. 315 Da sich aber infolge seines Abzuges die gewohnheitsmäßigen Unruhestifter von Galiläa wieder sicherer fühlten, fielen sie ganz unvermuthet über den Befehlshaber Ptolemäus her, hieben ihn zusammen und verheerten, von Sumpfgegenden und anderen abgelegenen Theilen Galiläas aus, die sie zu ihren Schlupfwinkeln machten, das ganze Land. 316 Kaum hatte Herodes von dem neuen Aufruhr gehört, als er auch schon in aller Eile zur Hilfe heranzog, eine große Zahl von Rebellen im Kampfe vernichtete und nach dem Entsatz sämmtlicher von den Aufständischen umschlossenen Vesten zur Strafe für den Abfall die Städte Galiläas mit 100 Talenten brandschatzte.

317 (6.) Da die Parther bereits vollständig verjagt, und Pakorus im Kampfe gefallen war, sandte jetzt Ventidius im Auftrag des Antonius [61] 1000 Reiter und zwei Legionen zur Unterstützung des Herodes in seinem Kampfe gegen Antigonus ab. Den Anführer dieser Truppen, Machäras, flehte nun Antigonus brieflich an, doch lieber ihm beizuspringen, und begleitete diese Bitte mit vielen schmerzlichen Klagen über die Gewaltthätigkeit des Herodes und seine schmähliche Behandlung des Reiches, wie auch mit dem Versprechen von Geldgeschenken. 318 Da sich Machäras über die Weisung des Oberfeldherrn, der ihn hergeschickt hatte, nicht einfach hinwegsetzen durfte, und überdies auch Herodes noch splendider war, so ließ er sich in keine Verrätherei gegen letzteren ein, stellte sich aber, um die Lage des Antigonus besser auszuspionieren, doch so, als wenn er sein Freund wäre, und wollte trotz der Abmahnung des Herodes zu diesem Zweck nach Jerusalem sich begeben. 319 Antigonus wurde jedoch noch bei Zeiten seines Anschlages gewahr, sperrte ihm die Stadt vor der Nase zu und ließ auf seine Leute, wie auf offene Feinde, von der Mauer aus schießen, bis Machäras voll Scham über seine Blamage sich nach Emmaus zu Herodes zurückzog, wobei er voll Zorn über den misslungenen Handstreich alle Juden, die ihm unter die Hände kamen, über die Klinge springen ließ und nicht einmal die Anhänger des Herodes verschonte, sondern gegen alle in gleich grausamer Weise, als wären sie lauter Antigonianer, verfuhr.

320 (7.) Darüber aufgebracht, wollte Herodes schon zu den Waffen greifen, um Machäras wie einen Feind niederzuschlagen, er gewann aber schließlich die Herrschaft über seinen Zorn und machte sich auf den Weg zu Antonius, um über die rechtlose Willkür des Machäras Klage zu führen. Der aber war unterdessen schon zur Einsicht seiner Missgriffe gekommen, eilte schleunigst dem König nach und stimmte ihn wieder durch vieles Bitten versöhnlich. 321 Doch brach Herodes die einmal angefangene Reise zu Antonius darum nicht mehr ab, sondern beschleunigte auf die Nachricht, dass Antonius mit großer Macht gegen Samosata, eine stark befestigte Stadt in der Nähe des Euphrat, den Kampf eröffnet habe, seinen Marsch, weil er die Gelegenheit ungemein günstig fand, um seine Tapferkeit glänzen zu lassen und dem Antonius sich immer besser zu empfehlen. 322 In der That bedeutete seine Ankunft das Ende der Belagerung für die Römer, da Herodes viele Barbaren niederstreckte und dabei reichliche Beute machte, so dass Antonius, ohnehin ein alter Bewunderer seiner Tapferkeit, noch mehr für ihn begeistert wurde und, wie seine sonstigen Auszeichnungen, so ganz besonders seine Hoffnungen auf die factische Erlangung des Thrones um vieles erhöhte, während der König Antiochus sich gezwungen sah, Samosata zu übergeben.


[62]
Siebzehntes Capitel.
Niederlage und Tod des Josephus. Herodes' Rückkehr nach Judäa und sein Sieg über Pappus. Zweite Belagerung Jerusalems im Verein mit Sosius. Vermählung mit Mariamne.

323 (1.) In dieser Zeit ward das Glück des Herodes in Judäa von einer argen Erschütterung betroffen. Er hatte nämlich hier seinen Bruder Joseph, mit dem Generalcommando bekleidet, zurückgelassen, ihm aber zugleich die stricte Weisung gegeben, bis zu seiner Rückkehr gegen Antigonus gar keine neuen Operationen auszuführen, da er auf die Unterstützung des Machäras, nach dessen bisheriger Haltung zu schließen, nicht bauen dürfe. Kaum hatte aber Josephus sichere Kunde, dass sein Bruder schon in weitester Ferne sei, als er sich über die strengen Befehle desselben hinwegsetzte und mit fünf Cohorten, die ihm Machäras mitgegeben hatte, nach Jericho zog, um sich des dortigen Getreides gerade zur Zeit der Haupternte mit Gewalt zu bemächtigen. 324 Aber die Feinde griffen ihn auf gebirgigem und schwer passierbarem Terrain an, und Josephus verlor dabei, so glänzend er sich auch im Kampfe gehalten, sein Leben. Mit ihm ward auch die ganze römische Abtheilung zusammengehauen, da die Cohorten aus frisch ausgehobener syrischer Mannschaft bestanden und gar keine sogenannten Kerntruppen unter sich hatten, welche ihnen bei ihrer militärischen Unerfahrenheit hätten beispringen können.

325 (2.) Antigonus ließ es sich jedoch am Siege nicht genügen, sondern verstieg sich in seiner Wuth soweit, dass er selbst noch die Leiche des Josephus verstümmelte. Als er nämlich unter anderen Leichen auch der des Josephus habhaft geworden, ließ er ihm den Kopf abschneiden, obschon dessen Bruder Pheroras Willens gewesen wäre, fünfzig Talente Lösegeld für den Gefallenen zu bieten. 326 In Galiläa schlug nach diesem Siege des Antigonus die Flamme des Aufruhrs wieder so mächtig empor, dass die einflussreichsten Herodianer daselbst von den Anhängern des Antigonus an den See geschleift und darin ertränkt wurden. Auch in Idumäa, wo Machäras gerade daran war, eine von den dortigen Festungen, namens Gittha, wieder herzustellen, kehrte ein großer Theil der Sache des Herodes den Rücken. Von all diesen Vorgängen hatte Herodes noch nichts erfahren, sondern kam erst in folgender Weise zu ihrer Kenntnis. 327 Nach der Einnahme von Samosata hatte Antonius den Sosius zum Statthalter von Syrien aufgestellt und ihm den Auftrag gegeben, dem Herodes gegen Antigonus Hilfe zu leisten, worauf er sich wieder nach Aegypten wandte. Sosius ließ zunächst zwei Legionen zur [63] Unterstützung des Herodes nach Judäa vorausmarschieren, um mit den übrigen Truppen in kürzester Frist persönlich nachzukommen.

328 (3.) Eben befand sich Herodes in Daphne bei Antiochien, als ihn unzweideutige Traumgesichte auf die Nachricht vom Tode seines Bruders vorbereiteten. In dem Augenblick, wo er voll Entsetzen darüber vom Lager aufsprang, traten auch schon die Boten mit der traurigen Kunde herein. Nur kurze Zeit überließ sich Herodes dem Jammer über sein Unglück und verschob die förmliche Trauer auf eine spätere Zeit, um sofort in Eilmärschen gegen den Feind zu ziehen. 329 Nach einem übermäßig forcierten Marsche, auf dem er bis an den Libanon vorgedrungen war, zog er 800 der dortigen Bergbewohner als Hilfstruppen an sich und verstärkte auch daselbst sein Heer mit einer der zwei (versprochenen) römischen Legionen. Mit diesen Truppen brach Herodes, ohne erst den Morgen abzuwarten, in Galiläa ein und trieb die Feinde, die sich ihm entgegengeworfen hatten, nach dem Orte zurück, aus dem sie eben zum Kampfe ausgerückt waren. 330 Sofort eröffnete er den Sturm auf die Festung selbst, ward aber, bevor er sie in seine Gewalt bekam, von einem entsetzlichen Regenschauer gezwungen, in den umliegenden Dörfern ein Lager zu beziehen. Als dann wenige Tage darauf auch die zweite von Antonius zu Hilfe gesandte Legion sich mit der Belagerungsarmee vereinigte, verließen die Feinde aus Furcht vor deren jetzigen Stärke bei Nacht und Nebel die Veste.

331 (4.) Und nun gieng es weiter in größter Eile durch die Auen von Jericho, um sobald als möglich die Mörder des Bruders zu bestrafen. Hier in Jericho war es auch, wo ihm auf göttliche Zulassung eine höchst bedeutsame Katastrophe zustieß, der er nur wie durch ein Wunder entrann, um den Ruhm eines auserwählten Günstlings Gottes mitzunehmen. An jenem Abende war gerade eine Menge hoher Gäste mit ihm beim Mahle vereint. Kaum war nun das Gelage aufgehoben, und alle Theilnehmer ins Freie getreten, als plötzlich das Speisegemach einstürzte. 332 Herodes sah in diesem Ereignis nur eine Vorbedeutung der gemeinsamen Gefahr, aber auch der gemeinsamen Rettung im bevorstehenden Kampfe und ließ das Heer schon gegen die Morgendämmerung nach Jerusalem aufbrechen. Da stürmten plötzlich bei 6000 Feinde von den Bergen herab und begannen mit dem Vortrab zu plänkeln, ohne indes einen ernstlichen Nahkampf mit den Römern zu wagen: dafür überschütteten sie dieselben aus der Ferne mit Steinen und Wurfspeeren und verwundeten eine erkleckliche Zahl von ihnen. Selbst Herodes wurde bei seinem Ritt durch den Engpass von einem Wurfspeer seitlich gestreift.

333 (5.) Antigonus wollte sich jetzt nicht bloß mit der überlegenen Waghalsigkeit der Seinigen, sondern auch mit ihrer Uebermacht brüsten [64] und sandte darum den Pappus, einen seiner Freunde, mit einem Heere direct gegen Samaria, 334 um gegen den dort stehenden Machäras die Offensive zu ergreifen. Herodes machte unterdessen einen Streifzug ins feindliche Gebiet, auf dem er fünf kleinere Städte eroberte, 2000 Einwohner niedermetzelte und ihre Häuser einäscherte, um dann wieder in sein befestigtes Lager, das er in der Nähe des Dorfes Kana bezogen hatte, zurückzukehren.

335 (6.) Hier schloss sich ihm Tag für Tag eine große Anzahl von Juden sowohl aus der Gegend von Jericho, wie auch aus anderen Theilen des Landes an, die sich zum Theil vom Hasse gegen Antigonus leiten ließen, zum Theile auch durch das Waffenglück des Herodes an seine Fahnen gefesselt wurden, während die allermeisten nur eine blinde Lust am Umsturze herbeitrieb. So zauderte Herodes nicht länger mehr, dem Feinde eine Schlacht anzubieten, obwohl auch die Armee des Pappus sich keineswegs durch die Stärke und das Feuer des herodianischen Heeres eingeschüchtert zeigte, sondern entschlossen ihm entgegenzog. 336 In dem nun folgenden Treffen hielten zwar die dem Herodes nicht unmittelbar gegenüberstehenden Abtheilungen einige Zeit Stand, während Herodes, der sich aus Zorn über die Ermordung seines Bruders tollkühn in das dichteste Kampfgewühl gestürzt hatte, um sich jetzt einmal an den Urhebern dieses Todes persönlich rächen zu können, rasch den ihm gegenüberstehenden Theil geschlagen hatte und nun hinter diesem her sich auf die einzelnen noch unerschüttert gebliebenen Massen warf, bis er alle vor sich herjagte. 337 Es war nur mehr ein ungeheures Schlachten, da die Feinde dicht zusammengedrängt gegen das Dorf hingestoßen wurden, aus dem sie gekommen waren, indes Herodes mit aller Macht auf die Hintersten eindrang und unzählige niederstreckte. Gleichzeitig mit den flüchtenden Feinden stürmte auch Herodes in das Dorf, wo jedes Haus von Bewaffneten vollgesteckt war und selbst die flachen Dächer von Vertheidigern strotzten. 338 Nachdem Herodes die draußen Stehenden abgethan hatte, legte er die Häuser bloß, um auch die darinnen Befindlichen herauszubekommen. Auf die meisten ließ er einfach das Dachgebälke herunterschleudern und tödtete sie so massenweise, während die wenigen, die aus den Trümmern noch hervorkriechen konnten, um zu fliehen, gerade in die gezückten Schwerter der draußen wartenden Soldaten liefen, und so hoch thürmte sich der Wall von Leichen, dass selbst den Siegern damit die Wege verrammelt wurden. Angesichts einer solchen Schlappe hörte natürlich jeder Widerstand von Seite der Feinde auf, 339 die denn auch nach einigen Versuchen, sich abermals zu größeren Haufen zu sammeln, beim Anblick des im Dorfe angerichteten Blutbades sich [65] fliehend in alle Winde zerstreuten. Sicher wäre auch Herodes, ermuthigt durch diesen Sieg, sofort auf Jerusalem losgegangen, wenn er nicht durch ein sehr stürmisches Winterwetter zurückgehalten worden wäre. Dieser Umstand allein verhinderte die völlige Ausnützung des Sieges von Seite des Herodes und den sofortigen gänzlichen Sturz des Antigonus, der sich damals schon mit dem Plane trug, die Hauptstadt preiszugeben.

340 (7.) Herodes begab sich gegen Abend, nachdem er bereits seine erschöpften Freunde ihrer Erholung überlassen hatte, selbst noch ganz schweißbedeckt vom Waffengange und nur allzu einfach, wie der gemeinste Soldat, nämlich nur von einem einzigen Diener begleitet, in ein Bad. Gerade in dem Augenblicke nun, wo er in die Badestube treten wollte, läuft hart vor ihm einer von den Feinden mit dem Schwert in der Hand heraus, dann ein zweiter, ein dritter und noch mehrere nacheinander. 341 Sie hatten sich nämlich in voller Rüstung aus der Schlacht in die Badestube geflüchtet und sich einstweilen daselbst verkrochen und gut versteckt: als sie aber des Königs ansichtig geworden, liefen sie jetzt, vor Entsetzen außer sich, obschon Herodes bereits Waffen und Wehr abgelegt hatte, zitternd an ihm vorüber und eilten nach den Ausgängen. Leider war von den anderen Kriegern zufällig kein einziger zur Stelle, um die Männer zu packen, Herodes aber war natürlich zu Tode froh, dass er selbst noch so gut davongekommen, und so entrannen sie alle.

342 (8.) Am Morgen nach der Schlacht ließ Herodes dem Pappus, dem Feldherrn des Antigonus, der im Treffen geblieben war, den Kopf abschneiden und schickte ihn an seinen Bruder Pheroras zur Genugthuung für ihren ermordeten Bruder: Denn Pappus war es, der den Josephus vernichtet hatte. 343 Als dann der Winter zu Ende gierig, zog er gegen Jerusalem und führte sein Heer hart an die Mauern – er zählte eben das dritte Jahr, seit er in Rom zum König erklärt worden war. Sein Lager schlug er im Angesichte des Tempels, 344 weil hier ein guter Angriffspunkt und genau jene Stelle war, wo früher auch Pompejus die Stadt erstürmt hatte. Er vertheilte zunächst die Schanzarbeiten unter die einzelnen Truppenkörper, ließ im Weichbilde der Stadt alle Bäume fällen und befahl dann, drei Angriffswälle aufzuschütten und Thürme auf ihnen zu bauen. Darauf überließ er den thatkräftigsten seiner Freunde die Fortsetzung der Arbeiten und begab sich nach Samaria, um die Tochter Alexanders, des Sohnes von Aristobulus, die mit ihm, wie wir schon bemerkt haben, verlobt war, heimzuführen. Seine Hochzeit sollte auf diese Weise die Staffage zur blutigen Belagerung bilden: so leicht und verächtlich nahm er bereits seine Gegner.

[66] 345 (9.) Nach der Heirat kehrte er mit einem noch größeren Heere nach Jerusalem zurück. Mit ihm vereinigte sich jetzt auch Sosius an der Spitze einer sehr bedeutenden Armee aus Reitern und Fußgängern, welche er durch das Binnenland vorausgesendet hatte, während er für seine Person den Weg über Phönicien gewählt hatte. 346 Die gesammte vereinigte Macht, bestehend aus eilf Legionen Fußvolk und 6000 Reitern, abgesehen von den Hilfscorps aus Syrien, die ein nicht unbeträchtliches Contingent ausmachten, lagerte sich in der Nähe der nördlichen Mauer unter der obersten Leitung des Königs Herodes, der sich in seiner Proclamation auf das Ernennungsdecret des Senates stützte, während der römische Commandant Sosius sich auf den Befehl des Antonius berief, das ihm unterstehende Heer dem Herodes zuzuführen.


Achtzehntes Capitel.
Herodes erstürmt Jerusalem. Plünderung der Stadt. Hinrichtung des Antigonus. Schwierigkeiten von Seite der Kleopatra.

347 (1.) Die Aufregung, die unter der jüdischen Menge in der Stadt herrschte, nahm nach deren Charakter die verschiedensten Formen an. Während die Schwächeren voll heiliger Begeisterung scharenweise in den Tempel eilten, wo gottbegnadete Personen viele Prophezeiungen auf die Zeitereignisse machten, streiften die Keckeren bandenweise umher und verübten alle Arten von Raubthaten. Ganz besonders räumten sie in der Umgebung der Stadt auf, da factisch schon bei der Ankunft des römischen Heeres weder für Pferde noch Mannschaft etwas zum Leben sich vorfand. 348 Die regulären Kämpfer endlich waren zur Abwehr des Sturmes beordert und suchten zunächst die Wallarbeiter von der Mauer aus in ihrem Werke zu stören und später gegen die bereits aufgestellten Maschinen immer neue Hindernisse ausfindig zu machen; in keinem Punkte aber waren sie den Feinden so sehr überlegen, wie im Graben von Minen.

349 (2.) Gegen die Plünderungen der Gegend wurden vom König geschickt angelegte Hinterhalte in Anwendung gebracht, durch die er in der That die Streifzüge aus der Stadt wirksam verhinderte, während dem Mangel an Lebensmitteln weit ausgedehnte Proviant- und Fouragierzüge abhelfen mussten. Auch im offenen Kampf war er gegenüber den Belagerten infolge der römischen Kriegskunst im Vortheile, obschon ihre Tollkühnheit keine Schranke kannte. 350 Wenn sie auch den Zusammenstößen mit den Römern in offenen Ausfällen wegen der augenscheinlichen Gefahr, unnütz hingemetzelt zu werden, [67] auszuweichen pflegten, so tauchten sie dafür oft plötzlich unter den Römern aus den unterirdischen Stollen auf, und bevor noch ein Stück der Mauer vollständig eingerissen ward, hatten sie auch schon eine andere hinter dieser Stelle aufgemauert, mit einem Worte: weder ihr Arm noch ihr erfinderischer Kopf versagte ihnen bei dem Entschlusse, bis zum Aeußersten Widerstand zu leisten. 351 Wirklich, zogen sie die Belagerer fünf Monate lang hin, obgleich eine so riesige Macht sie umschlossen hielt, bis endlich einige von den Elitetruppen des Herodes sich den Muth nahmen, die Mauer zu erklimmen, und in die Stadt eindrangen, hinter ihnen einige Hauptleute des Sosius. Zuerst fiel das Tempelgebiet in ihre Gewalt, durch welches sich nun das ganze Heer wie ein brausender Strom in die Stadt ergoss: überall wüthete der Tod in tausend Gestalten, da die Römer durch die langwierige Belagerung in die äußerste Wuth versetzt waren, das jüdische Element aber unter den Leuten des Herodes natürlich sich beeilte, jeden Widerpart aus dem Wege zu räumen. 352 Haufenweise wurden sie so in den schmalen Gassen, wie auch in den vollgedrängten Häusern und auf der Flucht zum Tempel mit dem Schwerte niedergemäht: weder Kind noch Greis noch das schwache Geschlecht fand Erbarmen, und obzwar der König selbst überall hinschickte und Schonung empfahl, hielt niemand in der Metzelei ein, sondern man hieb wie wahnsinnig auf jedes Alter los. 353 Jetzt steigt auch Antigonus, ohne seine ehemalige Würde noch das Schicksal, das ihn nunmehr erwarten musste, zu bedenken, von der Burg herab, um sich dem Sosius zu Füßen zu werfen! Der aber hatte nicht das leiseste Erbarmen mit dem so schrecklich gestürzten Manne, sondern lachte ganz unbändig über ihn und nannte ihn Antigone, obschon er ihn im Uebrigen durchaus nicht als Weib behandelt wissen wollte, d. h. ungehindert weggehen ließ, er ward vielmehr in Ketten gelegt und in Gewahrsam gebracht.

354 (3.) Nachdem jetzt Herodes seine Feinde gebändigt hatte, war nunmehr seine Sorge darauf gerichtet, auch seine fremdländischen Bundesgenossen zu zügeln. Eilte ja doch das fremde Kriegsvolk scharenweise herbei, um das äußere Tempelgebäude und die Heiligthümer im Tempelhaus selbst in Augenschein zu nehmen. Die einen davon hielt nun der König durch gute Worte, die anderen durch Drohungen, einige auch mit Waffengewalt zurück, weil nach seiner Meinung der Sieg noch verhängnisvoller werden musste, als eine Niederlage, wenn die siegreichen Soldaten etwas schauen würden, was keinem Auge enthüllt werden durfte. 355 Auch den Plünderungen in der Stadt that er jetzt Einhalt, nachdem er mit Sosius eine lange und sehr nachdrückliche Auseinandersetzung gehabt, wobei er unter anderem [68] auch fragte, ob denn die Römer im Ernste die Stadt aller Geldmittel und Menschen berauben wollten, um dann dem Herodes eine Wüstenei als Residenz zu überlassen. Um das Blut so vieler Bürger halte er selbst die Herrschaft über das ganze römische Reich für viel zu theuer erkauft. 356 Auf die Bemerkung des Sosius, dass er die Plünderungen als Entschädigung für die Beschwerden der Belagerung den Soldaten schon aus Billigkeit erlauben müsse, machte sich der König anheischig, jedem seinen Lohn aus eigenen Mitteln verabreichen zu wollen. So gelang es ihm, die von der Plünderung noch verschonten Theile seiner Residenz auszukaufen, und er hielt auch vollständig, was er Sosius versprochen hatte. Denn wahrhaft splendid beschenkte er jeden Gemeinen, entsprechend höher die Chargen, ganz königlich aber den Sosius, so dass kein einziger arm am Beutel von dannen zog. 357 Nach Widmung eines goldenen Kranzes an Jehova brach Sosius von Jerusalem auf, um den gefangenen Antigonus dem Antonius vorzuführen. Von einem armseligen Hoffnungsschimmer getragen, klammerte sich der Gefangene noch bis zum letzten Augenblick an sein Leben, bis auch diesem das Henkerbeil einen seiner Feigheit würdigen Abschluss bereitete.

358 (4.) Als factischer König hielt nun Herodes unter der in der Stadt befindlichen Bevölkerungsmenge Musterung. Jene, die zu ihm gehalten hatten, fesselte er durch Auszeichnungen noch enger an sich, die Anhänger des Antigonus aber bestrafte er mit dem Tode. Da er jetzt fast kein Geld mehr hatte, ließ er allen Schmuck, den er besaß, zu Geld machen, um es dem Antonius und seinem Freundeskreise zuzusenden. 359 Doch konnte er sich damit keineswegs ein für allemal eine ungefährdete Zukunft erkaufen, da Antonius, durch die sinnliche Neigung zu Kleopatra ganz verblendet, bei allen Entschlüssen nur der Stimme seiner Leidenschaft gehorchte. Kleopatra aber suchte ihrerseits, nachdem sie der eigenen Familie so gründlich den Garaus gemacht hatte, dass auch nicht ein Sprössling ihres Geblütes übrig blieb, von da an ihre Blutgier an den auswärtigen Fürsten zu stillen. 360 So verdächtigte sie die höchsten Persönlichkeiten Syriens bei Antonius und setzte ihre Hinrichtung durch, weil sie auf diesem Wege sehr bequem den Besitz jedes einzelnen Opfers in ihre Gewalt zu bringen gedachte. Sie streckte endlich ihre habgierige Hand auch nach dem Gebiete der Juden und der Araber aus und spann ihre heimlichen Ränke zum Verderben der Könige beider Völker, des Herodes und des Malchus.

361 (5.) Antonius war wirklich nicht abgeneigt, einen Theil ihrer Forderungen zu erfüllen, aber vor der Ermordung so trefflicher Männer und so angesehener Könige graute ihm dennoch: dafür brach er die engere Freundschaft, die ihn mit diesen Männern verbunden, [69] völlig ab, riss große Länderstrecken von ihrem Gebiete weg, darunter auch insbesondere den Palmenhain bei Jericho, wo der Balsam gedeiht, wie auch sämmtliche Städte, die südlich von der Flussmündung des Eleutherus lagen, mit Ausnahme von Tyrus und Sidon, und gab sie der Kleopatra. 362 Als sie das alles bekommen hatte, geleitete sie den Antonius, der jetzt neuerdings gegen die Parther zog, bis an den Euphrat und kam dann über Apamea und Damaskus auch nach Judäa. Bei dieser Gelegenheit gelang es dem Herodes, durch reiche Geschenke ihren Groll ganz und gar zu beschwichtigen, ja er konnte sogar die von seinem Königreiche abgetrennten Gebiete von ihr um 200 Talente jährlichen Zinses in Pacht bekommen. Er gab ihr dann bis Pelusium das Geleite, wobei er ihr jede Art von Aufmerksamkeit erwies. 363 Nicht lange hernach war auch Antonius vom Partherkrieg wieder zurück, um den gefangenen Artabazes, den Sohn des Tigranes, der Kleopatra zum Präsent zu machen. Denn das erste, was Antonius that, war, dass er ihr den Parther mit allen seinen Schätzen und der gesammten Beute zu Füßen legte.

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