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Etwas vom öffentlichen Gottesdienste in einigen Fränkischen Klosterkirchen

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Textdaten
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Autor: F–c–f–r. [Anonym]
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Titel: Etwas vom öffentlichen Gottesdienste in einigen Fränkischen Klosterkirchen
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 4, S. 763–767
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1792
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Originaltitel:
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
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VI.
Etwas vom öffentlichen Gottesdienste in einigen Fränkischen Klosterkirchen.

Endlich gelang es mir einmahl einigen Aufschluß über eine sogenannte Antiphone und Collecte, welche beynahe täglich in den meisten Klosterkirchen unsers lieben Vaterlands abgesungen wird, von einem meiner Freunde zu erhalten; deren Geschichte für unser Zeitalter albern und lächerlich, deren Gebrauch für denkende Köpfe beleidigend und deren Abschaffung oder merkliche Verbesserung für jeden Kirchenvorsteher oder Ordensobern dringend und jedem biedern Franken wünschenswehrt seyn muß.[1]

|  Zuerst die kurze Geschichte oder Veranlassung dieser Antiphone und Collecte: „Da im Jahr 1317 die Pest zu Conimbria gewaltig wüthete, haben die Klosterjungfrauen des Ordens S. Clarae täglich sowohl öffentlich als ingeheim diese Antiphone gebetet, und sind dadurch von der Pest frey geblieben. Es ist ihnen aber der heilige Bartholomaeus unter der Gestalt eines Bettlers erschienen, und hat Sie diese Antiphone gelehret, wie neben anderen Waddingus bezeuget.“
Piissima Antiphona et
Oratio contra luem
contagiosam.
„Hochgeehrte Mutter Gottes Antiphona.
Du hellglänzend Sternlein! Stella coeli extirpavit,
Hast erlöscht das Gift des Todes,  Quae lactavit Dominum,
So uns Adam gossen ein Mortis pestem, quam plantavit
O du Sternlein wollst bezwingen  Primus parens hominum.
Alle Sternen groß und klein, Ipsa Stella nunc dignetur.
Deren Pfeil durch Lüften dringen,  Sidera compescere,
Schiessen aus das Gift allein. Quorum bella plebem caedunt.
[2] Dirae mortis ulcere.
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O du Meerstern hoch zu loben, O piissima Stella maris
Ich um Hülfe dich ersuch;  A peste succurre nobis.
Hör mein Bitten unverschoben, Audi nos Domina;
Schütz vor Pest und Weltbetrug  Nam Filius tuus
Hör mein Bitten unverschoben, Nihil negans Te honorat.
Schütz vor Pest und Weltbetrug  Salva nos Iesu
Dann dein Sohn dir nichts abschlaget, Pro quibus Virgo Mater te orat.
Dich als seine Mutter ehret:
Errett uns, Jesu, von solchen Plagen,
Für welche dein Mutter Gnad begehret.“
V. Bitt für uns heilige Gottesgebährerin, V. Ora pro nobis Sancta Dei Genitrix.
R.damit wir würdig werden der Verheissungen Christi. R. Ut digni efficiamur promissionibus Christi.

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Gebet. Oratio.
 „O Gott der Barmherzigkeit! O Gott der Gütigkeit, o Gott des Nachsehens! der du dich über die Drangsal deines Volks erbarmet, und zu dem Engel, der dein Volk schlug, gesprochen hast: Halte deine Hand zurück: Aus Lieb jenes glorreichen Sterns, dessen kostbare Brust du wider das Sündengift mit Vergnügen gesogen hast, laß uns deine hülfreiche Gnad angedeihen, damit wir von aller Pest, vom gähen Tod und von dem gänzlichen Untergang barmherziglich befreyet werden, durch dich Jesu Christe du König der Glorie, der du lebest und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“[3]  „Deus misericordiae, Deus pietatis, Deus indulgentiae, qui misertus es super affictionem populi tui, et dixisti Angelo percutienti populum tuum: Contine manum tuam; ob amorem illius Stellae gloriosae, cuius ubera pretiosa contra venenum nostrorum delictorum quam dulciter suxisti, praesta auxilium gratiae tuae, ut ab omni peste et improvisa morte secure liberemur, et a totius perditionis incursu misericorditer salvemur Per Te Iesu Christe Rex gloriae; Qui vivis et regnas in Saecula Saeculorum. Amen.“[4]
|  Diese piissima Antiphona et Oratio wird nun fast alle Tage in den Fränkischen Klosterkirchen, meistentheils im Chor, zu Zeiten auch auf dem Musikchor, abgesungen; und dieß ist noch gut, damit der Unsinn, der darin liegt, nicht so leicht bemerkt wird; denn der Gesang ist nur gar zu oft etwas Mechanisches. Die Carricatur der widersinnigsten Allegorie, so bald man diese bemerket, ist ganz unerträglich. Muß man denn recht absichtlich selbst in den Gott geweihten Tempeln das Gute so sehr mißbrauchen, die so edle Zeit, welche man zum wahren Gebete anwenden könnte und sollte, mit solchem elenden Geschrey verderben?

 So etwas ähnliches ließ sich auch noch von der alltäglichen Abbetung der Lauretanischen Litaney mit Grunde behaupten; denn was kann sich doch wohl ein noch so sehr versammelter Geistmann bey einem vas spirituale, rosa mystica, turris davidica, turris eburnea, domus aurea, andächtiges, Herzerhebendes, anzuflehen und zu bitten würdiges denken, oder was kann er sich aus diesen Wortspielen für einen Sinn zu seiner Erbauung, Besserung und Nachahmung oder Geisteserhöhung heraus exegesiren, wenn er auch ganz der orientalischen Bildersprache mächtig seyn sollte?

F–c–f–r. 



  1. Wir werden diejenige Klosterkirche sogleich bekannt machen, welche diesen Wunsch am ersten erfüllt, wenn es uns angezeigt wird. d. H.
  2. Das Diurnale monasticum – – – pro omnibus sub regula Ss. P. Benedicti per universam [765] Germaniam militantibus approbatum et confirmatum Typis Principalis Monasterii B. V. M. Einsidlensis per Ioannem Eberhardum Kälin Anno MDCCLXV. hat hier einige Abweichungen: Diro mortis ulcere. O gloriosa Stella maris! Pestiferis succurre morbis. Audi nos, nam te Filius, nihil negans, honorat.
  3. Aus einem Gebetbuche von Augsburg: Christlicher Wandersmann. In Verlag Christoph Bartels sel. Wittwe. 1776. S. 153.
  4. Ex chronicis Ordinis Seraphici Fratrum Minorum conscriptis per V. P. Franciscum Gonzagam eiusdem Ordinis Generalem par. 3. de Prov. Portug Mon. VIII. Und ist den meisten Brevieren oder Diurnalen der Ordensgeistlichen am Ende beygedruckt.