Epistel-Postille (Wilhelm Löhe)/Karfreitag
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Am Charfreitage.
- 1. Aber wer glaubt unserer Predigt? Und wem wird der Arm des HErrn geoffenbaret? 2. Denn er schießt auf vor ihm wie ein Reis, und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt noch Schöne; wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. 3. Er war der allerverachtetste und unwertheste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, daß man das Angesicht vor Ihm verbarg; darum haben wir Ihn nichts geachtet. 4. Fürwahr Er trug unsere Krankheit, und lud auf Sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten Ihn für Den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. 5. Aber Er ist um unserer Missethat willen verwundet, und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf Ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch Seine Wunden sind wir geheilet. 6. Wir giengen alle in der Irre wie Schafe, ein Jeglicher sahe auf seinen Weg: aber der HErr warf unser Aller Sünde auf Ihn. 7. Da Er gestraft und gemartert ward, that Er Seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführet wird, und wie ein Schaf, das verstummet vor seinem Scheerer, und seinen Mund nicht aufthut. 8. Er ist aber aus der Angst und Gericht genommen; wer will Seines Lebens Länge ausreden? Denn Er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerißen, da Er um die Missethat meines Volks geplaget war. 9. Und Er ist begraben wie die Gottlosen, und gestorben wie ein Reicher; wiewohl Er Niemand Unrecht gethan hat, noch Betrug in Seinem Munde gewesen ist. 10. Aber der HErr wollte Ihn also zerschlagen mit Krankheit. Wenn Er Sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, so wird Er Samen haben und in die Länge leben, und des HErrn Vornehmen wird durch Seine Hand fortgehen. 11. Darum, daß Seine Seele gearbeitet hat, wird Er Seine Lust sehen, und die Fülle haben. Und durch Sein Erkenntnis wird Er, mein Knecht, der Gerechte, Viele gerecht machen; denn Er trägt ihre Sünden. 12. Darum will| ich Ihm große Menge zur Beute geben, und Er soll die Starken zum Raube haben; darum, daß Er Sein Leben in den Tod gegeben hat, und den Uebelthätern gleich gerechnet ist, und Er Vieler Sünde getragen hat, und für die Uebelthäter gebeten.
MEine lieben Brüder, in der ältesten Kirche las man Texte, wie bei uns; aus der Synagoge herüber verpflanzte sich diese Sitte. An die Lection schloß sich dann die Ermahnung des Bischofs an; auch andere durften unter Formen heiliger Ordnung reden; da gab es selige Unterhaltungen, oder wie man zu sagen pflegte „Homilien“ über das heilige Wort des HErrn. Heut aber muß ich euch gestehen, gar keine Lust zu einer Unterhaltung zu haben, keine zu einer Predigt, Auslegung oder Ermahnung, sondern ich möcht am allerliebsten vor dem Kreuze stehen, still betrachten, schweigend beten. Wenn irgend ein Tag die Kraft hat, die Seele des Menschen in stille Contemplation, in tiefe und anbetende Abgeschiedenheit zu versetzen, so ist es der heutige. Wo ist das Wort, wo die Betrachtung, welche für die Todesstunde JEsu angemeßen und ihrer würdig erfunden werden könnte? – Indes, es ist nun einmal in unserer Kirche Sitte, in öffentlicher Versammlung die Todesstunde JEsu zu feiern, und so will ich denn versuchen, eure Gedanken zu vereinigen und zu leiten, und wenn mir es nicht gelingt, so nehmt auch das für einen Beleg und Beweis für meine Behauptung hin, daß heut kein Tag ist zum Predigen und zum Reden. – Der heutige Tag hat eigentlich keine feststehenden Lectionen, man las oder sang auch bei unsern lutherischen Vätern die ganze Passion; man hatte Zeit dazu, weil man nicht predigte. Doch hat sich der euch verlesene, berühmte Abschnitt aus Jesaia anstatt einer epistolischen Lection so ziemlich eingebürgert und festgesetzt. Daher soll er auch in dieser Stunde unsre Gedanken leiten. Wir sind ja nahe bei der dritten Nachmittagsstunde und für sie paßt allerdings der Inhalt in seiner großartigen Zweitheiligkeit, in seinem Leide und in seiner Freude. Ihr werdet sagen: Also gibt’s heute am Charfreitag doch neben dem Leid auch eine Freude, weil der, den Gemeinden angenehmste Text aus Jes. 53 zwar in der ersten Hälfte voll Klage ist und voll Leid, in der zweiten aber voll Sieges und Freude! Auf diese eure Frage antworte ich in der Todesstunde JEsu bei sich senkendem Tage unbedenklich mit „Ja“. Ich las neulich, daß die alten asiatischen Christen bei ihrer Osterfeier von dem Gedanken durchdrungen gewesen seien, JEsu Tod sei aller unsrer Freuden Ursach, und daß sie deshalb auch den ersten Tag ihrer Passahfeier, den Todestag JEsu, nicht in purer Betrübnis und Reue hingebracht hätten. Das vermag denn auch ein Mensch, welchen die Bedeutung des Tages ganz in Contemplation dahin genommen hat, allmählich zu faßen. Am Morgen des Tages in der Kreuzigungsstunde, bei steigendem innern und äußern Leiden Christi, da kann man sich nicht darauf einlaßen, den Tod JEsu als Freudenquelle zu betrachten. Jetzt aber, zur Zeit der letzten Worte des HErrn und Seines Siegsgeschrei’s, zur Zeit, wo neben dem hohen Leide jene mächtige Erhebung der Seele JEsu hervortritt, welche geeignet war, dem Hauptmann die Ueberzeugung von der Gottheit JEsu beizubringen: in dieser Siegeszeit wächst und keimt die Ahnung, daß JEsu tiefes Leid ein Brunnen ist aller unsrer Freude. Und wenn nun bald diese Stunde gar vorüber ist, der Tod vorüber, dann sieht man bereits alles im Lichte der fröhlichen Zukunft an, und es geht einem, wie David dem König, nachdem der Sohn gestorben war, den seine Missethat getödtet hatte. Er stand auf und wusch sich und aß. So denken auch wir nach den letzten Todesaugenblicken JEsu, welchen unsre Schuld getödtet hat. Es ist ja dann gewonnen: Friede ist im Himmel, Ehre in der Höhe, und über die Welt hin breitet sich das wunderbare Licht ahnungsreicher Hoffnung und anbrechender ewiger Freuden. Also „Ja“, der Text hat statt mit seinem zweiten wie mit seinem ersten Theile.
Doch laßt uns nun einmal die beiden Theile des Textes etwas genauer kennen lernen. Nicht bin ich der Meinung, mich auf alles und jedes in diesem Texte einzulaßen; ich will die Juden, ich will die ungläubigen und gläubigen Theologen, welche unsern Text anders auslegen, als der Diaconus Philippus auf der Straße von Gaza, da er neben dem Kämmerer der Königin von Mohrenland saß, ich will sie mit all ihren Deutungen vergeßen, all ihr Ding nicht widerlegen. Was für ein Charfreitagsgeschäft wäre das auch! Ich will mich kurz und anbetend durch| meinen Text hinbewegen, wie durch die Gaßen einer im Sabbathlichte feiernden stillen Stadt; ich will auch gar nicht vor den einzelnen Häusern Halt machen, sondern nur den Eindruck des großen Ganzen suchen. Da seh ich denn zu allererst den Propheten stehen und neben mir gehen, oder vielmehr ich gehe neben ihm, und er ist mein Führer, und ich höre ihn im ersten Verse von einer unglaublichen Predigt reden und von einem verhüllten Arme Gottes, der niemand offenbar wird. „Wer glaubt unsrer Predigt, ruft er, wem wird der Arm des HErrn offenbaret?“ Es ist mir, als riefe er es mit aufgehobenen Armen, gehoben zugleich vom Inhalt seiner Predigt und vom Arm des HErrn und doch gedrückt und voll Unmuths über das blinde Volk, das nicht schauen, nicht hören, keinen Arm des HErrn erkennen will. Ich aber spreche zu meinem Führer, dem Propheten: Ich will glauben deiner Predigt, sprich sie, und sehen will ich den Arm des HErrn, zeige ihn mir. Da zeigt er mir ein Reislein, welches vom Boden aufschoß, und eine Wurzel, die aus dürrem Boden hervor sproßt, und darnach einen Menschen ohne Gestalt und Schöne, von welchem das Reislein und der Wurzelsprößling des dürren Erdreichs ein bloßes Bild ist. So wie man über ein Reislein, das vom Boden aufschoß, und über einen dürren Wurzelsprößling nachläßig dahin geht und sie nicht ansieht, auch nicht bedenkt, daß aus dem Reis und Sprößling am Ende doch noch ein Baum und ein Trost der Steppe erwachsen kann; so gehen die Leute vor dem Mann vorüber, den mir Jesaias als des Sprößlings Urbild gezeigt hat. Bald aber sehe ich nach des Propheten Weisung die Juden nicht mehr vor Ihm vorübergehen, als beachteten sie Ihn nicht, sondern es schließt sich mehr an, als die Bilder vom Reis und Sprößling deuten. Ich sehe den Mann zugleich verachtet und beachtet, nicht bloß grünend in Hoffnung, sondern voll Schmerzen und Krankheit; alles geht vorüber und will Ihn nicht, und vor Seinen Schmerzen verbergen sie ihr Antlitz. Merkt ihr, wer der ist, der so beachtet und so verachtet, so voll Schmerzen und doch so gemieden, so ohne Mitleid und mitten in Seinen Nöthen so verstoßen ist? Es ist der, der in Sein Eigentum kam, und die Seinen nahmen Ihn nicht auf; sie reichten Ihm ein Kreuz und Er trug es hinaus, ließ Sich daran hängen, umbringen und tödten. Da sollte das einzige grüne Reis der Hoffnung und der letzte Wurzelsprößling des Lebens in Schmerz und Verachtung ersterben.Aber mein Führer führt mich weiter und seine Rede hebt sich. Den Vorgang sahe ich, wie er mir ihn zeigte; nun aber wird mir das Auge geöffnet für den Sinn des Vorgangs und der verborgene Arm des HErrn wird mir enthüllt. In der weiten Steppe, aus welcher Reis und Wurzelsprößling aufschießt, sehe ich eine Menge irrender Schafe, es sind aber Menschen, und sie irren nicht, weil sie den Weg nicht wißen, sondern weil sie die Irrfahrt wollen: ihr Irrweg ist Sündenweg. Drohende Strafen wolken sich über ihnen auf, und der Allmächtige zürnet ihnen; doch aber erbarmt Er sich auch wieder und wirft auf den Mann, der das Reis ist und der Wurzelsprößling, wunderbarer Weise die Schuld und Strafe ihrer Irrfahrt. So wird dann Er gestraft und gemartert, an’s Kreuz geschlagen und getödtet; aber Er ist wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, wie ein Schaf, das vor seinem Scheerer verstummt, und seinen Mund nicht aufthut. Wunderbares Verstummen, verborgener Arm des HErrn! Das Größte, was je geschehen, geht in der Stille vor sich. Da bläst keine Posaune, da ruft kein Herold Gottes, Himmel und Erde schweiget, die Sonne verhüllt ihr Angesicht, Finsternis deckt das Land, und dem HErrn hat es gefallen, das Größte im tiefsten Dunkel und die reichste Segensthat unerkannt, ja unter welcher Verkennung zu vollbringen. Doch predigt mein Führer, der Prophet, dem ich folge; doch rufen allmählich die heiligen Apostel, doch tönen bald die Lieder der Gemeinde und ich empfange die Deutung von allem in den anbetenden Worten: „Fürwahr, Er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen; wir aber hielten Ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber Er ist um unsrer Missethat willen verwundet und um unsrer Sünde willen geschlagen; die Strafe liegt auf Ihm, auf daß wir Friede hätten, und durch Seine Wunden sind wir geheilet“.
Nun weiß ich, was geschieht, und meine ganze Seele bricht anbetend aus und spricht: „Lob sei Dir, Du König der ewigen Barmherzigkeit“.
Hier stehen wir am zweiten Theile unseres| Textes und es wendet sich mit dem Inhalt. Es lag über dem HErrn große Angst und ein schreckliches Gericht des Allmächtigen, darum Er auch mit großem Geschrei und Thränen um Erhörung flehte. Aber Er ist aus der Angst und aus dem Gerichte genommen und weggerißen aus dem Lande der Lebendigen. Wenn auch der Weg, auf dem Er dahin gerißen war, finster und furchtbar gewesen ist, so ist Er ihn doch um Seines heiligen Zweckes willen gegangen. Er hat Sich um der Missethat Seines Volkes willen plagen, strafen laßen, und ob auch Seine Zeitgenoßen nicht mit Ihm gefühlt haben in Seinem großen Kampfe, so ist doch Sein Kampf geendet, und Er hindurch gedrungen zur Sicherheit und Ruhe eines ewigen Lebens. Niemand kann Seines Lebens Länge ausreden, und das Glück des Friedens, zu welchem Er Sich hindurchgerungen hat. – Bei diesem Gedanken, meine lieben Brüder, dem Gedanken des achten Verses unsers Textes, beginnen wir aufzuathmen. Der Tod ist vorüber und das Leben ist gewonnen, der HErr ist zum großen Frieden gekommen und Seine Seele ist unter den Schaaren der Erlösten im Paradiese. Von der unaussprechlichen Feier und Freude Seiner Ankunft im Paradiese redet die Schrift allerdings nichts; aber daß die Seele des HErrn bei ihrem Abschied aus dem Leibe zum Paradiese gegangen ist, das kann keinem Zweifel unterliegen, weil Er dem bekehrten Schächer ein seliges Zusammentreffen dort Selbst versprochen hat. Ist es aber gewis, daß der HErr dorthin gegangen ist, und Seine heilige, mit der Gottheit vermählte Seele, die drei Tage Seines leiblichen Todes, dortselbst Rast gehalten hat, so ist es nicht mehr blos eine eitle Phantasie, von den Freuden der Paradiesesfahrt JEsu zu reden und das unaussprechliche Glück Seiner heiligen, abgeschiedenen Seele zu preisen. – Während aber der achte Vers des Textes das Glück der heimgegangenen Seele JEsu beschreibt, führt uns der Prophet im neunten zu der Ruhestatt Seines Leibes. Man bestimmte Ihm zwar Sein Grab unter den Gottlosen und hatte vor, Ihn mit den Schächern zu begraben, die zu Seiner Rechten und Linken hiengen. Es fügte sich aber nach Gottes Willen, daß Er Sein Grab fand bei einem Reichen. Als Er geboren wurde, mußten armselige Umstände der Geburt hinzu treten, auf daß dieselbe eine Anfangsstufe Seiner Erniedrigung würde, denn an und für sich selbst ist die Geburt wie die Empfängnis keine Erniedrigung. Dagegen aber brauchte bei dem Begräbnis kein erniedrigender Umstand hinzu zu treten, da das Begräbnis an und für sich selbst schon eine tiefe Erniedrigung ist für denjenigen, deßen heilige Menschheit durch ihre Gerechtigkeit ohne Vergleich eine Erbin unendlichen Lebens war, mehr als die Menschheit Enochs und Eliä. Darum wurde nun auch vorgesorgt, daß JEsus Christus nicht bei den Gottlosen Sein Grab fände, sondern im Garten und ausgehauenen Felsen des frommen Joseph von Arimathia. Seinem heiligen Leben, da Er niemand Gewalt oder Unrecht gethan hat, auch kein Betrug in Seinem Munde erfunden wurde, entspricht nach Gottes heiligem Willen die Ehre Seines Begräbnisses. Wie die Seele des HErrn in heiliger Gesellschaft im Paradiese war, so befindet sich Sein Leib im Garten und Besitztum des frommen Joseph, und ein Schimmer der eintretenden Wendung und kommenden Herrlichkeit blinkt bereits in dem köstlich schönen Grabe bei Golgatha. Da, meine lieben Brüder, seufzt man noch einmal auf und athmet frisch. Der Tod ist vorüber, die Seele ist im Paradiese und der Leib ist abgenommen vom Kreuze, und ei, wie friedlich und schön bestattet. Eine Stille, wie die des Charfreitagabends, weht einen an, so oft man das bedenkt. – Dabei aber bleibt der Text nicht stehen, der Prophet führt uns aufwärts. „Der HErr wollte Ihn also zerschlagen mit Krankheit; wenn Er nun aber Sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, so soll nicht bloß Seine Seele im Paradiese ruhen und Sein Leib im Grabe Josephs, sondern Er soll nun auch wieder emporkommen mit Leib und Seele zum neuen Leben, Samen haben, in die Länge leben, und des HErrn Vornehmen soll durch Seine Hand fortgehen.“ Volle Wendung. Die Hände, die durchbohrten, die am Kreuz erstarben, haben den Tod erwürgt; die durchbohrten Füße stehen auf festem Boden und gehen durch die Welt hin einen Herrschergang, und wie alles was gemacht ist, gemacht ist durch den ewigen Sohn, ehe Er Mensch wurde, so wird nun alles erhalten und regiert durch denselben, nachdem Er Mensch geworden ist. Der Menschensohn ist HErr eines ewigen Thrones; aufgefahren in die ewigen Höhen, regiert Er die Welt, und lenkt sie mit einem sanften, aber allmächtigen| Menschenzügel, wohin Er will. Da fällt nun Licht von dem ewigen Throne auf das Grab JEsu und auf Sein Kreuz, und der Charfreitagabend glüht bereits im Lichte der ewigen Herrlichkeit. – Wie wir aber neben dem seligen Glücke der erlösten Seele JEsu im Paradiese, die Ruhe Seines Leibes auf Erden schauen durften, so zeigt uns nun im Fortschritt der Prophet neben dem himmlischen Regimente JEsu auch das kommende selige Gelingen des göttlichen Werkes auf Erden. „Darum, daß Seine Seele gearbeitet hat, darum, daß Er sich bemüht hat mit schweren Todesleiden, wird Er nun Seine Lust sehen, nemlich an Seinen Feinden, den Menschenkindern, und die Fülle haben, nemlich Anbeter die Fülle. Durch Sein Erkenntnis wird Er, der Knecht Gottes, der Gerechte, viele gerecht machen, denn Er trägt ihre Sünden. Große Menge soll Er zur Beute haben und die Starken zum Raube, darum daß Er Sein Leben in den Tod gegeben hat, und den Uebelthätern gleich gerechnet ist, und Er vieler Sünden getragen hat, und für die Uebelthäter gebetet.“ Sieh da, den Himmel regiert Der, der am Kreuz erblaßte; und auf Erden kommt die große Menge, bewegen sich zu Ihm die Millionen, und es geschieht was geschrieben steht aus Seinem eigenen Munde: „Wenn Ich erhöhet werde von der Erde, will Ich sie alle zu Mir ziehen.“ Und unter den Millionen, die zu Ihm gehen, sind Starke, die sich vor Ihm in den Staub legen und schwach werden vor Seiner Majestät, und von Seiner Gnade leben und durch die Erkenntnis Seiner Gerechtigkeit selbst gerecht werden vor Gott, und Frieden für ihre Seelen finden. Da fällt also nicht bloß das Licht Seiner ewigen Majestät in den Charfreitag Abend herein, sondern man hört die Schritte der Millionen, die zu Seinem stillen Grabe wallen und die Stimmen ihrer Lieder, wie großer Waßer Rauschen von ferne herzukommt, und es läßt sich an, wie wenn nun bereits die erlöste Menschheit kommen wollte, Land für Land, Geschlecht für Geschlecht, und eine Zeit nach der andern, um Ihm die Ehre zu geben und zu bekennen, daß der Ort Golgatha, wo Sein Kreuz stand, und das Grab, wo Sein Leib eine kleine Zeit geruht hat, der Mittelpunkt der Welt und ihrer Geschichte geworden ist. –
Anmerkungen (Wikisource)
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