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Epistel-Postille (Wilhelm Löhe)/Gründonnerstag

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Am Abend des Gründonnerstages.

Eine Abendmahlsvermahnung.

 DIes ist der Tag, meine lieben Brüder und Schwestern, an welchem der HErr Sein heiliges Abendmahl eingesetzt hat. Wir haben uns daher zu diesem Altare begeben, um das Sakrament zu halten und den Tod des HErrn JEsu zu verkündigen, und die hohe Feier hat diesmal nicht bloß um ihrer selbst willen einen unaussprechlich hohen Werth für uns, sondern auch um der Erinnerungen willen, welche an dem Tage haften. So ist der Mensch, daß ihm eine Gabe von an sich selber großem Werthe nur desto lieber und angenehmer wird, wenn er sie unter dem Dufte heiliger Erinnerungen dahin nehmen kann. Freuen wir uns also des Tages, erinnern wir uns an die Nacht, da der HErr verrathen ward, freuen wir uns aber noch mehr der himmlischen Güter, welche uns seit jenem ersten Gründonnerstag und echtem, wahren Frohnleichnamstag bis zu dieser Stunde im reichsten Maße zufließen. – So schreibt der heilige Apostel Paulus 1 Cor. 11, 23–32:

23. Ich habe es von dem HErrn empfangen, das ich euch gegeben habe. Denn der HErr JEsus in der Nacht, da Er verrathen ward, nahm Er das Brot, 24. Dankte, und brach es, und sprach: Nehmet, eßet, das ist Mein Leib, der für euch gebrochen wird; solches thut zu Meinem Gedächtnis. 25. Desselbigen gleichen auch den Kelch nach dem Abendmahl, und sprach: Dieser Kelch ist das Neue Testament in Meinem Blut; solches thut, so oft ihr es trinket zu Meinem Gedächtnis, 26. Denn so oft ihr von diesem Brot eßet und von diesem Kelch trinket, sollt ihr des HErrn Tod verkündigen, bis daß Er komme, 27. Welcher nun unwürdig von diesem Brot ißet, oder von dem Kelch des HErrn trinket, der ist schuldig an dem Leibe und Blute des HErrn. 28. Der Mensch prüfe aber sich selbst, und also eße er von diesem Brot und trinke von diesem Kelch. 29. Denn welcher unwürdig ißet und trinket, der ißet und trinket ihm selber das Gericht, damit, daß er nicht unterscheidet den Leib des HErrn. 30. Darum sind auch so viele Schwache und Kranke unter euch, und ein gut Theil schlafen. 31. Denn so wir uns selber richteten, so würden wir nicht gerichtet. 32. Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir von dem HErrn gezüchtiget, auf daß wir nicht samt der Welt verdammet werden.
 Im ersten Theile dieses Textes erzählt der Apostel die euch Allen wohlbekannte Geschichte der Einsetzung des heiligen Abendmahls. Er selbst war ja bei der Einsetzung dieses Mahles nicht zugegen, war damals noch ein Feind und ferne von den Testamenten der Verheißung. Als ihn aber der HErr zum Apostel auserwählte, mußte Er, um ihn den andern Aposteln gleich zu machen, ihn auch in Seine besondere Schule nehmen und ihn unmittelbar auf außerordentliche Weise unterrichten. Wie, wann und wo das geschehen ist, ob bei der himmlischen Entzückung, von der wir am Sonntag Sexagesima lesen, oder bei einer andern Gelegenheit, das wißen wir freilich nicht. Auch wißen wir nicht, über was alles der Unterricht sich erstreckt hat, so klar es auch ist, daß es ein sehr vollkommener und eingehender Unterricht gewesen sein muß, da dem Apostel nicht bloß die dreijährige Schule, welche die Zwölfe bei JEsu| Christo in den Tagen Seines Fleisches durchmachten, sondern auch alle die hohen Offenbarungen ersetzt werden mußten, welche diesen seit den Tagen der Auferstehung Christi zu Theil geworden waren. Mag das übrigens gewesen sein wie es will, offenbar hat sich der Unterricht, welchen St. Paulus unmittelbar von dem HErrn empfieng, auf das heilige Abendmahl erstreckt, auf die Einsetzung desselben, sowie auf die richtige und segensreiche Feier. Darum sagt ja der Apostel zum Eingang unsres Textes: „Ich habe es von dem HErrn empfangen, was ich euch gegeben habe.“ Also war die Einsetzung des heiligen Abendmahles, wie das freilich ohnehin schon jeder von selbst schließen kann, dem HErrn JEsu Christo nicht bloß für die Nacht, da Er verrathen ward, eine hochwichtige Sache, sondern Er denkt vom heiligen Sakramente auch im Zustand Seiner himmlischen Verklärung noch ebenso. Der verklärte Christus unterrichtet Seinen Jünger Paulus zur Zeit, da Ihm bereits der Thron Seines himmlischen Vaters überliefert ist, von dem heiligen Mahle. Daraus sieht man klar, wie hoch wir dies Mahl zu schätzen haben: denn wie sollten wir eine Handlung und ein Geheimnis nicht schätzen, welches der HErr in den Tagen Seines Fleisches eingesetzt und während der Zeit Seiner himmlischen Verklärung, nach Seinem Eingang in’s ewige Reich, zu einem Gegenstande Seiner unmittelbaren Belehrung an den Apostel Paulus gemacht hat! Was groß ist vor JEsu Augen, im Stande Seiner Erniedrigung und Seiner Erhöhung, muß für uns arme Pilgrime auf dem Wege zum ewigen Heile nur desto größer sein. –

 Aus den Eingangsworten des heiligen Paulus zu unsrer Lektion sehen wir auch den Zweck und die Absicht, welche der HErr bei Seiner himmlischen Mittheilung an den Jünger Paulus gehabt hat. Deshalb unterrichtet der verklärte Christus den Apostel über das heilige Abendmahl und deßen würdigen Genuß, damit St. Paulus die Corinther und alle übrigen Gemeinden wieder unterrichten und sie zur seligen Feier und zum würdigen Genuße anleiten möchte. Das war die Absicht JEsu, welche auch durch den Gehorsam Pauli erreicht wurde. „Ich habe es von dem HErrn empfangen, was ich euch überliefert habe“, spricht der Apostel. Also hat er es Ihnen überliefert, also war es ihm nicht genug, die Corinther und die übrigen Gemeinden im Allgemeinen mit dem Evangelium vertraut zu machen, sondern er sammelte sie auch zum Altare, lehrte sie das heilige Abendmahl halten und vereinigte sie dadurch zu einer Gemeinde Christi. Wenn also auch wir uns zum Abendmahle des HErrn versammeln, als eine Gemeinde zu einem Altare gehen, so wißen wir, daß wir damit die Absicht des verklärten Christus erfüllen und dem Vorgang des heiligen Apostels Paulus und aller Apostel folgen, was uns um so mehr erfreuen kann, je mehr unser Gehorsam von der Herrlichkeit der himmlischen Wohlthat übertroffen wird, welche wir empfangen.

 Ueber den Inhalt des ersten Theiles, über die Geschichte des heiligen Mahles, wie sie Paulus vorträgt, will ich euch, meine lieben Brüder, bei dieser Gelegenheit nur zwei kurze Bemerkungen machen. Es gibt nemlich erstens heutzutage Menschen, die einen solchen Ekel an kirchlichen Streitigkeiten, insonderheit an denen über das heilige Abendmahl, haben, daß sie das Glück der ersten Zeiten darein setzen, keine derartigen Mühseligkeiten gehabt und insonderheit das heilige Abendmahl ohne alles Grübeln über die dargebotenen Güter in aller Einfalt hingenommen zu haben. Allein für’s Erste ist es ja nicht einmal wahr, wenn behauptet wird, es habe in der ersten Zeit solche Streitigkeiten nicht gegeben. Wer kann das bei einiger Kenntnis des menschlichen Herzens für wahrscheinlich halten, und wer für wahr, der mit einiger Aufmerksamkeit die apostolischen Briefe gelesen hat? Auch wird, wer das heilige Abendmahl auch nur nach der Erzählung des heiligen Paulus in unserm Texte kennen gelernt hat, doch sicher das nicht für Einfalt und einfältige Faßung der apostolischen Worte ausgeben, wenn jemand ohne alle bestimmte Meinung und ohne sich nur auf den Inhalt der Worte zu besinnen, über die Hauptsachen der Einsetzung, das ist über die Worte hingeht, welche von der Gegenwart des Leibes und Blutes Christi im Sakramente reden! Der Einfältige kann sich aufs höchste verwundern, daß von einer Gegenwart des Leibes und Blutes die Rede ist, aber er kann unmöglich in der Erzählung des Apostels etwas anderes als den ernstlichst ausgesprochenen Glauben finden, daß Leib und Blut Christi da sei. Die Einfalt glaubt, sie zweifelt nicht; sie rüttelt nicht an dem Worte, sie| weiß, wer spricht, und ordnet sich dem Geiste Gottes unter, der über Bitten und Verstehen redet, wie uns über Bitten und Verstehen gegeben wird. – Weit eher könnte (und das wäre die zweite Bemerkung) ein anderes Wort der Erzählung Pauli Bedenken erregen, das nemlich, wo der Apostel den Ausdruck gebraucht: „Das ist Mein Leib, der für euch gebrochen wird“. Da bei der Kreuzigung und Hinrichtung JEsu Gottes Hand über Seinem Leibe wachte, daß Ihm kein Bein zerbrochen wurde, so kann der Apostel mit seinen Worten nicht das Gegentheil sagen wollen. Wenn aber das ist, so ist hier einer der Fälle gegeben, in denen ein Ausdruck buchstäblich gar nicht genommen werden kann, so daß man gezwungen ist, eine figürliche Deutung anzunehmen. Da bleibt uns denn nichts übrig, als zu denken: der HErr habe Sich beim Gebrauch der Worte, die Paulus mitgetheilt wurden, an den Brauch des, Brotbrechens angeschloßen und habe denselben auf Seinen Leib, der ja für uns ein Himmelsbrot ist, angewendet. Unter dem Ausdruck „Brotbrechen“ aber kann ein Doppeltes verstanden werden, je nachdem man auf die Handlung des Brotbrechens an und für sich sieht, oder auf die Absicht, die man beim Brotbrechen hat. An und für sich liegt in dem Ausdruck „Brotbrechen“ nichts anderes als das Zerbrechen ausgesprochen, und wie ein zerbrochenes Brot aufhört, ein Brot zu sein, so könnte der Ausdruck: „Mein Leib, der für euch gebrochen wird“, vielleicht auch weiter nichts bedeuten, als: „Mein Leib, der getödtet wird“. Man kann aber bei dem Ausdruck: „der für euch gebrochen wird“, auch an die Absicht denken, die man beim Brotbrechen hat, nemlich an die Mittheilung oder Austheilung, die dadurch möglich wird. Wenn mehrere Ein Brot genießen sollen, so kann dies auf keine andre Weise geschehen, als durch Brechen. Nach dieser Deutung könnte also der Apostel sagen wollen: Im Abendmahle sei der Leib Christi, der für uns, das ist: uns zum Besten, ausgetheilt werde. Würde man nicht das Wörtchen: „für uns“ und seine Deutung für die letztere Erklärung etwas unbequem finden, so würde man sie für näherliegend nehmen können, als die erstere. Um dieses Wörtchens willen aber neigt man sich vielleicht doch lieber zu jener Erklärung, wenn man nicht etwa beiderlei Deutung vereinigen, in dem Ausdruck „brechen“ eine Anspielung auf den Tod des Leibes und zugleich auf die Mittheilung erkennen, und alsdann die Worte „für euch“ bloß zur ersten Deutung ziehen will. Sollte irgend wer unter euch den Ausdruck „brechen“ bei allem, was wir sagten, nicht wohl faßen können, der rechne ihn zu den vielen andern deutungsfähigen Ausdrücken der heiligen Schrift, über welche uns allein die Ewigkeit völlige Klarheit und Gewisheit geben kann, freue sich auf den Unterricht jener Welt und halte sich einstweilen an den Ausdruck der heiligen Evangelisten, bei welchen der HErr, der ohne Zweifel die Worte der Austheilung während des Genußes der Jünger mehrfach und mit den kleinen Verschiedenheiten, die wir vorfinden, wiederholt hat, den Ausdruck gebraucht: „Das ist Mein Leib, der für euch gegeben wird“.
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 Was den Gebrauch des heiligen Abendmahles betrifft, so will der HErr nach Erzählung des Apostels Paulus, daß wir es zu Seinem Andenken nehmen sollen; das Andenken JEsu aber legt uns der heilige Paulus in den Worten aus: „So oft ihr dies Brot eßet und den Kelch trinket, sollt ihr des HErrn Tod verkündigen, bis daß Er kommt“. Daß die letzteren Worte das Gedächtnis JEsu auslegen, nicht etwas anderes und neues bringen, beweist zu Anfang des 26. Verses das Wörtchen „denn“. „Solches thut, so oft ihr trinket, zu Meinem Gedächtnis“, sagt Christus, und St. Paulus fährt erläuternd fort: „denn, so oft ihr eßet und trinket, sollt ihr des HErrn Tod verkünden, bis daß Er kommt“. Das Gedächtnis JEsu im heiligen Abendmahl ist also kein bloßes Andenken an den HErrn JEsus im Allgemeinen, sondern ein Andenken an Seinen Tod, an die Hingabe Seines Leibes und an die Vergießung Seines Blutes zu der heiligen Absicht, welche Er gehabt hat. Dabei kann es nicht die Meinung sein, daß wir im heiligen Abendmahl den Heiden den Tod Christi verkündigen sollen, welche zum Abendmahle gar nicht zugezogen werden, sondern es ist von einer Verkündigung der Gläubigen unter einander die Rede, von einer gegenseitigen Erinnerung an das von Christo dargebrachte Opfer, von einer Erinnerung, die thatsächlich geschieht, durch das gemeinschaftliche Eßen und Trinken des Leibes und Blutes JEsu. Es ist keine Rede davon, daß wir im Abendmahl ein Opfer bringen, sondern wir empfangen die heilige Opfermahlzeit. Auch kann man| kaum sagen, daß wir Gott an das Opfer JEsu erinnern, da wir vielmehr uns einander selbst erinnern und unsern Glauben an dasselbe reizen. Hier ist eine Opfermahlzeit, welche wir seliglich genießen, aber kein Opfer; wir müßten denn die Danksagung, die wir Christo nach beim heiligen Mahle gebrauchen sollen, für ein Dankopfer erkennen und das Abendmahl in diesem Sinne ein Opfer nennen wollen, wie man ihm ja auch von einem andern Theile der heiligen Handlung den Namen „Brotbrechen“ gegeben hat.

 Ein Genuß der höchsten Güter und die Verkündigung des Opfers JEsu innerhalb der Gemeine ist also das heilige Mahl, – gewis ein Mahl ohne Gleichen, ein göttliches, himmlisches, alles Verdienst JEsu Christi in Seinem Leibe und Blute mittheilendes, zur ernstesten Feier des für uns geschehenen Opfers und Leidens ermahnendes Mahl.

 Ein solches Mahl muß auch auf eine würdige Weise genommen werden. So wie du bei einem jeden Mahl, zu dem du geladen wirst, die Person des Gastgebers und die Absicht der Mahlzeit ansiehst, und je nach Befund beim Mahle erscheinst, deine Stimmung, deine Geberde, deine Kleidung darnach einrichtest, auf daß du einem jeden die Ehre gebest, die ihm gebührt; so mußt du auch beim Mahle des allerhöchsten HErrn Desselben würdig erscheinen. Die Corinther bekamen den Tadel des Apostels Paulus, weil sie angefangen hatten, des HErren Mahl nicht mehr von einer gewöhnlichen Mahlzeit zu unterscheiden, weil sie bei der mit der himmlischen Mahlzeit verbundenen Agape oder Liebesmahlzeit die Armen beschämten, darben und zusehen ließen, wie sie selbst auf’s beste aßen und tranken. Beim Abendmahle des HErrn wurden sie einander alle gleich, beim Liebesmahle aber machten sie bösen Unterschied, verleugneten sie Barmherzigkeit, Liebe und Achtung gegen die Brüder. Das nennt der Apostel ein unwürdiges Eßen und Trinken. Er wollte damit keineswegs sagen, daß man nicht auch auf tausend andere Weise das Abendmahl unwürdig genießen könne, sondern er strafte nun eben gerade diejenige unwürdige Weise, welche bei der corinthischen Gemeinde vorkam, und wollte nach dem 28. Vers ausdrücklich haben, daß sich ein jeder Christ vor dem Genuße prüfen solle, ob er nicht irgendwie unwürdig genieße. Das sei auch euch gesagt, meine lieben Brüder und Schwestern. Herz und Wandel der communicirenden Gemeinde entspreche der hohen und heiligen Würde des Mahles, und das um so mehr, weil ein unwürdiges Eßen und Trinken Folgen hat und Strafen nach sich zieht.

 Wer unwürdig das Brot ißet oder den Kelch des HErrn trinkt, der wird schuldig sein am Leib und Blute des HErrn, versteht sich, nicht etwa in jenem allgemeinen Sinn, in welchem wir alle mit unsern Sünden geholfen haben den Leib annageln und das Blut vergießen: wozu bedürfte das auch hier besonders hervorgehoben zu werden? Nein, wer unwürdig ißt und trinkt, der wird schuldig, der versündigt sich, an dem verklärten Leibe und Blute, welches im Abendmahle ausgetheilt wird, der tastet aller Welt Labung und Arznei an und verunehrt die Leiblichkeit Christi, die uns der Vater zum höchsten Segen darreichen will. Ein solcher Mensch ißt und trinkt sich ein Gericht. Wer frech genug ist, dies Mahl von andern Mahlzeiten nicht zu unterscheiden und so unbedacht und unbesonnen, so leichtsinnig und frevelig herzunaht, als gienge er zu einer gewöhnlichen Mahlzeit, der wird seiner Strafe nicht entgehen, seinem Gerichte nicht entfliehen, und wenn dies Gericht auch nicht die ewige Verdammnis ist, sondern nach Vers 32 von derselben unterschieden, und gerade dazu ausgeübt wird, auf daß wir nicht mit der Welt verdammt werden; so bleibt die Sache doch immer noch ernsthaft genug, und was der HErr zur Züchtigung wegen unwürdigen Abendmahlsgenußes über uns verhängt, das ist immerhin so groß und bedeutungsvoll, daß wir alle Ursache haben, uns zu prüfen und die unbesonnene, träge, unehrerbietige Weise unsrer Abendmahlsgänge abzuschaffen. Zwar wird uns in unserm Texte nicht gesagt, was alles unter dem Gericht zu verstehen sei, mit welchem der HErr den unwürdigen Abendmahlsgenuß belegt, aber es werden uns sehr ernste warnende Beispiele und Proben des Gerichtes offenbart, wenn der Apostel Vers 30 sagt: „Darum sind auch so viel Schwache und Kranke unter euch, und ein gut Theil schlafen“. Also hat man eine Ursache, für viele leibliche Schwachheit und Krankheit und manchen frühzeitigen Tod den Grund und Anfang beim Altare zu suchen, da wo es niemand vermuthet, und es kann also die Speise und der Trank, welche den Menschen zu einer ewigen Genesung Seines Leibes tüchtig machen, im umgekehrten Fall auch| die Zerstörung der irdischen Gesundheit und des irdischen Lebens zur Folge haben; neben dem größten leiblichen Segen erscheint also ein schrecklicher, leiblicher Unsegen; neben ewiger Genesung Schwachheit, Krankheit und Tod des zeitlichen Lebens.

 Da ihr nun solches wißet, meine lieben Brüder und Schwestern, und hier versammelt seid, um zu Gottes Tisch zu gehen, so eilet, wendet eure Gedanken und schaffet mit großem Ernste, daß euch an diesem evangelischen Frohnleichnamstag des HErrn Seine himmlische Mahlzeit ja nicht zum Gerichte, oder gar zur Verdammnis gereiche, sondern lieber zu einem Schirme der Seele und zu einer Arzenei des ewigen Lebens. Heut ist das Abendmahl eingesetzt, aber gefeiert konnte es nicht werden, bevor der HErr gestorben, auferstanden und aufgefahren und Sein Geist über die Jünger gekommen war. Der Tag der Pfingsten ist auch der erste Tag des kirchlichen Brotbrechens und Abendmahlgehens. Vieles, Alles, was zur ewigen Erlösung Noth war, mußte geschehen, bevor man zum Sakramente gehen konnte, denn fast alle Arbeit JEsu und Seines Geistes gipfelt in diesem Sakramente und aller Segen, alles Verdienst Seiner Erlösung ist darin niedergelegt. Vor einem solchen Mahle habet Ehrfurcht, verwechselt es mit keiner irdischen Mahlzeit, macht es euch nicht zum Gifte, gebrauchet’s recht zur Seligkeit der Seelen und der Leiber, und der HErr Selbst, der gute Hirte, der auf grüne Auen und zu frischen Waßern Seine Schafe leitet, bewahre euch auf dem segenvollsten aller Erdenwege vor großem Schaden Leibes und der Seele. Amen.




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