Die drei Schlösser (Uhland)
Drei Schlösser sind in meinem Gaue,
Die ich mit Liebe stets beschaue;
Und ich, der wohlbestellte Sänger,
Durch Feld und Wald der rasche Gänger,
Die sich dem Gau zum Schmucke reihen?
Das erst’ ist kaum ein Schloß zu nennen,
An wenig Trümmern zu erkennen,
Versunken dort am Waldeshange,
Denn seit nicht mehr die Thürme ragen,
Verging nach ihm der Wandrer Fragen.
Doch schreckt dich nicht durch Waldes Dichte
Der Zweige Schlagen in’s Gesichte:
Einsame Waldhornklänge hallen,
Dort kannst du Wundermähr’ erfragen
Von Mauern, welche nicht mehr ragen.
Ja! setzest du im Mondenscheine
So wird die Kund’, auch unerbeten,
Dir vor die stille Seele treten.
Das zweite meines Dreivereines,
Es scheint ein Schloß, doch ist es keines.
Es stolz im Sonnenstrale blicken,
Mit Thürmen und mit Zinnen prangen,
Mit tiefem Graben rings umfangen,
Voll Heldenbilder aller Orte,
Doch drinnen ist es öd’ und stille,
Im Hofe hohes Gras in Fülle,
Im Graben quillt das Wasser nimmer,
Im Haus ist Treppe nicht, noch Zimmer,
Zugvögel durch die Fenster streichen.
Dort saßen mit der goldnen Krone
Voreinst die Herrscher auf dem Throne,
Von dortaus zogen einst die Helden,
Die Herrscher ruhn in Gräberhallen,
Die Helden sind im Kampf gefallen;
Verhallet war der Burg Getümmel,
Da fuhr ein Feuerstral vom Himmel,
Gemach und Treppe fiel zusammen.
Inwendig ward das Schloß verheeret,
Doch außen blieb es unversehret.
Sobald erlosch der Edeln Orden,
Doch wie noch die Geschichten melden
Der Herrscher Namen und der Helden:
So sieht man auch die Thürm’ und Mauern
Mit ihren Heldenbildern dauern.
Das hohe Denkmal schaun verwundert
Und jenes Schloß auf Berges Rücken
Verklärt im Sonnenstral erblicken.
Dann zwischen beiden in der Mitte,
Nicht stolz auf Berges Gipfel oben,
Doch auf dem Hügel, sanft gehoben;
Nicht in des Waldes finstern Räumen,
Doch unter frischen Blüthenbäumen;
Mit Fenstern, die wie Sonnen spiegeln.
Es ist zu klein für die Geschichte,
Zu jung für Sagen und Gedichte.
Doch ich, der wohlbestellte Sänger,
Ich sorge redlich, daß nicht länger
Das Schlößlein bleibe sonder Kunde.
Zur Morgen- und zur Abendstunde
Umwandl’ ich es mit meiner Laute,
An’s Fenster tritt mit holdem Grüßen:
So will in mir die Hoffnung sprießen,
Daß eine Kunde, drin Geschichte
Sich schön verwoben mit Gedichte,
Von Klelia’s und Sängers Minne.