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Die Brüder an der Alb

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Textdaten
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Autor: Christoph von St. Blasien
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Titel: Die Brüder an der Alb
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 131–133
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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[131]
Die Brüder an der Alb.

Vor und ehe das Gotteshaus Sanct Blasien gestiftet ward, ist das Ort gar rauh und von den Leuten bei zweien Meilen Wegs unerbaut gewesen. Es haben sich aber in solcher Wildnuß erhalten andächtig Väter, die wegen Aechtung des Glaubens, oder durch Frommigkeit und um Absonderung der Welt dahin in die Hülinen (Felsengrotten) und Einöden gekommen, wie dann der christlich Glauben der Zeit schrecklich angefochten worden, und auch an andern Orten dieser Ursach ihrer viel in die Wildnüsse geflohen und sich in den Felsen, Thälern und Bergen erhalten, und keiner von dem andern gewißt. Ihr Speis ist nichts anders gesin, denn Wurzen und Kräuter, und das wild Honig; aber nit genueg, weshalb ihrer viel von der unmenschlichen Nahrung, auch von kälte des Lufts, von Schnee und Winter haben sterben müeßen.

Nach langem hat Gott der Allmächtig ihren vesten Glauben und grossen Andacht angesehen, und ihnen ingegeben, daß sie, so viel hieherumb gewohnt haben, uf ein Stell, da jetzt das Gottshaus stat, zusammen kommen sind, und haben durch einander gemerkt, daß es der Wille Gottes sei, und ein Versammlung mit ihnen ufgericht werden söll. Und wie sie vorhin ἀναχωρίται geachtet, so sollen sie jetzt solitarii genannt seyn, und haben sich unbekannt mit einander verglichen, da ze wohnen, und Gott den Allmächtigen mit andächtigem, strengem Leben zu dienen.

Und haben sich also viel Jahr mit grosser unvermessenlicher Noth ihrer Leibsnahrung beholfen, bis daß sie recht wiederumb angefängt haben, sich zu der Welt zu kehren, umb Ufenthaltung ihres Leibs, und sich geüebt mit etlicher Arbeit in Holzwerk, darin sie sich gebraucht und jeder sölichs herausgetragen und ihr zeitlich Speis darmit erworben, und sind genannt worden die Brüder an der Alb, wiewohl sie kein Orden noch gehabt haben.

Wie sie sich nun ein lange Zeit also bei einander erhalten, haben sie ein Houpt oder ein Fürgesetzten geordnet, der ihr Oberer seyn söllt und unter ihnen zu Ewigem und Zeitlichem Ordnung geben söllt. Den haben sie genämt einen Vatter, [132] sind ihm gehorsam und gewärtig gewesen, und haben also ihr Zeit mit grossem Andacht, und härtem Leben und Werken vertrieben.

Sie haben ouch angefangen, ihnen ein hülzin Haus zu machen, dieweil dieser Zeit noch das Ort der Welt gar unbekannt gewesen und in zweien Meilen ringsherumb kein menschliche Wohnung gesein ist. Und wie sie der Vatter jeglichen in Sonderheit zu der Arbeit, die jedem kuntlich was, zu thuen befohlen und geordnet, hat sich keiner gesperrt, sonder haben all mit großem Fleiß gewirkt und gehorsamet. Was sie auch überkommen haben mit ihr Arbeit, das ist ihnen alles gemein gewesen, wie denn von den heiligen Aposteln und Jüngern Christi auch geschrieben sieht: „Et erant illis omnia communia.“ Es ist geordnet von dem Vatter, daß sie acht Stund Gott gedient und gebetet haben, acht Stund haben sie gearbeitet, und acht Stund geruwet. Darzu haben sie ein hülzin Bethüslin gemacht mit der genannten Behausung, uf das Ort, da jezt Sankt Nikolaus Capell stat. Wie sie nun das gebauwen hatten, da hat es sich begeben, daß auch viel frommer Leut gewesen sind ußerhalb von ihnen gesessen, die von ihrem strengen und seligen Leben gehört haben, und sich ihrer viel zu ihnen gethan und ihr Ordnung angenommen und ihr Leben bei ihnen verschlissen. Und wie sie sich also gemehret und das ein gute Zeit gewähret, da hat es sich begeben, daß einer unter ihnen Kuntschaft gehäbt hat, wie die Oerden in andern Wildnussen angefängt haben, und ihn beducht, an einem sölichen Ort auch sämliches füglich zu thuend. Da haben sie etlich der Aeltisten us ihnen geordnet und geschickt ad Diocesanum, einem Bischof zu Konstanz, und den angesprochen und gebeten von wegen der Brüder an der Alb gemeinlich, wie sie versammlet seyen, zu verwilligen und zu geben den Orden und Regel Sancti Benedicti. Das hat nun ihnen der Ordinarius bewilliget und zugelassen, und den Orden bestättiget und sie in sein Bistumb und geistlich Gehorsam, Schuz und Schirm ufgenommen.

Zu dieser Zeit ist kein Papyr noch Pergament bey ihnen gebrauchlich gewesen, sonder haben müessen schreiben uf etliche Bäumrintchen, die dan darzu zu bereiten gesin sind. Derselbigen Büechen hat man noch vor der Brunnst in der Liberey [133] gehäbt. Nach Sölichen hat es sich nach und nach begeben, daß sich viel ehrlicher kunstreich Leut zu den Brüdern an der Alb gethon haben. Darunter sind gewesen etliche Priester und etlich, so mit Handwerk umgegangen sind. Do sie nun also verharrt mit einander in heiligem Leben und Sitten, haben sie angefangen Meß zu halten und göttliche Aemter zu vollbringen. Haben also angefangen ein steinen Kirch zu bauwen, und haben das ruch Gefels, das sich weder hauwen noch werken lat, nichts desto minder gehämmert und mit grosser Arbeit beschlagen. Haben also die kirch gebauwen und usgemacht, und wird geschrieben, die sey so lang gestanden, bis uf die Zeit Kaiser Ottonis. Do ist sie vor Aelte wieder niedergefallen, dabei man wohl gedenken kann, daß viel Jahr uns soliche Brüderschaft gewähret hat.

Dieser Zeit aber, als viel von adelichen Geschlechtern und ehrbaren Leuten, darunter auch Priester gewesen und sonst gelehrt Leut, sich angefangen haben, zu ihnen zu thun und ihr Zeit bei ihnen zu verschleißen, da haben sie sich bedacht, ein Schul uf gepflanzen, die den Jungen und alten fürständig möchte seyn, Zucht und Lehr zu lernen und zu behalten, als auch das beschehen ist.

Als nun die Schuel und Lehr viel Guets geuffnet hat, und sie die Geschriften des alten und neuwen Testaments und ander approbirte Büechern und Skribenten gewohnt seyn worden, da haben sie sich bedacht, dem Vatter einen andern Namen zu geben, der mehr scheinbar seye, und dem Orden, Schul und Lehr und Ceremonien etwas gleicher seye. Und haben sich verglichen, einen Prioren zu halten mit Namen und Stand, und ist also von ihnen geordnet ein Priorat und hat gewähret mit Schul und Lehr von einem zum andern viel Jahr bis uf die Zeit Ottonis, Anno 938.[1]

(Aus der handschriftlichen Chronik des Abtes Christoph von St. Blasien. Mitgetheilt von Dr. Joseph Bader.)

  1. Um diese Zeit erhob dann der Ritter Reginbert von Saldenbüren die Zellen an der Alb zu einem eigentlichen Kloster, welches von den dahin verbrachten Reliquien des hl. Blasius den Namen dieses Märtyrers erhielt.