Die Beißwanger Kapelle
Die Ritter von dem Rosenstein,
Sie ritten aus beim Sonnenschein,
Sie ritten aus mit ihren Knappen,
Wenn mit den düstern Nebelkappen
Und in die Eb’ne finster blickten,
Ja, wenn das Wetter blitzt’ und kracht’,
Sie ritten aus in schwarzer Nacht;
Denn immer war der Fang gelungen,
Ein Wandersmann, ein Kaufherr zog,
Und sich’re Fahrt die Straße log.
Jetzt zogen sie an einem Morgen,
Noch war die Welt in Schlaf geborgen,
Zur Eb’ne nach dem Gotteshaus.
Das hob sich aus den grünen Matten
In seiner Linden kühlem Schatten,
Als fürchtet’ es, umrankt mit Laub,
Es hingen an den schmucken Wänden,
Gestiftet rings von frommen Händen,
Die Weihgeschenke silbern, golden,
Marien dargebracht, der Holden;
Dem Räuber zur geheimen Freude.
Dahin lenkt sich der Ritterzug,
So rasch ging nie der Pferde Flug;
Und höhnend spricht die freche Schaar:
Wie ist der Himmel hell und klar,
Unendlich wolkenlos und blau!
Maria winkt, die schöne Frau,
Die Gaben ihrer Gunst zu holen.
Ein einzig Silberwölklein helle
Schwebt lächelnd über der Kapelle;
Die Reiter flügeln ihren Lauf;
Erst duftig in dem Sonnenlichte,
Drauf, sich entfaltend, Schicht’ auf Schichte:
Sie traben an von Gluth ermattet,
Da fühlen sie sich jäh beschattet;
Laust über in des Himmels Blau. –
„Was ist’s? noch schreckt uns nie ein Regen!
Dort winkt uns die Kapell’ entgegen!“
Sie sprengen rüstig an zum Ziele;
Sie treten zu den Hallen ein,
Des Silbers winkt, des Goldes Schein,
Die Jungfrau sehn sie in der feuchten
Gesteine Glanz entgegenleuchten:
Da zückt es durch die Deckenwand,
Ein einz’ger Blitzstrahl fährt hernieder;
Die gold’gen Wände leuchten wieder,
Die ganze Wolke rauscht herein,
Er schwemmt der wilden Räuber Leichen,
Fort aus dem Heiligthum mit Macht.
Da leuchtet neu der Sonne Pracht,
Die ganze Schöpfung steht erfreuet,
Es wölbt ein sel’ges Himmelblau
Sich über dem geschirmten Bau.