Der junge Drescher
Dem Drescher, der im weichen Gras
Vor seinem Topf, mit Milch und schwarzem Brodte, saß,
Dem wollte seine Milch nicht schmecken.
Er fieng verdrießlich an, sich in das Gras zu strecken,
Und dehnte sich dreymal, und sprach:
Du bist ein schlechter Kerl, du hast kein eignes Dach,
Und mußt dich Tag vor Tag mit deinem Flegel plagen!
Du thätst ja gern mit deinem Schatze schön;
Und kannst nach langen vierzehn Tagen
Kaum einmal in die Schenke gehn,
Und einen Krug mit Bier und deine Mieke sehn.
Du bist noch jung, und kannst hübsch lesen und hübsch schreiben,
Des Schulzens Tochter ist dir gut,
Ist reich und kann sich hübsch geberden:
So nimm sie doch. Du kannst, mein Blut!
Wohl mit der Zeit noch Schulze werden:
Und trinkst dein gutes Bier dazu,
Und hast gleich nach dem Pfarr die Ehre – – –
O! wenn ich doch schon Schulze wäre!
Indem Hanns noch so sprach, kam seine Schöne her.
Und er verwegen seyn, und sie recht herzen sollte.
Denn Mädchen, wenn sie gleich das Dorf erzogen hat,
Sind wie die Mädchen in der Stadt.
Lobt ihren neuen Latz, schielt öfters auf ihr Mieder,
Fast wie ein junger Herr. Nur mit dem Unterscheid,
Er hatte mehr Schamhaftigkeit.
Kurz, er fieng an, sie recht verliebt zu küssen,
Und ward, wie viele noch auf diesem Dorfe wissen,
Des reichen Schulzen Schwiegersohn.
Kaum hatt er sie: so ward der Alte schon
Durch schnellen Tod der Welt und seinem Dorf entrissen.
Wen anders, als den Schwiegersohn.
Er eilt ins Amt, kömmt bald und freudig wieder,
Und wirft sich auf die Bank, als Schulz im Dorfe, nieder.
So wie ein durch den Fleiß vollendeter Student,
Sich selbst vor trunkner Lust nicht kennt,
Wenn ihn die Magd in seiner Schöne Namen,
Nach einem tiefen Compliment,
Das erstemal Herr Doctor nennt:
Nicht, wo er Händ und Füße ließ,
Als ihn Schulmeisters Adelheide
Das erstemal Herr Schulze hieß.
Wie glücklich pries er sich in seiner Ehrenstelle!
Allein es kamen mit der Zeit
Auch viel unangenehme Fälle.
Denn welches Amt ist wohl davon befreyt?
Nach einer nicht gar langen Zeit
Auf der er sich sein Glück erfreyt,
Und oft gewünscht: Wenn ich doch Schulze wäre!
Ich, fieng er zu sich selber an,
Ich habe Haus, und Hof, und Ehre,
Bald soll ich von der Bauern Leben
Im Amte Red und Antwort geben;
Da fährt mich denn der Amtmann an,
Und heißt mich einen dummen Mann.
Und fluchen mir die Ohren voll.
Bald weis ich mir bey den Mandaten,
Bald in Quatembern nicht zu rathen,
Die ich dem Landknecht schaffen soll.
Und straf ich nicht: so lachen sie mich aus.
Sonst störte mich kein Mensch im Schlafe,
Itzt pocht mich jeder Narr heraus,
Ich griffe nach dem ersten Stande,
Und stürb als Drescher auf dem Lande.
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Wer weis, ob mancher Große nicht
Im Herzen, wie der Schulze spricht?
Die itzund mißvergnügt in stolzen Kutschen fahren?
Wer weis, ob manches Herz nicht viel zufriedner schlug,
Eh es der Fürsten Gunst an einem Bande trug?
O lernt, ihr unzufriednen Kleinen,
Lernt doch, daß die am mindsten glücklich sind,
Die euch am meisten glücklich scheinen!