Zum Inhalt springen

Der heilige Fridolin

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Unbekannt
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der heilige Fridolin
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 162–164
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Karlsruhe
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[162]
Der heilige Fridolin.

Der heilige Fridolin war der erste der Irischen Glaubensboten, welcher den Rheinstrom überschritt. Er stammte aus einem berühmten adeligen Geschlechte und erhielt frühe in den Wissenschaften gründlichen Unterricht. In frommer Begeisterung verließ er allen irdischen Reichthum, um, selber arm, Andere geistig zu bereichern. Als Prediger des göttlichen Wortes zog er in den Städten seiner Heimath umher, und überall folgte ihm die größte Bewunderung und Verehrung des Volkes. So groß und segensreich seine Wirksamkeit war, so wurde Fridolin doch auf einmal höchst unzufrieden mit sich selbst. Er hatte an sich wahrgenommen, wie sehr ihm das Lob und die Bewunderung der Menschen gefalle, wie sehr sein Herz sich erfreue an der Ehre und dem Ruhme, der ihm zu Theil ward. Eitelkeit und Ruhmsucht ist die gefährliche Klippe für alle geistig reich begabten Menschen, es ist das Gift für alle Gediegenheit des Charakters, der Abgrund, in dem alle wahre Geistesgröße untergeht; die Eitelkeit nimmt den glänzendsten Handlungen allen wahren Werth, wie leider die Beispiele unserer Zeit fast jeden Tag es beweisen. Fridolin war stark genug, nicht nur den Feind in seinem Innern zu erkennen, sondern ihn auch kräftig zu überwinden. Er verließ schnell den Schauplatz seines Ruhmes, wo er so allgemein verehrt und geliebt war, floh nach Gallien, das er in verschiedenen Richtungen durchzog, bis er sich in Poitiers bleibend niederließ. In dieser Stadt war vordem ein Kloster des h. Hilarius, das aber um das Jahr 400 von den Gothen und Vandalen in der Völkerwanderung zerstört worden war. Fridolin wünschte nichts eifriger, als die Ueberreste von diesem heiligen wieder aufzufinden und seine Kirche herzustellen. Er ging deßhalb zu dem Frankenkönig Chlodowig, der um diese Zeit die Stadt Poitiers den Westgothen nach einer großen Schlacht abgenommen hatte. Chlodowig kam ihm freundlich entgegen und leistete ihm kräftige Beihülfe. Die Reliquien des heil. Hilarius wurden aufgefunden, und Fridolin wurde Abt in dem neu errichteten Kloster. Nach einiger Zeit erhielt er im Traume von dem Heiligen die Weisung, mit einem Theile der Reliquien nach Allemannien zu gehen; dort, auf [163] einer vom Rheine umflossenen Insel, sey das Ziel seines apostolischen Wanderlebens. Unter lautem Wehklagen der Bewohner von Poitiers, welche in ihm ihren Vater zu verlieren glaubten, verließ Fridolin die theure Stadt, und ging zuerst wieder zum König – (wahrscheinlich nicht mehr Chlodowig, welcher 512 starb, sondern zu dessen Nachfolger in Austrasien), und erhielt von ihm die Erlaubniß, auf der noch unbekannten Insel, wenn er sie aufgefunden habe, nach Gutdünken zu schalten. Fridolin zog Jahre lang umher, bevor er seine Insel fand: durch die Moselgegenden, durch die Vogesen, dann durch Burgund, die Schweiz, bis nach Chur, wo ein Bischof war. In allen diesen Gegenden hielt er sich an verschiedenen Orten eine Zeitlang auf, um Hilariuskirchen zu errichten, und fragte die Leute, ob sie von keiner Insel wüßten, die so aussehe, wie er im Traume sie gesehen habe? In Chur gab man ihm eine Richtung an, in der er fortwandern solle, dann werde er sie finden. Nach langem Umherirren gelangte Fridolin an den Rhein, und die ersehnte Insel lag vor ihm. Wie groß war seine Freude! Aber sie sollte nicht lange dauern. Als er froh und in Plane vertieft darauf herumwandelte, kamen die Bewohner des Rheinufers mit Prügeln daher, und sagten ihn unter Schlägen und Scheltworten wieder fort; sie hielten ihn für einen Dieb, der ihre Heerden, welche auf der Insel weideten, stehlen wollte. Fridolin wanderte noch einmal zum Frankenkönig und erzählte, wie es ihm ergangen sey. Der König ließ ihm nun eine förmliche Schenkungsurkunde ausfertigen, nach welcher die Insel ihm eigen gehören und Jeder mit dem Tode bestraft werden solle, der ihm feindlich in den Weg trete. Jetzt setzte sich Fridolin mit seinen Genossen ungehindert in den Besitz des Eilandes. Er nahm, bis dasselbe urbar gemacht war, seine Wohnung bei einem christlichen Landmanne an dem Rheinufer, Namens Wocher, dessen Sohn und Tochter er taufte. Die Tochter wurde später die erste Vorsteherin des Frauenklosters. Nicht lange hernach starb sein Schutzherr, der Frankenkönig, und als dieß in der Gegend bekannt ward, empörten sich die heidnischen Landleute abermals gegen Fridolin. Da, erzählt nun die Legende, habe Fridolin durch ein mächtiges Wunder dem Rheine einen andern Lauf gegeben, was einen so mächtigen Eindruck [164] auf die Leute gemacht habe, daß sie ihn um Vergebung angefleht hätten und Christen geworden seyen. Man kann nach so langer Zeit freilich nicht mehr wissen, was an solchen Sagen eigentlich Wahres ist; aber das ist gewiß, daß Fridolin durch das Wort des Evangeliums, wie durch seinen frommen Wandel, die wilden Bewohner an sanftere Sitten gewöhnt hat, und das ist viel bewunderungswürdiger, als eine so wunderbare Ingenieurarbeit, wie die Legende ihm zuschreibt. Fridolin baute eine Kirche des heil. Hilarius und dabei ein doppeltes Manns- und Frauenkloster, welches zwar Anfangs sehr ärmlich war, bald aber durch große Schenkungen von adeligen Familien, besonders vom Lande Glarus, sehr bereichert wurde. Von diesem Kloster aus geschah von nun an das Meiste zur Verbreitung des Christenthums und zur Errichtung christlicher Pfarreien. Man darf nämlich nicht vergessen, daß Fridolin nicht lange nach der Zülpicher Schlacht in das Land der Allemannen kam, und also noch keine Christengemeinde vorfand. Eine Menge von Kirchen und Gemeinden verdanken dem Fridolinskloster in Säckingen ihren Ursprung; so fast alle Hilarius- und Fridolinskirchen, z. B. in Bollschweil, Ebnat, Dauchingen, Fürstenberg, Haidenhofen, Zell im Wiesenthal und viele andere. Fridolin starb im hohen Alter, wahrscheinlich um’s Jahr 550. Sein Andenken ist unter dem Landvolke jener Gegend in großem Segen geblieben; denn er hat reiche Saaten christlicher Bildung ausgestreut, und noch lange nach ihm hat seine Stiftung in diesem Sinne fortgewirkt.

Z. R.
(Vergleiche damit: „Das Leben des heiligen Fridolin“ in Mone’s „Quellensammlung der Badischen Geschichte.“ Erstes Heft.)