Fridolin
In des Markwalds dunkeln Schatten
Steigt ein Eiland aus dem Rhein,
Wo sich schwarze Tannen bücken
Ueber kahles Felsgestein.
Walter hier, ein edler Mann,
Treulich hing er noch den Göttern
Seiner Heimatberge an.
Seine Tochter Gela blühte
Doch sie trug ein fremd Verlangen
In dem Herzen zart und weich.
Oft, wenn sie vom Rheingestade
Zu dem blauen Himmel sah,
Wußte nicht, wie ihr geschah.
Einstmal, in des Herbstes Tagen,
Unter Bäumen gelb und roth,
Reichte sie den kleinen Schwestern
Sieh, da kommt ein fremder Priester
Von den Bergen auf sie zu,
Aus dem edeln Antlitz strahlet
Eine wunderbare Ruh’.
Aber Walter eilt daher,
Sieht ihn an mit finsterm Auge,
Denn die Christen haßt er sehr.
Doch der Sohn der Fremde bietet
„Gönne mir für heut ein Lager,
Denn ich komm’ aus fernem Land.
„Wandernd muß ich Ihn verkünden,
Der vom Himmel niederstieg,
Und der Hölle ihren Sieg.
„Nimmer darf und werd’ ich grollen,
Stößest du mich auch von hier;
Schlägst du mir die eine Wange,
„Dies ist meines Meisters Lehre;
Liebe war sein erst Gebot,
Liebe war sein schönes Leben,
Liebe war sein schöner Tod.“ –
Spricht der fromme Fridolin,
Und es rühren seine Worte
Walters felsenharten Sinn.
Und in Gela’s reine Seele
„Wahrlich“ – ruft sie – „solche Worte
Kommen von der Erde nicht!
„Jetzo mag ich erst verstehen
Thränen, die ich oft geweint;
Wo der Stern des Morgens scheint!“
Und sie hebt empor die Hände
Und den Blick von Zähren feucht:
„Weihe mich zu deinem Glauben,
Und der Priester schöpft vom Quelle
Nah’ bei Wodans Felsaltar,
Läßt das Wasser niederträufeln
Auf der Jungfrau blondes Haar.
Plötzlich nun den Gottesmann;
Walter wirft auf’s Knie sich nieder,
Nimmt die Taufe gleichfalls an;
Geht dann hin zu Wodans Eiche,
Baut ein Münster auf der Stelle,
Wo erschienen ihm das Heil.
Herrlich strahlen noch die Thürme
Weithin über’n klaren Rhein,
Und im Grab des Hochaltares[1]
Ruht St. Fridolins Gebein.
- ↑ Zu Säckingen.