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Der große Churfürst

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Textdaten
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Autor: Gustav Schwab
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Titel: Der große Churfürst
Untertitel: auf der Spreebrücke zu Berlin
aus: Gedichte. 1. Band, S. 219–221
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: Stuttgart und Tübingen
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Quelle: Google und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[219]

Der große Churfürst

auf der Spreebrücke zu Berlin.

Fragment [1].

– Hört, wie es ergangen:
Ich ging mit Scheu und halbem Bangen
In dieser kaum verschwund’nen Nacht
Vorüber an des Bildes Pracht.

5
Es rauschten wunderlich die hellen

Und mondbeglänzten Flusseswellen,
Und warfen klar den Schein zurücke
Des ehrnen Bildes auf der Brücke.
Es war mir, als ob all sich nahten

10
Die Geister seiner großen Thaten,

Und hielten wunderbaren Tanz
Rings um die Säul’ im Mondenglanz.
Da kam mir bei die alte Sage,
Daß sie sich dreh’ bei’m Zwölfeschlage.

15
Ein thöricht Mährlein ist’s, ich dacht’,

Indem so schlägt es Mitternacht.
Da fängt der Boden an zu beben,
Ein träum’risch Wiehern anzuheben

[220]
Beginnt das mächt’ge Roß von Erz;
20
Und mählig, sieh! – mir schlug das Herz –

Dreht sich der Fürst mit seinem Pferde
Das hoch sich aufbäumt von der Erde.
Und wie es wieder stehet fest,
Er also sich vernehmen läßt:

25
„Ich sah nach allen Seiten hin

In meiner guten Stadt Berlin,
Ich halt’ um jede Mitternacht
Noch immer treue Fürstenwacht;
So schaut’ ich jetzo nach den Linden,

30
Dort ist mein treu’ster Freund zu finden,

Er ist auch deiner, Kind! – Franz Horn,
Ein Mann von deutschem Schrot und Korn;
Ich mocht’ ihn immer gern erblicken
Als Jüngling wandeln diese Brücken,

35
Da schlug mir an die eh’rne Brust

Sein tücht’ger Scherz oft recht mit Lust,
Denn freudig hat er mein gedacht,
So oft er diesen Weg gemacht.
Und was er mir gethan als Mann,

40
Du weißt’s recht gut, du triebst ihn an.

Wer mich in seinem Buch gelesen,
Der kennt mein Handeln und mein Wesen,
Von meinem Leibe zeugt dies Erz,
In seinem Buche wohnt mein Herz.

45
Er feiert einen schönen Tag,

Darum ich ihn wohl grüßen mag.
Geh’, treues Kind, und ihm bedeute,
Daß ich sein denk’ im Himmel heute:
Und will er mein noch ferner denken,

50
Werd’ ich ihm Kraft und Segen schenken,
[221]
Zu schreiben von der Preußenkrone

Und von dem König, meinem Sohne!“
Er schwieg, hin sank ich an der Säule,
Und schlummert’ eine gute Weile,

55
Und wie ich wieder aufgewacht,

Da war vergangen schon die Nacht,
Und hieher kam ich, ihm’s zu künden. –


  1. Aus einem Festspiele entlehnt, das ich zu Berlin im Jahr 1815 meinem theuren Freunde Franz Horn für seinen Geburtstag, den 30. Julius gedichtet, und das durch Freunde des Hauses aufgeführt wurde. Die obige Rede war der Muse der Geschichte in den Mund gelegt.