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Der eiserne Mann

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Textdaten
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Autor: Karl Spiegel
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Titel: Der eiserne Mann
Untertitel:
aus: Märchen aus Bayern, S. 11–13
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum: 1898
Erscheinungsdatum: 1914
Verlag: Selbstverlag des Vereins für bayrische Volkskunde und Mundartforschung
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Erscheinungsort: Würzburg
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
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7. Der eiserne Mann.
(Unterfranken: Birkenfeld b. Marktheidenfeld.)

Es war einmal ein ausgedienter Soldat. Dem träumte es drei Nächte nacheinander, er würde König in Preußen. Er erzählte die Träume seinem Nachbar. Der sagte, manchmal würden die Träume wahr, er solle seine Sache verstreichen und fortziehen. Er verkaufte auch alles miteinander und zog fort. Da kam er in eine Wildnis. Darinnen stand so ein kleines Häuslein. Vor dem Häuslein saß ein altes Weiblein („Fräla“) und fragte ihn, wo er hin wolle. Da sagte er, es hätte ihn schon drei Nächte nacheinander geträumt, er würde König im Preußischen und da wolle er einmal hinein und sehen, ob das Ding wahr werde. Sie sagte ihm darauf: „Zum König kann ich Euch machen.“ Jetzt fragte er: „Wie kannst du mich zum König machen?“ Sie antwortete: „Da ist eine Felsenkluft, da lasse dich hinein. Drinnen kannst du dir soviel Silber und Gold nehmen, als du nur willst. Es steht aber ein großer eiserner Mann darin mit großen eisernen Zöpfen; er tut dir jedoch nichts, du brauchst kein Leid zu haben. Es steht auch eine kleine Unschlittkerze („ein Gollichtla“) in der Kluft, diese nimmst du mir mit heraus.“ Es war richtig so, wie sie sagte. Sie zog ihn aus der Höhle heraus, und als er gleich oben war, sagte sie, er solle ihr einmal das Lichtlein geben. Doch er antwortete: „Ziehe mich nur völlig heraus, ich habe es eingepackt und kann es nicht heraus tun.“ Als er außen war, sagte er zu ihr: „Ich habe ein Lichtlein („Gollichtla“); wenn du auch eines willst, so kannst Du selbst hineingehen.“ Alsdann ging er fort gegen die Residenzstadt im Preußischen zu. Er kehrte in dem Hotel ein, worin „auch der König seinen Aufenthalt nahm“ (einkehrte). Es saßen Kaufleute da und karteten um große Haufen Geld. Er fragte, ob er auch mitkarten dürfe. Sie antworteten: „O ja.“ Darauf kartete er mit ihnen, verspielte aber all sein Geld und noch 1000 Gulden, die er vom Wirte geborgt hatte. Zum Wirte sagte der Soldat, er habe einen Wechsel. Als er sich aber nachts legte, sprach er für sich: „Keinen Wechsel hinten und keinen vornen! Doch will ich mir’s nocheinmal wohl sein lassen.“ Er brannte sein Licht („Gollichtla“) an. Als er ein wenig brannte, kam der eiserne Mann und fragte, was sein Begehren sei. Da sagte der Soldat: Ich kartete heute und verspielte mein Geld und lehnte noch 1000 Gulden vom Wirt und verspielte diese auch. Er solle einen halben Scheffelsack voll Gold bringen. – Früh vor tags kam der eiserne Mann und warf den halben Scheffelsack voll Gold in die Stube, daß das Haus zitterte. Hernach kam der Wirt und fragte, was denn das sei? Da sagte der Soldat: „Mein Wechsel ist angekommen.“ Er gab dem Wirt die 1000 Gulden zurück. Bald kamen auch die Kaufleute und spielten wieder. Sie fragten ihn, ob er nicht mitspielen wolle. Er antwortete: „O ja, ich spiele mit.“ Er hatte aber Glück und gewann, was er voraus verloren hatte und noch alles Geld, das die Kaufleute bei sich hatten. Von nun an karteten sie nicht mehr mit ihm.

[12] In dem Wirtshause blieb der Soldat eine Zeit lang wohnen. Einmal brannte er wieder sein Lichtlein an, da kam auch „der Alte“ (= der Teufel, der eiserne Mann) und fragte, was sein Begehren sei. Der Soldat sagte: „Du hast in Deiner Höhle eine kleine Violine („Fighline“), hole mir die kleine Violine.“ Morgens beizeit öffnete der Soldat das Fenster und machte auf der Violine Musik. Die Königstochter hörte die Musik und hätte gern die Violine gehabt. Sie schickte zu ihm und ließ fragen, ob er die Violine nicht verkaufe. Er aber antwortete: „Nein, verkaufen tue ich sie nicht, doch wenn die Königstochter zu mir hereingeht, so gebe ich ihr die Violine ohne Geld.“ Da verkleidete sie die Kammerjungfer und schickte sie hinein zum Soldaten. Der gab ihr auch die Violine. Mit dem Wirt hatte er jedoch abgemacht gehabt, daß er, wenn es die Königstochter sei, ein Zeichen gebe; wenn sie es aber nicht sei, kein Zeichen mache. Eine Zeit lang darnach brannte der Soldat wieder sein Lichtlein an. Da kam der eiserne Mann und der Soldat befahl ihm, er solle die zweite Violine aus der Höhle bringen. Er tat es. Der Soldat öffnete früh das Fenster und machte wieder Musik und die zweite Violine lautete gar viel schöner als die erste. Die Königstochter hätte die nun auch gern gehabt. Sie schickte hinein zum Soldaten, ob die Violine nicht verkauft würde. Der Soldat sagte wie das erstemal, sie würde nicht verkauft, wenn aber die Königstochter hereingehe, so bekäme sie die Violine ohne Geld. Da verkleidete sie die Kammerjungfer wieder und schickte sie hinein. Und der Soldat gab auch die zweite Violine der Kammerjungfer.

Er wartete nun eine Zeit lang, dann brannte er sein Lichtlein wieder an. Der eiserne Mann kam und da sagte der Soldat, er solle ihm die dritte Violine bringen. Als es Tag geworden war, machte der Soldat die Fenster auf und spielte auf der Violine. Die aber lautete so schön, daß die zwei anderen nichts gegen sie waren. Die Königstochter hätte diese auch noch einmal gern gehabt und schickte die Kammerjungfer wieder hinein. Der Soldat aber sagte, sie sei die Kammerjungfer, die Königstochter solle kommen. Sie ging heim und richtete aus, er habe gesagt, sie sei die Kammerjungfer und bekomme die Violine nicht. Er sei aber ein sehr braver Mann, die Königstochter solle nur hineingehen und die Violine holen. Als die Königstochter kam, gab der Wirt ein Zeichen. Der Königstochter gab er die Violine, aber ein halbes Jahr darnach hieß es, sie bekäme ein Kind. Man fragte, von wem? Da sagte man: Von dem Passagier („Padischär“), der da und da wohnt. Der Wirt teilt dem Soldaten mit, er solle sich vorsehen, er würde abgeholt und sagte ihm auch die Zeit, wann es geschehe. Da brannte der Soldat sein Lichtlein an. Als der eiserne Mann kam, sprach er zu ihm: „Du bleibst jetzt da und hilfst mir, sie wollen mich morgen holen.“ Als die Gendarmen („Standarmen“) kamen und ihn holen wollten, stand der eiserne Mann auf der Stiege und wackelte mit dem Kopfe. Da fielen sie die Stiege herunter und waren tot. Jetzt wurde Verstärkung („Verstärkering“) geholt; es war aber gerade wieder so; als er droben wackelte, fielen sie herunter. Dasmal konnten sie dem Soldaten nichts anhaben. Nun [13] machte aber der Wirt nichts mehr aus, wann sie ihn holen wollten, und so kamen sie einmal unverhofft und nahmen ihn mit. Er wurde eingesetzt und sollte gerichtet werden. Als er auf dem Schaffot saß, bat er, daß er sein Lichtlein noch einmal bekäme und anbrennen dürfe. Die Bitte wurde ihm gewährt. Als das Lichtlein ein wenig brannte, kam der eiserne Mann. Jetzt sagte er: „Alter, hilf mir, sie wollen mich richten.“ Da fing der eiserne Mann auf dem Schaffot an, mit dem Kopf zu wackeln, und alle fielen herab und waren tot. Nun schossen sie von der Residenz mit Kanonen auf das Schaffot. Der eiserne Mann aber fing die Kanonenkugeln, warf sie in die Residenz und warf darin die Leute tot. Jetzt war keine andere Wahl, der König mußte ihm die Tochter geben. Da kam der Staatswagen und brachte sie zur Residenz. Der eiserne Mann war auch dabei. Unterwegs, als sie über den größten Schmutz fuhren, brach der Wagen hinunter und sie fielen miteinander in den Schmutz. Hierauf wurde der große Staatswagen geholt. Mit dem wurden sie nun ganz hineingeführt. So wurde der Soldat König im Preußischen.


Erzählt im Februar 1898. Sonst wie bei Ziff. 5.