Es war einmal ein ausgedienter Soldat. Dem träumte es drei Nächte nacheinander, er würde König in Preußen. Er erzählte die Träume seinem Nachbar. Der sagte, manchmal würden die Träume wahr, er solle seine Sache verstreichen und fortziehen. Er verkaufte auch alles miteinander und zog fort. Da kam er in eine Wildnis. Darinnen stand so ein kleines Häuslein. Vor dem Häuslein saß ein altes Weiblein („Fräla“) und fragte ihn, wo er hin wolle. Da sagte er, es hätte ihn schon drei Nächte nacheinander geträumt, er würde König im Preußischen und da wolle er einmal hinein und sehen, ob das Ding wahr werde. Sie sagte ihm darauf: „Zum König kann ich Euch machen.“ Jetzt fragte er: „Wie kannst du mich zum König machen?“ Sie antwortete: „Da ist eine Felsenkluft, da lasse dich hinein. Drinnen kannst du dir soviel Silber und Gold nehmen, als du nur willst. Es steht aber ein großer eiserner Mann darin mit großen eisernen Zöpfen; er tut dir jedoch nichts, du brauchst kein Leid zu haben. Es steht auch eine kleine Unschlittkerze („ein Gollichtla“) in der Kluft, diese nimmst du mir mit heraus.“ Es war richtig so, wie sie sagte. Sie zog ihn aus der Höhle heraus, und als er gleich oben war, sagte sie, er solle ihr einmal das Lichtlein geben. Doch er antwortete: „Ziehe mich nur völlig heraus, ich habe es eingepackt und kann es nicht heraus tun.“ Als er außen war, sagte er zu ihr: „Ich habe ein Lichtlein („Gollichtla“); wenn du auch eines willst, so kannst Du selbst hineingehen.“ Alsdann ging er fort gegen die Residenzstadt im Preußischen zu. Er kehrte in dem Hotel ein, worin „auch der König seinen Aufenthalt nahm“ (einkehrte). Es saßen Kaufleute da und karteten um große Haufen Geld. Er fragte, ob er auch mitkarten dürfe. Sie antworteten: „O ja.“ Darauf kartete er mit ihnen, verspielte aber all sein Geld und noch 1000 Gulden, die er vom Wirte geborgt hatte. Zum Wirte sagte der Soldat, er habe einen Wechsel. Als er sich aber nachts legte, sprach er für sich: „Keinen Wechsel hinten und keinen vornen! Doch will ich mir’s nocheinmal wohl sein lassen.“ Er brannte sein Licht („Gollichtla“) an. Als er ein wenig brannte, kam der eiserne Mann und fragte, was sein Begehren sei. Da sagte der Soldat: Ich kartete heute und verspielte mein Geld und lehnte noch 1000 Gulden vom Wirt und verspielte diese auch. Er solle einen halben Scheffelsack voll Gold bringen. – Früh vor tags kam der eiserne Mann und warf den halben Scheffelsack voll Gold in die Stube, daß das Haus zitterte. Hernach kam der Wirt und fragte, was denn das sei? Da sagte der Soldat: „Mein Wechsel ist angekommen.“ Er gab dem Wirt die 1000 Gulden zurück. Bald kamen auch die Kaufleute und spielten wieder. Sie fragten ihn, ob er nicht mitspielen wolle. Er antwortete: „O ja, ich spiele mit.“ Er hatte aber Glück und gewann, was er voraus verloren hatte und noch alles Geld, das die Kaufleute bei sich hatten. Von nun an karteten sie nicht mehr mit ihm.
Karl Spiegel: Märchen aus Bayern. Selbstverlag des Vereins für bayrische Volkskunde und Mundartforschung, Würzburg 1914, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiegel_Maerchen_aus_Bayern.djvu/13&oldid=- (Version vom 1.8.2018)