Der Trompeter aus Pirna
Der Trompeter
aus
Pirna.
[16] Diese wahrscheinlich geschichtlich wahre Begebenheit fällt in das letzte Viertel des vorigen Jahrhunderts.
Der Frühlingssonne falber Strahl
durchbricht die Regenwolken,
es schmilzt der Schnee von Berg und Thal,
das Eis wird trüb wie Molken.
der eile sonder Weilen,
eh’ sich die Schollen theilen,
noch heute bricht der Fluß.
Wer reitet im gestreckten Trab
’s ist ein Trompeter, den der Stab
nach Pirna gestern sandte.
Der muß, er muß noch heut zurück!
Ach, himmlischer Erlöser,
mit jedem Augenblick!
Doch furchtlos kommt er an den Strand.
Dort schleicht an seiner Krücke
ein Greis, und streckt nach ihm die Hand
Er hört wohl nicht des Bettlers Flehn?
Wer mag’s ihm auch verdenken?
Denn will er ihm was schenken,
so wird die Zeit vergehn.
und schaut mit bangem Blicke
erst auf das weite Feld von Eis,
dann auf des Alten Krücke,
und sucht in seiner Tasche lang,
– ’s war seine ganze Habe –
ein Groschen, neu und blank.
Der Alte schaut ihn dankend an:
„Gott geb’ euch seinen Segen!“ –
Ich geh’ dem Tod entgegen!““
ruft der Trompeter, und im Nu
steigt er vom Pferd, und leitet
es an der Hand, und schreitet
Wohl knattert unter ihm das Eis,
wohl rauscht’s wie fernes Wetter,
doch zagt er wenig, denn er weiß
im Himmel einen Retter.
wie er noch kaum die Mitten
des Stromes überschritten,
und Hülf’ ohnmöglich ist.
Und Scholl’ an Scholle wälzt sich fort,
und er in dem Verderben dort
unrettbar mitten drunter.
Er steht, und neben ihm sein Pferd,
auf einer von den Schollen,
den Strom hinunter fährt.
Allaugenblicklich drohet ihm
der Tod von allen Seiten,
jetzt macht der Schollen Ungestüm
jetzt droht die Scholle, die ihn trägt,
in Trümmern zu zerschellen,
wenn sie im Druck der Wellen
an eine and’re schlägt.
er auf die Dresdner Brücke,
wo Mancher schon gerettet ward,
und sieht mit freud’gem Blicke
sie endlich und das Volk darauf
in weiter Fern’ erscheinen,
und blickt zum Himmel auf.
„Gott, hier bei mir, wie dort am Strand!
Du kannst mich Schwachen retten;
an ewig festen Ketten.
Herr Gott im Himmel, höre mich,
wie ich um Hülfe flehe;
doch, was du willst, geschehe,
So betet er. Am Strande stehn
wohl viele Hülferufer,
doch Helfer keine, denn es gehn
die Schollen fern vom Ufer.
wie ängstet sich die Menge,
ob man ihn noch durch Stränge
zu retten dort vermag.
Seht, nun, der Brücke nicht mehr fern,
Jetzt wird sein Hoffen auf den Herrn
gerechten Lohn empfangen.
Ha, seht, wie greift er tiefbewegt
und schweigend zur Trompete,
an beide Ufer trägt.
Er bläßt, wie wenn den nahen Tod
er Lügen wollte strafen:
„Ein’ feste Burg ist unser Gott,
Wie schaurig tönt der Wiederhall! – –
Hilf Gott! die Schollen haben
ihn sammt dem Roß begraben
im wilden Fluthenschwall. –
Hast du das Lied vernommen?
War seine Frömmigkeit nicht ächt?
Hilfst du wohl deinen Frommen?
Gerecht ist Gott wohl immerdar,
doch seiner Weisheit Wege
sind – wunderbar.