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Der Schmelz-Ofen (Hebel, 1803)

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Siehe auch: Der Schmelz-Ofen (Werkausgabe 1834)
Textdaten
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Autor: Johann Peter Hebel
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Titel: Der Schmelz-Ofen
Untertitel:
aus: Allemannische Gedichte, S. 36–44
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1803
Verlag: Macklots Hofbuchhandlung
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons
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[36]
Der Schmelz-Ofen.

     Jez brennt er in der schönsten Art,
und ’s Wasser ruuscht, der Blosbalg gahrt,
und bis aß d’ Nacht vom Himmel fallt,
se würd die ersti Maßle chalt.

5
     Und ’s Wasser ruuscht, der Blosbalg gahrt;

i ha druf hi ne Gulde g’spart.
Gang Chüngi, lengis alte Wi,
mer wen e wengli lustig sy!

     Ne Freudestund isch nit verwehrt;

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me gnießt mit Dank, was Gott bischert,

me trinkt e frische frohe Mueth,
und druf schmekt wieder ’s Schaffe gut.

[37]

     E Freudestund, e guti Stund!
’s erhaltet Lib und Chräfte gsund;

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doch muß es in der Ordnig goh,

sust het me Schand und Leid dervo.

     E frohe Ma, ne brave Ma!
Jez schenket i, und stoßet a:
„Es leb der Marggrov und si Huus!“

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Ziehnt d’ Chappen ab, und trinket us!


     Ne bessere Her treit d’ Erde nit,
’s isch Sege, was er thut und git,
i cha’s nit sage, wieni sott:
Vergelts em Gott! Vergelts em Gott!

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     Und ’s Bergwerch soll im Sege stoh!

’s het menge Burger ’s Brod dervo.
Der Her Inspekter lengt in Trog,
und zahlt mit Freud, es isch kei Frog.

[38]

     Drum schenket i, und stoßet a!

30
Der Her Inspekter isch e Ma,

mit üsers Gattigs Lüte gmei,
und fründli gege groß und chlei.

     Er schafft e gute Wi ufs Werk,
er holt en über Thal und Berg,

35
er stellt en luter uffe Tisch,

und mißt wie’s recht und billig isch.

     Sell isch verbey, der Ma am Füür
muß z’trinke ha, wärs no so thür;
es rieslet menge Tropfe Schweiß,

40
und wills nit go, men ächzet eis.


     Me streift der Schweiß am Ermel ab,
me schnufet, d’ Bälg verstuune drab,
und mengi liebi Mitternacht
würd so am heiße Herd verwacht.

[39]
45
     Der Schmelzer isch e plogte Ma,

drum bringet em’s, und stoßet a:
Gsegott! Vergiß di Schweiß und Ach,
’s het jeden anderen au si Sach!

     Am Zahltag theiltisch doch mit kei’m,

50
und bringsch der Lohn im Nastuch heim,

se luegt di d’ Marei fründli a,
und seit: „I ha ne brave Ma!“

     Druf schlacht sie Eiern-Anken i,
und sträut e wenig Imber dri;

55
sie bringt Salat und Grüebe dra,

und seit: „Jez iß du liebe Ma!“

     Und wenn e Ma si Arbet thut,
se schmekt em au si Esse gut;
er tuuschti nit in Leid und Lieb

60
mit mengem riche Galge-Dieb.
[40]

     Mer sitze do, und ’s schmektis wohl.
Gang Chüngeli lengis no nemol,
wil doch der Ofe wieder goht,
und ’s Erz im volle Chübel stoht!

65
     Se brenn er denn zu guter Stund,

und Gott erhaltich alli gsund,
und Gott biwahrich uf der Schicht,
aß niemes Leid und Unglück gschicht.

     Und chunnt in strenger Winters-Zit,

70
wenn Schnee uf Berg und Firste lit,

en arme Bub, en arme Ma,
und stoht ans Füür, und wärmt si dra,

und bringt e par Grumbireli,
     und leits ans Füür, und brotet sie,

75
und schloft by’m Setzer uffem Erz –

schlof wohl, und tröst der Gott di Herz!

[41]

     Dört stoht so ein! Chumm arme Ma,
und thue eis Bscheid, mer stoßen a!
Gsegott, und tröstder Gott di Herz,

80
me schloft nit lieblig uffem Erz!


     Und chunnt zur Zit e Biderma
ans Füür, und zündet ’s Pfifli a,
und sezt si näumen ane mit,
se schmeks em wohl, und – brenn di nit!

85
     Doch fangt e Büebli z’ rauchen a,

und meint, es chönns, as wie ne Ma,
se macht der Schmelzer churze Bricht,
und zieht em ’s Pfifli usem Gsicht.

     Er keits ins Füür, und balgt derzu:

90
„Du dunderschießige Lappi du,

sug amme Zipfeli Leberwurst,
’s isch besser für so chleini Burst!“

[42]

     ’s isch wohr, ’s git mengi Churzwiil mehr
am Suntig no der Chinderlehr,

95
und strömt der füürig Ise-Bach

im Sand, es isch e schöni Sach.

     Frog menge Ma: „Sag, Nochber he!
hesch au scho ’s Ise werde seh
im füürige Strom de Forme no?“

100
Was gilts, er cha nit sage: Jo!


     Mir wüsse, wie me ’s Ise macht,
und wie’s im Sand zu Massle bacht,
und wiemes druf in d’ Schmidte bringt,
und d’ Luppen unterm Hammer zwingt.

105
     Jez schenket i, und stoßet a:

der Hammer-Meister isch au ne Ma!
Wär Hammer-Schmid und Zeiner nit,
do läg e Sach, was thät me mit?

[43]

     Wie giengs im brave Hamberchs-Ma?

110
’s muß jede Stahl und Ise ha;

und het der Schnider kei Nodle meh,
sen ischs au um si Nahrig gscheh.

     Und wenn im früeihe Morgeroth
der Buur in Feld und Fuhre stoht,

115
se muß er Charst und Haue ha,

sust isch er e verlohrene Ma.

     Zum Broche brucht er d’ Wägese,
zum Meihe brucht er d’ Sägese,
und d’ Sichle, wenn der Weize bleicht,

120
und ’s Messer, wenn der Trübel weicht.


     Se schmelzet denn, und schmiedet ihr,
und dankich Gott der Her derfür!
Und mach en andere Sichle drus,
und was me bruucht in Feld und Hus!

[44]
125
     Und numme keini Sebel meh!

’s het gnug misrabli Chrüppel ge;
’s hinkt mengen ohni Fuß und Hand,
und menge schloft im tiefe Sand.

     Kei Hurlibaus, ke Füsi meh!

130
Mer hen ’s Lamento öbbe gseh,

und ghört wie’s in de Berge chracht,
und Aengste gha die ganzi Nacht,

     und glitte, was me lide cha;
drum schenket i, und stoßet a:

135
Uf Völker Fried’ und Einigkeit

vo nun a bis in Ewigkeit!

     Jez zahlemer! Jez göihmer hei,
und schaffe hüt no allerley,
und dengle no bis tief in d’ Nacht,

140
und meihe, wenn der Tag verwacht.