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Der Beruf der evangelisch-lutherischen Kirche zum Amt der Diakonie/8. Stunde

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8. Stunde.
Donnerstag Abend.

Gebet: O Herr Jesu Christe, der Du allen denen gedanket hast, die an Deiner verachteten Gestalt und an Deinem unwerten Worte sich nicht ärgerten und sie reichlich gesegnet hast für die Treue, die sie Dir, dem Armen, bewiesen: verleihe, daß alle Deine Knechte und Mägde sich der Knechtsgestalt nicht schämen, in der Dein heiliges Wort noch über die Erde geht, sondern in dieser armen Gestalt ihren höchsten Schatz und einiges Erbe erkennen und in Kraft desselben ewig selig werden. Amen.


 Weil die Bewegungen der Diakonie in unserer Kirche, weil speziell am hiesigen Orte dieselbe eine aus langem Warten gereifte, eine langsam vorbereitete war, von der man wenig wußte und sprach, darum trat die Bewegung männlich auf. Man hat ja wohl von der Naivität der ersten Jahre dieses Hauses gesprochen; es war auch manches sehr primitiv und ursprünglich, dem jetzigen Kritiker vielleicht zu ursprünglich; aber es war genial, und man bekommt aus den ersten Veröffentlichungen den Eindruck: die Sache war ausgereift. Das ist überhaupt eine Gnade für unsere Kirche, daß Er alle die Bewegungen langsam anheben, aber dann alsbald fest auftreten ließ ohne Tasten und Suchen mit Uebergehung der kränkelnden Jahre der Kindheit. Das Wirken an den Heiden hat unsere Kirche gleich mit voller Kraft begonnen, langsam, aber sicher. Es sind deshalb auch selten die großen Fehler begangen worden, wie anderwärts. So ist es mit dem Amt der Barmherzigkeit; spät, aber| sicher: das ist das Kennzeichen. Mann kann eigentlich, wenn man nicht sehr idealisieren oder verschweigen will, von einer Jugend der Diakonissensache speziell in diesem Hause nicht wohl reden. Die Zeit war alsbald gleich so ernst, daß die Diakonissensache sich ihrer Jugend nicht freuen konnte.

 Sie trat alsbald in die Not ein, und die erste besondere Aufgabe, die sich dem hiesigen Hause alsbald sofort darbot, war die Pflege der Blöden. Darin dürfen wir einen providentiellen Zug erkennen, denn es wurde dadurch die Gefahr des Tastens abgewandt. Das war die erste Aufgabe, wurde zur Hauptaufgabe und soll auch die letzte bleiben. Denn wenn einmal die Blödenpflege in diesen Kreisen hintangesetzt oder auch nur verkürzt würde, dann würde das „Charisma des Charismas“ vergehen. Gerade die „Armen, die Niedrigen und Verachteten“ bedürfen und erfahren sonderlich christliche Führung. Weil ihnen Gott im übrigen soviel verweigert hat, gab er ihnen ein „traumhaftes Innenleben.“ Traumhaftes Innenleben geht aber weit über die Flachheit unserer Tage hinaus, ist etwas ganz anderes, als äußerliches Träumen. Ja, Gott hat es sehr gnädig gefügt, daß Er dieses Haus gleich von Anfang an mit ganz konkreten Aufgaben verschwistert hat: Man hat das Schöne der Anfangsbewegung mit dem Schönen der Anfangsarbeit verbunden. Indem Löhe in der Heranziehung der weiblichen Jugend für den Dienst der Barmherzigkeit die gesamte weibliche Mitgliedschaft der Kirche zur Lösung der schweren Aufgabe der Zeit aufbot, hat er gleich zum Ernstesten gerufen: Helfet den Blöden!

 In den Hausordnungen und in den Unterrichtsplänen offenbart sich die Treue, welche der kennt, der den Blöden hold ist. – Noch werden eigentlich alle Lehrgegenstände der Blödenschule anvertraut und man hat es gelernt, Treue im kleinen zu üben. „Denn vollkommene und beständige Treue im kleinen ist eine heroische Tugend!“ (Bonaventura 1221–1274). Die Blödenpflege erfordert feines, barmherzig eingehendes| Verständnis: welche Merkmale langsamer, aber sicher sich auswirkender göttlicher Gerichte stehen in den Armen an uns! Trunksucht, Ausschweifung oft blutschänderisches Treiben der Eltern (und Großeltern) werden in den Armen geahndet, die „Vater und Mutter in Wahrheit verlassen haben, der Herr aber aufnimmt.“ – Man betrachte aber, wie in den meisten noch alle Tasten erklingen, wenn sie nur verständig berührt werden. Zumeist öffnet sich das Kindliche der Taufbegnadeten dem mitleidsvollen Christenherzen. – So kann Blödenpflege eben nur von Christen geübt werden, welche denjenigen, die Kinder bleiben ihr Leben lang, um des großen Kinderfreundes willen freudig und gern dienen. Und es ist nicht falsche Sentimentalität, welche angesichts der oft schwierigen Leibespflege bald hinfallen würde, wenn die Lehrschwestern unschwer vieles missen können, um ihrer Blöden willen. Die großartige Plastik und drastische Wirkung des einfachen Gotteswortes treten da alsbald zu tage, die Blöden sind eben des gewiß, daß Sein Ohr auf sie merket, sie wissen, was sie, oft unter heißen Zweifeln, „erglauben“, daß Er geduldig und von großer Güte ist: ihr Heiland ist ein persönlicher, mit dem sie getrost und in aller Zuversicht verkehren. Und so ist denn ihr Sterben oft ein „Heimjauchzen“, um das man sie neiden möchte. – Wahrlich! die Bewegung unter solchen Anzeichen begonnen, mit segnenden Gebeten armer Verlassener und dankenden Tränen derer Bedacht, welche, ehedem „Spott der Leute und Verachtung des Volkes“, nun umworben sich wußten von erfindsam dienender Liebe; – solche Bewegung mußte Gott gefällig sein. – Daß der Umgang mit den „Epileptischen“, welche Löhe mit großem Bedacht den Idioten beimengte, nicht bloß aus finanzieller Ohnmacht, weit schwieriger ist, soll nur angedeutet werden. Die durch die Anfälle krankhaft gesteigerte Sinnestätigkeit, die Erregtheit, das Doppelschauen, das dumpfe Hinbrüten: all’ dies zusammengenommen, entfremdet den Kranken der realen Welt, ohne ihn doch, wie bei den Blöden| es der Fall sein kann, in eine kindlich ideale einzuführen. Den Epileptischen gegenüber gilt: beharren in der Liebe! Nicht Liebesanfänge, sondern allzeit geduldig sein! – Wenn aber auch an einem vielgenannten und vielumklagten Orte mit der Blödensache begonnen wurde, so mag das zur Bürgschaft dienen, daß diese Berufstätigkeit uns verbleibt; man wird es uns danken, wenn wir Häuser und Räume auftun, um solchen zu dienen, von deren Anblick die Welt möglichst bald sich befreit sehen will. Anerkennungsbedürftigkeit ist immer ein Zeichen von Schwäche; bei der Blödenpflege gibt es nur eine Anerkennung, von der wir im Evangelium Matth. 25, Vers 45 vernehmen. 1854, 1864, 1866, 1891, 1893: lauter Zahlen und Zeichen Seines Erbarmens mit den Blöden! – Und wenn am Ende der Tage sich diese Armen zu mehren scheinen, sollte man hier „alles verkaufen und ihm nachfolgen!“ –
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 Die andere Aufgabe der Magdalenenpflege ist gewaltiger: weil hier nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen ist, sondern mit unfaßbaren, aber doch spürbaren Kräften finsterer Mächte. Sie ist deshalb für Diakonissen so schwer, weil das Weib sein Fleisch so sehen muß. Wenn einmal eine Zeit kommen wird, wo schreiende, hier nicht einmal anzudeutende Greuel auch männliche Magdalenien erfordern, wird das Beben auch an uns Männer kommen, die wir jetzt noch ruhiger der Frage an sich gegenüberstehen, bekümmert nur darüber, daß so viele Schurken und Verführer in unserem, zum Schutze des Weibes bestimmten Geschlechts sich finden. Nun bleibt es zunächst dem weiblichen Geschlecht vorbehalten, in diese furchtbaren Tiefen der Sünde zu sehen, welche das Herz ausbrennt bis in die geheimsten Gründe. Andere Sünden mögen das Herz ausdörren, aber ein Regen Gottes vermag es wieder zu erweichen. Die Sünde wider das 6. Gebot läßt das Herz traurig zurück, daß wenig mehr zu hoffen ist. Die Sünde durchdringt den weiblichen Organismus weit gewaltiger als den männlichen, erfaßt nicht nur das Weib, sondern die Weiblichkeit, infiziert| und verdirbt das Höchste, die Liebe, die sie als das schändlichste Zerrbild erscheinen läßt. Die Tugend, welche der Herr gerade dem Weibe gegeben hat, die Tugend des freudigen, hingebenden, geheiligten Opfers, ist zum Greuel geworden. Er läßt Sein nicht spotten, wenn so das Ideal von dem heiligen Altar heruntergerissen wird. Die Aufgabe an diesen Menschen ist die allerschwerste, weil jede psychologische Anknüpfung fehlen muß. Und wenn sie sich noch so sehr verobjektiviert, das wird eine Dienerin der Barmherzigkeit nicht vermögen, sich ganz in diese Seelen hineinzuversetzen. Das psychische Leben der Blöden liegt klar da trotz alles Verschleierten, Zusammengedrängten, Verkürzten, aber bei den Gefallenen muß die Liebe sich auf zarte Versuche beschränken. Eine Statistik der Magdalenensache ist das allerentmutigendste: 95 Prozent wohl sind recidiv. Und doch, wir wissen, wenn nur 1/100 Prozent gerettet wird, dürfen wir uns nicht weigern um Des willen, Der Sodom und Gomorrha um zehn Gerechter willen gnädig verschonen wollte. Man darf die Sache nicht aufgeben; denn es ist Seine Sache, auch wenn sie ohne allen Erfolg anscheinend wäre; denn Ihm steht der Erfolg zu. Diese Aufgabe aber wird der Diakonie auch bleiben. Dafür hat die Welt nicht einmal mehr die Anerkennung der Mauern, d. i. die Freude, daß mitleidige Mauern schweren Anblick den Lebensfrohen entziehen, sondern nur Spott und Hohn. Ja es sind die Magdalenien selbst oft nur steinerne Denkmale der rohesten Brutalität der Welt, welche diese Aermsten wegwirft von dem Markte des Lebens, an dem sie lüstern und doch ihnen selber zur Qual gesessen. Er allein, Der in die Tiefen der Sünde sieht, ohne daß es Ihm graut, weil Er sie überwunden hat, Er allein weiß zu zählen die Tränen der Verführten, das Wehklagen der Armen, welche, ob auch nicht fest gegründet, doch schön den Gelüsten hingeopfert wurden. Er spricht Reuigen unter ihnen himmlische Freude zu und verschmäht die Gabe der Sünderin nicht, welche Ihn weinend sucht. So gewiß aber Rom| untergegangen ist an der Sünde gegen das 6. Gebot, so gewiß wird der Herr unser armes Volk wegwerfen, wenn es diese Sünde nicht meidet. Luther hat gesagt, daß der Trinkteufel unser Volk verderben werde. Man könnte kühn dazu setzen: der Unzuchtsteufel verbündet sich mit jenem.
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 Wenn der unsaubere Geist von dem Menschen ausfähret, so durchwandert er dürre Stätte, suchet Ruhe und findet ihrer nicht, so spricht er: Ich will wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin. Und wenn er kommt, so findet er’s mit Besen gekehret und geschmücket. Dann geht er hin und nimmt sieben Geister zu sich, die ärger sind, denn er selbst, und wenn sie hineinkommen, wohnen sie da; und wird hernach mit demselbigen Menschen ärger, denn vorhin. Dies Wort Christi steht über der Magdalenensache. „Erde essen dein Leben lang“ – der entgeistigte, nur noch dem wüstesten Genusse zugewandte Zug ist das Charakteristische bei diesen Armen. Man klingt Töne der Heimat an, man erinnert an die Ideale der Kindheit, man spricht von Hohem und Heiligem – es ist alles vorüber, wenn es je dagewesen. Man spricht von der Freundlichkeit und Leutseligkeit Gottes – – es ist alles Torheit. „Staub und Erde essen mein Leben lang,“ im Staube bleiben, wo allein das Verständnis der Gleichgesinnten wohnt, und doch! „Arme habt ihr allezeit bei euch und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun.“ Ja, wenn ihr wollt, wenn ihr Mich kennen wollt, der Ich arm ward um euretwillen, der Ich aller Freude mich entzog, um euch zur ewigen Freude zu helfen; wenn Ihr wollt aus einem von ganzer Hingabe erfüllten Herzen: Wir wollen, weil wir nun können; denn Du willst es. „Gib Herr, was du befiehlst, und dann befiehl, was Du willst“, und wenn es das Schwerste wäre! Wenn Du zuvor die Festigkeit des Bekenntnisses dem gnadengefestigten Herzen gegeben hast, dann magst Du die Aufgabe so hoch stellen, als Du willst, in Deiner Kraft will ich Mauern überspringen, in Deiner Kraft will ich| Taten tun. Es ist doch erlaubt, für eine Anstalt, der man angehört, zu hoffen. Erlaubt – ist zu wenig, es ist Pflicht, zu hoffen bis in den Tod trotz alles Wehes und aller Sünde. Und wenn diese Aufgabe allmählich in’s Immense wächst, wenn die Kirche einem rasch über das Meer des Lebens mit seinem Ungestüm dahineilenden Fahrzeuge gleicht, umdroht von Stürmen und selbst befrachtet mit viel Not und Elend, so gilt das Wort jenes alten Heiden: „Was zaget ihr, ihr traget mich und mein Glück!“ Mehr noch das Wort unsers HErrn: „Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam?“ „Und wenn alle Not über euch hereinbräche, Ich bin bei euch. Arme habt ihr allezeit bei euch; aber Mich habt ihr auch allezeit, Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Ja, Er ist dann am meisten bei uns, wenn wir Ihn am meisten brauchen. Und wenn jetzt alle Zeichen der Zeit auf nahe Stürme deuten, und die Kirche des reinen Evangeliums sich ängstet über tausendfachem Weh, so sieht sie doch ihren HErrn bei sich, der da spricht: „Fürchte dich nicht, glaube nur.“ Wenn uns der Herr diese Worte recht in’s Herz legen wollte, dieses feste Sichanhalten an die Lehre von dem Gekreuzigten, wären wir befähigt, zu hoffen für alles. Wenn auf uns die Not mit all ihrem Weh hereindringt, halten wir uns an den einigen Nothelfer JEsum Christum. In Ihm werden wir stille, und es ist uns geholfen, das Schiff ist am Lande, und wir sind daheim. „Fürchte dich nicht, glaube nur.“ Es ist ja doch keine Sünde, wenn man solche Verheißungen für sich selber ausmünzt. Und wenn die Aufgaben wachsen, wachsen auch die Gaben, wenn die Not sich vergrößert, wächst die Gnade Dessen, der von Ewigkeit zu Ewigkeit täglich sich zu den Seinen bekennt. Da wird man sehen, wenn die Stürme kommen mit Macht, wie unsere Kirche ruhig bleiben wird. „Großen Frieden haben, die Dein Gesetz halten.“ Wer so, wie unsere Kirche, auf der reinen Lehre gegründet ist, dessen Oberfläche allein wird von den Stürmen bewegt, in der| Tiefe ist Stille. „Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.“

 Von Anfang an hat man hier die Gefallenen in möglichste Nähe mit den Schwestern gebracht, sie durch der Anblick einer in Christo gefriedeten und befriedigten Tätigkeit zur Nacheiferung des stillen Wandels reizen wollen, der köstlich vor Gott ist. – Durch die eigne Tracht ernstlich gemahnt an das Staubgewand alles Irdischen, zu ernster Arbeit verhalten, – so sollen diese Mädchen unter uns leben! –

 Ferne von der Prüderie, die zur Zartheit sich verhält wie Kunst zur Naturgnade, aber auch fern von der vertrauenden und vertraulichen Gewöhnlichkeit, welche dadurch zu gewinnen glaubt, wenn sie in den Schmutz herniedersteigt, um mit zerbrochenem Mute in ihm zu bleiben, muß die Schwester im Magdalenium arbeiten: ihre Hoffnung – zu dem Herrn, ihre Angst – an sich selbst und ihrem Naturell, ihre Freude – das Aufatmen einer Menschenseele, gleicher Taufe teilhaftig, aus bangen, schweren Träumen, ihr rechnen, – überflüssig im Sinne von Haggai 2 Vers 9.

 Die Spitalpflege kann man als Erstlingsgebiet hiesiger Arbeit kaum bezeichnen: es war Krankenpflege – unbeschadet der treuen Leistungen treuer Persönlichkeiten – nicht die Aufgabe eines Ortes gewesen, der Kranke anfänglich „werben“ mußte. Blöde und Magdalenen fanden sich, Kranke fehlten.

 Das dritte Gebiet, welches Neuendettelsau am Anfang gleich zugewiesen war, sind die Schulen, welche Löhe mit so hoffnungsvollem weitschauenden Blick angebaut hat. Wir wissen wohl: Jetzt sind diese Ideale noch nicht erfüllt; in diesem Jahrhundert werden sie auch nicht erfüllt werden, aber sie werden noch erfüllt. Es ist unleugbar, daß reiche Segnungen von diesen Schulen ausgegangen sind, aber eben so unleugbar, daß die Wirklichkeit hinter diesen Idealen zurückbleiben mußte. Der Gegensatz zwischen dem weltgeborgenen Stilleben und dem Getreibe unserer Zeit wirkt Sicherheit bei den| Kommenden, um bei den Gehenden größte Unsicherheit zu erzeugen. Die Schulen werden aber einst die große Mission haben, daß größere Kreise aufmerksam gemacht werden auf die Ruhe, die man hier haben soll. Das ist die Erfüllung des Ideals, daß die frühern Schülerinnen in der letzt betrübten Zeit sich wieder zurücksehnen werden und einen Ruhepunkt finden, sich zu sammeln. In den Schulen liegt ja überhaupt ein großes Stück der Zukunft unserer Kirche. Die Schülerinnen werden die Mütter der künftigen Generation. Und wir wissen es, welchen Einfluß der Herr Müttern verstattet hat, was Muttertreue in der Nachfolge Jesu Christi je und je bewirken kann. Da ist das meine Hoffnung und Gebet für die Schulen, daß sie erhalten bleiben in dem Einen, daß sie Seinen Namen fürchten. Alles, was hier so reichlich durch Jesum Christum geschenkt ist, soll um Christi willen vermittelt werden, und so werden einst die Schulen, wenn sie im Sinn des ewigen Lehrers geführt werden, größere Kreise des Volks aufmerksam machen auf einen stillen Ort, an dem Menschen Bergung finden können. Ich darf, ich muß hoffen, daß der Herr auch mit den Schulen große und erbarmende Gedanken hat, wenn sie in Seiner Nachfolge, wie man ja will, geführt werden. Es klingt kühn, wie überstiegene Erwartungen; aber ich darf, ich muß hoffen. Ein prosaischer Mensch ist nie ein Christ, so wenig als einer, der durch die Natur geht, ohne sich zu freuen, der kennt Seinen Heiland nicht. Ein Mensch, der nicht über sich selbst hinaus kann, ist kein Christ. Bei aller Nüchternheit darf man doch den Herrn bitten, Er möge Neuendettelsau auch für die kommenden Zeiten nicht vergehen, sondern bleiben lassen als einen Sammelort. Wir müssen für die, die einst uns bestatten werden, bitten, daß der Herr ihnen auch große Aufgaben gebe. Angesichts der Verweltlichung weiterer auch christlicher Kreise wollen wir bitten, daß in den hiesigen Schulen mit aller Macht gegen solche Verweltlichung nicht gepredigt, sondern gezeugt werde. Hier ist fortwährende Buße nötig nach dem Worte| Luthers: „Da unser Herr Christus spricht: „Tut Buße,“ will Er, daß unser ganzes Leben eine beständige Buße sei.“ Je mehr wir uns selber demütigen, desto mehr werden wir Ihm nachfolgen können. „Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf Ihn, Er wirds gut machen.“ Was Ihm nicht recht ist, das streicht Er ab, das andere wird Er zu Gnaden annehmen und herrlich ausführen. Es ist nichts, was wir nicht hoffen könnten, weil wir aus der Geschichte sehen, wie Er segnen kann. Wir kennen nichts vom Neid der Gottheit, wir kennen nur einen Herrn, der barmherzig und treu ist, darum rufen wir uns nochmals zu: „Laß uns Dein Wort nicht verlöschen!“ „In dieser letzt betrübten Zeit verleih uns Herr Beständigkeit, daß wir Dein Wort und Sakrament rein behalten bis an unser End.“

 Was wir haben, das sollen wir bewahren, daß niemand unsere Krone raube. Die Krone aber ist die Lehre und das aus ihr hervorgehende Charisma ist die Barmherzigkeit gegen die Armen. Diese Barmherzigkeit gegen die Aermsten Leibes und der Seele mehre der Herr an diesem Orte, Er wolle Selbst zu diesem Hause Sich bekennen, wie Er Sich bekannt hat zu unsern Vätern, und wolle verleihen, daß, so oft unser Auge arm und von Tränen umflort ist, wenn es sich erhebt, niemanden sehe, denn Jesum allein, den Herrn, der da hilft und vom Tode errettet alle die Seinen.


Gebet: O Herr, treuer Heiland und ewiger Erbarmer aller der Deinen, laß nicht zu, daß einst diese Steine wider uns zeugen, weil wir Dein Zeugnis verließen. Wehre und steure dem Feinde Deines Reiches und unserer Seelen, daß Er nicht störe, was Dein ist und zu Dir hin will. Verleihe, o erbarmungsreicher Herr, daß alle die Gaben, die Du Deiner hl. Kirche geschenkt hast, von treuen Menschen treulich genützt werden, und wenn der Abend dieses Lebens und Deines Reiches auf Erden anbricht, dann laß uns, o gebenedeiter Fürst, bei welchem kein Wechsel des Lichts und der Finsternis je mag sein,| dann laß uns im Frieden ruhn und in dem leuchtenden Lichte uns freuen, das Du Selbst bist hochgelobt in Ewigkeit. Amen.





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