Der Baum
Am Wassergraben, im Wiesenland
Steht ein Eichbaum, alt und zerrissen,
Vom Blitze hohl, und vom Sturm zerbissen.
Nesseln und Dorn umstehn ihn in schwarzer Wand.
In die Schwüle ragt er hinauf, blau, vom Wind nicht gerührt.
Von der leeren Blitze Gekränz umschnürt,
Die lautlos über den Himmel flammen.
Ihn umflattert der Schwalben niedriger Schwarm.
Um den kahlen Ast, der zuhöchst entwuchs
Blitzverbrannt seinem Haupt, eines Galgens Arm.
Woran denkst Du, Baum, in der Wetterstunde
Am Rande der Nacht? An der Schnitter Gered’,
Und die Sensen im Grase ruhn in der Runde?
Oder denkst Du daran, wie in alter Zeit
Einen Mann sie in Deine Krone gehenkt,
Wie, den Strick um den Hals, er die Beine verrenkt,
Wie er da Jahre hing, und den Winter trug,
In dem eisigen Winde tanzte zum Spaß,
Und wie ein Glockenklöppel, den Rost zerfraß,
An den zinnernen Himmel schlug.