34. Die Anzahl der vorhandenen Geschlechter im regulären Kummerschen Körper.
§ 162.
Ein Satz über das Symbol ![{\displaystyle \left\{{\frac {\nu ,\ \mu }{\mathfrak {w}}}\right\}.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/0f5ceba0c4242a1b0f8772b15ac0763a838022cc)
Die wichtigste Aufgabe in der Theorie der Geschlechter eines Kummerschen Körpers betrifft die Ermittlung der Anzahl der wirklich vorhandenen Geschlechter. Wir beweisen hier zunächst einen Satz, welcher dem Hilfssatz 14 (S. 171) aus der Theorie des quadratischen Körpers entspricht.
Satz 163. Wenn
und
zwei beliebige ganze Zahlen
eines regulären Kreiskörpers
bedeuten, so ist stets
|
|
wenn das Produkt linker Hand über sämtliche Primideale
in
erstreckt wird.
Beweis. Es sei
die Anzahl der Idealklassen in
und
eine ganze rationale positive Zahl mit der Kongruenzeigenschaft
nach
Wir setzen
und
so daß
und
ganze rationale Exponenten und
gewisse von
verschiedene Primideale in
sind. Bedeuten ferner
Primärzahlen der Prim-Ideale bez.
und zwar derart, daß
|
|
gilt, und wird noch
gesetzt, so bestehen zwei Gleichungen von der
Gestalt:
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(150)
|
worin
und
Einheiten in
sind. Wenn
ein beliebiges Primideal bedeutet, so ist allgemein
|
(151)
|
Es seien nun
zwei voneinander und von
verschiedene Primideale in
und
bez. Primärzahlen von
ferner seien
beliebige Einheiten in
Aus Hilfssatz 36 (S. 313) und aus Satz 161 (S. 312) folgen dann leicht die Formeln
|
(152)
|
Ist
ein von
verschiedenes Primideal, welches nicht in
aufgeht, so ist nach Satz 148 (S. 251) die Relativdiskriminante des Kummerschen Körpers
zu
prim; fällt dann
auch zu
prim aus, so ist nach Satz 150 (S. 257) die Zahl
Normenrest des Kummerschen Körpers
und daher gilt nach Satz 151 (S. 272) die Gleichung
. Mit Rücksicht hierauf gilt wegen (152) der Satz für den Fall, daß eine jede der Zahlen
,
sei es eine Einheit, sei es eine beliebige Potenz von
, sei es eine Primärzahl eines von
verschiedenen Primideals vorstellt; wegen (150) und (151) und auf Grund der Regeln (80) (S. 265) und (83) (S. 266) gilt sodann der Satz 163 allgemein.
§ 163. Der Fundamentalsatz über die Geschlechter eines regulären Kummerschen Körpers.
Wir sind jetzt imstande, für den regulären Kummerschen Körper denjenigen Satz aufzustellen und zu beweisen, welcher dem fundamentalen Satz 100 (S. 168) in der Theorie des quadratischen Körpers entspricht. Dieser Satz lautet:
Satz 164. Es sei
die Anzahl der Charaktere, welche ein Geschlecht im regulären Kummerschen Körper
bestimmen; ist dann ein System von
beliebigen
-ten Einheitswurzeln vorgelegt, so ist dieses System dann und nur dann das Charakterensystem eines Geschlechtes in
, wenn das Produkt der sämtlichen
Einheitswurzeln gleich
ist. Die Anzahl der in
vorhandenen Geschlechter ist daher gleich
.
Beweis. Es sei
die Klassenanzahl des regulären Kreiskörpers
und
eine ganze rationale positive Zahl mit der Kongruenzeigenschaft
nach
; ferner seien
, …,
die
gemäß § 149 ausgewählten Primfaktoren der Relativdiskriminante von
. Es bedeute nun
irgendeine Idealklasse in
,
ein zu
und zur Relativdiskriminante von
primes Ideal der Klasse
und
die nach der Vorschrift in § 149 (S. 306) aus
gebildete und mit einem gewissen Einheitsfaktor versehene ganze Zahl in
, so daß
|
|
die
Einzelcharaktere sind, welche das Geschlecht von
bestimmen. Es sei
ein Ideal des Kreiskörpers
, wofern es ein solches gibt, welches in
zu einem nicht durch
teilbaren Exponenten vorkommt; dabei ist
sicher von
verschieden und prim zur Relativdiskriminante von
. Da
die Relativnorm eines Ideals ist, so muß
im Körper
zerlegbar sein. Es gilt mithin nach Satz 149 (S. 254) für jedes solche Primideal
die Gleichung
, und daher ist auch stets
. Mit Rücksicht auf Satz 163 (S. 328) folgt daher
,
|
(153)
|
wenn
alle in der Relativdiskriminante von
enthaltenen, von
verschiedenen Primideale und außerdem das Primideal
durchläuft. Ferner ist, wenn
,
, …,
die außer
,
, …,
in der Relativdiskriminante aufgehenden Primideale bedeuten, nach § 149
, .
|
(154)
|
Kommt nun in der Relativdiskriminante des Körpers
das Primideal
vor, so ist wegen (153) schon hiermit bewiesen, daß das Produkt sämtlicher
Charaktere gleich
ist. Kommt andererseits das Primideal
in jener Relativdiskriminante nicht vor, so ist nach Satz 150 (S. 257) die Zahl
Normenrest des Körpers
nach
, und folglich ist nach Satz 151 (S. 272)
; damit erkennen wir aus (153) und (154) auch in diesem Falle den einen Teil der Aussage des Satzes 164 als richtig.
Den Beweis für den anderen Teil der Aussage des Satzes 164 führen wir der Kürze wegen nur in dem Fall, daß die Relativdiskriminante des Körpers
den Primfaktor
nicht enthält. Es seien dann wiederum
, …,
die
in der Relativdiskriminante von
aufgehenden Primideale des Körpers
, und
, …,
seien bezüglich Primärzahlen von
, …,
; ferner gehe allgemein
in
genau
mal auf, und es sei
dann eine ganze rationale Zahl mit der Kongruenzeigenschaft
nach
. Endlich mögen
, …,
beliebig gewählte
der Bedingung
genügende
-te Einheitswurzeln sein; nach Satz 152 (S. 276) gibt es dann stets in
ein Primideal
, das in
nicht aufgeht und überdies die Forderungen
, ,
|
(155)
|
,
|
(156)
|
für irgendeinen Exponenten
aus der Reihe
,
, …,
erfüllt. Ist
eine Primärzahl von
, so folgt wegen (155) mit Benutzung von Satz 161 (S. 312)
, .
|
(157)
|
Ferner ergibt sich wegen (156) in ähnlicher Weise
, .
|
(158)
|
Da
ist, so ist wegen (157) und (158)
,
|
(159)
|
wenn hierin
alle Primideale
, …,
durchläuft. Bedeutet nun
ein von
,
, …,
verschiedenes Primideal in
, so ist gemäß Satz 150 (S. 257) die Zahl
Normenrest des Kummerschen Körpers
nach
und folglich nach Satz 151 (S. 272) stets
. Mit Rücksicht auf diesen Umstand und wegen (159) lehrt der Satz 163 (S. 328), daß auch
, d. h.
sein muß. Infolge der letzteren Gleichung zerfällt das Primideal
nach Satz 149 (S. 254) im Körper
in
Primideale. Ist
eines derselben, so hat, wenn wir (157) und (158) berücksichtigen, das Ideal
offenbar die vorgeschriebenen Einheitswurzeln
, …,
als Charaktere, und damit ist der Satz 164 für den hier betrachteten Fall vollständig bewiesen.
Geht
in der Relativdiskriminante von
auf, so hat man, um den Satz 164 zu beweisen, an den vorstehenden Ausführungen eine geeignete Abänderung anzubringen, die man leicht aus der Analogie mit den entsprechenden Betrachtungen für den quadratischen Körper (vgl. S. 184 bis 185) ersieht. Kummer hat seinen Untersuchungen einen gewissen Zahlring im Körper
, nicht die Gesamtheit der ganzen Zahlen dieses Körpers zugrunde gelegt. Der Begriff des Geschlechtes bedarf dann einer gewissen veränderten Fassung. Es ist Kummers großes Verdienst, für den von ihm ausgewählten Zahlring diejenige Tatsache aufgestellt und bewiesen zu haben, die für den Körper
selbst sich in dem Satze 164 ausdrückt [Kummer (20[1])]. Außer dem von Kummer behandelten Ringe sind noch unendlich viele andere Ringe in
vorhanden, deren Theorie mit entsprechendem Erfolge zu entwickeln sein würde.
§ 164. Die Klassen des Hauptgeschlechtes in einem regulären Kummerschen Körper.
Wir heben in diesem und dem nächsten Paragraphen einige wichtige Folgerungen hervor, die aus dem Fundamentalsatz 164 für den Kummerschen Körper
sich ergeben, und die den in § 71 und § 72 oder in § 82 für den quadratischen Körper entwickelten Sätzen entsprechen.
Satz 165. Die Anzahl
der Geschlechter in einem regulären Kummerschen Körper ist gleich der Anzahl seiner ambigen Komplexe.
Beweis. Wenn
und
die Bedeutung wie in Satz 159 (S. 302) haben, und wenn wir berücksichtigen, daß nach Satz 164 (S. 329)
ist, so folgt aus Hilfssatz 34 (S. 310)
, und da nach Hilfssatz 33 (S. 308) andererseits
sein muß, so folgt
.
|
|
Die im Beweise (S. 311) zu Hilfssatz 34 bestimmte Anzahl
der ambigen Komplexe ist mithin
; wir haben daher
.
Satz 166. Jeder Komplex des Hauptgeschlechtes in einem regulären Kummerschen Körper
ist die
-te symbolische Potenz eines Komplexes in
, d. h. jede Klasse des Hauptgeschlechtes in einem regulären Kummerschen Körper
ist gleich dem Produkt aus der
-ten symbolischen Potenz einer Klasse und aus einer solchen Klasse, welche Ideale des Kreiskörpers
enthält.
Beweis. In dem Beweise (S. 312) zu Hilfssatz 34 ist die Gleichung
abgeleitet; hierbei bedeutet
die Anzahl der ambigen Komplexe,
die Anzahl derjenigen Komplexe, welche gleich
-ten symbolischen Potenzen vpn Komplexen sind, ferner bedeutet
die Anzahl der Geschlechter und
die Anzahl der Komplexe des Hauptgeschlechtes. Da nach Satz 165
ist, so folgt
, und damit ist bewiesen, daß jeder Komplex des Hauptgeschlechtes die
-te symbolische Potenz eines Komplexes ist.
§ 165. Der Satz von den Relativnormen der Zahlen eines regulären Kummerschen Körpers.
Satz 167. Wenn
,
, zwei ganze Zahlen des regulären Kreiskörpers
bedeuten, von denen
nicht die
-te Potenz einer ganzen Zahl in
ist, und welche für jedes Primideal
in
die Bedingung
,
|
|
erfüllen, so ist die Zahl
stets gleich der Relativnorm einer ganzen oder gebrochenen Zahl
des Kummerschen Körpers
.
Beweis. Wir beweisen diesen Satz zunächst für den Fall, daß
eine Einheit in
ist. Es mögen wiederum
und
für den Kummerschen Körper
die Bedeutung wie in Satz 159 (S. 302) haben; im Beweise zu Satz 165 ist gezeigt worden, daß
sein muß, d. h. es ist
. Andererseits betrachten wir die
Einheiten
, …,
, die in § 149 (S. 307) bestimmt worden sind. Wegen der Gleichungen (140) (S. 307) kann ein Produkt aus Potenzen dieser
Einheiten nur dann die
-te Potenz einer Einheit in
sein, wenn die Potenzexponenten sämtlich durch
teilbar sind. Es müssen sich daher, da die Gesamtheit aller Einheiten in
eine Schar vom Grade
bildet, weiter
Einheiten
,
, …,
bestimmen lassen, so daß überhaupt jede Einheit
in
sich in der Gestalt
|
|
darstellen läßt, wobei
![{\displaystyle x_{1}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/a8788bf85d532fa88d1fb25eff6ae382a601c308)
,
![{\displaystyle x_{2}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/d7af1b928f06e4c7e3e8ebfd60704656719bd766)
, …,
![{\displaystyle x_{\frac {l-1}{2}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/234b2ba5876b76c04cc83516ac453032f0c0b0b6)
ganze rationale Exponenten sind und
![{\displaystyle \varepsilon }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/a30c89172e5b88edbd45d3e2772c7f5e562e5173)
eine geeignete Einheit in
![{\displaystyle k(\zeta )}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/80aafec6afae97c01bf3a3aed249853b6adb2e9e)
bedeutet. Setzen wir nun allgemein
, ,
|
|
so liefern die
Gleichungen
, , …,
|
(160)
|
für die Exponenten
die
linearen Kongruenzen
|
(161)
|
Wegen (140) (S. 307) haben wir
|
;
|
und daher sind die
linearen Kongruenzen (161) voneinander unabhängig; es folgt somit, daß alle diejenigen Einheiten
, welche den Bedingungen (160) genügen, eine Einheitenschar vom Grade
|
|
bilden.
Wir haben nun zu Beginn dieses Beweises festgestellt, daß der Grad
der Schar aller derjenigen Einheiten in
, welche Relativnormen von Einheiten oder gebrochenen Zahlen in
sind, den gleichen Wert besitzt. Da ferner jede Einheit in
, welche die Relativnorm einer Einheit oder einer gebrochenen Zahl im Kummerschen Körper
ist, offenbar Normenrest von
nach
sein und daher nach Satz 151 (S. 272) notwendig auch den Gleichungen (160) genügen muß, so gehört jede Einheit der zu Anfang behandelten Schar auch der zweiten Einheitenschar an; weil beide Einheitenscharen gleiche Grade haben, sind sie miteinander identisch. Die vorgelegte Einheit
genügt nun nach Voraussetzung den Bedingungen (160) und gehört also der zweiten Einheitenschar an; nach dem eben Bewiesenen ist mithin
auch in der zuerst behandelten Einheitenschar enthalten, d. h. es ist
gleich der Relativnorm einer Einheit oder einer gebrochenen Zahl in
.
Es sei jetzt
eine beliebige ganze Zahl in
, welche die Voraussetzung des Satzes 167 erfüllt; wir fassen die in
aufgehenden Primideale des Körpers
ins Auge. Wir setzen
und
. Kommt das Primideal
des Körpers
in
zu einer Potenz erhoben vor, deren Exponent
nicht durch
teilbar ist, und geht außerdem
in der Relativdiskriminante des Körpers
nicht auf, so haben wir auf Grund der Angaben am Schlusse von § 133 auf S. 274
,
|
|
und mit Rücksicht auf die hieraus zu entnehmende Gleichung
|
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ist
nach Satz 149 (S. 254) in
als Produkt von
Primfaktoren darstellbar. Bedeutet
einen derselben, so haben wir
.
Es sei ferner
ein von
verschiedenes Primideal des Kreiskörpers
, und es komme
in
zu einer Potenz erhoben vor, deren Exponent
nicht durch
teilbar ist; dagegen sei der Exponent
, zu dem
in
aufgeht, durch
teilbar: dann ist nach der Definition des Symbols
,
|
|
und hieraus folgt wegen der Voraussetzung des Satzes 167
; nach Satz 149 (S. 254) ist also
in
als Produkt von
Primidealen darstellbar. Ist
eines dieser
Primideale, so wird
.
Endlich sind die in der Relativdiskriminante von
aufgehenden Primideale des Körpers
stets
-te Potenzen von Primidealen in
und daher ebenfalls Relativnormen von Idealen in
. Aus allen diesen Umständen zusammengenommen folgt, daß
die Relativnorm eines Ideals
in
sein muß, d. h. es ist
.
Wegen der Voraussetzung des Satzes 167 gehört ferner
dem Hauptgeschlecht in
an, und wir können daher nach Satz 166 (S. 332)
|
|
setzen, in solcher Weise, daß
ein Ideal in
und
ein Ideal in
bedeutet. Ist
die Anzahl der Idealklassen in
, so haben wir
, und folglich muß
eine ganze oder gebrochene Zahl des Körpers
sein; die Relativnorm dieser Zahl
ist offenbar
, wo
eine Einheit in
bedeutet. Aus der letzten Gleichung folgt nach Satz 151 (S. 272), daß für jedes beliebige Primideal
in
notwendig
und daher auch
sein muß. Es ist nun im ersten Teile des gegenwärtigen Beweises gezeigt worden, daß unter diesen Umständen
stets gleich der Relativnorm einer Zahl in
sein muß, wir setzen
, wo
eine Zahl in
ist. Bedeuten dann
und
zwei ganze rationale Zahlen von der Art, daß
ist, so folgt
|
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und hiermit ist der Beweis für den Satz 167 vollständig erbracht.
In diesem Beweise können wir die Anwendung des Satzes 151 beidemal auf den Fall
beschränken, da dann nach Satz 163 (S. 328) die behaupteten Tatsachen auch für
folgen.
Damit ist es dann gelungen, alle diejenigen Eigenschaften auf den regulären Kummerschen Körper zu übertragen, welche für den quadratischen Körper bereits von Gauss aufgestellt und bewiesen worden sind.