Das Gespenst (Lenau)
Das Gespenst.
Dies war einmal ein Edelhaus,
Nun ist es trauriglich zerfallen,
Es schneit und regnet in die Hallen,
Nur Räuber gehn dort ein und aus.
Wer auf der Jagd die Ent’ erschossen;
Da ist des Alten Blut geflossen,
Der wilde Sohn zum Teufel ritt.
Weib, Knecht und Dirne flohn den Ort,
Nun heißt’s: bei Nacht auf Enten steuert
Des Alten Geist durch’s Fenster dort.
Der Hirte sieht im Mondschein hell
Von fern das Hemd des Geistes flattern,
Den Schuß – und kriecht in’s Lämmerfell.
Er staunte jüngst in dunkler Nacht,
Die Lichter im Gemäuer brannten,
Den wilden Lärm von Musikanten
Hei! lustig klang’s im alten Nest,
Von Schmaus und Saus, Zigeunergeigen;
Die Räuber tanzen tollen Reigen,
Der Hauptmann hält sein Hochzeitfest.
Dem Räubersmann und seinem Schatze
Der Brautnacht Mond, des Pfaffen Glatze;
Die Lust vereint, der Scherge trennt.
Ein Räuber spukt im Haus umher,
Im weißen Hemd, auf Enten zielend,
Durch’s Fenster feuernd sein Gewehr.
Den Hirten lockt es Schritt um Schritt,
Er spürt beherzt in diesen Tönen
Er trinkt und tanzt und jubelt mit.
Des alten Edelmannes Geist
Spielt nun der Hirte gern vor allen,
Er läßt die Entenflinte knallen,
Der Alte übte Raub und Trutz
Im Dickicht finstrer Adelsbräuche;
Nun dient er als Pandurenscheuche
Den Räubern noch zu gutem Nutz.