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Christliche Symbolik/Hirt

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[406]
Hirt.

Christus selbst vergleicht sich mit einem guten Hirten, seine Gemeinde als seine Schafe, Joh. 10, 12. Er braucht [407] die Parabel vom guten Hirten, der das verlorne Schaf sucht und freudig auf den Achseln zurückbringt, mit Bezug auf die geretteten Seelen. Matth. 18, 13. Luk. 15, 5. Dasselbe Bild braucht auch schon Jesaias 40, 11. In dem nämlichen Sinne sagt Christus zu Petrus: „Weide meine Lämmer!" Das Priesteramt wurde als Hirtenamt übertragen, den Bischof bezeichnet sein krummer Hirtenstab ausdrücklich noch als Hirten. Pastor nennt sich auch noch der evangelische Geistliche. Oberhirt ist eine sehr gewöhnliche Bezeichnung des Papstes. Dem guten Hirten steht der Miethling entgegen als treuloser, eigennütziger Hirt, der die Heerde zu Grunde gehen lässt. Die Schweizer haben einen alten Vers:

Zur Zeit, da Einfalt noch regiert,
Ein hölzin Stab, ein güldin Hirt,
Und jetzt, da alles klüger wird,
Ein güldin Stab, ein hölzin Hirt.

Christus als guter Hirt kommt auf einer Menge von altchristlichen Grabdenkmalen in den Katakomben und andern ältesten christlichen Bildwerken vor. Kein Bild ist so häufig dargestellt als dieses, weil darin für den Verstorbenen die Verheissung lag, Christus werde seine verlorne Seele suchen, wie der gute Hirt das verlorne Schaf gesucht hat. Ueber diese Bildwerke vgl. die Katakombenwerke, dazu Piper, Myth. I. 77 f. Münter, christl. Sinnbilder I. 60. Immer erscheint Christus als ein Jüngling in leichtgeschürzter Hirtentracht, die Schafe zuweilen neben ihm, gewöhnlich aber trägt er eins auf der Schulter. Zuweilen trägt er eine Pansflöte, Didron, icon. 346, was zu den christlichen Orpheusbildern hinüberleitet, die jedoch etwas Anderes bedeuten, als der gute Hirt, sofern Christus hier nicht als Hirt die Schafe hütet, sondern durch seinen Gesang wilde Thiere bezähmt. — Murillo malte den Heiland als jungen Hirtenknaben unter den Schafen.

Der Prophet Amos trägt als Hirt auf Bildern Hirtenstab und Tasche. Eben so die heiligen Hirten Drogo, Florena[WS 1], der Knabe Wendelin, die heilige Genoveva, Schutzpatronin von Paris, [408] Die Juden waren ursprünglich ein Hirtenvolk. Hirten bewahrten treuer den alten Glauben, die alte Sitte, als Ackerbauer, bei denen immer bald Städtewesen, Reichthum, Cultur und Corruption aufkamen. Daher die Hirten als Volk Gottes einen ältesten Gegensatz bildeten gegen die üppigen Ackerbauer und Städter in Aegypten und Babylon. Dieser Gegensatz ist schon im Hirten Abel und Ackerbauer Kain ausgedrückt. Damit hängt zusammen, dass der Engel, welcher Christi Geburt verkündete, nur den Hirten erschien, welche dann auch die ersten waren, welche dem neugebornen Heiland in einfältiger Andacht huldigten, entsprechend den einfachen und armen Menschen, welche Christus später zu seinen Aposteln wählte. Indem die Hirten zuerst das Gloria in excelsis vernahmen und zuerst vor der Krippe knieten, freute sich gleichsam die noch unschuldige und unverdorbene Menschheit zuerst ihres Erlösers. – In den dramatischen Weihnachtsspielen, namentlich der Spanier, sind die Hirtengespräche vor der Erscheinung des Engels oft reizend naiv und kindlich fromm, nicht selten aber auch schon in die empfindsame Schäferpoesie hineingezogen, oder burlesk. Auf Bildern der Hirtenanbetung erscheinen die Hirten meist, wie es recht ist, als gutherzige und fromme Naturmenschen, nur einige Maler haben sie auf unwürdige Weise roh und gemein dargestellt. Dem unkirchlichen Sinne entstammt auch ein Bild, auf welchem das Christkind mit fast thierischer Gier nach der Mutter Brust greift, ohne auf die andächtigen Hirten zu achten (von Parmegianino in Petersburg. Hand I. 147.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Berichtigung Band II. In der Vorlage: 'Flores'