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Christliche Symbolik/Auferstehung

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Auferstehung.

Unbeirrt durch den falschen Idealismus der heidnischen Philosophie und der Häresien, die eine Präexistenz der Seelen und eine rein geistige Fortdauer derselben annahmen, oder die Seele nach dem Tode in neue und fremde Körper wandeln liessen, hielt die Kirche an dem Beispiel des leiblich auferstandenen Heilandes fest, und verhiess allen Menschen, dass sie, die nur einmal geboren und wenn auch unsterblich, doch immer die gleichen seyen, im Fleische auferstehen würden, mit dem alten, nur verklärten Leibe. 1. Kor. 15, 42. 52. [87] Dieselbe Lehre war aber auch schon in Sprüchen des alten Testaments begründet, Jesaias 26, 19. Daniel 12, 2. Hosea 6, 2. Und der Prophet Ezechiel 37. sah in einer grossartigen Vision die allgemeine Auferstehung der Todten vorher. Ein grosses Rauschen geschah, alle Gebeine bewegten sich und schlossen sich dem Leibe wieder an, umkleideten sich mit Adern und Fleisch, mit Haut und Haar und empfingen den Lebensodem wieder. Die Juden, immer rationalistisch und egoistisch zugleich, suchten sich die Wiederherstellung des in Staub zerfallenen Leibes zu erklären durch die Voraussetzung, von jedem Todten bleibe ein kleines Knöchlein (Lus genannt) unverweslich und behalte die Reproductionskraft des Ganzen in sich; glaubten aber noch ferner, ihr auserwähltes Volk sey berufen, im Thale Josaphat wiederzuerwachen, weshalb im Mittelalter reiche Juden ihre Leichen dahin bringen liessen. Welcher Jude ausserhalb dieses heiligen Kirchhofs begraben wird, muss sich unter der Erde durchwühlen, bis er dahin gelangt. Eisenmenger, entd. Judenth. II. 890 f. Dem Christen genügt die Gewissheit, dass er überall, wo er auch sterbe und begraben werde, in Gottes Hand sey und seiner Verheissung gemäss vom Tode zum Leben auferstehen werde mit dem alten, jedoch verklärten Leibe. Die Verklärung aber ist bedingt durch die Taufe und bestärkt durch das Abendmahl. Hieher ist die oben im Artikel Abendmahl erwähnte Lehre von der Unsterblichmachung des Fleisches durch die Gemeinschaft mit dem Leibe und Blute des Herrn zu beziehen. Zu Sinnbildern dieser Unverweslichkeit machte man den Pfau, weil sein Fleisch für unverweslich gehalten wurde, und den Salamander, weil er im Feuer leben soll. Die letztere Vergleichung bezog sich hauptsächlich auf die Lehre vom Fegfeuer und von der Hölle. Augustinus, de civit. dei 21. Daher das öftere Vorkommen des Pfauen auf den altchristlichen Gräbern in den römischen Katakomben.

Die christliche Voraussetzung ist ferner, dass alle Todten erst künftig gemeinsam erwachen und auferstehen werden, [88] wenn das Ende der irdischen Dinge gekommen ist, kein Mensch mehr lebt und der Tag des Gerichtes heranbricht, an welchem ausgeschieden werden die, welche zur ewigen Verdammniss, und die, welche zur ewigen Seligkeit berufen sind. Die Natur selbst feiert jährlich ein Auferstehungsfest im Frühling, welches daher der kirchlichen Osterfeier zur sinnbildlichen Unterlage dient. Sehr schön heisst es in einer Hymne des Fortunatus: „Siehe, der Frühling bezeugt, dass der Herr wiederkehrt mit seinen Gaben. Nur Ihm, dem Herrn, schmückt sich der Wald und die Au mit neuem Grün.“ Fortlage, christl. Gesänge S. 137. Und in einer Hymne des Adam von St. Victor: „Und es aufersteht die Flur mit dem auferstandenen Herrn,“ wobei der Frühling das wiederkehrende Paradies vorbedeutet. Daselbst 139. Eben so in der schönen Hymne: Plaudite coeli. Königsfeld, latein. Hymnen S. 226.

Im ganzen Ostercultus macht sich diese Wechselbeziehung geltend. Das Osterwasser, die Osterlichter, Ostereier etc. sind Sinnbilder, die aus dem neu erwachten Naturleben, aus den vom Eise befreiten Flüssen, aus dem heller gewordenen Tage, aus den neuen Zeugungen im Pflanzen- und Thierleben entlehnt sind. Vor Allem wichtig ist aber das Sinnbild der Sonne. Der Aufgang der Ostersonne bezeichnete das Auferstehen Christi aus dem Grabe, daher man noch in sehr später Zeit, ja in einigen Gegenden noch jetzt in der Osternacht auf die Berge geht, um den Sonnenaufgang am Ostermorgen zu sehen, wobei es alter Volksglaube ist, die Ostersonne hüpfe dreimal vor Freuden über die Auferstehung des Heilands auf. Hieher gehört auch die Osterhymne des Ambrosius: Aurora coelum purpurat (vgl. Königsfeld, latein. Hymnen S. 16 u. 18), und die Bekleidung des auferstehenden Heilands mit einem morgenrothen Gewande auf einem venetianischen Miniaturbild. Kunstblatt 1823, S. 54. Diese Farbe wiederholt sich auch auf neueren Bildern. Vgl. Wessenberg, christl. Bilder II. 211. Das Wichtigste aber ist, dass die Feier des christlichen Sonntags überhaupt nur aus dem [89] Ostercultus stammt, nur eine wöchentliche Wiederholung desselben ist, weil Christus an einem Sonntage auferstanden ist. Nur deshalb musste Ostern auch ein bewegliches Fest werden, weil die Kirche nicht davon abgehen kann, das jährliche Auferstehungsfest an einem Sonntage zu feiern. Vgl. den Artikel Ostern.

Alttestamentalisches Vorbild der Auferstehung der Menschen überhaupt ist das Herausgehen Noah’s aus der Arche, die schon erwähnte Vision Ezechiels, entsprechend der Schilderung des letzten Gerichts in der Offenbarung Johannis. Vorbild der Auferstehung des Heilands insbesondere ist das Aufbrechen des Löwenrachen durch Simson, die Rettung des Propheten Joans aus dem Fische, in dem er drei Tage gefangen lag, wie Christus drei Tage lang im Grabe. Auch die Erweckung des Lazarus gilt als ein Bild der Auferstehung überhaupt.

Das grosse Auferstehungsfest des Christen ist Ostern. Der Siegesfreude des Ostermorgens geht aber die Klage des Charfreitags vorher. In der Zeit, in welcher Christus im Grabe weilte, tritt er in nächste Beziehung zum Tode wie zur Hölle. Daher die schon im Artikel Adam berührte Vorstellung von der Erlösung der Patriarchen aus der Vorhölle. Aber noch wichtiger als diese zarte Rücksicht auf die Urväter muss der Sieg über Tod und Hölle überhaupt erscheinen.

Die Auferstehung wurde im christlichen Mittelalter sehr häufig als geistliches Schauspiel in Verbindung mit den Passionsspielen zur Osterzeit in den Kirchen oder auf freien Plätzen dargestellt. Die geistvollste Dichtung dieser Art ist eine niederdeutsche, im zweiten Bande der Schauspiele des Mittelalters von Mone abgedruckt. Der ohnmächtige und misshandelte Christus steht hier allein der gesammten Macht und List der Erde und Hölle gegenüber, um endlich über beide zu triumphiren, den sündigen Menschen gnädig zu verzeihen, die Mächte der Hölle aber zu fesseln. Dieser schöne Gedanke ist auf’s Feinste durchgeführt. Roher ist die Auffassung in einem andern, etwas spätern Stück derselben [90] Sammlung, so wie in einem altfranzösischen bei Jobinal II. Der Kampf des Heilands mit Tod und Teufel in der Unterwelt unmittelbar vor seiner Auferstehung ist auch in einem merkwürdigen alten Kupferstich ausgedrückt, auf welchem er aus Gerippen und Ungeheuern emporsteigt. Rathgeber, Gothaer Mus. 172.

Zur Symbolik der Auferstehung des Heilands gehört die Siegesfahne. Gewöhnlich trägt er auf Bildern, indem er aus dem aufgebrochenen Grabe herausschwebt, die Siegesfahne in der Hand. Ferner das Anzünden der Lichter in den vorher dunklen Kirchen und deren plötzliche Erhellung; der Blumenschmuck der in den Kirchen der Feier wegen angebrachten heiligen Gräber, das Osterei als Sinnbild des Grabes (s. den Artikel Ei), endlich verschiedene Weihen, die gerade am Ostermorgen vorgenommen wurden, weil man die Kraft der Erneuerung und Wiedergeburt gleichsam vom heiligen Grabe und von der Stunde der Auferstehung ausströmen lassen wollte auf Alles, dessen Erneuerung den Menschen von Werth ist.

Man ist nicht befugt, hierin etwas spezifisch Heidnisches zu sehen. Allerdings wurden auch schon in heidnischer Zeit im Frühlingsäquinoctium Wasser, Licht, Felder etc. geweiht im Namen der in der neuerstarkten Sonne wohnenden Gottheit, und feierte man überhaupt ein grosses Frühlings- oder Auferstehungsfest der Saaten. Was war natürlicher, als dass man die christliche Osterfeier an jene ältere heidnische anschloss, aber nur im Namen des Einen Gottes und nicht mehr in Bezug auf die grüne Saat des Feldes, sondern auf die Saat der Seelen, die da auferstehen sollen zum ewigen Leben?

Didron macht in seinem manuel p. 200. darauf aufmerksam, dass auf Bildern der Auferstehung Christi bis zum 13ten Jahrhundert die Wächter stets fest schlafend, von jenem Jahrhundert ab dagegen im Erwachen begriffen dargestellt werden, worin er einen Beweis erkennt, dass früher der Glaube unbedingter und naiver war, und dass sich in den seit dem 13ten Jahrhundert geöffneten Augen der römischen [91] Grabwächter das Bedürfniss, Zweifel zu überwinden, ausspreche.

Zur Symbolik der allgemeinen Auferstehung gehört vor Allem die Posaune des Weltgerichts, deren Schall die Todten wecken soll. In einer Hymne des Prudentius weckt Christus als Hahn die Schläfer auf, in einer andern als aufgehende Sonne. Vgl. Schrökh, Kirchengesch. VII. 104. An die Posaune knüpft sich die Vorstellung des Schreckens derer, die sich vor der Verdammung fürchten; an die aufgehende Frühlingssonne aber die Wonne der Erlösten und Seligen. Diese Wonne durchdringt auch die meisten kirchlichen Osterlieder, das freudige plaudite coeli, – pone luctum, Magdalena – Christ ist erstanden (dessen älteste Form in Uhlands Volksliedern S. 831.).

Grossartig ist das Bild der Offenbarung Johannis 20, 13: „Und das Meer gab alle seine Todten heraus“ und die Erde die ihrigen. In Stehlings jüngstem Gericht S. 104. sehen die zuletzt Gestorbenen staunend die uralten Völker aus ihren Gräbern steigen. Die massenhafte Bewegung entspricht hier allein der Grösse des Moments. Wenn Peter von Cortona im römischen Pallast Colonna die separate Auferstehung einer einzigen Familie malte, zu der sich Christus herbeibemüht, so ist das eine kleinliche Auffassung. Eben so misslungen war der Versuch des englischen Malers Blake, die Wiedervereinigung der Seele mit dem Körper zu malen. – Auf dem berühmten Auferstehungsbild Orcagna’s in Florenz und auch sonst öfter findet sich die falsche Vorstellung von Engeln, die den guten Menschen aus den Gräbern helfen, und von Teufeln, welche die bösen mit Gewalt aus der Erde zerren. Das ist voreilig. Der Mensch wird den Dämonen erst nach dem Gerichte überliefert. Auf einem griechischen Kirchenbilde bei Didron, man. p. 271. kommen auch in Menge wilde Thiere des Landes und Ungeheuer des Meeres vor, welche gliedweise die Menschen, die sie einst gefressen hatten, zum Behufe der Auferstehung wieder im Rachen herbeitragen.