Beschreibung des Oberamts Leonberg/Kapitel B 15
« Kapitel B 14 | Beschreibung des Oberamts Leonberg | Kapitel B 16 » | |||
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
| |||||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Die Pfarrkirche mit dem ehemals festen, ummauerten Kirchhof, liegt beinahe mitten im Dorf; das Langhaus derselben wurde durch die in den Jahren 1607 und 1817 an der Kirche vorgenommenen Veränderungen entstellt und seiner ehemaligen germanischen Bauweise beinahe gänzlich beraubt. Über einem alten Eingang auf der Südseite, der nun in ein Fenster umgewandelt ist, steht die Jahrzahl 1489. Das Innere ist hell und erhielt erst in neuester Zeit eine Tünchung, von welcher auch der alte, achteckige, im germanischen Styl gehaltene Taufstein, auf dem das württembergische Wappen angebracht ist, nicht verschont blieb. An der nördlichen Wand befinden sich zwei Grabdenkmale mit folgenden Inschriften: 1) Anno dom. 1575 uf d. 2. Augusti starb der edel u. vest Hans Hainrich Rau von Winada zu Malmsen. 2) Anno dom. 1575 d. 18. Augusti starb die edel u. tugendsame Frau Reihin (Rauen) von Winada, geb. v. Clamm zu Malmsen.
Eine ordentlich gemalte Gedächtnißtafel für dieses Ehepaar hängt in der Nähe der Kanzel.
Vom Langhaus führt ein spitzbogiger Triumphbogen zu dem Chor, welches sich in dem untersten Stockwerke des Thurms befindet; dasselbe hat ein Kreuzgewölbe, auf dessen Schlußstein ein Stern angebracht ist.
Der viereckige, massive Thurm geht gegen oben in ein Achteck über, dem ein mit Blech gedecktes Bohlendach aufgesetzt ist. Auf demselben hängen 2 Glocken, von denen die größere die Jahreszahl 1699 trägt. Die Kirche ist Eigenthum der Stiftungspflege, welche auch die Unterhaltung derselben zu besorgen hat; übrigens muß die Gemeindekasse wegen Mittellosigkeit der Stiftungspflege nicht selten eintreten.
Der dermalige Begräbnißplatz ist am südlichen Ende des Ortes gelegen.
Das mit allen erforderlichen Bequemlichkeiten und geschlossenem Hofraum versehene Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, liegt frei und angenehm etwa 300 Schritte von der Kirche entfernt, an der gangbarsten Straße des Dorfs, und befindet sich trotz seines Alters in gutem Zustande.
Nächst der Kirche liegt das Schulhaus mit Lehrerwohnung; es ist mangelhaft, daher der Bau eines neuen beabsichtigt. Das geräumige Rathhaus befindet sich in gutem Zustande; auch ist längst ein Gemeinde-Back- und Waschhaus vorhanden.
Die sehr betriebsamen, gutgearteten Einwohner sind im Allgemeinen | in günstigen Vermögensumständen; die minder bemittelten sichern sich durch Holzmachen ihr Auskommen und keine Familie ist so unbemittelt, daß sie nicht im Stande wäre, eine Kuh zu erhalten. Haupterwerbsmittel sind Feldbau und Viehzucht; ersterer wird im Dreifeldersystem mit vieler Sorgfalt betrieben, wie denn auch landwirthschaftliche Verbesserungen, namentlich zweckmäßigere Anlegung der Düngerstätten, Benützung der Jauche, der Suppinger- und Flandrische Pflug Eingang gefunden haben. Die Feldgüter liegen theils ziemlich eben, theils an den Abhängen des Rankbach-Thales und dessen Seitenthälchen; sie haben im Durchschnitt einen fruchtbaren, schweren Lehmboden, mit Ausnahme des südlichen Theils der Markung, wo sich der Muschelkalk geltend macht. Von den gewöhnlichen Getreidearten gedeiht der Dinkel vorzüglich und ist wegen seiner Güte sehr gesucht. Man rechnet Aussaat auf den Morgen an Dinkel 1 Schffl., an Hafer 4–5 Sri., an Einkorn 6 Sri. und an Roggen 2 Sri.; der Ertrag wird zu 10 Schffl. Dinkel, 5–6 Schffl. Hafer, 8–9 Schffl., Einkorn und 3–4 Schffl. Roggen per Morgen angegeben. Die Früchte gehen nach Calw und Weil d. St. zum Verkauf. In der zu 3/4 angeblümten Brache baut man Kartoffeln und Ackerbohnen, Wicken, Klee, Mohn und ziemlich vielen Hanf; letzterer wird meist im Ort versponnen und dann das Gewebe verkauft. Der geringste Preis eines Morgens Acker ist 100 fl., der mittlere 250 fl. und der höchste 600 fl. Die Wiesen, welche theilweise bewässert werden können, sind ergiebig und liefern im Durchschnitt per Morgen 25 Cent. Heu und 10–12 Cent. Öhmd. Ihre Preise sind 300 fl., 500 fl. und 600 fl. per Morgen. Von geringerer Ausdehnung ist die Obstzucht. Nördlich vom Ort wurde früher Weinbau getrieben, der aber längst abgegangen ist. Die Gemeinde besitzt 950 Morgen mit Laub- und Nadelholz gemischte Waldungen; von dem in 291 Klaftern und 9347 St. Wellen bestehenden jährlichen Ertrag erhält jeder Bürger 7/8 Klafter und 30 Wellen. Überdieß werden noch 61 Kl. und 800 St. Wellen für Besoldungen, Heizung des Rathhauses, der Schule etc. und jedem Bauenden das Bauholz in billigem Anschlage abgereicht; der Holz-Erlös für die Gemeindekasse beträgt jährlich 6–800 fl.Der Rindviehstand, aus Landrace mit Simmenthaler Kreuzung bestehend, ist gut, die Zucht wird durch 4 Farren, welche auf Kosten der Gemeinde erhalten werden, gepflegt. Der Handel mit Vieh ist unbedeutend.
Pferde werden im Ort nicht gezüchtet, sondern zum Zug auswärts gekauft.
Über 500 Schafe, welche den Ortsbürgern gehören, laufen auf der Orts-Weide und finden auch im Ort Überwinterung; die Wolle kommt in der Umgegend zum Verkauf.
| Die Schweinezucht ist nicht unbedeutend; es werden mehr Schweine aus- als eingeführt. Die Bienenzucht beschränkt sich auf etwa 50 Stöcke.Im Orte befinden sich 4 Schildwirthschaften, 1 Brauerei und 2 Krämer.
Von den übrigen Gewerben, welche meist nur den örtlichen Bedürfnissen dienen, ist das der Leineweber am stärksten vertreten. Neben der Volksschule, an welcher ein Lehrer und ein Lehrgehilfe unterrichten, besteht auch eine Industrieschule.
Vicinalstraßen gehen nach Weil d. St., Merklingen und Renningen; im Ort führt eine steinerne Brücke über den Rankbach. Auch zieht durch den Ort eine ehemalige Römerstraße, das „Rheinsträßle“ genannt (s. den allg. Theil).
Das Kapitalvermögen der Gemeinde beträgt 6900 fl., das der Stiftungspflege 5261 fl.; Zinse aus letzterem werden insbesondere verwendet aus 300 fl. von einer Anna Rau, geb. v. Clamm, zu Brod für Arme, aus 245 fl. zur Anschaffung von Schulbüchern, aus 32 fl. zu Schulgeldern.
Der Staat, welcher auch Grundherr ist, hatte bisher den großen und den Heuzehnten zu beziehen, jedoch waren die meisten Wiesen zehentfrei. Der kleine Zehente stand früher der Pfarrei zu. Grundherrliche Gefälle bezogen auch die Stiftungspflege und der Freiherr v. Hiller zu Gärtringen.
Als einzelner Wohnsitz auf der Ortsmarkung besteht die Rank-Mühle mit 2 Mahlgängen und 1 Gerbgang, am Rankbach, 1/4 Stunde südwestlich vom Orte gelegen.
Auf dem Sparnsberg, südlich vom Dorf, stand eine, dem heiligen Nicolaus geweihte Kapelle.
Malmsheim tritt im Jahr 1075 in die Geschichte ein; Diemo de Malbodesheim ist damals Zeuge in einer Urkunde des Klosters Hirschau; andere Schreibweisen sind Malbotesheim um 1105 (Trad. Reichenbac. bei Kuen Coll. 2, 59), Malmisheim 1183.
Im Jahr 1183 erscheint Malmsheim unter den hohenstaufischen Hausgütern (Pertz Mon. 4, 566).
Von dem Ortsadel machen sich außer dem eben genannten Diemo bemerklich: Gerlach um 1105 (Kuen a. a. O.), Schwigger und Gerhard, welch letzterer um 1160 auf einer Pilgerfahrt nach Jerusalem starb (Cod. Hirs. ed. Stuttg. 88), Gebhard seit 1225, Werner 1258, Hermann Konrad 1275, Werner, genannt Musberg und sein Bruder Heinrich u. A. m.; zuletzt noch Trutwin 1414.
Ferner waren hier angesessen und begütert die Maiser, gräflich calwische, dann gräflich vaihingische Vasallen. Berthold Maiser, Ritter, | verkaufte im Jahr 1188 an das Kloster Maulbronn ein Gut in Weissach, welches die Grafen von Calw freiten, deren Ministerialin Bertholds Frau war. Im Jahr 1331 u. f. blühten in dieser Familie Wolf, 1335 Konrad, 1427 Reinhard, 1472 Cuno; der Hirschauische Abt Wolfram 1428–1460 war gleichfalls von diesem Geschlecht.Schlösser stunden hier zwei. Ein unteres liegt schon seit ein Paar Jahrhunderten wüste; ein Grasgarten wird nach ihm der Schloßgarten genannt; zu diesem Schloß gehörte ein Meiereigut, wovon das Gebäude noch steht, sowie das (kleine) Gesindehaus; ein oberes Schloß liegt beinahe mitten im Ort und gehört gegenwärtig einem Bürger Jakob Völmle. Am 1. März 1500 verkauft Bernhard von Eberstein letzteres Schloß um 110 fl. rhein. an das Kloster Herrenalb.
An Württemberg ging die Lehensoberherrlichkeit über diesen Ort um 1356 von den Grafen von Vaihingen über (Reichsständ. Arch. Urk. 1, 12. 13.); nach genanntem Jahr erscheinen die Maiser als belehnt von Württemberg mit drei Theilen an Burg und Dorf, und 1420 auch mit der Vogtei. Von diesen Maisern kamen in den Jahren 1381 und 1383 mehrere Güter und am 14. September 1479 von Cuno von Berg, genannt Maiser, und Dorothea von Halfingen, seiner Frau, der untere Burgstall und die Hälfte an dem Dorfe, dem Gerichte, Umgeld etc. für 300 fl. baar und 50 fl. jährlichen Leibgedings an Württemberg (Sattler, Grafen 3, 137).
Begütert waren allhier auch die Herren von Gärtringen, von Heimerdingen, von Nippenburg.
Ihren hiesigen Zehenten überließen den 4. April 1318 Volmar von Malmsheim und Guta von Riet, seine Frau, an den Grafen Eberhard von Württemberg für seine Forderung an sie. Herzog Johann Friedrich von Württemberg erkaufte im Jahr 1610 beständige Gefälle in Malmsheim an den Kammersekretär Joh. Sattler. Gülten erwarb der württembergische Kirchenrath im Jahr 1751 für 1500 fl. von dem Spital in Weil.
Das Patronat erkaufte Graf Eberhard von Württemberg den 14. Febr. 1301 von den Grafen Heinrich und Otto von Zweibrücken (Scheffer 13). Graf Ludwig von Württemberg überließ dasselbe am 22. Februar 1454 gegen das zu Stetten unterm Heuchelberg an das Kloster Hirschau, welches noch am 14. August desselben Jahres diese Kirche incorporirte. Mit dem Kloster Hirschau kam das Patronat abermals an Württemberg und so hat heutzutage die Krone das Nominations- und Confirmationsrecht.
Im 15. Jahrhundert bestund hier eine Pfarrstelle, eine Frühmeß und eine Pfründe zum Muttergottesaltare (Würdtwein, Subs. 10, 340), | deßgleichen zum Nikolausaltar, dessen Bewidmung 1481 erneut wurde (Urkunde im Staatsarchiv).Hirschau hatte schon frühe hiesige Besitzungen, namentlich erkaufte es 1344 einen hiesigen Hof um 450 fl. von Götz von Weil, Kirchherrn zu Ostelsheim, im Jahr 1354 91/2 Malter jährlichen Korngelds von Schmid Ytzmann und seiner Frau, Katharina von Waldeck, aus dem hiesigen Waldecker Hof; im Jahr 1455 ertauschte es gegen Gülten zu Dettenhausen von Graf Ludwig von Württemberg 29 Malter Dinkel und Hafer jährlich aus dem Zehenten und Widem der hiesigen Kirche (welche sonach 1454 noch bei Württemberg geblieben waren). – Auch das Kloster Bebenhausen besaß hiesige Güter.
« Kapitel B 14 | Beschreibung des Oberamts Leonberg | Kapitel B 16 » | |||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|