Benutzer:Shruggy/Baustelle/3
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Erster Auftritt.
[Bearbeiten]Chor.
(Man sieht von Weitem Clytemnestren und ihre Tochter noch im Wagen, nebst einem Gefolge von Frauen.)
Wie das Glück doch den Mächtigen lachet!
Auf Clytemnestren, die Königlichgroße,
Tondars Tochter! – Wie herrlich geboren!
Wie umleuchtet vom lieblichen Glück!
Ha diese Reichen – Wie göttliche Wesen
Stehet still! Sie steigen vom Sitze.
Kommt, sie mit Ehrfurcht zu grüßen! Zur Stütze
reicht ihnen freundlich die helfende Hand.
Empfanget sie mit erheiterter Wange,
ihren Tritt in dieses Land.
Keine Furcht, kein unglückbringend Zeichen
soll der Fürstinn Antlitz bleichen,
fremd wie wir an Aulis Strand.
Zweiter Auftritt.
[Bearbeiten]Clytemnestra mit dem kleinen Orestes. Iphigenie. Gefolge. Chor.
Clytemnestra.
(noch im Wagen, zum Chor.)
und eines frohen Hymens Unterpfand,
dem ich die Tochter bringe, nehm’ ich mir
aus eurem Gruß und freundlichem Empfange.
So hebet denn die hochzeitlichen Gaben,
und bringt sie sorgsam nach des Königs Zelt.
Du, meine Tochter, steige aus. Empfanget
sie sanft in euren jugendlichen Armen.
Wer reicht auch mir nun seines Armes Hülfe,
(zu ihren Sclavinnen.)
Ihr andern tretet vor das Joch der Pferde,
denn wild und schreckhaft ist der Pferde Blick.
Auch diesen Kleinen nehmet mit – Es ist
Orestes, Agamemnons Sohn. Dein Alter
Wie? Schläfst du süsses Kind? Der Knabe schläft,
des Wagens Schaukeln hat ihn eingeschläfert.
Wach’ auf mein Sohn zum Freudentag der Schwester!
So groß du schon und edel bist geboren,
mit Thetis göttergleichem Sohn dich ehren.
Du, meine Tochter, gehe ja nicht weg,
daß diese fremden Frauen dort, die dich
an meiner Seite sehen, mir’s bezeugen,
Dein Vater! Auf ihn zu begrüßen!
Dritter Auftritt.
[Bearbeiten]Agamemnon zu den Vorigen.
Iphigenie.
Wirst
du zürnen Mutter, wenn ich meine Brust
an seine Vaterbrust zu drücken ihm
entgegen eile?
Clytemnestra.
O mir über alles
wir angelangt, wie du gebot’st.
Iphigenie.
O laß
mich nach so langer Trennung, Brust an Brust
geschlossen, dich umarmen, Vater! Laß
mich deines lieben Angesichts genießen!
Agamemnon.
Genieß’ es Tochter.
Ich weiß, wie zärtlich du mich liebst – du liebst
mich zärtlicher als meine andern Kinder.
Iphigenie.
Dich nach so langer langer Trennung wieder
zu haben – wie entzückt mich das mein Vater!
Agamemnon.
gilt von uns beiden.
Iphigenie.
Sei mir tausendmal
gegrüßt! Was für ein glücklicher Gedanke,
mein Vater, mich nach Aulis zu berufen.
Agamemnon.
Ein glücklicher Gedanke – Ach! das weiß
Iphigenie.
Wehe mir! Was für
ein kalter freudenleerer Blick, wenn du
mich gerne siehst!
Agamemnon.
Mein Kind! Für einen König
und Feldherrn gibt’s der Sorgen so gar viele!
Iphigenie.
Laß diese Sorgen jezt, und sei bei mir.
Agamemnon.
Iphigenie.
O so entfalte deine Stirn’! Laß mich
dein liebes Auge heiter sehen.
Agamemnon.
Ich
entfalte meine Stirne. Sieh’! So lang’
ich dir ins Antlitz schaue bin ich froh.
Iphigenie.
Agamemnon.
Weil wir auf lange von einander gehn.
Iphigenie.
Was sagst du? – Liebster Vater, ich verstehe
dich nicht – ich soll es nicht verstehen!
Agamemnon.
So klug
ist alles, was sie spricht! – Ach! das erbarmt
Iphigenie.
So will ich Thorheit reden,
wenn das dich heiter machen kann.
Agamemnon.
(vor sich.)
Ich werde
mich noch vergessen – – Ja doch meine Tochter –
ich lobe dich – ich bin mit dir zufrieden.
Iphigenie.
Bleib’ lieber bei uns Vater! Bleib’ und schenke
Agamemnon.
Daß ich’s könnte! Ach!
Ich kann es nicht – ich kann nicht, wie ich wünsche –
das ist es eben, was mir Kummer macht.
Iphigenie.
Verwünscht sey’n alle Kriege, alle Uebel
die Menelaus auf uns lud!
Agamemnon
Dein Vater
Iphigenie.
Wie lang’ ist’s nicht schon, daß du, fern von uns,
in Aulis Busen müßig liegst!
Agamemnon.
Und auch
noch jezt sezt sich der Abfahrt meiner Flotte
ein Hinderniß entgegen!
Iphigenie.
Wo, sagt man,
Agamemnon.
Wo –
Ach! wo der Sohn des Priamus nie hätte
geboren werden sollen!
Iphigenie.
Wie? So weit
schiff’st du von dannen, und verlässest mich?
Agamemnon.
Wie weit es auch seyn möge – Du, mein Kind,
Iphigenie.
Wäre mir’s
anständig, lieber Vater, dir zu folgen,
wie glücklich würd’ ich seyn!
Agamemnon.
Was für ein Wunsch!
Auch dich erwartet eine Fahrt, wo du
an deinen Vater denken wirst.
Iphigenie.
Reis' ich
begleitet?
Agamemnon.
Du allein. Dich wird kein Vater
begleiten, keine Mutter.
Iphigenie.
Also willst
du in ein fremdes Haus mich bringen lassen?
Agamemnon.
Laß gut seyn! Forsche nicht nach Dingen, die
Iphigenie.
Komm du
von Troja uns recht bald und siegreich wieder!
Agamemnon.
Erst muß ich noch ein Opfer hier vollenden.
Iphigenie.
Das ist ein heiliges Geschäft, worüber
du mit den Priestern dich berathen mußt.
Agamemnon.
nicht weit vom Becken[WS 1] wirst du stehn.
Iphigenie.
So werden
wir einen Reigen um den Altar führen?
Agamemnon.
Die Glückliche in ihrer kummerfreien
Unwissenheit! – Geh’ jezt in’s Vorgemach,
(sie umarmt ihn.)
Eine schwere
Umarmung war das und ein bitt’rer Kuß!
Es ist ein langer Abschied, den wir nehmen.
O Lippen – Busen – blondes Haar! Wie theuer
kommt dieses Troja mir und diese Helena
Geh’! Unfreiwillig bricht aus meinen Augen
ein Thränenstrom, da dich mein Arm umschließet.
Geh’ in das Zelt.
(Iphigenie entfernt sich.)
Vierter Auftritt.
[Bearbeiten]Agamemnon. Clytemnestra. Chor.
Agamemnon.
O Tochter Tyndars, wenn
du allzuweich mich fandest, sieh’ dem Schmerz
jezt zu Achillen scheiden sehen soll!
Ich weiß es. Ihrem Glück geht sie entgegen.
Doch welchen Vater schmerzt es nicht, die er
mit Müh’ und Sorgen auferzog, die Lieben,
Clytemnestra.
Mich
soll man so schwach nicht finden. Auch der Mutter
– kommt’s nun zur Trennung – wird es Thränen kosten,
und ohne dein Erinnern – doch die Ordnung
und deiner Tochter Jahre heischen sie.
er ist, weiß ich bereits. Erzähle mir
von seinen Ahnherrn jezt und seinem Lande.
Agamemnon.
Aegina kennest du, Asopus Tochter.
Clytemnestra.
Wer freite sie, ein Sterblicher, ein Gott?
Agamemnon.
Oenopiens gebar.
Clytemnestra.
Wer folgte diesem
auf seinem Königsthrone nach?
Agamemnon.
Derselbe,
der Nereus Tochter freite, Peleus.
Clytemnestra.
Mit
der Götter Willen freit’ er diese, oder
Agamemnon.
Zevs
versprach sie, und der Vater führte sie ihm zu.
Clytemnestra.
Wo war die Hochzeit? In des Meeres Wellen?
Agamemnon.
Die Hochzeit war auf dem erhabnen Sitze
des Pelion, dem Auffenthalte Chirons.
Clytemnestra.
Agamemnon.
Dort feierten die Götter Peleus Fest.
Clytemnestra.
Den jungen Sohn – hat ihn der Vater, oder
die Göttliche erzogen?
Agamemnon.
Sein Erzieher
war Chiron, daß der Bösen Umgang nicht
Clytemnestra.
Ihn erzog
ein weiser Mann! Und weiser noch war der,
der einer solchen Aufsicht ihn vertraute.
Agamemnon.
Das ist der Mann, den ich zu deinem Eidam
bestimme.
Clytemnestra.
An dem Mann ist nichts zu tadeln.
Agamemnon.
Die Gränzen von Phthiotis, die der Strom
Apidanus durchfließt, ist seine Heimat.
Clytemnestra.
So weit wird er die Tochter von uns führen?
Agamemnon.
Das überlaß’ ich ihm. Sie ist die Seine.
Clytemnestra.
der Tag seyn?
Agamemnon.
Wenn der segensvolle Kreis
des Mondes wird vollendet seyn.
Clytemnestra.
Hast du
das hochzeitliche Opfer für die Jungfrau
der Göttinn schon gebracht?
Agamemnon.
Ich werd’ es bringen.
Clytemnestra.
Ein Hochzeitmahl gibst du doch auch?
Agamemnon.
Wenn erst
die Himmlischen ihr Opfer haben werden.
Clytemnestra.
Wo aber gibst du dieses Mahl den Frauen?
Agamemnon.
Hier bei den Schiffen.
Clytemnestra.
Wohl. Es läßt sich anders
Agamemnon.
Jezt aber höre, was von dir dabei
verlangt wird – Doch, daß du mir ja willfahrest!
Clytemnestra.
Sag’ an, Du weißt, wie gern’ ich dir gehorche.
Agamemnon.
Ich freilich kann mich an dem Orte, wo
Clytemnestra.
Was?
Ich will nicht hoffen, daß man ohne mich
vollziehen wird, was nur der Mutter ziemet.
Agamemnon.
Im Angesicht des ganzen griech’schen Lagers
geb’ ich dem Sohn des Peleus deine Tochter.
Clytemnestra.
Agamemnon.
Nach Argos
zurückekehren soll die Mutter – dort
die Aufsicht führen über ihre Kinder.
Clytemnestra.
Nach Argos? Und die Tochter hier verlassen?
Und wer wird dann die Hochzeitfackel tragen?
Agamemnon.
Clytemnestra.
Nein, das geht nicht!
Du weißt, daß dir die Sitten dieß verbieten.
Agamemnon.
Daß sie der Frau verbieten, in’s Gewühl
von Kriegern sich zu mengen, weiß ich.
Clytemnestra.
Es heischt die Sitte, daß aus Mutterhänden
Agamemnon.
Sie heischt, daß deine andern Töchter in
Mycen der Mutter länger nicht entbehren.
Clytemnestra.
Wohl aufgehoben und verwahrt sind die
in ihrem Frauensaal.
Agamemnon.
Ich will Gehorsam.
Clytemnestra.
Nein!
Du hast dich weggemacht in’s Ausland! Dort
mach’ dir zu thun![2] Mich laß im Hause walten,
und meine Töchter wie sich’s ziemt vermählen.
(sie geht ab.)
Agamemnon (allein.)
Ach! zu entfernen hofft’ ich sie! – Ich habe
So häuff’ ich Trug auf Trug, berücke die,
die auf der Welt das Theuerste mir sind,
durch schnöde List und alles spottet meiner!
Nun will ich gehn und was der Göttinn wohl
und allen Griechen so belastend ist,
vom Seher Kalchas näher auskundschaften.
Wer’s aber mit sich selbst gut meint, der nehme
ja eine Gattinn, die gefällig ist
(er geht ab.)
Dritte Zwischenhandlung.
[Bearbeiten]Chor.
Strophe.
Sie sehen des Simois silberne Strudel,
der griechischen Schiffe versammelte Macht;
mit dem Geräthe zur blutigen Schlacht
betreten sie Phöbus heilige Erde,
die Schläfe mit grünendem Lorbeer umlaubt,
das goldene Haar, wie die Sagen erzählen,
wallen läßt um das begeisterte Haupt,
wenn die Triebe des Gottes sie wechselnd beseelen.
Gegenstrophe.
Sie steigen auf die Burg!
Sie erblicken mit Schauern,
hoch herunter von Pergamus Burg,
den unsre schnellen Schiffe brachten,
der, in tönendes Erzt eingekleidet,
sich um den Simois zahllos verbreitet,
Helenen, die Schwester des himmlischen Paars
unter den Lanzen und krieg’rischen Schilden
Epode.
Einen Wald von eh’rnen Lanzen
seh’ ich sie um deine Felsenthürme pflanzen,
Stadt der Phryger, hohe Pergamus!
Deiner Männer Häupter, deiner Frauen
Leichen über Leichen häufen,
deine stolze Veste schleifen,
unglücksvolle Pergamus.
Da wird’s Thränen kosten deinen Bräuten
Wie wird nach dem geflohenen Gemahl
die Tochter Jovis jezt zurücke weinen!
Ihr Götter! solche Angst und Quaal,
entfernet sie von mir und von den Meinen!
den Busen jammernd schlagen,
und wird’s der stolzen Phrygerinn
am Webestuhle klagen!
Ach! wenn nun die Sagen schallen,
die die Wehre meiner Heimat war!
Wer, wenn es herum erschollen,
schneidet wohl der Thränenvollen
von dem Haupt das schön gekämmte Haar?
gezeuget – das hast du gethan!
Sei’s nun, daß in einem Vogel
Leda, wie die Sage gieng,
Zevs verwandelte Gestalt umfieng,
der Kamönen sehr zur schlimmen Stunde
das Geschlecht der Menschen hintergieng!
Anmerkungen.
[Bearbeiten]- ↑ [62] Du wirst immer mit mir gehen!) Wörtlich müßte übersetzt werden: Meine Tochter, du kommst eben dahin, wo dein Vater! oder: Es kommt mit dir eben dahin, wo mit deinem Vater. Wenn dieser Doppelsinn nicht auf den Gemeinplatz hinauslaufen soll, daß eines sterben müsse, wie das andre, welches Euripides doch schwerlich gemeint [63] haben konnte, so scheint mir der Sinn, den ich in der Uebersetzung vorgezogen habe, der angemessenere zu seyn. Dein Bild wird mich immer begleiten. Die Erklärungsart des französischen Uebersetzers ist etwas weit hergeholt und gibt einen frostigen Sinn: Dich erwartet ein ähnliches Schicksal. Auch du wirst eine weite Seereise machen.
- ↑ [63] Du hast dich weggemacht in’s Ausland. Dort mach’ dir zu thun.) Ἐλθὼν δὲ, τἄξω πρᾶσσε. In diesem ἐλθὼν liegt, dünkt mir, ein bestimmterer und schärferer Sinn, als andre Uebersetzer darein gelegt haben. Clytemnestra nehmlich macht ihrem Gemahl den versteckten Vorwurf, daß er die Seinigen verlassen habe, um sich einer auswärtigen Unternehmung zu widmen, Er habe sich seiner Hausrechte dadurch begeben, will sie sagen. Er sei ein Fremder. Du hast dich hinaus gemacht, so bekümmre dich um Dinge, die draußen sind!
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Lecken
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