BLKÖ:Wied-Runkel, Friedrich Ludwig Fürst
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
---|---|---|---|
korrigiert | |||
<<<Vorheriger
Wied-Runkel, Friedrich Georg Heinrich Graf |
Nächster>>>
Wied, die Prinzen von, Genealogie | ||
Band: 55 (1887), ab Seite: 290. (Quelle) | |||
[[| bei Wikisource]] | |||
Friedrich Ludwig zu Wied-Runkel in der Wikipedia | |||
Friedrich Ludwig in Wikidata | |||
GND-Eintrag: [1], SeeAlso | |||
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
| |||
|
Vorigen. Seine Erziehung erhielt der Prinz im Stammschlosse unter der unmittelbaren Aufsicht seiner Eltern, die ihn, als er sechzehn Jahre zählte, nach Straßburg schickten, damit er sich an der Universität daselbst in den höheren Wissenszweigen ausbilde. Nach vier Jahren berief ihn von dort sein Oheim, der Prinz von Oranien, Erbstatthalter von Holland, in die Dienste der Republik und stellte ihn als Hauptmann in der Garde an. In derselben rückte der Prinz zum Major vor und machte als solcher den Krieg der Vereinigten Niederlande gegen Frankreich 1793 mit. In französische Gefangenschaft gerathen, theilte er diese mit mehreren deutschen Fürsten, die als Geiseln für die Erfüllung unerhörter Anmaßungen und unberechtigter Forderungen von dem im vollen Revolutionstaumel begriffenen Volke zurückbehalten wurden, Ueber ein Jahr mußte er zu Paris in Haft verbringen. Nachdem dann die Franzosen im Winter 1794/95 unter Pichegru das Land erobert, den Untergang des Hauses Oranien und am 16. Mai 1795 die batavische Republik decretirt hatten, als welche dieselbe von Frankreich abhängig war, verließ der Prinz die Dienste Hollands, begab sich für einige Zeit ins Elternhaus und aus demselben nach Oesterreich, welchem er seine Dienste anbot. Diese wurden, freilich vorderhand in geringerer Charge, angenommen, indem man ihm im August 1797 eine Hauptmannstelle im 21. Infanterie-Regimente (damals Grüningen, zuletzt Mondel) verlieh. Schon im Feldzuge 1799 erkämpfte sich der Prinz durch seine Tapferkeit die Ernennung zum Oberstwachtmeister. Im December 1800 wurde er Oberstlieutenant im 15., damals Freiherr Riese-, heute Nassau-Infanterie-Regimente und im Uebungslager bei Prag im October 1804 Oberst und Commandant des 17. Infanterie-Regiments Reuß-Plauen. Die unglücklichen Ereignisse bei der Armee in Deutschland 1805 brachten auch den Prinzen, mit noch vielen anderen Commandanten der kaiserlichen Armee, neuerdings in französische Gefangenschaft. Nach kurzer Zeit aus dieser frei geworden, übernahm er wieder das Commando seines zu Leitmeritz in Böhmen stationirten Regiments, wo er bis 1809 blieb. In diesem Jahre noch zum Generalmajor befördert, erhielt er seine Eintheilung in der von Erzherzog Karl befehligten Hauptarmee, in welcher er sich bei mehreren Gelegenheiten, so zu Aspern, Wagram und bei Znaim auszeichnete. Bei Aspern (21. und 22. Mai 1809) ergriff er im entscheidenden Augenblicke die Fahne des 18. Infanterie-Regiments Reuß-Greitz und stürmte an dessen Spitze das von der: Franzosen mit Uebermacht besetzte Dorf. Erzherzog[WS 1] Karl, Augenzeuge der Waffenthat, lohnte dieselbe im Namen des Kaisers durch das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens. Nach dem Friedensschlusse befehligte der Prinz wechselweise Brigaden zu Kuttenberg und Pisek in Böhmen und zu Kaschau in Oberungarn. Zu Beginn der Befreiungskriege 1813 erfolgte seine Beförderung zum Feldmarschall-Lieutenant, und erhielt er das Commando einer Division bei der Armee [291] in Böhmen. Seine erste Bestimmung war bei der Besatzung der Festung Theresienstadt. Von da wurde er gegen Dresden berufen, um bei Einschließung dieser Stadt am rechten Elbeufer den Befehl über ein eigenes aus Oesterreichern und Russen gebildetes Corps zu führen. Die durch Mangel an Lebensmitteln auf das Aeußerste gebrachte Besatzung von Dresden beschloß, da es keinen anderen Ausweg zur Rettung gab, sich durch den Feind durchzuschlagen und womöglich die Straße nach Torgau frei zu machen. Diesen verzweifelten Entschluß versuchte der französische Divisionsgeneral Mouton Graf von der Lobau an der Spitze von 10.000 Mann Fußvolk und 1000 Reitern am 6. November auszuführen. 200 mit Gepäck beladene Wagen befanden sich im Gefolge der Truppen. Während die ganze übrige dienstbare Besatzung unter Waffen stand und sich anschickte, die einschließenden verbündeten Truppen auf anderen Punkten zu beschäftigen, verließ er in der Richtung der Straße von Großenhain die Stadt. Kaum aber waren die Franzosen auf der Fläche des Drachenberges bei Reichenberg angelangt, so stießen sie auch schon auf die von dem Prinzen Wied befehligten Einschließungstruppen, von denen sie kräftig empfangen wurden. Nach hartnäckigem Kampfe und einem Verluste von tausend Todten von der Unmöglichkeit überzeugt, sich auf diesem Wege einen Abzug zu erzwingen, standen sie von einem weiteren Versuch vorzudringen ab und machten Kehrt, um noch einmal eine kurze Rettung hinter den Verschanzungen der Stadt zu juchen. Aus einer dienstlichen Zuschrift des bei Dresden commandirenden Generals der Cavallerie Grafen Klenau an den Prinzen erfahren wir, daß die bald darauf erfolgte Uebergabe Dresdens vornehmlich dessen geschickter Gefechtsleitung zu verdanken sei, indem nur diese, verbunden mit der glänzenden Tapferkeit der von ihm geführten Truppe, den Versuch der Franzosen, sich durchzuschlagen, vereitelt habe. Nachdem die Operationen in Deutschland ihr Ende erreicht hatten, erhielt Prinz Wied seine Bestimmung bei der großen Armee im südlichen Frankreich, wo er an der Spitze seiner Division gegen Lyon vorrückte und in den Gefechten und Kämpfen bei Maçon, La Verpillière-Dacdilly und Lyon (18. bis 21. März 1814) seine Ehrentage hatte. Von Kaiser Franz ward er auch für seine bei diesen Gelegenheiten bewiesene Umsicht und Tapferkeit mit ah. Handschreiben vom 29. März 1814 mit dem Commandeurkreuze des Leopoldordens ausgezeichnet. Nach dem ersten Pariser Frieden kam nun der Prinz als Divisionär zuerst nach Pilsen, später nach Prag. Als dann Napoleons Wiedererscheinen und die Erhebung seines Schwagers Murat in Neapel nach kurzer Ruhe die Völker von Neuem zu den Waffen rief, erhielt er seine Eintheilung bei der Armee in Italien, wo gleich nach seiner Ankunft der Feldzug gegen Neapel eröffnet und nach schneller Eroberung des Königreichs auch beendet wurde. Als König Ferdinand dann den Wiederbesitz der ihm entrissenen Länder angetreten, wurde der Prinz beauftragt, die Einschiffung eines Theiles der kaiserlich österreichischen Armee nach Livorno zu bewerkstelligen. Nach der Landung aber führte er in Abwesenheit des commandirenden Generals Baron Bianchi de Casalanza die ganze Armee durch Piemont nach Frankreich. Der zweite Pariser Friede hatte den Feldzug in diesem Lande geschlossen, Prinz Wied kam nun als Divisionär [292] nach Verona, bald darauf nach Padua und 1817 nach Dalmatien. Von da kehrte er nach halbjährigem Aufenthalte nach Padua zurück und verblieb daselbst bis zum Ausbruche des letzten Krieges gegen Neapel. In diesem stand er unter dem Befehle des Generals der Cavallerie Baron Frimont, dessen Armeecorps durch die Abruzzen über Rioti auf Aquila vordrang. Als dann das ganze Königreich von den Oesterreichern besetzt war, erhielt Prinz Wied das Militärgouvernement über drei Provinzen, die Abruzzen, Terra di Lavoro und Molise, und schlug sein Hauptquartier zuerst in Sulmona, dann in Capua auf. Die Art, wie er in dem von den vorangegangenen Kriegen und Erhebungen aufgeregten und durch die verschiedenen Parteien geradezu demoralisirten Lande, in welchem man ihm und seine Truppen als Fremden und Machthabern mit Mißtrauen, ja mit offenem und geheimem Widerwillen entgegenkam, auftrat, wie er durch seine Umsicht und Mäßigung einerseits, durch seine Energie andererseits allmälig das Vertrauen der Bevölkerung gewann und sie ihrem angestammten Könige zuführte, wurde ebenso von seinem Commandirenden General Baron Frimont, wie von der königlichen Regierung in Neapel vollkommen gewürdigt und auf das ehrenvollste anerkannt. Bis zum Frühling 1823 blieb der Prinz mit einem Armeecorps von 18.000 Mann in Neapel. Zu dieser Zeit mit seiner Truppe zur Rückkehr nach Oesterreich abberufen, erhielt er vom König von Neapel das Großkreuz des Sanct Georg-Ordens, von der Stadt Capua aber als Dankeszeichen zur Erinnerung an sein mildes und umsichtiges Commando durch den Stadtsyndicus Cavaliere Friozzi einen Ehrensäbel, der von einem Schreiben der Gemeinde begleitet war, in welchem die Veranlassung dieser Ehrung ausgesprochen wurde. Nach der Räumung Piemonts und der Auflösung der in Oberitalien zusammengezogenen Streitkräfte trat er im December 1823 ein Truppendivisionscommando in Prag an. Der Aufenthalt daselbst wurde ihm durch ein Leiden verbittert, dessen Keime durch die Einflüsse des ungewohnten südlichen Klimas gelegt worden sein mochten. Kaum genesen aber, erhielt er die Nachricht von dem Hinscheiden seines älteren und einzigen Bruders, des Fürsten Karl Ludwig, und mußte als dessen alleiniger Erbe die fürstlichen Standesherrschaften übernehmen. Am 20. April 1824 verließ er nun Oesterreich. Bald nach seiner Ankunft in Runkel, wo er im besten Wohlsein eintraf, trat am 25. April sein Uebel mit großer Heftigkeit wieder auf. Jeden Versuch von Anwendung erforderlicher Hilfsmittel lehnte er ab; als am 28. April Abends sein Zustand so heftig wurde, daß der Diener seine schwere Besorgniß nicht mehr verhehlen konnte und dem Fürsten vorstellte, daß derselbe in Gefahr sei, erwiderte dieser mit Ruhe: „es gibt für den Menschen keine Gefahr“, aber schon nach acht Uhr Abends verschied er an einem Schlagflusse im Alter von erst 54 Jahren. Außer den bereits erwähnten Auszeichnungen erhielt der Prinz am 10. Jänner 1815 die Inhaberschaft des damals erledigten 34. Infanterie-Regiments Davidovich. Da er unvermält starb, ging der Besitz des Fürstenthums an die jüngere Linie Wied-Neuwied, den damaligen Fürsten Johann August Karl, Bruder des berühmten Reisenden und Naturforschers Maximilian Prinzen Wied-Neuwied über. Des Prinzen Tapferkeit verbunden mit unentwegbarem Pflichtgefühl [293] einerseits, wie sein humaner Sinn, seine vorzügliche Herzensgüte und vielseitige Bildung anderseits hatten ihn zum Lieblinge seiner Truppen gemacht, welche mit der gesammten kaiserlichen Armee den Hingang des edlen Fürsten und Helden tief betrauerten.
Wied-Runkel, Friedrich Ludwig Fürst (k. k. Feldmarschall-Lieutenant, Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Dierdorf im preußischen Regierungsbezirke Coblenz am 29. Jänner 1770, gest. in Runkel am 28. April 1824). Ein Sohn des Fürsten Christian Ludwig aus dessen Ehe mit Charlotte Gräfin zu Sayn und Wittgenstein und Vetter des- (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) XV. Jahrg. (1824), Nr. 139, S. 754. – Hirtenfeld (J.). Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei. kl. 8°.) Band II, S. 981. – Schels. Neue militärische Zeitschrift (Wien, 8°.) 1811, Heft XII, S. 97. – Neuer Nekrolog der Deutschen (Ilmenau, Voigt, kl. 8°.) II. Jahrg. 1824, S. 706. – Ritter von Rittersberg (J.). Biographien der ausgezeichnetsten verstorbenen und lebenden Feldherren der k. k. österreichischen Armee aus der Epoche der Feldzüge 1788 bis 1821 (Prag 1828, Enders, 8°.) S. 361 u. f.
- Porträt. Unterschrift: „Friedrich Ludwig | Prinz zu Wied-Runkel, | k. k. Feldmarschall-Lieutenant“. Ohne Angabe des Zeichners, v. Schönfeld’sche Lithographie (8°.).
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Erherzog.