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BLKÖ:Württemberg, Alexander Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Würthle, Friedrich
Band: 58 (1889), ab Seite: 234. (Quelle)
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Württemberg, Alexander, Graf (Poet, geb. in Kopenhagen 5. November 1801, gest. in Wildbad 7. Juli 1844). Ein Sohn des Herzogs Wilhelm Friedrich aus dessen Ehe mit Wilhelmine Francisca geborenen Rhodis, Burggräfin von Tunderfeldt, kehrte er mit seinem Vater, der als Generallieutenant in dänischen Diensten gestanden, diesen aber 1806 quittirte, jung in seine Heimat Württemberg zurück und erhielt in derselben und in der Schweiz seine Ausbildung. In jungen Jahren trat er in württembergische Militärdienste, in denen er als Sproß eines fürstlichen Geschlechtes rasch emporstieg, da ihm aber das Soldatenleben im Frieden wenig zusagte, schied er mit dem Charakter eines Obersten aus denselben und lebte nun ganz seinen literarischen Lieblingsneigungen. Er hielt sich abwechselnd in Wien, auf seinem Landsitz zu Seerach bei Eßlingen und in Stuttgart, in ersterer Stadt gefesselt durch seine Freundschaft mit Nicolaus Lenau und durch seine Frau, eine ungarische Gräfin, mit Vorliebe auf. Nun schreibt Heinrich Kurz in dem unten benannten Werke: „Doch schon wenige Jahre nach seiner Heirat brachen schwere Prüfungen über ihn herein, denen er zwar mit festem Muthe entgegentrat, die aber sein Gemüth so mächtig ergriffen, daß auch seine Gesundheit dadurch untergraben wurde.“ Welcher Art diese Prüfungen waren, ist aus der Mittheilung von Kurz auch nicht zu ahnen. Da sein Leiden, ein heftiger Kopfschmerz, immer mehr zunahm, suchte der Graf im Winter 1843 das milde Klima Italiens auf, wo er aber auch nicht die erhoffte Hilfe fand. Zuletzt gebrauchte er auf den Rath der Aerzte die berühmten württembergischen Thermen zu Wildbad. Doch hatte sein Leiden so rasche Fortschritte gemacht, daß, als seine Angehörigen herbeieilten, sie den Leidenden kaum mehr erkannten, der auch bald darauf, im Alter von erst 41 Jahren, seine Seele aushauchte. Innige Freundschaft verband ihn, wie schon erwähnt, mit dem unglücklichen österreichischen Dichter Nicolaus Lenau, dessen feurigster Verehrer er war, mit ihm auch in manchem pathologischen Zuge verwandt. Bauernfeld schreibt: „Man [235] kann sagen, daß die beiden Dichter schon in der Jugend den Keim des Todes in sich trugen. Alexander litt an einem fast unaufhörlichen Kopfschmerz. Bei Tische klagte er mir eines Tages, daß ihn sein Leiden heute besonders quäle. Er habe nun einmal das „Wespennest“ im Haupte! Ich hielt das für eine Redefigur, wurde aber allen Ernstes belehrt, daß sich unfigürliche und wirkliche Wespen in dem Kopfe des schwäbischen Grafen angesiedelt, so gut wie die Poltergeister im Hause des gemüthlichen Justinus Kerner frei ein- und ausgehen mochten. Ich nahm die Aufklärung über die Wespen schweigend hin, ohne mir einen Witz darüber zu gestatten, da auch Lenau an das Wespennest seines Freundes unbedenklich zu glauben schien.“ „Beiden Männern“, berichtet auch unser Gewährsmann, „wohnte eine besondere Zartheit des Gemüthes inne. Ich erinnere mich, daß sie, als ich in einem literarischen Kreise mein Lustspiel: „Der Vater“ vorlas, der munteren und leichten Arbeit zwar im Ganzen den Beifall nicht versagten, allein gewisse sittliche Bedenken äußerten über die Figur einer coquetten Putzmacherin, welche von dem Herrn Papa den Auftrag erhielt, seinen Neuling von Söhnchen gewissermaßen zur Liebe vorzubereiten. Wie würden die strengen Moralisten erst in Schrecken gerathen sein über die derartigen Erzeugnisse unserer Tage, so des Monsieur Dumas fils und eines Victorien Sardou. Ein anderes meiner Lustspiele, „Industrie und Herz“, fand mehr Gnade vor den Augen meines rigorosen Freundes; er erbat sich sogar das Manuscript, um es in einer ihm besonders nahestehenden Familie vorzulesen.“ Wir führen diese Züge an, weil sie den Grafen und seine Feinfühligkeit treffend charakterisiren. Er hatte frühzeitig zu dichten angefangen und war zuerst mit dem Pseudonym Sándor v. S., der Magyarisirung seines Taufnamens Alexander, im „Morgenblatt“ aufgetreten; später erschienen unter eigenem Namen seine Beiträge in dem von Schwab und Chamisso herausgegebenen „Deutschen Musen-Almanach“ und zuletzt die vier selbständigen Sammlungen: „Gedichte“ (Stuttgart 1837); – „Lieder des Sturmes“ (ebd. 1839) – „Gesammelte Gedichte“ (ebd. 1841) und, ein Jahr vor seinem Tode anonym, die Sonette „Gegen den Strom“ (ebd. 1843). Sein nicht unbedeutendes poetisches Talent ist durch seinen Freund Lenau wesentlich beeinflußt, und Oesterreich, in welchem er durch die Wahl seiner Gattin, durch seinen Freund und seinen häufigen Aufenthalt in der Kaiserstadt, wo er ungemein beliebt war, sein zweites Vaterland gefunden, gab ihm herrliche Stoffe zu Dichtungen, wie es die „Bilder vom Plattensee“, die „Stimmen aus dem Rohre“, die „Bilder aus den Alpen“ und „Waldbilder“, sämmtlich Eindrücke österreichischer und ungarischer Landschaften, und der Romanzen-Cyclus „Andreas Hofer“ beweisen. Die Reclam’sche Universal-Bibliothek“ hat in den Nummern 1481 bis 1483 „Sämmtliche Gedichte“ des Grafen herausgegeben, denen eine pietätvolle biographische Skizze von Fr. v. Schmidt vorausgeschickt ist. Wie schon berichtet worden, war der Graf verheiratet, und zwar seit 3. Juli 1832 mit Helene geborenen Gräfin Festetics de Tolna (geb. 1. Juli 1812), welche ihm zwei Söhne und zwei Töchter gebar, die Söhne Graf Eberhard (geb. 25. Mai 1834) und Graf Wilhelm Karl Alexander (geb. 29. März 1839, †) und die Töchter Wilhelmine (geb. 24. Juli 1834) und Pauline geb. [236] 8. August 1836), Letztere vermält seit 25. April 1857 mit Maximilian von Wuthenau auf Glasina. Das dem Grafen befreundete Fräulein Julie von Großmann – als Dichterin unter dem Namen Emma von Niendorf bekannt – widmete ihm wenige Jahre nach seinem Tode einen warmen tiefempfundenen Nachruf, in welchem sie einige ungedruckte Gedichte des Grafen mittheilt. Sein Biograph Fr. v. Schmidt stellt aber mit vollem Rechte die Frage: Wie es komme, daß die Zahl derer, die den Dichterruf des Grafen Alexander von Württemberg kennen, so gering selbst unter denen sei, welchen man sonst Kenntnisse in der deutschen Literatur nicht absprechen kann, und daß sich so selten in einer Blumenlese deutscher Gedichte ein oder das andere Lied von ihm finde? Der Grund dieser Zurücksetzung ist bis jetzt ein Räthsel.

(Bauernfeld’s Gesammelte Schriften (Wien 1873, Braumüller, 8°.) Bd. XII: „Aus Alt- und Neu-Wien“, S. 143 u. f. – Brümmer (Franz). Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten des neunzehnten Jahrhunderts (Leipzig 1885, Reclam jun., 32°.) S. 12 unter: Alexander. – Kurz (Heinrich). Geschichte der neuesten deutschen Literatur von 1830 bis auf die Gegenwart. Mit ausgewählten Stücken aus den Werken der vorzüglichsten Schriftsteller (Leipzig 1872, Teubner, schm, 4°.) S. 123 u. f. mit dem Facsimile seines Namenszuges. – Literaturblatt. Redigirt von Dr. Wolfg. Menzel (Stuttgart, Cotta, 4°.) 1. August 1838, Nr. 78; 17. September 1838, Nr. 94. – Literaturblatt. Beilage zum „Komet“. Von Dr. R. Hirsch, 8. April 1842, Nr. 14. – (Wigand’s) Conversations-Lexikon, Bd. XV, S. 345.
Porträt. Unterschrift: „Alexander | Graf von Württemberg“. Lithogr. von Gutsch und Rupp (8°.), selten.