BLKÖ:Thinnfeld, Ferdinand Joseph Johann Freiherr von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 44 (1882), ab Seite: 234. (Quelle) | |||
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Ferdinand Leopold von Thinnfeld’s aus dessen Ehe mit Maria Johanna Freiin von Spiegelfeld. Mit großer Sorgfalt im elterlichen Hause erzogen, kam er im Jahre 1802 als Zögling auf die Theresianische Ritterakademie in Wien, die er 1807 verließ, um an der Grazer Hochschule zu studiren, an welcher Julius Schneller in befruchtender Weise wirkte. Von seinen Studiengenossen daselbst nennen wir Prokesch, Johann Grafen Chorinsky und Joseph Tunner. Als dann im [235] Jahre 1810 Erzherzog Johann das nach ihm benannte Joanneum gründete und Mohs [Bd. XVIII, S. 443] als Professor der Mineralogie und Custos an dasselbe berufen wurde, besuchte auch Thinnfeld dessen mineralogische Vorlesungen, welche zu jener Zeit ein wahres Ereigniß bildeten. Haidinger in seiner Monographie unseres Freiherrn schildert ausführlich das geistige Leben in der Murstadt, welches durch die geselligen Versammlungen im Hause des Grafen Chorinsky und dessen Mutter, der in zweiter Ehe mit Franz Grafen Saurau vermälten geborenen Gräfin Lodron, dann in jenem der Gräfin Purgstall geborenen Cranstown aus Schottland, sich entfaltete und auf die damalige Jugend einflußreich wirkte. Auch Thinnfeld nahm an diesen Versammlungen Theil und empfing daselbst sozusagen die Weihe für sein späteres Wirken in der stagnirenden Periode der langen Friedensjahre bis 1848. Durch Mohs wurde die Wahl seiner Studien, die sich mit besonderer Vorliebe der Geologie, Geognosie und Mineralogie und praktischerseits dem Bergwesen zuwendeten, bestimmt, und unablässig bildete er sich nach dieser Richtung hin durch Besuch von Bergwerken und Reisen, welche er nach Frankreich und endlich nach England ausdehnte, wo er die Zinn- und Kupferbergwerke von Cornwall kennen lernte. Im Jahre 1818 nach Steiermark zurückgekehrt, übernahm er die Verwaltung der Landwirthschaft und des Hammerwesens auf seinem Besitze in Feistritz, wohin sein Urgroßvater Johann Adam, welcher der Erste aus der Familie daselbst sich angesiedelt, das früher im Lamminggraben bei Kapfenberg im Mürzthale gelegene Hammerwerk überbaut hatte. Durch seine bereits am 21. December 1814 erfolgte Einführung in den steirischen Landtag begann Thinnfeld frühzeitig am öffentlichen Leben theilzunehmen. Seine hervortretenden Geistesgaben veranlaßten 1818 seine Wahl zum ständischen Ausschußrathe, 1823 zum ständischen Verordneten, zu welchem er 1829, 1836 und 1843 wiedergewählt wurde; seit 1827 versah er auch das Ehrenamt eines Kanzleidirectors. In einem Nekrologe, welchen der Dichter Karl Gottfried Ritter von Leitner [Bd. XIV, S. 344], Secretär des ständischen Collegiums, dem Freiherrn widmete, ist bemerkt, daß dieser eine hervorragende Stellung in demselben einnahm, und daß in allen wichtigen Angelegenheiten seine Meinungsäußerung von nachdrucksamer Wirkung war. Von Erzherzog Johann wurde Thinnfeld auch zum Supplenten für Fälle der Verhinderung eines der drei Curatoren des Joanneums und nach Johann Ritter von Kalchberg’s Tode im Februar 1827 zum wirklichen Curator ernannt. In dieser Eigenschaft erwarb er sich das Vertrauen des Erzherzogs in so hohem Grade, daß in der Reihe von 20 Jahren, welche er an diesem Institute wirkte, wohl keine eingreifende Verfügung getroffen wurde, auf die er nicht wesentlichen Einfluß genommen hätte. Wie thätig er in verschiedene gemeinnützige Unternehmungen im Lande Steiermark eingriff, dafür spricht sein lebhafter Antheil an der zeitgenössischen Entwickelung der Benützung des ständischen Sauerbrunns Rohitsch als Curort; an der Gründung einer montanistischen Lehranstalt für Eisenhüttenwesen nicht mit der Localisirung in Graz, sondern mit der Stellung in Vordernberg als dem Mittelpunkte der steiermärkischen Eisenindustrie; an der [236] Entwickelung des Gratzer Lesevereins, des Industrialmuseums am Joanneum, der steiermärkischen Zeitschrift, an welcher er anfangs in der Redaction, später als Mitarbeiter wirkte. Unter diesen geräuschlosen, aber in jeder Richtung fördersamen Geschäftsführungen nahte endlich die politische Bewegung zu Ende der Vierziger-Jahre heran. Wie in Niederösterreich, so bildete sich auch in Steiermark im Jahre 1847 allmälig eine kleine, aber die tüchtigsten Männer vereinigende liberale Partei im alten Ständekörper, welche den Ideen der Zeit und den berechtigten Anforderungen derselben Rechnung tragend, die freiwillige Lösung des patrimonialen Unterthänigkeitsverhältnisses und eine freisinnige Gestaltung der Landesvertretung anstrebte. Auch Thinnfeld schloß sich ihr aus Ueberzeugung an und nahm an ihren Besprechungen den eifrigsten Antheil. Als nach der französischen Februar-Revolution die Aufregung immer mehr wuchs, beschloß diese Partei, für den Frühlings-Landtag einen Reformantrag vorzubereiten, welcher dahin ging, an Seine Majestät die Bitte zu richten, Abgeordnete der Stände aller österreichischen Erblande nach der Residenz einberufen zu wollen, damit gemeinsam über die tieferschütterte Finanzlage des Staats, über eine zeitgemäße Erweiterung der ständischen Repräsentation auf den Landtagen und überhaupt alle jene Maßregeln verhandelt würden, welche geeignet wären, das öffentliche Vertrauen nachhaltig zu kräftigen und zu sichern. Zum Wortführer in dieser wichtigen Angelegenheit erkor man Thinnfeld, welcher durch eigene freisinnige Ansichten, und das Ansehen, welches er allgemein genoß, dazu vorzugsweise geeignet erschien. So brachte er denn in der ständischen Ausschußsitzung am 3. März 1848 einen von ihm ausgearbeiteten derartigen Vortrag zur amtlichen Verhandlung, der nach reiflicher Erörterung an jenem Tage im ständischen Ausschusse und nachher am 15. März im Landtage zum Beschluß erhoben wurde und gewiß wesentlich dazu beitrug, die aufgeregten Volksmassen, die auch in Gratz das Landhaus dicht erfüllt hatten, zu beschwichtigen und auch während der ganzen folgenden stürmischen Periode die Einflußnahme der Stände möglich zu machen. Als der ständische Landtag sich in Folge der Ereignisse permanent erklärt und sich allmälig durch die Vermehrung der Vertretung des Bürger- und Gelehrtenstandes zweckmäßiger eingerichtet hatte, wirkte Thinnfeld bei den Verhandlungen thätigst mit und unterstützte nachher auch den bald aufgetauchten Antrag, zur Erörterung der Grundentlastungs-, der Gemeindeordnungs- und der Verfassungsfrage einen eigenen provisorischen Landtag einzuberufen, welcher aus 90 zu drei gleichen Theilen von den landtäflichen Gutsbesitzern, von den bürgerlichen und den bäuerlichen Gemeinden gewählten Vertretern bestehen sollte. Auch als dieser am 13. Juni 1848 mit ministerieller Genehmigung zusammen trat, betheiligte sich Thinnfeld als Abgeordneter der Montanindustrie lebhaft an dessen Berathungen, konnte denselben aber nur bis zum 27. desselben Monats beiwohnen, indem er inzwischen in seinem Wohnbezirke Feistritz zum Abgeordneten für den österreichischen Reichstag gewählt, sich fortan einem umfassenderen constitutionellen Wirkungskreise widmen mußte. Thinnfeld war Mitglied der allerersten von den Ständen nach Wien entsendeten Deputation. Im Reichstage selbst hielt er an dem Grundsatze fest: „Fortschritt, aber nicht Umsturz“, stand in freundlichen [237] Beziehungen mit dem Grafen Stadion und nahm näheren Antheil in den Verhandlungen über die Grundentlastungsfrage. Nachdem Kaiser Ferdinand am 7. October Wien verlassen und sich nach Olmütz begeben hatte, wurde Thinnfeld als Mitglied einer Deputation an Seine Majestät gewählt. Er kehrte von dort nicht mehr nach Wien zurück, sondern begab sich nach Feistritz. Er gab in der „Gratzer Zeitung“ eine öffentliche unumwundene Erklärung seiner Beweggründe zu dieser Handlungsweise. Im November telegraphisch nach Olmütz berufen, wurde er am 21. d. Mts. zum Minister für Landescultur und Bergwesen ernannt. Die vorerwähnte Erklärung hatte namentlich Veranlassung zur Berufung gegeben. Nicht ohne einiges Zaudern entschloß er sich zur Uebernahme der Mission. In seiner Stellung als Minister verkannte er die Größe seiner Aufgabe nicht und hinterließ dauernde Schöpfungen. Aber nur fünf Jahre sollte er auf diesem wichtigen Posten wirken, denn sein Ministerium, welches mit einem Male zu kostspielig schien, wurde aufgelöst, und die Agenden desselben fielen anderen Ministerien zu. Er selbst aber sah sich in den Ruhestand versetzt. So ist er denn der erste und einzige Minister des Bergwesens in Oesterreich gewesen. Aber daß er die kurze Zeit seiner Machtstellung nicht unthätig zugebracht, davon zeugen folgende Hauptmomente seines Wirkens. So brachte er neues Leben in die landwirthschaftlichen Gesellschaften, mit deren Deputirten er einen Ackerbau-Congreß abhielt, was später nicht wieder geschah. Das Forstwesen hob er auf eine höhere Stufe und ließ die Gesetzgebung dieses Faches einer Revision unterziehen. Er veranlaßte den Entwurf eines neuen Berggesetzes, zu dessen Berathung er einen Congreß von Vertrauensmännern aller Bergdistricte berief, und wenn auch die schließliche Sanction erst nach seinem Abgange erfolgte, so ist doch die Anregung und die Leitung der ganzen Vorarbeiten bis zum vollendeten Entwurfe sein Verdienst. Er gründete die zur weitreichenden Bedeutung gelangte k. k. geologische Reichsanstalt, über deren Gründung und dafür gewonnenes Personal Haidinger in dem Thinnfeld gewidmeten Nachrufe Ausführlicheres mittheilt. Auch rief er zwei Bergakademien, jene zu Leoben und zu Przibram ins Leben, deren erste, als ständische Privatanstalt zu Vordernberg errichtet, schon in ihrem ersten Entstehen Beziehungen zu ihm hatte, als er noch Curator des Joanneums war. Zur Hebung des Staatsbergbaues traf er große Anstalten, welche leider in jener Verblendung, welche bei uns das Gute, das bei manchen Einrichtungen seiner Natur nach erst mit der Zeit Früchte tragen kann, wieder vernichtet, wenn es nicht sofort die goldenen Eier aufzuweisen vermag, auch bald nach seinem Abgange wieder aufgehoben oder fallen gelassen wurden. Unter ihm wirkten auf dem Gebiete der Landescultur und des Bergwesens Männer wie Feistmantel, Haidinger, Kleyle, Layer, von Scheuchenstuel, Weis, Moser, Papst, Hauer, Czjzek, Rittinger, Foetterle, vieler Anderen nicht zu gedenken, denen allen er fördernd und anregend vorstand. Ja unter dem Schutze seiner Aufmunterung trat auch die österreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen ins Leben, das erste Fachblatt dieser Art in der Monarchie, dessen erste Nummer durch ein eigenes Zusammentreffen von Umständen eben erschien, als das Ministerium für Landescultur [238] und Bergwesen ein Ende nahm. Bei seinem Abgange erhielt Thinnfeld für seine treue und ersprießliche Dienstleistung die geheime Rathswürde und den Orden der eisernen Krone erster Classe, worauf den Statuten gemäß, mit Diplom ddo. 3. October 1853 seine Erhebung in den erblichen Freiherrenstand erfolgte. Nach seiner Rückkehr ins Privatleben hörte er nichtsdestoweniger auf, im engeren Kreise seines Heimatlandes thätig zu sein, und zwar zumeist als Mitglied der Handels- und Gewerbekammer in Gratz. Als aber dann wenige Jahre vor seinem Hinscheiden die Krisis der Eisenindustrie, von welcher Oesterreich so schwer betroffen wurde, seinen eigenen Werksbesitz erschütterte, nahm er sich diesen Schlag so sehr zu Herzen, daß seine Gesundheit darunter litt. Wohl fand er noch einen Trost in dem glücklichen Umstande, daß sein väterlicher Landsitz in Feistritz, welchen er in Folge der Erschütterung seiner Vermögensverhältnisse zum Verkaufe hatte ausbieten müssen, von seinem Schwiegersohne Servadio erstanden wurde. Aber bald von schmerzlichen Verlusten in seiner Familie heimgesucht, erlag er seinem Unglück im Alter von 75 Jahren auf jenem Landsitze, der ihm nicht mehr gehörte. Am 27. Mai 1820 hatte er sich mit des berühmten Geologen Haidinger Schwester Maria Clara Sidonie (geb. 9. August 1797, gest. 16. März 1843) vermält, aus welcher Ehe drei Söhne und acht Töchter hervorgingen; von diesen Kindern starben ein Sohn Karl und eine Tochter Hedwig vor den Eltern. Thinnfeld’s eigener, sowie der gegenwärtige Stand seiner Familie ist aus der Stammtafel ersichtlich.
Thinnfeld, Ferdinand Joseph Johann Freiherr von (k. k. Minister für Landescultur und Bergwesen in den Jahren 1848–1853, geb. zu Gratz in Steiermark am 24. April 1793, gest. zu Feistritz am 8. April 1868). Der einzige Sohn- Haidinger (Wilhelm Ritter von). Zur Erinnerung an Ferdinand Freiherrn von Thinnfeld. Vorgelegt in der Sitzung der k. k. geologischen Reichsanstalt am 21. April 1868 (Wien 1868, Staatsdruckerei, Lex.-8°.). – Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt (Wien, Lex.-8°.) 1868, Heft Juli-September. – Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen (Wien, 4°.) 1868, Nr. 17: „Nekrolog“ von O. H. – Oesterreichischer Volks- und Wirthschafts-Kalender für das Jahr 1870. Herausgegeben von dem Vereine zur Verbreitung von Druckschriften für Volksbildung (Wien, Karl Fromme, gr. 8°.) XIX. Jahrg., S. 44.