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BLKÖ:Thürheim, Franz Sebastian Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 44 (1882), ab Seite: 291. (Quelle)
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Thürheim, Franz Sebastian Graf (k. k. Feldmarschall, geb. am 2. Februar 1665, gest. am 10. April 1726), ein Sohn Franz Leopolds Grafen von Thürheim aus dessen erster Ehe mit Francisca Susanna Gräfin von Brandis. Frühzeitig, um 1683, dem ehrenvollen Waffendienste sich widmend, wurde er bereits im 26. Lebensjahre Oberstlieutenant und Generaladjutant bei dem kaiserlichen Generallieutenant Markgrafen Ludwig von Baden, an dessen Seite er an der von diesem Feldherrn so glänzend erfochtenen Schlacht bei Szalankamen thätigen Antheil nahm. Für seine hervorragende Tapferkeit sah er sich von seinem Chef der in damaliger Zeit hohen Auszeichnung gewürdigt, die eroberten Fahnen, Roßschweife und andere [292] Siegeszeichen Kaiser Leopold I. an dessen Hoflager in Wien zu überbringen. In den nächsten Feldzügen kämpfte er noch als Oberstlieutenant im Metternich’schen Infanterie-Regimente, jetzt Nr. 11, von welchem er 1698 sechs Compagnien als Stammcadre zu einem aus der doppelten Anzahl Compagnien zu errichtenden 1800 Mann starken Fußregimente erhielt, zu dessen wirklichem Inhaber, Obersten und Commandanten er gleichzeitig laut Bestallungsbriefes ddo. Wien 6. Juni d. J. ernannt wurde. Dies ist das noch heute bestehende 28. Infanterie-Regiment König Humbert von Italien. Im selben Jahre hatte Thürheim, zum General-Feldwachtmeister befördert, mit einem Bataillon seines eigenen Regiments, einem Bataillon Anhalt (als Hagenbach 1748 reducirt) und den Corbelli-Kürassieren (als Podstatzky 1775 reducirt) die kaiserlichen Bevollmächtigten auf den zu Karlowitz tagenden Friedenscongreß zu begleiten, wo dieselben am 22. und 23. October ankamen. Während dieses Congresses, welcher mit dem am 26. Jänner 1699 erfolgten Friedensabschlusse endete, leisteten seine Truppen den Ehrendienst. Auch in seiner neuen Charge als General führte Thürheim das Commando seines Regiments noch einige Jahre weiter. Im Winter 1700 garnisonirte er mit demselben zu Szathmár, im December 1701 brachte er es nach Siebenbürgen. Von da zur Uebernahme des Commandos einer Brigade bei dem Reichsheere in Bayern abberufen, wohnte er im Feldzuge 1702 mit derselben der Belagerung von Landau bei. Im Jahre 1704 zum Feldmarschall-Lieutenant befördert, erhielt er am 4. Mai den Oberbefehl über die gegen Bayern in der Umgegend von Haag und Riedau aufgestellten Operationstruppen. In dieser Stellung hatte er große Uebelstände zu bekämpfen. Die bayrischen Bauern versagten nicht nur alle ausgeschriebenen Lieferungen, sondern rotteten sich auch zu bewaffnetem Widerstande zusammen. Als seine wiederholten Drohungen nichts fruchteten, schritt er zu strenger militärischer Execution; der Ort St. Lamprecht wurde zuerst gezüchtigt. Es hatten sich einige bayrische Dragoner an sehr verwegene Bauern angeschlossen, welche prahlten, den General Thürheim überfallen und ihm den Weg nach Oesterreich weisen zu wollen. Am 24. Juli 1704, Nachts zehn Uhr, wurde Oberstlieutenant Mednyánszky beordert, mit seinen Huszaren gegen St. Lamprecht aufzubrechen und die Frevler zu Paaren zu treiben. Der Ueberfall gelang den Huszaren vollkommen, welche die rebellischen Haufen zerstreuten, zwanzig Bauern zur Erde streckten und zwei Häuser, aus denen man auf sie gefeuert hatte, niederbrannten. Härter erging es dem Orte Tauffkirchen. Die dahin entsendete Truppenabtheilung Thürheim’s wurde aus allen Häusern, besonders aber vom Kirchthurme und aus dem Friedhofe mit einem lebhaften Musketenfeuer empfangen, denn die Ortsbewohner hatten sich schon auf die Ankunft der Kaiserlichen vorbereitet. Wiederholt mußten diese ihre Angriffe auf die verschlossenen Häuser erneuern, und obwohl sie endlich an verschiedenen Stellen Feuer legten, um die Leute zu zwingen, herauszugehen, stellten sich dieselben auch dann noch zu verzweifelter Gegenwehr und tödteten mehrere Soldaten. Aber die Truppen blieben Sieger, und der Ort wurde der Plünderung und den Flammen preisgegeben. Nun drohte Feldmarschall-Lieutenant Graf Thürheim am 25. Juli in einem Patente an die Bauern, daß Jeder, der binnen [293] 48 Stunden den kaiserlichen Schutz nicht begehre, feindlich behandelt werde. Dies wirkte, denn das Landesgericht Schärding unterwarf sich endlich, und die übrigen Orte folgten diesem Beispiele. Als Prinz Eugen und Marlborough am 13. des nächsten Monats den berühmten Sieg bei Hochstädt erfochten, rückte Feldmarschall-Lieutenant Thürheim gegen Bayern vor. Am 26. December besetzte er Braunau, am 3. Jänner 1705 Schärding. In beiden Orten that er sich durch die Energie hervor, mit der er alle von den ständischen Beamten ihm in den Weg gelegten Hindernisse in Bezug auf Dislocation und Verpflegung zu beseitigen wußte; auch hob er von einigen an der bayrischen Grenze gelegenen renitenten und mit dem Feinde sympathisirenden Klöstern starke Contributionen ein. 1708 zum Feldzeugmeister und kurz darauf zum Hofkriegsrathe ernannt, wurde er 1713 Generalkriegscommissär und wirklicher geheimer Rath. Nach den zu jener Zeit bestandenen Anordnungen durfte ein Generalkriegscommissär nicht zugleich die Würde eines Regimentsinhabers bekleiden, demzufolge Thürheim sein Fußregiment abgab, welches noch im selben Jahre dem Feldmarschall-Lieutenant Friedrich Ludwig von der Lanken verliehen wurde, der 1716 in der Schlacht bei Peterwardein den Heldentod starb. Dieser Umstand erklärt es, daß die zu Wien 1878 bei Seidel erschienene „Geschichte des 28. Infanterie-Regiments“, S. 13 und 291, den Errichter und ersten Inhaber desselben 1713 als gestorben verzeichnet, während ein einfacher Blick in die Acten der Registratur des k. k. Kriegsarchivs genügt hätte, diesen Irrthum zu vermeiden. In jenem Jahre wurde Feldzeugmeister Graf Thürheim zum ersten kaiserlichen Landtagscommissarius für das nach dem Rákóczy’schen Aufruhr eben erst beruhigte Königreich Ungarn ernannt, und mehrere Jahre hindurch vertrat er auf den Landtagen daselbst mit allem Nachdrucke den zahlreichen nationalen Anmaßungen gegenüber die Würde und die Rechte der Krone seines Kaisers. In Folge dessen, sowie in Anbetracht seiner vielen militärischen Verdienste ward Thürheim von Kaiser Karl VI. 1717 durch die Ernennung zum Feldmarschall ausgezeichnet, und hatte er somit die höchste militärische Charge erreicht. Mit königlichem Diplom ddo. 6. September 1722 erhielt er für sich und seine Descendenz das Indigenat des Königreichs Ungarn cum partibus adnexis. Er starb zu Wien im 62. Lebensjahre. Sein gemaltes Porträt, in Groß-Medaillonform, befindet sich im Schlosse Weinberg. Seiner am 16. October 1698 geschlossenen Ehe mit Maria Maximiliana Rebecca Gräfin von Salburg, welche ihren Gemal um zwanzig Jahre überlebend, 1746 das Zeitliche segnete, entsproßten vier Söhne und zwei Tochter. Drei der Ersteren starben in frühester Kindheit, und nur der spätere Feldmarschall Franz Ludwig Graf Thürheim [siehe die S. 288] überlebte den Vater. Die Töchter waren: Maria Rosa Regina (geb. 7. November 1705, gest. 26. März 1777), seit 23. Juli 1726 mit dem am 17. Jänner 1774 als Feldmarschall und Ritter des goldenen Vließes verstorbenen Grafen Franz Wenzel Wallis vermält; sie ist die Ururgroßmutter und Stifterin der beiden Zweige der noch blühenden zweiten Linie der Grafen von Wallis; Maria Antonia (geb. 13. December 1706), starb 1785 als Witwe des Herrn Nicolaus Revertera Duca di Salandra, Granden von Spanien erster Classe, wirklichen geheimen Rathes (gest. 14. Februar [294] 1752), welcher der Urgroßvater der gegenwärtigen Grafen Revertera ist [siehe dieses Lexikon, Bd. XXV, S. 383 u. 384][WS 1]]. Franz Sebastian besaß das seinem Sohne Franz Ludwig hinterlassene alte Thürheim’sche Ritterlehngut Bibrachzell mit Ober- und Nieder-Reichenbach in Schwaben.

Arneth (Alfred Ritter). Leben Guido Starhemberg’s (Wien 1853, Karl Gerold und Sohn, gr. 8°.) S. 139. – Kurz (Franz). Geschichte der oberösterreichischen Landwehr (Linz 1811) S. 99–101. – Pillwein’s Geschichte und Geographie Oberösterreichs. IV. Theil, Innkreis, S. 33. – Pritz. Geschichte Oberösterreich’s (Linz 1847) II. Theil, S. 468 und 469. – Gräffer. Geschichte der kaiserlichen Regimenter. I. Theil, S. 120. – Geschichte des 28. Infanterie-Regiments Feldzeugmeister Ludwig Ritter von Benedek (Wien 1878) S. 1, 3, 4, 13, 289, 290, 291 und 293. – Feßler (Ignaz Aurelius). Geschichte der Ungarn (8°.) X. Theil (1850), S. 32 und 33. – Original-Diplom der ungarischen Indigenatsverleihung ddo. 6. September 1722 für Feldmarschall Franz Sebastian Grafen von Thürheim.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Bd. XXV, S. 385 u. 386.