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BLKÖ:Smolka, Franz

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 35 (1877), ab Seite: 197. (Quelle)
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Smolka, Franz (Abgeordneter des österreichischen Reichsrathes, geb. zu Kalusz in Galizien im Jahre 1810). Sein Vater Vincenz, von polnischer oder vielmehr slavischer Abstammung, diente ursprünglich in der kaiserlichen Armee, wie dieß aus einem Briefe ersichtlich. den er als Lieutenant im 2. Huszaren-Regimente von den Vorposten bei Schaffhausen am 10. Mai 1799 an seinen Schwager Volkmer, Zolleinnehmer zu Krautenwalde in Oberschlesien, geschrieben, worin er über den Sieg unserer Waffen in der Schlacht an der Adda berichtet. Der „Mährische Correspondent (1861, Nr. 46) theilt dieses Schreiben [198] mit. Smolka’s Mutter war eine geborene Deutsche. So geschah es denn, da Polen und Deutsche sich um seine Abstammung stritten, die jedenfalls mehr zu der deutschen Seite hinneigt, da der Vater schon als Officier nichts weniger als polnisch dachte und fühlte und auch später als kaiserlicher Beamter stark deutsch angehaucht, während die Mutter nach Geburt und Familiennamen eine Deutsche war. Bei der oft beobachteten Erscheinung, daß die Kinder jener Eltern, die in einem ihnen fremden Lande sich ansiedeln, eben dieses Land, das ihren Eltern die zweite Heimat geworden, mit einer Hingebung und Begeisterung lieben, die bei den Einheimischen selbst in solcher Macht selten zum Ausdruck kommt, ist es eben kein Wunder, daß auch der Sohn Franz Smolka ein begeisterter Pole wurde, der sich frühzeitig an Alle anschloß, die sich mit Plänen zur Befreiung seines Vaterlandes trugen. Bald nach Beendigung der denkwürdigen polnischen Erhebung im J. 1831, welcher damals ganz Europa mit Begeisterung folgte und deren Bewältigung mit schmerzlicher Theilnahme gewahrte, hatte Smolka schon seinen Entschluß gefaßt und wollte zunächst in die Reihen derjenigen treten, welche noch nach bewältigtem Aufstande für ihr Vaterland kämpften. Dazu kam es nun nicht, aber schon im Jahre 1832 schloß er mit Rosciszewski und Tyszkiewicz von der Emigration, mit den Brüdern Hugo und Theophil Wiszniewski und mit Dawid einen heimlichen Bund, dessen Endziele auf die Befreiung und Herstellung des alten Polen hinausliefen. Indessen setzte S. seine Studien auf rechtswissenschaftlichem Gebiete an der Lemberger Hochschule fort, erlangte im Jahre 1836 daraus die Doctorwürde und wurde 1840 Advocat in Lemberg. Aus seinem polnischen Patriotismus machte er kein Hehl und trug seine begeisterten Gefühle für sein Vaterland offen zur Schau. Da kam die Behörde zur Kenntniß einer weitverbreiteten heimlichen politischen Verbindung, auch Smolka’s Name fand sich darunter und die Verhaftung ließ nicht lange auf sich warten. Vier Jahre und darüber dauerte der Proceß, welcher damit endete, daß S. des Hochverrathes schuldig befunden und zum Tode verurtheilt wurde. Die Vollstreckung des Urtheils verzögerte sich. Es kam überhaupt bei Smolka nicht dazu. Franz Graf Stadion, damals Gouverneur von Galizien, hatte seine begründeten Vorstellungen erhoben (Bericht an die Oberst-Polizei-Hofstelle, Z. 15723, 25. December 1847) und S. wurde in eine mittlerweile erlassene Amnestie eingeschlossen, der Freiheit wiedergegeben, aber seines Doctor-Titels und der Advocatur blieb er verlustig. Er erlangte beide später wieder. Smolka, der bald nach Erlangung der Advocatur sich mit Leocadia Becker, der Tochter eines deutschen Beamten, ebenso gepriesen ob ihrer seltenen Anmuth und Schönheit, als bekannt ob ihrer begeisterten Schwärmerei für Polen, vermält hatte, lebte nun in völliger Zurückgezogenheit, fern sich haltend von allem politischen Treiben, ja er hatte den Antrag der Führerschaft für einen bevorstehenden Ausbruch, den ihm Eduard Dembowski gebracht, entschieden abgelehnt, da er in solchem Beginnen kein Heil erblickte. Unter solchen Verhältnissen kam das Jahr 1848, kamen die März-Tage Wien’s heran, welche in Galizien, namentlich in Lemberg einen lebendigen Nachhall fanden. Die Wiener Märzen-Idus des Jahres 1848 brachten auch der nationalen Partei in Galizien, zunächst in Lemberg, wo sich bald Alles concentrirt hatte, neues Leben. [199] Es heißt: „Smolka stellte sich an die Spitze der Bewegung“, das ist unrichtig. Smolka hielt sich, durch die gemachten Erfahrungen gewitzigt, ganz abseits von der Bewegung; aber als verläßlicher Charakter und warmer Patriot erkannt und bekannt, wurde er von den Anderen an die Spitze gestellt. Nun nahm er aber auch die Sache ernst und wollte sie nicht auf revolutionärem, sondern auf gesetzlichem Wege durchführen, das nächste, woran er ging, war eine Adresse, in welcher den Wünschen des Landes Galizien Ausdruck gegeben ward. Diese wurde unter Smolka’s Einfluß entworfen und berathen. Es ist die Adresse vom 19. März 1848, welche nach Wien ging. Der 26. Juni 1848, als der anberaumte Eröffnungstermin des constituirenden Reichstages, berief S. in denselben nach Wien. Im Anbeginn verlief S.’s Thätigkeit in demselben wenig bemerkt. Am 31. Juli gelangte der Reichstag zur Berathung des 34. Paragraphes der Geschäftsordnung, der die Zusammensetzung eines Ausschusses zur Bearbeitung eines Verfassungsentwurfes für das Reich, die Provinzen und die Gemeinden bedingt. Am folgenden Tage fand die Wahl der Mitglieder des Verfassungs-Ausschusses Statt. Dieser sollte dreißig Mitglieder zählen. Unter den dreien die auf Galizien kamen, befand sich Smolka, mit ihm zugleich Jachimowicz und Ziemiałkowski. Später wurde er in das Fünfer-Comité des Ausschusses gewählt, welches außer ihm noch aus Gobbi, Goldmark, Cajetan Mayer und Palacky bestand. Bis zu den October-Tagen wird Smolka’s Name wenig genannt. Es soll ihm von dem Ministerium Doblhoff-Hornbostel (Anfang Juli bis 10. October 1848) das Portefeuille der Justiz angetragen worden sein, Smolka aber dasselbe abgelehnt haben, weil das Ministerium auf die von ihm beantragte Freigebung des lombardisch-venetianischen Königreichs nicht eingehen mochte. Erst nach den October-Ereignissen wird sein Name oft und öffentlich genannt. Am furchtbaren 6. October erscheint Smolka unter den Handelnden. Er war, als der Tumult auf dem Hofe einen drohenderen Charakter angenommen, aus der Reichstagssitzung auf den Schauplatz der Bewegung und zunächst zu Grafen Latour geeilt. Als sich die blinde Volkswuth gegen den Kriegsminister Grafen Latour gekehrt, der fanatisirte Haufe in das Hof-Kriegsrathsgebäude eindrang und Latour suchte, war es Smolka, welcher sich den Rasenden entgegenstellte, und denjenigen, welche zu Latour dringen wollten, erklärte, sie nur unter der Bedingung zum Kriegsminister zu führen, wenn sich eine hinreichende Anzahl von Männern mit Schwur und Handschlag verpflichtete, sein Leben zu schützen. Als die Gefahr wuchs, begab sich Smolka zu dem Kriegsminister selbst und stellte ihm die dringende Nothwendigkeit vor, sich von ihm verhaften und der zum Schutze seines Lebens vereidigten Mannschaft übergeben zu lassen. Während dieser Vorstellungen drang der wüthende Volkshaufe immer weiter vor und bis in das vierte Stockwerk, wo der Graf, von Smolka und Major Boxberg beschützt, in einem durch seine Dunkelheit den Suchenden zunächst verborgenen Verstecke sich befand. Die Rasenden riefen: „Wo ist Latour?“ Der Graf ließ sich nun nicht länger halten. Mit den Worten: „Hier bin ich“, hatte er sein Schicksal besiegelt. Smolka und Fischhof hatten ihn so lange mit ihrer Person beschützt, bis sie selbst von dem tobenden immer wachsenden [200] Haufen hinweggedrängt worden. Dieser aber schob den Grafen immer vorwärts, bis er in die Nähe des Brunnens gelangt war, wo die lechzende Meute den gehetzten Greis überfiel und die Schandthat beging. Smolka kehrte nach seiner gescheiterten Mission in den Sitzungssaal zurück. Dort hatte indessen Strobach den Präsidentenstuhl bestiegen, um die Erklärung abzugeben, daß er es, da nach Zählung des Secretärs nur 120 Mitglieder anwesend seien, mit seiner Pflicht und seinem Gewissen für unvereinbar halte, die Sitzung zu eröffnen, aber seinen Platz dem Vice-Präsidenten abtrete, zu dem Smolka früher schon gewählt worden war. So trat Smolka an Strobach’s Stelle, und nahm, nachdem er von seiner gescheiterten Mission in den Reichstag zurückgekehrt war, den Präsidentenstuhl ein. Ueber seine Thätigkeit daselbst bis zur Uebersiedlung des Reichstages nach Kremsier, über die von ihm am 6., 7. October und den folgenden Tagen erlassenen Aufrufe, Kundmachungen, Adressen und sonstigen öffentlichen Acte erhalten wir den besten Aufschluß im Anhange zu Widmann’s Schrift über Franz Smolka. Sein ganzes Verhalten während dieser verhängnißvollen Periode war ein mannhaftes und in den zahllosen Verwicklungen durch und durch verfassungsmäßiges. Mit Unerschrockenheit und selbst von seinen Feinden anerkanntem Tacte hatte er die Sitzungen dieses Rumpfparlamentes – denn nur ein kleiner Rest der Abgeordneten war in dem durch Latour’s Mord gebrandmarkten Wien geblieben – bis zur Verhängung des Belagerungszustandes geleitet. Am 12. October 1848 fand mit einer Majorität von 186 unter 200 Stimmen Smolka’s Wahl zum Präsidenten des Reichstages Statt. Er behielt diesen Posten während der ganzen Zeit, in welcher der von Wien nach Kremsier verlegte Reichsrath tagte. Die geheime Geschichte dieser denkwürdigen Periode – Herausgeber dieses Lexikons hat sie vom ersten bis zum letzten Tage in Kremsier und Olmütz miterlebt – ist noch ungeschrieben. Nur Einzelnheiten gelangten aus Privatbriefen, Mittheilungen von Augenzeugen u. s. w. in die Oeffentlichkeit[WS 1]. Es erhellet daraus, mit welcher Umsicht und mit welchem energischen Tacte es Smolka verstanden hat, das Ansehen des in den höheren und höchsten Kreisen voll Mißtrauen angesehenen, geradezu perhorrescirten Reichstages, der sich oft genug der wenigst entsprechenden Bezeichnungen zu erfreuen hatte, zu wahren, was noch schwieriger dadurch wurde, daß man in Smolka selbst nichts anderes als den „Präsidenten der Revolution“ erblickte. Als bei Gelegenheit des Thronwechsels am 2. December 1849, auch der Reichstag durch eine Deputation die Huldigung dem neuen Monarchen darbringen sollte und Smolka als Präsident des Reichstages naturgemäß der Führer der Deputation war, bemühten sich die čechischen Abgeordneten Palacky und Rieger, welche später so „verdienstlich“ zur Sprengung des Reichstages mitgewirkt, Smolka zu bestimmen, daß er nicht nach Olmütz gehe, sondern in Kremsier verbleibe und einer der Vice-Präsidenten die Führung der Deputation übernehme, da S.’s Erscheinen am Hoflager dort einen „üblen Eindruck“ machen würde, und die Begrüßung des jungen Monarchen durch eine „mißliebige Person“ nicht gut angehe. Aber Smolka hörte die „čechischen Patrioten“ ruhig an und erklärte ihnen eben so ruhig, er werde als „mißliebige Person“ seine Pflicht thun und [201] persönlich die Deputation vor die Stufen des Thrones führen. Daß man alles so einzurichten verstanden, damit die Deputation nicht an der kaiserlichen Hoftafel erscheine – man hatte nämlich den Zug, der die Deputation bringen sollte, absichtlich verzögert – das alles focht den Führer derselben nicht an, ferner die Würde des Reichstages, wo sich Anlaß fand, zu wahren. Und dieser fand sich alsbald, als man Miene machte, der Deputation die militärischen Ehren zu entziehen. Als einem der obersten Factoren der gesetzgebenden Gewalt gebührten dem Reichstage und seinem Präsidenten jene Ehrenbezeigungen, die den Erzherzogen erwiesen wurden, und diese bestanden darin, daß vor dem bei einer Hauptwache vorübergehenden Präsidenten die Wache in’s Gewehr zu treten habe, die Trommel zu rühren und die Fahne zu senken sei. Kurze Zeit bevor die Deputation vor den Kaiser geführt werden sollte, sondirte ein damit beauftragter Beamter: „Daß es ja wohl nicht nothwendig sein werde, der Deputation die militärischen Ehren zu erweisen?“ denn bei der damals beginnenden Reaction und durch die Siege in Italien herrschend gewordenen Säbelpartei erschien es als ein Greuel unerhörter Art, dem – ja diesem – Reichstage die militärischen Honneurs erweisen zu sollen. Smolka aber gab dem mit dieser Mission betrauten Beamten die Erklärung: „Daß, wenn der Deputation von Seite des Militärs nicht die üblichen Honneurs erwiesen werden sollten, sich dieselbe nicht zum Kaiser begeben, sondern die Adresse per Post übersenden und sofort nach Prag abreisen werde, um ihre Mission bei Kaiser Ferdinand auszuführen“. Diese energische Antwort hatte ihre Wirkung nicht verfehlt und der Reichstags-Deputation wurden alle ihr gebührenden Ehren an diesem Tage und an allen folgenden erwiesen. Seine Energie setzte es auch durch, daß die Deputation, welche man um jeden Preis von der Abreise nach Prag, wo sie dem Kaiser Ferdinand die Reichstags-Adresse überreichen wollte, zurückzuhalten suchte, persönlich vor dem Monarchen erscheinen durfte, obwohl derselbe wiederholt als krank ausgegeben und ihm der Wille in den Mund gelegt wurde, die Reichstags-Deputation nicht empfangen zu können. Und sie wurde empfangen, ja sichtlich auf’s huldvollste empfangen. Nach der Auflösung des Kremsierer Reichstages, gegen welche S. feierlichen Protest erhoben hatte, wurde er von dem Minister des Innern aufgefordert, an der Feststellung der Landesverfassung für Galizien mitzuwirken. Smolka aber erklärte in einem Wien 19. März 1849 datirten, an den Minister gerichteten Schreiben, daß, wie er die Auflösung des constitutionellen Reichstages, namentlich mit Rücksicht auf den gewählten Zeitpunct schon an und für sich – noch mehr aber die Art der Ausführung desselben gleich im ersten Augenblicke als ein unheilvolles Ereigniß angesehen, er nun umsoweniger an Arbeiten sich betheiligen dürfe, als dieß auf die Gutheißung jenes Ereignisses schließen lassen könnte, wobei er sich überdieß gegen jede exceptionelle, zum Nachtheile Galiziens ausschlagende Behandlung verwahren zu müssen glaube. Alsdann kehrte S. nach Lemberg zurück und lebte während der nun folgenden zehnjährigen Reactions-Periode einzig und allein seinem Berufe als Advocat, denn mittlerweile waren ihm sein Doctortitel und das Recht zur Ausübung der Advocatur zurückerstattet worden. In Lemberg stand und steht noch S. als Vertrauensmann, namentlich in Geld-Angelegenheiten, [202] in seltenem Ansehen. Die Summe der bei ihm deponirten Gelder erreichte oft eine ungeheuere Höhe. Um Politik kümmerte er sich in jenen Tagen der Reaction wenig, er wußte es, daß eine andere Zeit bald erscheinen müsse, weil es auf die Dauer nicht länger so gehen könne. Und er hatte sich nicht getäuscht. Das October-Diplom 1859 hatte die Bestrebungen der Provinzen nach Autonomie entfesselt, und nun betrat Smolka wieder den politischen Schauplatz. Nach dem Urheber des October-Diploms, Graf Gołuchowski, ergriff Schmerling das Staatsruder. Die Verfassung vom 26. Februar wurde gegeben. Galizien beschloß die Absendung einer Delegation, welche die Forderungen des Landes vor dem Staats-Minister aussprechen sollte. Mit Smolka waren Adam Fürst Sapieha und Alex. Graf Dzieduszycki Mitglieder dieser Delegation. Aber der Staatsminister erklärte, dieselbe als solche nicht annehmen zu können. Als darauf die Wahlen für den galizischen Landtag Statt fanden, wurde S. von der Stadt Lemberg als Abgeordneter gewählt. Der Landtag schickte ihn in den Reichstag. Es mag im ersten Augenblicke befremden, daß S. dieses Mandat annahm, und erst später erfuhr man die Motive, welche ihn zur Annahme desselben bewogen hatten. Er trug sich nämlich mit der Hoffnung, im Reichsrathe seinem Vaterlande zu seinen Rechten und Forderungen verhelfen zu können. Und kaum hatte er seinen Sitz im Reichsrathe eingenommen, als er auch bei jeder Gelegenheit für die Autonomie und möglichste Selbstverwaltung Galiziens seine Stimme erhob. Offen sprach er es aus, daß er für Galizien dieselben Rechte fordere, wie sie Ungarn besitze. Um den Nachweis der Rechtstitel kümmerte er sich weniger, es war ihm nur darum zu thun, seine Forderungen zu formuliren. So wurde er bald nicht blos der Führer der sogenannten polnischen Partei, welche eine Sonderstellung Galiziens im österreichischen Staatencomplex forderte, sondern bald der Führer der Föderalisten[WS 2] in Oesterreich. Aber auch in anderen nicht immer eben politischen, wie z. B. in national-ökonomischen Fragen, ergriff S. das Wort. So z. B. sprach er in der durch Bischof Litwinowicz [Bd. XV, S. 296] angeregten Diätenfrage, in welcher seine Rede, wenn sie auch nicht das von ihm angestrebte Ergebniß erzielte, allgemeine Beachtung fand. Noch gespannter folgte man seinen Auslassungen in der Sitzung vom 29. Mai 1861, bei Gelegenheit der Generaldebatte über die Immunität der Deputirten, wo seiner meisterhaften Rede selbst im Lager seiner politischen Gegner gerechte Würdigung zu Theil wurde; ohne etwa aufregend oder herausfordernd zu sein, fesselte sie durch das Schlagende seiner Bemerkungen, und in dieser Frage war der Pole Smolka des Hauses einziger politischer Redner von Bedeutung. Eine gleiche Stimmung bemächtigte sich des Hauses in der Sitzung vom 19. Juni, in welcher über Antrag des Dr. Mühlfeld über die persönliche Freiheit berathen wurde. Auch da trat S. als entschiedener Föderalist[WS 3] auf, und hier war es auch, wo zum ersten Male im österreichischen Parlamente ein Abgeordneter die Worte sprach: „Immer noch betrachten wir Polen, wenngleich es zerrissen ist, als eine aus einem Stücke gegossene Ganzheit und halten dafür, noch ist Polen nicht verloren“. „Unser Standpunct“, bemerkte S. an anderer Stelle, ist dem Reichsrathe nicht ganz klar. Ich schicke voraus, ungeachtet aller bitteren [203] Worte, welche die Föderalisten hier zu hören bekommen, ist uns doch alle Feindschaft völlig fremd. „Weiter meinte S., indem er den Standpunct der Polen klar legte, in vielen Stücken würde sich seine Partei selbst mit den Centralisten einigen, und dort, wo es nicht der Fall wäre, dort wird der Kampf um die Autonomie Statt finden: „Wir lieben uns wie Brüder und feilschen wie die Juden“; dieses alte polnische Sprichwort mögen die Deutschen immer bedenken, wenn sie mit den Polen verhandeln. Ein anderes Mal erhob S. seine Stimme in der Frage des ungarischen Ausgleiches (28. August 1861), in welcher er mit dem ganzen Aufwande seiner Beredsamkeit für die Rechte des ungarischen Volkes einstand. Die Rede ist in den stenographischen Protokollen ihrem vollen Inhalte nach zu finden; wem diese nicht zugänglich, der kann sie im Wiener Journal „Der Wanderer“ 1861, Nr. 198, nachlesen. Am bezeichnendsten aber ist es, daß eben diese Rede in polnischer Uebersetzung in Paris in der Druckerei Martinet erschienen ist. Von nicht geringerer Bedeutung war seine Thätigkeit als Obmann des Ausschusses für religiöse Angelegenheiten, aus welchem der bekannte Entwurf eines Religions-Edicts hervorgegangen ist. In diese Zeit politischen Wirkens fällt ein Schicksalsschlag, welcher selbst das durch mannigfache schwere Ereignisse, die ihn bereits im Leben getroffen, gestählte Gemüth S.’s zu tiefst erschütterte. Im Herbste 1861 starb Smolka’s Frau. Wer das innige Zusammenleben dieser in einander aufgehenden Seelen, der die Frauentugenden der Verewigten kannte, der konnte ermessen, wie ihn der Tod der Frau traf, mit der er etwas über zwanzig Jahre verbunden gewesen. Ergreifend war die Leichenrede, welche der Bernhardiner-Mönch Bulsiewicz an ihrem Sarge gehalten, und in welcher derselbe die Scene schilderte, welche die eigentliche Quelle der jahrelangen Leiden wurde, denen sie endlich erlag. Bald nach seiner Vermälung war, wie bereits berichtet worden, Smolka’s Verhaftung erfolgt. Die Untersuchung hatte lange gewährt, das Urtheil endlich auf Tod durch den – Strang gelautet. Mit schwerer Mühe erhielt der Verurtheilte die Erlaubniß, seine eben damals verstorbene Mutter sehen zu dürfen, um an ihrer Bahre zu beten. Unerwartet trat er unter starker Militär-Escorte in’s Zimmer und fand daselbst seine Frau am Katafalk kniend. Bei seinem Anblicke fiel sie bewußtlos nieder und die Gemüthsbewegung dieses Augenblickes hatte ihr ein Leiden zugezogen, an dessen Heilung die Kunst der berühmtesten Aerzte scheiterte. Auch der Einfluß des italienischen Klimas, das sie häufig aufzusuchen genöthigt war, hatte ihr Leben nur gefristet, ohne ihr Leiden zu heilen. Von diesem Schicksalsschlage wurde die oft geschilderte eiserne Ruhe Smolka’s völlig erschüttert. Dazu gesellten sich Bekümmerniß über die Verirrungen seiner Nation, welche sich durch den damals eben wieder ausgebrochenen Aufstand neuerlich in die höchste Bedrängniß gestürzt. Er selbst hatte sich, während die Revolutionären den Aufstand in ganz Galizien organisirten, von aller Theilnahme daran zurückgezogen. Diese Enthaltsamkeit genügte nun, daß ihn – den einst Vergötterten – die Heißsporne rücksichtslos erst verdammten, dann, beschimpften, zuletzt bedrohten. Diese Kränkungen und eine seit dem Tode seiner Frau schwankende Gesundheit hatten ihn endlich zu einem unheilvollen Schritte gedrängt. Am 31. August 1863 hatte man S., der plötzlich vermißt worden, [204] nach langem Suchen bewußtlos in seinem Blute schwimmend gefunden. S. hatte sich mit einem Rasirmesser zwei tiefe Schnittwunden am Halse beigebracht. Die Absicht eines Selbstmordes lag unzweifelhaft vor. Wollte man auch als Ursache dieses Schrittes die Melancholie gelten lassen, welcher S. seit längerer Zeit verfallen und die in seiner Familie, wie es schien, herrschend war, wobei man zur Bestärkung dieser Ansicht die Thatsache erwähnt, daß ein Bruder Smolka’s, der in höchst angenehmen Verhältnissen lebte, bereits im Jahre 1851 durch Selbstmord seinem Leben ein Ende gemacht, so lagen doch nach gepflogenen Erhebungen viel gewichtigere Gründe vor, welche diesen Schritt hinreichend erklärten. Smolka, der sich durch nichts bestimmen ließ, der Revolution, welche durch Hänge-Gendarmen und ähnliches Beiwerk eine neue Illustration gewonnen hatte, beizutreten, der ferner seinen beiden Söhnen die Betheiligung am Aufstande streng verbat und auch andere junge Männer ermahnte, sich von demselben fernzuhalten, wurde von dem geheimen Revolutions-Tribunale des Todes schuldig befunden und ihm das Todesurtheil in’s Haus geschickt. Um nun der Vollstreckung dieses Mordes zu entgehen, hatte der Unglückliche Hand an sich gelegt. Glücklicherweise waren die zwei Schnittwunden, welche S. sich beigebracht, nicht tödtlich. Alle diese Thatsachen und Umstände wurden wohl nach der Hand in Abrede gestellt und als Märchen bezeichnet und die Ursachen dieses Selbstmordversuches auf ein durch eigenes und das Unglück seines verblendeten Volkes gesteigertes Kopfleiden zurückgeführt. Jeder, der die polnischen Verhältnisse überhaupt kennt und die damaligen zu beobachten Gelegenheit gehabt, ist leicht in der Lage, sich über diese Selbstmordgeschichte S.’s ein eigenes Urtheil zu bilden, und sich die Frage: ob Congestionen die Ursache des Versuches waren, sich das Leben zu nehmen, selbst zu beantworten. Die Heilung S.’s nahm längere Zeit in Anspruch, und während dieser, wie in der nächstfolgenden Zeit hielt sich S. vom öffentlichen Leben völlig zurück. Erst nach einiger Zeit tauchte sein Name in politischen Kreisen wieder auf, wobei die Schritte, welche er insbesondere in letzter Zeit unternahm, nicht danach angethan waren, das Prestige[WS 4] seines Namens, den im Achtundvierziger- und den nächstfolgenden Jahren die Gloriole des staatsmännischen Handelns umstrahlt hatte, zu steigern. Im J. 1865 tauchte S.’s Name wieder auf, als Graf Belcredi, der damals als Minister des Innern an der Spitze der Geschäfte des Staates stand, Smolka in einem Schreiben aufforderte, sich über die Lage Galiziens zu äußern, und zugleich auszusprechen, was die Regierung thun solle, um den Wünschen der Bevölkerung zu entsprechen und das Wohl dieser Provinz zu heben. Gewiß war S. der rechte Mann, der diese Fragen voll zu beantworten im Stande war, denn er war eine der einflußreichsten Persönlichkeiten im ganzen Lande und erfreute sich der Sympathien fast aller Parteien. Bei den bald darauf erfolgten Landtagswahlen betrat er im November, nach längerer Zeit zum ersten Male, die Rednerbühne. Dabei geschah etwas Unerwartetes, was mit der ganzen Vergangenheit Smolka’s nicht in Einklang zu bringen ist. Zunächst befürwortete er die Candidatur Gołuchowski’s und forderte das ganze Land auf, daß es für dessen Wahl sich erkläre. Was der Graf Gołuchowski gegen die Autonomie versündigt, meinte S., sei im Auftrage Bach’s geschehen: als Minister [205] habe er die Autonomie verfochten. Dr. Smolka redete so der politischen Manteldreherei das Wort. Zweitens verleugnete S. seine Vergangenheit, seine Kämpfe und Leiden für das demokratische Princip, indem er dem judenfresserischen Mob aller Stände in der galizischen Landes-Hauptstadt dadurch schmeicheln zu müssen glaubte, daß er sich gegen die Erweiterung der Besitzfähigkeit der Juden aussprach. Später, selbst Mitglied des Landtages, verstand es S. durch sein Auftreten, die ihm längst hergebrachten Sympathien wieder zu gewinnen, und am meisten gelang ihm dieß in der Sitzung vom 30. September 1868, in welcher bei der Berathung der Judenfrage: er in hinreißender Rede die Sache der Freiheit und der Gleichberechtigung gegenüber der religiösen Intoleranz vertheidigte und sie schließlich einem glänzenden Siege zuführte, wobei er vornehmlich den Abgeordneten Torosiewicz, einen Angehörigen des vor Jahrhunderten nach Polen eingewanderten armenischen Stammes, widerlegte. Im Jahre 1869 ließ S. zwei Serien „Polnischer Briefe“ erscheinen, welche, wenn auch ungleich in ihrem Inhalte – denn die zweite Serie fällt gegen die erste stark ab – doch nicht uninteressante Einzelheiten zur Geschichte der letzten Jahre, namentlich wo S. selbst thätig mitgewirkt, enthalten. Im nämlichen Jahre aber traf den bereits vielfach Geprüften ein neuer, erschütternder Schlag: seine Tochter, ein blühend schönes Mädchen, war am Schlusse einer Dilettanten-Vorstellung, in welcher sie selbst mitgewirkt, vom Wahnsinne befallen worden. Im Jahre 1870, als Potocki die Leitung des Ministeriums übernahm, war Dr. S. wieder in den Reichstag gegangen, um der Zerfahrenheit der Föderalisten gegen die Bestrebungen des Centralismus zu Hilfe zu kommen. Dr. S. war damals mit Minister Potocki nach Prag gereist, und die Unterhandlungen mit den Čechen schienen bereits dem Ziele nahe gekommen zu sein, als sie Graf Potocki, der an einem Postulate der Čechen Anstoß genommen, plötzlich abbrach. Dr. S. gab aber seine Hoffnung nicht auf. Als auf Potocki Graf Hohenwart folgte, behielt S. sein Mandat im Reichsrathe, denn jetzt hatte er mehr denn je auf Erfüllung seiner föderalistischen[WS 5] Bestrebungen gehofft. Als er auch jetzt sich getäuscht sah und Graf Hohenwart sein Portefeuille niedergelegt, hatte S. für Nichtbeschickung des Reichstages gestimmt, war aber von der Majorität beredet worden, in den Reichsrath zu gehen, jedoch nur, um für den Wiederaustritt der Polen wirken zu können, was er auch wirklich gethan. Als die Polen damals ihre Resolutions-Politik in die Scene setzten, war Dr. S. der einzige Pole, der jetzt nicht mitthat, sich der Einbringung der Resolution widersetzte und den betreffenden Antrag nicht mitunterzeichnete. Es ist bekannt, daß das Ergebniß der Resolution die Ernennung des Abgeordneten Ziemiałkowski zum Portefeuille-Minister war, worin Dr. S. doch auch eine Errungenschaft erblickte, da, wenn ein solcher auch nicht den Wirkungskreis und die Befugnisse eines Fachministers, noch weniger jene eines Kanzlers habe, er doch Vieles, dem Lande Erwünschtes durchzusetzen, er bei der Kenntniß der Bedürfnisse und Zustände des Landes, die Aufmerksamkeit der Regierung auf dieselbe zu richten, im Stande sei. Im Jahre 1870 erregte ein Schreiben S.’s, das er während seines Aufenthaltes in Wien an einen Freund gerichtet und das somit einen ganz privaten Charakter an [206] sich trug, nachdem es in den Spalten des Parteiblattes „Das Vaterland“ sonderbarer Weise veröffentlicht[WS 6] worden, in den betheiligten Kreisen nicht gewöhnliches Aufsehen. Es war gegen den Fürsten Czartoryski gerichtet, der als Mitglied des ungarischen Herrenhauses für eine Allianz der Polen mit den Deutschen sprach. In diesem Schreiben trat Smolka als Parteigänger an die Seite der Čechen, möchte mit ihnen vereint Oesterreich – das bereits anderen Stürmen Widerstand geleistet – aus den Angeln heben und aus dem ihm ohnehin aufgedrungenen Dualismus in den Föderalismus hinüberführen. Er ruft dem ein Bündniß der Polen mit den Deutschen befürwortenden Fürsten zu: „daß er sich am Geiste des polnischen Volkes versündigt habe; daß er die heiligsten Gefühle und „Rechte des böhmischen Volkes“ nicht verhöhnen durfte, da dieses durch den Mund seiner legalen Vertreter und seiner besten Söhne nur die Anerkennung seiner „unverjährten Rechte“ fordere; daß er die Polen nicht beschimpfen (sic) durfte, indem er es wagte, sie zu einer Allianz mit den Deutschen behufs Unterdrückung ihrer Stammesbrüder aufzufordern (!); daß er wissen mußte, daß die Polen nur im Interesse der Freiheit und behufs Befreiung der Unterdrückten mit anderen Nationen sich verbünden (?); daß er im Namen der Polen die föderalistische Idee nicht verdammen durfte, da diese die einzige politische Idee sei, welche geeignet ist, die verfeindeten Völker zu versöhnen und kraft ihrer inneren Wahrheit und Moralität nicht nur die staatlichen Zustände Oesterreichs, sondern diejenigen der ganzen civilisirten Welt zu ordnen“. Dieser Briefauszug, der ja ein Stück Programm ist, enthält das politische Glaubensbekenntniß Smolka’s im Hinblick auf Oesterreich. Er hat später nichts gethan, was auf eine Aenderung seiner politischen Ansichten schließen ließe. Das Bündniß mit den Čechen, welche durch ihre neuesten Briefe und Adressen an Aksakow und die Moskauer ein Gebiet betreten haben, worüber dem Staatsanwalt eigene Gedanken erwachsen könnten, beweist, daß S. jedes Mittel, ob schlecht, ob recht, passe, wenn er damit seine Ziele, die ihm freilich noch immer fernab genug liegen, zu erreichen glaubt. Immerhin aber zählt S., seine politische Parteistellung bei Seite gesetzt, zu jenen öffentlichen Charakteren im Kaiserstaate, welche Beachtung verdienen und ihre Bahn kaum schon völlig durchlaufen haben möchten. Ob er staatsmännisches Können besitze, darüber ist jetzt nicht möglich, Urtheil zu fällen. Als Politiker hat er im Laufe der Jahre an Objectivität ab-, hingegen an Bitterkeit zugenommen, wenn auch seine äußere Ruhe und Mäßigung heut dieselbe ist, welche vor dreißig Jahren ihm sehr zu statten kam. Als Redner wirkt er gewinnend, er spricht mit Ruhe, mit tiefer, aber wohlklingender Stimme; seine Rede entbehrt schlagender Phrasen, ist aber wohl durchdacht, ohne Fanatismus, alle Persönlichkeiten sorgfältig vermeidend und als rein sachlich um so eindringlicher. Seine imposante Erscheinung, sein ausdruckvoller Kopf mit dem historischen Bart erhöhen nicht wenig die Wirkung seines Vortrags. Während sein stattlicher Körper in fast steinerner Ruhe verharrt, drücken nur die Mienen die Bewegung des Innern aus. Als die Ehrenbürger-Verleihungen einzelner Gemeinden in Böhmen an der Tagesordnung waren, war auch S. das Opfer zahlreicher solcher Diplome aus böhmischen und selbst croatischen Gemeinden; im Jahre 1861 hatte ihm auch [207] der Lemberger Stadtausschuß das Bürgerrecht votirt und der agronomische Verein in Galizien ihn zum Präsidenten ernannt.

I. Biographie und Biographisches. a) Deutsche Quellen. Das Jahr 1848. Geschichte der Wiener Revolution. 1. Band, von Heinrich Reschauer. 2. Band, von Moriz Smets. Illustrirt von V. Katzler, Fr. Kriehuber u. A. (Wien 1872, R. v. Waldheim, 4°.) Bd. II, S. 474, 476, 532, 565, 576, 577, 581. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber. Fol.) 1861, Nr. 929: „Dr. Franz Smolka“. – Mußestunden (Wiener illustr. Blatt, 4°.) 1861, S. 272. – Zeit-Bilder. Von Eny Vecse (Pesth, 4°.) 1861, Nr. 11. – Zwischenact (Wiener Theater-Blatt) 1861, Nr. 269: „Zum Leichenbegängniß der Frau Smolka“. – Der Reichsrath. Biographische Skizzen der Mitglieder des Herren- und Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes (Wien 1862, Förster, 8°.) Heft 2, S. 28. – Ueber Land und Meer. Allgemeine illustrirte Zeitung (Stuttgart, Ed. Hallberger, kl. Fol.) 1862, I Band. S. 69. – Waldheim’s Illustrirte Zeitung (Wien, kl. Fol.) 1862, Nr. 1, S. 4: „Franz Smolka“. – Presse 1863, Abendblatt zu Nr. 240: „Dr. Smolka“. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1863, Nr. 283. – b) Polnische und čechische Quellen. Widmann (Karol), Franciszek Smolka. Wspomnienie biograficzne d. i. Franz Smolka. Biographische Erinnerung (Lemberg 1868, Selbstverlag, 8°.). Separatausgabe aus dem Sammelwerke: „Wspomnienie biograficzne polskie“, d. i. Biographische, polnische Erinnerungen. [Enthält eine übersichtliche Darstellung seines politischen Wirkens und ist vornehmlich interessant durch die Mittheilung über die Vorgänge im Jahre 1848, in welchem S. eine hervorragende Rolle spielte; auch werden in einem Anhange (28 Seiten) historische Actenstücke mitgetheilt.] – Widmann (Karol), Wniosek posła Franciszka Smolki, d. i. Das Project des Abgeordneten Franz Smolka (Lemberg 1868, Wild, 8°.). – Encyklopedyja powszechna, d. i. Polnisches Conversations-Lexikon (Warschau, Orgelbrand, gr. 8°.) Bd. XXIII, S. 732. – Gwiazdka Cieszyńska, d. i. das Sternlein von Teschen 1861, Nr. 7: „Franciszek Smolka“. – Postęp d. i. Der Fortschritt (polnisches illustr. Blatt, 4°.) II. Jahrg. (1861), Nr. 6: „Franciszek Smolka“. – Przyjaciel domowy, d. i. Der Hausfreund (Lemberger illustr. Blatt, 4°.) 1861, Nr. 8: „Franciszek Smolka“. – Noworocznik narodowy na rok 1864, d. i. Nationales Jahrbuch auf 1864 (Wien, Sommer, 4°.) S. 23: „Franciszek Smolka“ [mit Bildniß in Holzschnitt]. – Posel z Prahy, d. i. Der Prager Bote (čechischer Kalender. 4°.) 1865, S. 67: „František Smolka“; – Světozor (Prager illustr. Blatt) 1868, S. 405.
II. a) Smolka’s politische Stellung und sein Verhalten im österreichischen Reichsrathe. Die Presse (Wiener polit. Blatt) vom 29. August 1861, Nr. 236, im ersten Leitartikel. – Dieselbe 1862, Nr. 354, in der Correspondenz aus Lemberg ddo. 24. December 1862 [über seine Parteistellung]. – Dieselbe 1865, Nummer vom 18. November, im zweiten Leitartikel: „Die Wahlvorgänge in Lemberg“. – Kronstädter Zeitung (siebenbürgisches Localblatt, 4°.) 1861, Nr. 101, S. 661. – Pesther Lloyd 1861, Beilage zum Abendblatt Nr. 197: „Rede Smolka’s über Ungarn“ [auch in der amtlichen „Wiener Zeitung 1861, Nr. 200]. – Wanderer (Wiener polit. Blatt) vom 29. August 1861, Nr. 198: „Smolka’s Rede“. – Bohemia (Prager polit. und Unterhaltungsblatt, 4°.) 1861, Nr. 205, seine Rede in der Adreßdebatte. – Linzer Abendbote 1863, Nr. 200: „Reichsrath Smolka“. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) vom 1. Mai 1875, Nr. 3126, Correspondenz von Lemberg 4. Mai: „Smolka vor seinen Wählern“. – b) Smolka’s politische Charakteristik. Klapp (Michael), Wiener Bilder und Büsten (Troppau 1867, H. Kolch, 8°.) S. 64. – Ostdeutsche Post (Wiener polit. Blatt) 1861, Nr. 172, im Feuilleton: „Smolka und Giskra. Porträts von Frauenhand“. – Weser Zeitung 1861, Nr. 5556. [Daselbst steht wörtlich: „Eines der auffallendsten und herausforderndsten Documente ist das Schreiben des polnischen Abgeordneten Dr. Smolka an diejenigen ungarischen Comitate und Municipien (30 an der Zahl), welche ihm durch Ernennung zum Ehrenbürger oder Absendung von Adressen ihre Sympathie bezeugt hatten. Es wird darin von dem künftigen Glanze der jagellonischen Krone gesprochen und zur Theilnahme am gemeinsamen Kampfe aufgefordert und das provocirende Schriftstück [208] fällt mit der Broschüre: „Der Rhein und die Weichsel“ zusammen, und vielleicht besteht ein geheimer Connex und eine gemeinschaftliche Beeinflussung beider.“] – Adolph Neustadt entwirft im dritten Hefte seiner „Reichstags-Gallerie“ (Wien 1849, Jasper, Hügel und Manz, 8°.), worin er geschriebene Porträts der hervorragendsten Deputirten des ersten österreichischen Reichstages mittheilt, folgendes Bild Smolka’s: „Smolka: männlich schöner Kopf – eine Physiognomie, welche strengen Ernst mit freundlicher Gutmüthigkeit verbindet; ein Gemüth, welches durch die bitteren Leiden einer jahrelangen unverdienten Kerkerhaft nicht verbittert und verstimmt, sondern vielmehr mild und nachsichtsvoll gemacht, aber von seiner Ursprünglichkeit nichts eingebüßt hat. Smolka gehört seinen Grundsätzen und seinem Charakter nach zu den werthvollsten Mitgliedern der äußersten Linken. Er verbindet Strenge und Schärfe echt demokratischer Grundsatze mit republikanischer Einfachheit und Duldung anderer Tendenzen. Der beste Beweis, daß er wahrhaft fühlt und daß ihm Heuchelei fremd ist, weil er sie bei Anderen nicht voraussetzt – mit einem Worte: er ist eine demokratische Individualität, mit ihren Vorzügen und ihren Mängeln Zu den letzteren rechnen wir ein vielleicht zu großes Maß von Unparteilichkeit – und Objectivität. Von den zwei Richtungen, welche die Polen in der Kammer vertreten: der polnisch-aristokratischen, zu welcher Lubomirski, Dilewski und zum Theile Potocki gehören, und der polnisch-demokratischen, gehört mit Borkowski, Hubicki, Sierakowski, Smolka zu den letzteren.... Als Redner ist Smolka rein ausgeprägt in seinen Grundmotiven – präcis und drastisch in der Ausführung. Er besitzt die schätzenswerthe Gabe, kräftig zu sein und markig, ohne die Gefühlsgrenze der Persönlichkeit und des Anstandes zu berühren – rücksichtslos, ohne verletzend zu sein. – Durch die October-Ereignisse, welche den Präsidenten Strobach zu einer, wenn auch nicht in der Geschäftsordnung, gewiß aber durch die Umstände motivirten Tagesordnung – nämlich zum selbstertheilten Urlaub bestimmten – wurde Herrn Smolka als Vice-Präsidenten der Vorsitz zu Theil. Er hat zumal während der letzten Epoche viel Tact und Umsicht in der Leitung bewiesen, und wenn auch, wie er bescheiden genug war, einzugestehen – seine Wahl zum Vice-Präsidenten mehr ein Zugeständniß der Nationalität war – so kann er seine nachträgliche dreimalige Wahl zum Präsidenten sowohl in Wien, als auch später in Kremsier jedenfalls der vollen Anerkennung seiner wahrhaften Befähigung für diese in einem parlamentarisch noch so wenig vorgeschrittenen Hause, wie das österreichische, doppelt schwierige Stellung beimessen.... Smolka’s Bart ist historisch bekannt und nicht nur der größte, sondern auch der schönste, den ich sah“. – Narodní listy, d. i. National-Zeitung (Prag, Fol.) 1861, Nr. 230, im „Feuilleton“ [politische Charakteristik der slavischen Abgeordneten, darunter auch S.’s].
III. a) Porträte. 1) Unterschrift: „Franz Smolka, Abgeordneter für Lubaczow in Galizien“. Daneben das Facsimile seines Namenszuges: „Franciszek Smolka Posel Lubaczowski“. Joh. Werner, lith. (Wien 1848, Fol.). [In Nationalgarde-Uniform, ganze Gestalt.] – 2) Unterschrift: Facsimile des Namenszuges „Smolka“. Kriehuber, lith. 1861, Kniestück (Halbfol., Wien). – 3) Holzschnitt, ohne Angabe des Zeichners, im Journal „Zeit-Bilder“ (Pesth, 4°.) 1861, S. 168. – 4) Unterschrift: „Franciszek Smolka“. Trefflicher ähnlicher Holzschnitt, ohne Angabe des Zeichners und Xylographen, im „Postęp“ 1861, Heft 6. – 3) Holzschnitt in ganzer Figur von N. im „Przyjaciel domowy“, d. i. im Hausfreund (Lemberg, 4°.) 1861, S. 122. – 6) Briefmarken-Photographie. Sehr ähnlich und selten (1862). – 7) Unterschrift: „Franz Smolka“. Nach einer Photographie. E(duard) H(allberger’s) X(ylographische) A(nstalt). Ohne Angabe des Xylographen, in „Ueber Land und Meer“ 1862, S. 69. – 8) Unterschrift: „Dr. Franz Smolka“. (Nach einer Photographie.) Xylographie ohne Angabe des Zeichners und Xylographen, in Waldheim’s „Illustrirter Zeitung“ 1862, S. 1. – 9) Unterschrift: „Franciszek Smolka“. Dle fotogr. krešlik J. B.. Holzschnitt, ohne Angabe des Xylographen, im „Světozor“ 1868, Nr. 42, S. 397. – 10) Ueberschrift: „Dr. Smolka“. (Gez.) Klič, Joh. Tomassich sc., im „Floh“ 10. April 1870, Nr. 15. – 11) Unterschrift: „Franciszek Smolka“. Rysował według fotografji Martinów. Rysował Szymański, d. i. Gezeichnet nach der Photographie von Martinów. Geschnitten von Szymański in der „Mrówka“, d. i. Ameise, 1873, S. 97. – 12) Unterschrift: „Smolka“. Holzschnitt, [209] ohne Angabe des Zeichners und Xylographen, in: „Das Jahr 1848. Geschichte der Wiener Revolution“ (Wien 1872, Waldheim, 4°.) Bd. II, S. 565 [schöner, sehr ähnlicher Holzschnitt]. – b) Spott- und Witzbilder. 1) Ueberschrift: „Z přirodopisu“, d. i. Aus der Naturgeschichte. [Smolka wirft aus einem „blasy federalistů“ überschriebenen Getreidesacke Futterkörner aus, um die mit dem Namen Ziemiałkowski überschriebene, auf dem „Oportunni politika“, d. i. Opportunitäts-Politik, bezeichneten Pfade dahingleitende Blindschleiche zu locken. „Humoristicke listy“ 1869, Nr. 45, S. 182.] – 2) Ueberschrift: „Der bedrängte Dr. Smolka“. Unterschrift: „Wollen Sie, geehrter Herr Doctor, jetzt nicht so freundlich sein, alle Conto’s zu saldiren über die Auslagen, die wir uns betreffs der Kaiserreise gemacht haben?“ [Minister Graf Potocki hält Smolka mehrere mit „Rechnung Potocki“ überschriebene Blätter entgegen. „Figaro“ 1868, S. 181.] – 3) Ueberschrift: „Die galizische Resolution im Abgeordnetenhause“. – Unterschrift: Dr. Smolka: „Es nützt Ihnen nichts; meine Herren Minister, Sie werden doch in den Apfel beißen müssen, wenn er Ihnen auch sauer vorkommt“. [Smolka hält Taaffe, Giskra und Herbst einen Apfel (die galizische Resolution) entgegen. „Figaro 1869, Nr. 17, S. 68.] – 4) Ueberschrift: „Gläubiger in Polen“. Unterschrift: „Jetzt waaß ich wenigstens, warüm de Polen bewilligt der Regierung so viel Kredit! Denken se, soll die Regierung aach so bezohlen, wie mir ihre Gläubiger!“ [Daselbst Smolka in sprechender Stellung einem von ihm gepeitschten Juden gegenüber. Ebenda.] – 5) Unterschrift: „Wie Smolka die Börsianer foppt“. [Er hält den Herren von der Börse einen als Hanswurst verkleideten Russen entgegen, den er an den Schnüren zieht und dessen hölzernen Säbel ein Jude am Schleifrad schärft. Ebenda 1870, Nr. 38, 39.] – 6) Ueberschrift: „Polnischer Zorn“. Unterschrift: Der polnische Cavallerist: „Sie wollen’s liberaler Volksvertreter sein und haben’s gestimmt für Dienstverlängerung bei Cavallerie?!“ Smolka: „Ich bin vom Fußvolk gewählt worden, mein Liberalismus ist daher nur diesem verpflichtet“. [Smolka einem k. k. österreichischen Uhlanen gegenüber. „Wiener Punsch“ 1871, Nr. 24.] – 7) Ueberschrift: „Illustracja do dzisiejszego polożenia“, d. i. Illustration zur heutigen Lage. [Ein Baumstamm, der in das Brustbild Giskra’s ausläuft und von den Mitgliedern seiner Partei im Umsinken gestützt wird, wird von Smolka angesägt; im „Szczutek“ (Titel eines Lemberger politischen Witzblattes) I. Jahrgang, Nr. 1.] – 8) Ueberschrift: „Was die Polen annehmen und was sie von sich weisen. In Sibirien. In Posen. In Wien“. [Drei sprechende Zeichnungen von Lafosse. „Floh“, 16. März 1873. Beilage.]
IV. Einzelheiten. Die in den „Silhouetten aus dem österreichischen-Reichsrathe“ (Leipzig 1862, Otto Wigand, 24°.), für deren Verfasser Adolph Freiherr Pratobevera [Bd. XXIII, S. 207) gilt, auf Seite 28 enthaltene Xenie (oder hier Silhouette) ist an Smolka gerichtet. Sie lautet: „Aechte Sarmatengestalt und off'ner Apostel des Abfalls | Predigt Hochverrath mitten im Rathe des Reichs | Wahrlich Immunität ist kühner Rede gesichert | Polens Schmerzensschrei schrillt ungestraft durch das Land. | Doch ein mißhandeltes Volk erinnert sich noch an die Herrschaft | Seiner Befreier mit Angst, sucht bei Oesterreich Schutz“. – Im Frühjahre 1862 circulirten in Wien von Mund zu Mund auf zahlreiche Persönlichkeiten, die dem öffentlichen Leben oder der Bühne und der Kunst angehörten, mehr oder minder gelungene Epigramme. Jene auf Smolka lauteten: „Polens Unglück und sein Schnurrbart | das sind seine Lebensfragen | fast unmöglich für ihn ist es | beides länger noch zu tragen“. – Ein zweites: „Du, Du liebst Dein Vaterland? | Geh’ fanatischer Pole! | Deine Lieb’ ist Mord und Brand | Ihre Mitgift Kohle | Dich beseelte Kindespflicht? | Wolf im Schafsgewande! | Gute Kinder reden nicht | Von der Mutter Schande“. – Und ein drittes: „Sag mir, war es damals, Pole | In der Hanna kleinen Stadt | Als Du präsidirtest, Pole | Ein ganz feiner Diplomat? | Bist gewesen damals Pole | Du ein competenter Rath | Als die Hand Du reichtest, Pole | Zum Verfassungs-Attentat?“. Die Verfasser dieser Xenien, welche auch ein gut Stück politische Charakteristik Smolka’s enthalten, sind nie bekannt geworden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Offentlichkeit.
  2. Vorlage: Förderalisten.
  3. Vorlage: Förderalist.
  4. Vorlage: Prästige.
  5. Vorlage: förderalistischen.
  6. Vorlage: veroffentlicht.