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BLKÖ:Schreiner, Gustav Franz Ritter von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Schreier
Band: 31 (1876), ab Seite: 287. (Quelle)
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Schreiner, Gustav Franz Ritter von (Statistiker und Fachschriftsteller, geb. zu Preßburg in Ungarn 6. August 1793, gest. zu Gratz 1. April 1872). Sein Vater Franz Xaver war ein geachteter Bürger in Preßburg, Hausbesitzer und Mitglied des äußeren Rathes, einer Corporation, die etwa wie der Gemeinderath heut zu Tage dem Magistrate überwachend gegenübersteht. Gustav Franz besuchte das Gymnasium in seiner Vaterstadt und jenes der Piaristen in Trencsin. Nun wollte er in’s Seminar der Graner Erzdiöcese treten, wurde aber seiner Jugend wegen nicht angenommen, doch ihm bedeutet, sich in seiner Vaterstadt am Seminar Sancti Emerici noch durch drei Jahre dem Studium der Classiker zu widmen. Er that es auch und erhielt darauf von Erzherzog Karl Ambros, [288] damals Primas von Ungarn, die niederen Weihen. Indessen hatten die Kriegsereignisse störend in des Jünglings Lebensplan eingegriffen, da die Seminarien in Tyrnau und Preßburg in Militärspitäler umgewandelt worden waren, wodurch eine Unterbrechung der Studien eintrat. Als er dann dieselben im Wintersemester 1809/10 fortsetzte, geschah es zuletzt im St. Stephan-Seminar zu Tyrnau, wo er seine Studien mit so ausgezeichnetem Erfolge machte, daß er unter jene Zöglinge eingereiht wurde, welche die theologischen Studien im Pazmaneum in Wien fortsetzen sollten. Schreiner selbst aber zog es vor, im deutschen Theile Oesterreichs seine theologische Laufbahn zu verfolgen und bat um Aufnahme in das erzbischöfliche Seminar zu St. Stephan, in welchem er das erste Jahr der Theologie an der Wiener Hochschule hörte. Aber schon im zweiten Jahre gab er das theologische Studium auf und begann 1811/13 jenes der Staats- und Rechtswissenschaften. Diesem lag er mit solcher Vorliebe und mir so großem Eifer ob, daß er sich die besondere Theilnahme seiner Lehrer Zizius und Wateroth erwarb und diese ihn aufforderten, sich dem Lehramte zuzuwenden, wozu sie ihm noch besonders dadurch behilflich waren, daß sie ihn nach beendeten Studien zum Supplenten der politischen Wissenschaften an der Theresianischen Ritterakademie und an der Hochschule wählten. Indessen nahm er die Stelle eines Erziehers im Hause des Generals der Cavallerie und Obersthofmeisters des Erzherzogs Karl, des Grafen Grünne, an, in welcher Stellung er bis zu seiner Berufung an das Lyceum zu Olmütz verblieb. In der Zwischenzeit versah er auch vom 1. Juni 1817 an wegen Beurlaubung des Professors Zizius als supplirender Professor dessen Lehrkanzel und übte alle mit einer ordentlichen Professur verbundenen Functionen aus bis zu seiner am 29. December 1818 erfolgten Ernennung zum Professor der politischen Wissenschaften, der österreichisch-politischen Verwaltungskunde, der Statistik der österreichischen Staaten und des österreichischen Staatsrechtes am k. k. Lyceum zu Olmütz. S. hatte diese Lehrkanzel erhalten, ungeachtet er das dazu gesetzlich vorgeschriebene Doctorat der Rechte nicht besaß, welches er erst am 4. August 1824 erlangte. Anfangs April 1819 trat er sein Lehramt in Olmütz an. Im November 1822 übertrug ihm der damalige Gouverneur von Mähren, Anton Graf Mittrowsky, auch noch die Zeitung der Olmützer Lyceal-Bibliothek, welche er durch zwei Jahre besorgte, und im Jahre 1824 wurde S. zum Rector des Lyceums erwählt. Mit ah. Entschließung vom 19. Juli 1824 erfolgte seine Ernennung zum öff. ord. Professor der in Olmütz vorgetragenen Fächer an der k. k. Karl Franzens-Universität in Gratz, welche er bis kurze Zeit vor seinem im Alter von 79 Jahren erfolgten Tode bekleidete, indem es ihm noch vergönnt war, ein Jahr vor seinem Ableben, im Jahre 1871, sein 50jähriges Jubiläum als Professor zu feiern, aus welchem Anlasse ihm die Stadt Gratz das Ehrenbürgerrecht verlieh. Neben seiner lehramtlichen Thätigkeit übte S. die schriftstellerische aus, von welcher weiter unten die Rede sein soll, machte sich aber sonst noch in mannigfacher Weise seinen Mitbürgern und dem Gemeinwesen, in welchem er lebte, nützlich. So berief ihn schon im Jahre 1832 der Gouverneur von Steiermark als Mitglied in die damals zusammengestellte Provinzial-Commerz-Commission, wie er ihn in den Jahren 1826–1834 mit [289] mehreren, die Steiermark betreffenden statistischen Arbeiten betraute. Im Jahre 1848 übertrug ihm Graf Wickenburg gleich in den ersten Tagen der Märzbewegung die Redaction der „Gratzer Zeitung“, des damaligen amtlichen Provinzialblattes; außerdem erwählte ihn die akademische Legion zu ihrem Chef, die Universität zu ihrem Vertreter im verstärkten Landtage, in welchem er im Ausschusse für die Reform der Landesverfassung thätig war. Als die Frankfurter Wahlen ausgeschrieben wurden, wurde S. gleichzeitig in vier Wahlbezirken (Weitz, Feldbach, Cilli und Gratz, in letzterem als Ersatzmann) für das Frankfurter Parlament gewählt. In diesem trat er sofort in zwei Ausschüsse, in den blos temporären zur Untersuchung der zwischen der Bürgerschaft von Mainz und der preußischen Besatzung ausgebrochenen Zerwürfnisse und in den wichtigen permanenten Verfassungs-Ausschuß, an dessen Arbeiten er bis zur Zurückberufung der österreichischen Abgeordneten theilnahm. Als aber die Wahl des Königs von Preußen zum deutschen Kaiser stattgehabt, hatte S., wie auch sonst noch in mehreren anderen, in die Verfassung aufgenommenen wichtigen Puncten dagegen gestimmt und die Urkunde nicht mit unterzeichnet. In den letzten Tagen des Monats April 1849 kehrte er in seine Heimat zurück, ohne sogar in dem von Schmerber herausgegebenen Frankfurter „Parlaments-Album“ ein Lebenszeichen zurückgelassen zu haben. Nach seiner Rückkehr in die Heimat widmete er seine ganze außeramtliche Thätigkeit dem steiermärkischen Gewerbeverein, dessen Geschäftsleiter er von seiner Gründung bis zum Jahre 1865 war, ferner dem Gratzer gewerblichen Hilfscasse-Verein, dessen Beziehungen zum gleichnamigen Vereine in Laibach er vermittelte. Nach Einführung der Februar-Verfassung wählten ihn, ohne daß S. candidirt hätte, die Vertreter des Wahlbezirkes der fünf Märkte Feistritz, Frohnleiten, Gradwein, Passail und Uebelbach in den steiermärkischen Landtag und wurde S. nach Ablauf der ersten Legislatur-Periode wieder in denselben gewählt. Der erste Landtag erwählte ihn ferner als Ersatzmann für den Grafen Gleisbach, damaligen Landesgouverneur, in das Abgeordnetenhaus des österreichischen Reichsrathes. Aus Vorstehendem ergibt sich das allseitige Vertrauen, welches S. im Lande, und zwar mit vollem Rechte genoß. Was er den Studirenden war, weiß Verfasser dieser Skizze am besten zu sagen, denn auch er gehörte zu seinen Schülern und wird den humanen, biederen und gerechten Lehrer nie vergessen, der wenig Worte machte, aber wo es galt, mit der That einsprang: den mit ausgebreitetem Wissen, reichen Kenntnissen jene Bescheidenheit zierte, welche nur dem wahrhaft Gelehrten eigen, und den die Gratzer studirende Jugend nicht blos hochachtete, sondern wie ihren Vater, Freund und Rathgeber verehrte. Und nun noch eine Uebersicht der schriftstellerischen Wirksamkeit Schreiner’s, die sich weniger in selbstständigen Werken, als in einer Reihe der gründlichsten, oft umfangreichen Artikel in Fachblättern und periodischen Werken kundgibt. Selbstständig veröffentlichte S. nur das Werk: „Grätz. Ein naturhistorisch-statistisch-topographisches Gemälde dieser Stadt und ihrer Umgebungen“ (Gratz 1844, kl. 8°.) welches als Festgabe zu der im genannten Jahre in Gratz stattgehabten Versammlung der Naturforscher und Aerzte ausgegeben wurde; ferner: „Ueber die einzig richtige Schreibweise der Stadt Graetz“ (Gratz 184.), durch einen literarischen [290] Streit mit Joseph Freiherrn von Hammer-Purgstall, welcher sich für die Schreibart Gratz und nicht Graetz entschied, hervorgerufen. Hier entfaltete S. eine der Bedeutung des Streitgegenstandes kaum entsprechende Gelehrsamkeit; aber dergleichen – wie ja auch der berüchtigte krainische A-B-C-Krieg – war nur in einer Oesterreichs geistige Zustände so tief demüthigenden Periode möglich, als es jene nach den beendigten Befreiungskriegen bis 1848 gewesen. Ungleich größer und für die Wissenschaft eine reichere Ausbeute bietend ist S.’s schriftstellerische Thätigkeit in Journalen und periodischen Werken; dabei muß ausdrücklich bemerkt werden, daß die wirklich unantastbare Loyalität S.’s ihn nicht hinderte, in der durch die Willkür einer oft hirnlosen Censur schwer bedrängten Zeit offen und freimüthig zu schreiben. So schrieb er denn – oft anonym – für die Jenaer „Literatur-Zeitung“, mit vollem Namen für die noch immer nicht gehörig gewürdigte Ersch und Gruber’sche, „Allgemeine Encyklopädie“ Artikel von einem Umfange, daß sie selbstständige Werke bilden könnten, so seien erwähnt die Artikel: Donau, Drau, Egerland, Ellnbogner Kreis, Este, Ferrara, Florenz, Grado, Gradisca, Gradiscanerkrieg, Inn, Innerberger-Hauptgewerkschaft, Innerkrain, Innerösterreich, Inner-Szolnoker Gespanschaft, Innkreis, Innsbruck, Istrien, Judenburger Kreis, Ottočaner Regiment, Padua, Palermo, Perugia, Pesaro, Pesth u. s. w.; ferner für die „Steiermärkische Zeitschrift“, deren Redaction er auch in Gemeinschaft mit Dr. A. v. Muchar, C. G. v. Leitner und A. Schrötter einige Zeit besorgte; für den von ihm 1832–1835 (in 4°.) herausgegebenen „Kalender für die kath. Geistlichkeit“; für die 8. Aufl. des Brockhaus’schen „Conversations-Lexikons; für die „Annalen“ von Berghaus; für das von Rotteck und Welcker herausgegebene „Staats-Lexikon“, in welchem seine Artikel mit S. bezeichnet sind; für Holtei’s unter dem Titel: „Für den Friedhof der evangelischen Gemeinde zu Gratz in Steiermark“ (1857) erschienenes Album; für Hlubek’s: „Ein treues Bild der Steiermark“ (1860) und für die Augsburger „Allgemeine Zeitung“, in welcher der in den Beilagen vom 26. und 27. September und 2. October 1844 enthaltene Artikel: „Die deutsche Sprachgrenze im Südosten der Steiermark“ nebenbei eine Ergänzung der deutschen Sprachkarte von Bernhardi, noch heute seine Bedeutung behält. Auf statistischem Gebiete galt Dr. Schreiner als Autorität, widmete ihm doch der Königsberger Professor Dr. Friedrich Wilhelm Schubert, einer der namhaftesten Statistiker seiner Zeit, den 3. Theil seines siebenbändigen Werkes: „Handbuch der allgemeinen Staatskunde von Europa“ (Königsberg 1835 u. f.), welcher Italien behandelt, mit den Worten: „Dem gründlichen und wohlverdienten Arbeiter auf dem Felde der Staatskunde als ein Zeichen aufrichtiger Hochachtung“. Daß ihm von Gratzer Universität in wiederholten Wahlen zum Decan und Rector magnificus derselben die gebührenden Ehren zu Theil wurden, versteht sich von selbst; ebenso hatten ihn heimische und auswärtige gelehrte Gesellschaften unter ihre Mitglieder aufgenommen, von Seite Sr. Majestät wurden seine Verdienste durch Verleihung des Ordens der eisernen Krone 3. Classe gewürdigt. Den Ordensstatuten gemäß erfolgte im Jahre 1868 S.’s Erhebung in den erbländischen Ritterstand, der seinem erstgebornen Sohne Gustav in [291] gleicher Weise bereits im Jahre 1864 war verliehen worden. [Vergleiche den Familienstand in den Quellen.]

Ritterstands-Diplom ddo. Wien 19. Mai 1868. – Gratzer Tagespost 1871, Nr. 88 bis 90: „Ein Mann der Wissenschaft“. – Mittheilungen des historischen Vereins für Steiermark, 21. Heft: Nekrolog, von Ilwof. – Jogtudományi Közlönyi 1868, Nr. 3: Biographie, von Pauler. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt, Fol.) Nr. 2732 vom 2. April 1872, in der „Kleinen Chronik“. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, Fol.) XII. Bd. S. 25. – Wappen. Von Gold und Blau längsgetheilter Schild mit einem aufrecht gestellten Hufeisen mit gewechselten Tincturen, welchem zwei gekreuzte rothbefiederte Pfeile, deren einer mit seiner Spitze rechtwärts, der andere niederwärts gekehrt ist, eingestellt sind. Auf dem Schilde ruhen zwei gekrönte Turnierhelme. Aus den Kronen derselben erschwingen sich fünf wallende Straußenfedern, und zwar zwei blaue zwischen drei goldenen. Die Helmdecken sind allseits blau, mit Gold unterlegt.
Heutiger Familienstand der Ritter von Schreiner. Gustav von Schreiner (der Vater) war zweimal vermält; in erster Ehe (seit 20. August 1820) mit Katharina Schlegl (geb. 1802, gest. 6. Jänner 1836); in zweiter Ehe (seit 28. Mai 1840) mit Josephine Matschlechner (geb. 27. Februar 1817); aus der ersten Ehe stammen: 1) Gustav Franz Ritter von Sch. (geb. 2. Juni 1821) [s. d. bes. Lebensskizze auf der 2. Spalte], vermält (seit 29. Mai 1849) mit Elise Edlen von Isfordnik-Rostnitz (geb. 28. Jänner 1825); Kinder dieser Ehe sind: a) Gustav Alexander (geb. zu Alexandrien 12. Jänner 1851); b) Elise (geb. zu Pera in Constantinopel 10. April 1852); – 2) Adolph Andreas (geb. 12. März 1823), Chef des General-Secretariates der Südbahn-Gesellschaft, Ritter des österr. Franz Joseph- und des italien. St. Mauritius- und Lazarus-Ordens; vermält (seit 22. April 1862) mit Adele von Riemensiewicz; Kinder dieser Ehe: a) Maria Theresia (geb. 20. Februar 1865), b) Karolina (geb. 4. October 1866), c) Maximilian (geb. 8. September 1867); – 3) Moriz (geb. 4. December 1824), Advocat zu Gratz, Gemeinderath, Abgeordneter zum steirischen Landtage, seit 1870–1873 Bürgermeister von Gratz.