BLKÖ:Schröer, Karl Julius
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 31 (1876), ab Seite: 348. (Quelle) | |||
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Chr. Oeser [Bd. XXI, S. 18] berühmt gewordenen Schulmannes und Schriftstellers Tobias Gottfried Schröer aus dessen Ehe mit Therese Langwieser [Bd. XXI, S. 23, im Texte], deren unter ihrem Taufnamen Therese erschienene Schriften ihr in Mädchen- und Frauenkreisen eine bleibende Erinnerung sichern. Der Sohn Karl Julius besuchte und beendete das Gymnasium und die philosophischen Studien am evangelischen Lyceum seiner Vaterstadt Preßburg, dann begab er sich nach Deutschland, wo er in den Jahren 1843–1846 an den Universitäten zu Leipzig, Halle und Berlin philosophische und philologische Vorlesungen hörte und sich namentlich an den Vorträgen von Gottfried Hermann und Moriz Haupt (Leipzig 1843/44), Heinrich Leo und M. W. Duncker (Halle 1844/45) für seine künftige wissenschaftliche Richtung ausbildete. In seine Vaterstadt zurückgekehrt, wendete er sich dem Lehrfache zu und supplirte an dem dortigen evangelischen Lyceum 1846 bis 1849 zunächst seinen greisen Vater in den Vorträgen über deutsche Literaturgeschichte, bis ihn der akademische Senat der Universität zu Pesth provisorisch zum Professor der deutschen Literaturgeschichte ernannte. In Würdigung seiner verdienstvollen Thätigkeit beantragte der akademische Senat wiederholt beim Ministerium seine definitive Anstellung. „Confessionelle Bedenken“ – denn Schröer war Protestant – bestimmten jedoch das Ministerium, die Anträge des Senats, ohne ihnen Folge zu geben, einfach zur Kenntniß zu nehmen, und zuletzt mußte S. es sich gefallen lassen, 1852 als Professor der deutschen Literatur an die Preßburger Oberrealschule – also vom Lyceum an die Realschule – versetzt zu werden. An dieser wirkte er von 1852 bis 1861. Durch das October-Diplom vom Jahre 1860 ward S.’s Stellung in Preßburg gefährdet. Auf eine amtliche Anfrage der ungarischen Regierung hatte S. zu Protokoll erklärt, daß er zur Magyarisirung der Schulen Ungarns in Städten, wie Preßburg, wo die Bevölkerung eine deutsche ist, obwohl selbst der magyarischen Sprache mächtig, nimmermehr die Hand bieten würde. Unter solchen Umständen war ein längeres Bleiben nicht denkbar, S. strebte demnach fort und nahm 1861 unter den ungünstigsten Umständen die Stelle eines Directors der evangelischen Schulen in Wien an, in welche er am 2. November g. J. in der Gumpendorfer Kirche in Gegenwart des Schulvorstandes, der Vorstände beider Gemeinden, des gesammten Lehrkörpers und der Schuljugend feierlich eingeführt wurde. Nach vierjähriger Thätigkeit in seinem Amte forderte S. im December 1865 wegen principieller Differenzen, wie er in seinem Entlassungsgesuche begründete, seine Entlassung. In Wahrheit wich er den Anfeindungen des vielköpfigen, von evangelischen Geistlichen nicht zu seinem Vortheile beherrschten Wiener evangelischen Schulvorstandes. Sein Amt verwaltete er jedoch noch während des [349] ganzen Schuljahres 1866, worauf er dasselbe in die Hände des Pfarrers Porubsky [Bd. XXIII, S. 132] zurücklegte. S. war indessen, im Juni 1866, zum Docenten für deutsche Literatur und mit ah. Entschließung vom 21. November 1867 zum außerordentlichen Professor des genannten Faches am polytechnischen Institute, gegenwärtig k. k. technische Hochschule, ernannt worden, welche Stelle er noch zur Stunde bekleidet. Während dieser Jahre war S. nach verschiedenen Richtungen, vornehmlich aber im Gebiete der deutschen Sprachkunde und Culturgeschichte schriftstellerisch thätig und hat theils mehrere selbstständige Werke, theils zahlreiche Arbeiten in periodischen Fachschriften und Schulprogrammen veröffentlicht. Die Titel seiner selbstständig erschienenen Schriften sind in chronologischer Folge: „Geschichte der deutschen Literatur. Ein Lehr- und Lesebuch für Schule und Haus“ (Pesth 1853, G. Heckenast, 308 u. [Anhang] 191 S. 8°.); – „Gedichte“ (Wien 1856, Zamarski, 142 S. 8°.; 2. verm. Aufl. ebd. 1862, Braumüller, 172 S. 8°.); – „Deutsche Weihnachtspiele aus Ungarn. Geschildert und mitgeteilt von ... Mit Unterstützung der kais. Akad. der Wiss. gedruckt“ (Wien 1858, Keck u. Comp., VIII u. 219 S. 8°.; neue (Titel-) Ausgabe ebd. 1862, Braumüller); – „Festspiel zur Schillerfeier 1859“ (Preßburg 1859, Wigand, 16 S. 8°.); – „Die Deutschen im ungrischen Bergland. Eine Skizze“ (Wien 1865, Braumüller, 23 S. 8°.), ursprünglich erschienen in der „Oesterreichischen Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und öffentliches Leben“); – „Auswahl deutscher Gedichte für die dritte Classe der Realschule (Wien 1864, Braumüller); – „Zum Unterricht in der Kalligraphie. Ausgabe für Lehrer“ (ebd. 1864, 8°.); – „Ausgabe für Schüler“ (ebd. 1864, 8°.); – „Das Bauernhaus mit seiner Einrichtung und seinem Geräthe (Gruppe XX). Bericht von Dr. K. J. Schröer“ (Wien 1874, Staatsdruckerei, mit 6 Holzschnitten, 8°.), bildet das 51. Heft des officiellen Ausstellungsberichtes: – „Die deutsche Dichtung des 19. Jahrhunderts in ihren bedeutendsten Erscheinungen. Populäre Vorlesungen“ (Leipzig 1875, F. C. W. Vogel, gr. 8°.). Von seinen in periodischen Fachschriften und sonst zerstreut gedruckten Arbeiten sind anzuführen: in den Sitzungsberichten philos.-histor. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien (alle auch in besonderen Abdrücken, zum Theile vergriffen): „Beitrag zu einem Wörterbuche der deutschen Mundarten des ungrischen Berglandes. I. und II.“ (25. Bd. 1857, S. 213–272, u. 27. Bd. 1858, S. 174-240); – „Nachtrag zum Wörterbuche der deutschen Mundarten des ungrischen Berglandes“ (31. Bd. 1859, S. 245–292); – „Versuch einer Darstellung der deutschen Mundarten des ungrischen Berglandes mit Sprachproben und Erläuterungen“ (44. Bd. 1863, S. 253–436, mit 1 Karte); – „Die Laute der deutschen Mundarten des ungrischen Berglandes“ (45. Bd. 1864, S. 181–258); – „Die Dichtungen Heinrich’s von Mügeln (Mogelîn), nach den Handschriften besprochen“ (55. Bd. 1867, S. 451–520); – „Ein Ausflug nach Gottschee. Beitrag zur Erforschung der Gottscheewer Mundart. Dem Andenken Franz Pfeiffer’s gewidmet (60. Bd. 1868, S. 165–288); – „Weitere Mittheilungen über die Mundart von Gottschee. Abschluß des Wörterbuches mit Nachträgen und Berichtigungen zu: Ein Ausflug nach Gottschee“ (65. Bd. 1870, S. 391–510); – in den Programmen der Preßburger Oberrealschule (auch in Sonderabdrucken). 1852: „Ueber den Lehrstoff für den [350] deutschen Sprachunterricht“; – 1853: „Vom Rechte, die bestehende Orthographie zu ändern“; – 1854: „Erstes Heft eines deutschen Lesebuches für die oberen Classen von Mittelschulen“; – 1855: „Abenteuer eines ungrischen Schulmannes mit Goethe, Schiller und Wieland“; – „Beitrag zur deutschen Mythologie und Sittenkunde aus dem Volksleben der Deutschen in Ungern“; – „Vorschlag zur Einigung in den Grundsätzen der Rechtschreibung“; – 1857: „Ein Bruchstück des Gedichtes Luarin“; – 1858: „Nachtrag zu den deutschen Weihnachtspielen aus Ungern“; – 1859: „Lateinisch-deutsches Vocabular von MCCCCXX“; – in verschiedenen Zeitschriften, und zwar im Weimarischen Jahrbuche für deutsche Sprache, Literatur und Kunst. Herausgegeben von Hoffmann von Fallersleben und Oscar Schade (Hannover, Rumpler, 8°.), im III. Bde. (1855), S. 391 bis 419: „Ein Weihnachtspiel aus Ungern. Nach der Handschrift der Sternspiel-Bruderschaft zu Kremnitz“; – im IV. Bde. (1856), S. 383–398: „Ein Paradeisspiel aus Ober-Ufer in Ungern“; – in der Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, herausg. von J. W. Wolf (Göttingen, Dieterich’sche Buchhandlung, 8°.), im II. Bde. (1855), S. 187–193: „Aus dem Volksleben in Preßburg und der Umgegend“; – ebd. S. 217–220: „Volks- und Kinderlieder“; – ebd. S. 424–426: „Mythische Gestalten im Preßburger Volksglauben“; – in Die deutschen Mundarten, herausg. von G. K. Frommann (Nördlingen, Beck’sche Buchhandlung, 8°.) V. Jahrgang (1858), S. 501–506: „Preßburger Sprachproben, nach dem Leben aufgezeichnet“; – im VI. Jahrg. (1859), S. 21–33, 179–185, 330 bis 348: „Heanzen-Mundart (Idiotikon)“; – S. 248–251: „Sprachliche Erläuterungen zu einer Sprachprobe aus Beneshäu in der Neutraer Gespanschaft in Ungern“; – S. 521: „Uebertragung einer finnischen Rune in die Gottschee’r Mundart“; – in Germania. Vierteljahrschrift für deutsche Alterthumskunde, herausg. von Franz Pfeiffer, seit 1869 von Karl Bartsch (Wien, Gerold, 8°.), im XII. Jahrg. (1867), S. 284–309: „Todtentanzsprüche“; – im XIII. Jahrg. (1868), S. 104: „Der Tod als Jäger“; – S. 212–214: „Zu Heinrich von Mogelîn“; – S. 214 u. f.: „Zamolxis“; – im XIV. Jahrg. (1869), S. 327 bis 336: „Das Fortleben der Kudrunsage“; – im XVI. Jahrg. (1871), S. 342–345: „Bruchstücke des jüngeren Titurel“; – im XVII. Jahrg. (1872), S. 65–74: „Zur Heldensage“; – S. 208–211 u. 425–431: „Zum Fortleben der Gudrunsage“; – S. 459 bis 461: „Standbilder Attila’s und Kriemhildens“ (außerdem Recensionen, besonders von Schriften über deutsche Mundarten, in verschiedenen Jahrgängen der „Germania“); – in Germanische Studien. Supplement zur Germania, herausg. von Karl Bartsch, im II. Bde. (Wien 1875, Gerold, 8°.) S. 197–239: „Meistersinger in Oesterreich“; – im Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen, herausg. von Ludwig Herrig, im XXVII. Jahrg. 50. Bd. (Braunschweig 1872, Westermann), S. 59–82: „Alphart’s Tod, in erneuter Gestalt“, ist in neuester Zeit auch als ein besonderes Bändchen in der sogenannten Reclam’schen „Universal-Bibliothek“ (Heft 546) erschienen. Es ist eine reiche und vielseitige Thätigkeit, welche uns in S. entgegentritt. Ja, außer diesen speciell benannten Arbeiten S.’s [351] sind noch deren viele in der „Zeitschrift für österreichische Gymnasien, für Literatur und Kunst“, in der Leipziger „Illustrirten Zeitung“ und in verschiedenen Wiener, Pesther und Preßburger Tageblättern enthalten. Seine wissenschaftlichen Arbeiten behandeln mit Vorliebe die Mundarten der in Ungarn und Krain, unter Magyaren und Slaven lebenden Deutschen (Heanzen, Gottscheer), und erschließt uns S. in dieser Richtung neue Gebiete und eröffnet uns die interessanten Seiten einer bisher unbeachtet geblichenen Cultur, die sich mitten unter ganz fremden, auf seine Vernichtung und Aufsaugung hinarbeitenden Elementen trotz alledem und alledem erhalten hat. Diese theils sprach-, theils culturhistorischen Arbeiten S.’s sind wohl das Werthvollste, was wir bisher S.’s Feder zu verdanken haben. Von seinen Gedichten sagt Kurz im vierten Bande seiner „Literaturgeschichte“, daß sie „nicht ohne Werth sind“. Sein in jüngster Zeit erschienenes Werk: „Die deutsche Dichtung des 19. Jahrhunderts in ihren bedeutenden Erscheinungen“ hat in der „Allgemeinen Zeitung“ (1875, Beilage Nr. 114 u. 115) im Aufsatze: „Eine Literaturgeschichte aus dem Handgelenke“, von Emil Kuh, eine vernichtende Beurtheilung erfahren. Herausgeber dieses Lexikons – in dieser Sache selbst Partei – maßt sich kein Urtheil über dieses Werk S.’s an; meint aber, daß manche Einwürfe Kuh’s der Begründung nicht ermangeln und daß namentlich die Lückenhaftigkeit des Buches mit Recht gerügt wird.
Schröer, Karl Julius (Sprachforscher und Schriftsteller, geb. zu Preßburg 11. Jänner 1825). Ein Sohn des unter dem anagrammatischen Pseudonym- Ergenzinger (Julius), Bis zur Bürgerschule. Geschichte der vereinigten evangelischen Schulen in Wien 1794–1870 (Wien 1872, Faesy u. Frick, 8°.) S. 66 u. f. – Kurz (Heinrich), Geschichte der neuesten deutschen Literatur von 1830 bis auf die Gegenwart. Mit ausgewählten Stücken aus den Werken der vorzüglichsten Schriftsteller (Leipzig 1873, B. G. Teubner, schm. 4°.) S. 44a. – Preßburger Zeitung 1855, Nr. 296, im Feuilleton: „Gedichte von K. J. Schröer“. – Novellen-Zeitung (Leipzig, schm. 4°.). Dritte Folge, II. Jahrgang (1856), Nr. 7, S. 98, im „Album“. – Germania. Herausgeg. von Pfeiffer, XII. Bd. (1867), S. 126 u. f.: „Brief von Jacob Grimm an Schröer ddo. 2. Februar 1858“. – Zarncke (Friedrich), Literarisches Centralblatt u. s. w. (Leipzig, Avenarius, 4°.) 1868, Nr. 4, Sp. 87. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1867, Nr. 1118. –