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BLKÖ:Habsburg, Friedrich IV. mit der leeren Tasche

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
fertig
Band: 6 (1860), ab Seite: 262. (Quelle)
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103. Friedrich IV. mit der leeren Tasche, Erzherzog von Oesterreich (geb. 1382, gest. 25. Juni 1439). Sohn Leopold’s III. des Gerechten aus dessen Ehe mit Viridis, Tochter Barnabas, Herzogs von Mailand. Friedrich’s Brüder waren: Wilhelm (gest. 1406), Leopold IV. der Stolze (gest. 1411) und Ernst der Eiserne [s. Nr. 78]. Gemalinen: 1) Seit 1406 Elisabeth [s. Nr. 65], 2) Anna, Tochter Friedrich’s, Herzogs von Braunschweig, gest. 11. August 1432. Kinder. Aus erster Ehe: Elisabeth (geb. und gest. 27. December 1409). Aus der zweiten Ehe: Wolfgang (jung gest. 16. Februar 1426); Margaretha (jung gest. 5. Juli 1424); Sigismund (geb. 1427, gest. 1496), und Hedwig (jung gest. 21. September 1427). Wahlspruch. Ueber einem auf einem Altare lodernden Feuer die Devise: „Quiescit in sublimi“, und wie Fugger sie übersetzt:

Sie steigt ohne Ruh’
Dem Himmel zu.

Hervorragende Lebensmomente. Friedrich regierte mit seinen Brüdern gemeinschaftlich, doch so, daß der Aelteste den Vorrang hatte und als Familienvater in der Burg zu Wien residirte. Im Jahre 1404 leistete Friedrich dem Abte Cuno von St. Gallen Hilfe gegen die Appenzeller, jedoch die eine Abtheilung erlitt bei dem Angriffe auf den Berg Stoß eine Niederlage und die zweite von Friedrich geführte belagerte St. Gallen, gab aber die Belagerung auf, als Friedrich den Unfall der ersten Abtheilung vernahm, auf dem Rückzuge noch einen harten Strauß gegen die Appenzeller bestehend. Als diese später in das Innthal und die Etschlande eindrangen, gab ihnen aber Friedrich’s Partei am 13. Jänner 1408 für ihren frevelhaften Uebermuth den Lohn zurück, indem sie dieselben bei Bregenz angriff und gänzlich auf’s Haupt schlug. Immer noch dauerten die Zwistigkeiten fort zwischen Friedrich von Tirol und den Appenzellern, aber Friedrich hatte nicht Zeit, sich mit ihnen zu beschäftigen, weil der übermüthige Heinrich von Rattenberg, gemeiniglich der Hauptmann von Chaltaren genannt, seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Heinrich besaß in Tirol 24 gute Schlösser, die ihm über 20.000 Ducaten an verschiedenen Einkünften abwarfen. Diese Macht und dieser Reichthum ließen ihn die Ehrfurcht vergessen, die er seinem Fürsten schuldete. Heinrich hatte die Herzoge von Bayern gegen Friedrich aufgereizt, die nunmehr Ansprüche auf Tirol erhoben. Der Kampf begann, wurde jedoch ohne besonderen Erfolg geführt, bis endlich durch Georg, Bischof von Passau, zwischen den Herzogen von Bayern und Oesterreich auf zwei Jahre Friede gemacht wurde. Indessen bemächtigte sich Friedrich auch seines Gegners Heinrich von Rattenberg, hielt ihn in Gewahrsam, stellte ihn allen Jenen, die er als seine [263] Genossen im Kampfe gegen Friedrich angegeben hatte, entgegen, die nun in solche Erbitterung gegen Heinrich geriethen, daß es zwischen ihm und dem Edelmanne Prandesser zum Zweikampfe kam, in welchem der Letztere erlag. Darüber geriethen die Anderen in solche Bestürzung, daß sie Heinrich durch Gift des Lebens beraubten. Friedrich zog nun die Güter Heinrich’s, der ohne Leibeserben gestorben war, ein (1411). Inzwischen waren auch Friedrich’s Brüder Leopold und Wilhelm gestorben, und Ernst und Friedrich theilten nun die Länder unter sich. Ernst erhielt Steiermark, Kärnthen, Krain; Friedrich Tirol, Elsaß und die Markgrafschaft Burgau in Schwaben. Auch nahm Friedrich im Jahre 1408, als der letzte Graf der Laufenburger Linie, Johann Graf von Habsburg, gestorben war, die Grafschaft Laufenburg in Besitz. Am 28. Mai 1411 erneuerte Friedrich mit den eidgenössischen Orten, weil der im Jahre 1394 geschlossene Friede zu Ende ging, denselben auf 50 Jahre. Als im folgenden Jahre, 1412, der zwischen Friedrich und dem Herzoge von Bayern, Stephan, geschlossene Waffenstillstand endete, begannen die Fehden auf beiden Seiten. Jedoch schon 1413 wurde durch Vermittlung des Bischofes von Augsburg und anderer Edlen wieder Friede gemacht. So lange Friedrich’s Schwiegervater, Ruprecht von der Pfalz, deutscher Kaiser war, hatte Friedrich guten Stand, anders erging es ihm, als Sigmund Kaiser wurde, gegen den er schon früher, als er nur römischer König war, heimlichen Groll hegte, wie Sigmund auch ihn anfeindete, insbesondere seit der Zeit, als sich Friedrich bei dem Zuge des Papstes Johann XXIII. durch Tirol zum Concile nach Constanz von diesem am 15. October 1414 zu Meran gegen die jährliche Summe von 6000 Goldgulden zum Generalcapitän der katholischen Kirche hatte ernennen lassen. Auf eine Forderung Sigmund’s, sich in Constanz einzufinden, um die Lehen zu nehmen, weigerte sich Friedrich dessen, weil die Herzoge von Oesterreich vermöge ihrer alten Privilegien nicht schuldig waren, ihre Lehen wo anders als im eigenen Lande zu empfangen. Dennoch begab sich Friedrich später nach Constanz und leistete am 4. Februar 1415 die verlangte Huldigung. Der Umstand, daß Friedrich sich des von Sigmund und dem größeren Theile der zu Constanz versammelten Kirchenväter verfolgten Papstes Johann XXIII. annahm, verwickelte ihn auch in Unannehmlichkeiten, welche ihn aber nicht hinderten, dem Papste zu seiner am 20. März 1415 unternommenen Flucht förderlich zu sein. In Folge dessen wurde Friedrich vor Sigmund und die versammelten Reichsfürsten in Constanz vorgeladen und, als er der Aufforderung keine Folge leistete, in die Reichsacht erklärt und von der Kirchenversammlung in den Bann gelegt. Nun wimmelte es an Feinden, welche sich Sigmund gegen Friedrich zur Verfügung stellten, auf allen Seiten; auch Friedrich’s Freunde waren darunter, die schwäbischen Reichsstädte, viele Grafen, Herren und Edelleute, der Burggraf Friedrich von Nürnberg, selbst die Eidgenossen, ungeachtet des 50jährigen Friedens, den sie mit Friedrich geschlossen, von Sigmund aufgefordert, fehlten nicht, alle standen wider Friedrich auf. Nur wenige Freunde, darunter Herzog Ludwig der Bärtige von Ingolstadt, waren Friedrich treu geblieben, und Ludwig [264] unternahm es, die schlimme Sache seines Freundes auszugleichen. Friedrich erschien nun auf Ludwig’s Rath wieder in Constanz und stellte sich am 5. Mai 1415 vor Sigmund, erbat sich von diesem in öffentlicher Versammlung Gnade und erhielt sie, mußte aber am 7. Mai eine Urkunde unterzeichnen, zu Folge welcher er sämmtliche Lande und Leute im Elsaß, Breisgau, Schwaben und Tirol in des römischen Kaisers Hände legen, den Papst Johann nach Constanz einzuliefern versprechen und so lange selbst als Geißel verbleiben mußte, bis sich Johann eingefunden haben würde. Aber die Geister des Haders heraufbeschworen, waren nicht wieder so schnell zu bannen. Die Eidgenossen, von Sigmund zu den Feindseligkeiten gegen Friedrich aufgefordert, leisteten wohl dieser Aufforderung, aber nicht der neuen, damit innezuhalten, Folge. Elsaß, Breisgau, Schwaben ließen sich von Sigmund in Besitz nehmen, aber nicht Tirol, wo Friedrich’s Bruder, Herzog Ernst, mächtigen Widerstand Sigmund entgegenstellte. Ernst’s Verhalten mißverstehend [s. Nr. 78], gerieth nun Friedrich auch mit seinem Bruder in heftige Fehde, in welcher Tirol in zwei Parteien sich spaltete. Auch jetzt gelang es wieder Ludwig dem Bärtigen Frieden herzustellen, der am h. Michaelistage 1416 geschlossen wurde. Uebrigens waren Sigmund’s Ränke gegen Friedrich noch lange nicht zu Ende. Obgleich sich letzterer zu jedem Vergleiche, ja zu der schweren Buße herbeiließ, die ihm Papst Johann’s XXIII. Nachfolger, Martin V., auferlegte und obgleich er bedeutende Summen Geldes zahlte, so ersann Sigmund immer neue Umtriebe, und die Verluste Friedrich’s waren zuletzt so groß, daß er nichts mehr besaß, aus welcher Zeit der Spottname: „Friedel mit der leeren Tasche“, stammt. Friedrich’s zweite Frau, Anna von Braunschweig, forderte von Sigmund ihre Morgengaben, und als ihr dieser den Bescheid gab, sie von ihrem Gatten zu verlangen, befand sie sich in der traurigen Lage, erwidern zu müssen: „Unser Herr hat doch selber nichts, Euere Gnade ist zur Zeit mein Herr“, und nun erst gab ihr Sigmund Ensheim, St. Diebolt, Wasmünster, Dottenricht im Ober-Elsaß heraus. Eine gänzliche Aussöhnung zwischen Friedrich und Sigmund kam erst am 17. Februar 1425 auf dem Schlosse Hornstein in der Oedenburger Gespanschaft zu Stande. In Folge derselben erhielt Friedrich alle seine Güter zurück und durfte auch jene, welche Sigmund des Reiches wegen verpfändet hatte, wieder einlösen. Die Verlegenheiten, ja die Noth, in welche Friedrich durch Sigmund’s Habsucht war versetzt worden, hatten ihn genöthiget, selbst zu außerordentlichen Mitteln die Zuflucht zu nehmen; so führte er in den ihm gebliebenen Besitzungen neue Zölle und mehrere besondere Abgaben ein; nahm den beiden Baronen Ulrich und Heinrich von Starkenberg an der Etsch eilf in Tirol gelegene Schlösser weg; sagte den Venetianern Fehde an, versperrte ihnen Wege und Straßen, um ihnen die Einfuhr und Ausfuhr der Waare unmöglich zu machen, insbesondere schnitt er ihnen die Zufuhr von Hammelfleisch und Bauholz – zwei in Venedig stark gesuchte Artikel – ab; erst mit einem bedeutenden Lösegelde konnten die Venetianer sich von diesem Ungemache befreien. Diese Umstände sind es, welche veranlaßten, daß Friedrich von den Geschichtsschreibern der Habsucht beschuldiget wird. Wohl würde Friedrich, [265] wenn ihn Sigmund’s bekannte Ränke und Habsucht nicht auf’s Aeußerste gebracht hätten, zu diesen Mitteln, welche zuletzt nur Gegenwehr waren, nicht gegriffen haben. Uebrigens hatte Friedrich bei seinem Tode den Spottnamen des „Friedels mit der leerem Tasche“ glänzend widerlegt, er hatte alle verpfändeten Güter eingelöst und eine Million Gulden in Gold hinterlassen. Ein guter Wirth, wie er war, beaufsichtigte er seine Beamten und mengte sich oft in Bauerntracht unter die Bauern; „Zu Hof redet ein Jeder,“ rief er dann, „wie ich’s gerne höre, der Bauer redet, wie ’s ihm um’s Herz ist, und so erfahre ich die Wahrheit.“ Sein Sohn Sigmund war, als der Vater starb, noch minderjährig und erhielt seinen Vetter Friedrich, des Herzogs Ernst Sohn, nachmaligen Kaiser Friedrich [siehe den Folgenden], zum Vormunde.

Brandis (Clemens Wenzel Graf zu), Tirol unter Friedrich von Oesterreich (Wien 1821, F. Ludwig). – Weber (Beda), Oswald von Wolkenstein und Friedrich mit der leeren Tasche. In eilf Büchern (Innsbruck 1850, Wagner, 8°.). – Fugger, Spiegel der Ehren des Erzhauses Oesterreich (Nürnberg 1668, kl. Fol.) S. 406–430, 502–504. – Unter den in anderen Werken zerstreuten Aufsätzen siehe: Hormayr’s „Taschenbuch“ 1847, S. 207–267: „Der Herzog mit der leeren Tasche und dem goldenen Dache, Friedrich von Tirol“. – Hormayr’s „Archiv“ 1818, S. 337: „Friedrich mit der leeren Tasche, Herzog von Oesterreich, Graf von Tirol, auf der Kirchenversammlung zu Constanz“. – Zeitschrift des Ferdinandeums (Innsbruck 1841, 8°.) S. 93–120: „Kaiser Sigmund in Tirol. Eine kritische Untersuchung des XVIII. Cap., I. Bandes der Geschichte Kaiser Sigmund’s, von Dr. Aschbach“. Von A. Jäger. – Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften 1849, II, S. 427: „Verhältniß des Hauses Habsburg gegen die Schweiz seit der Achtserklärung Friedrich’s mit der leeren Tasche durch Kaiser Sigismund“. Von J. Chmel. – Schweizer Archiv VI. (1849) S. 123: „17 Beschwerdeschriften, dem Herzoge Friedrich von Oesterreich im Jahre 1411 aus seinen Herrschaften in den vorderen Landen eingereicht“. Mitgetheilt von Hottinger. – Die illustrirte Welt (Hallbergers Verlag, kl. 4°.) 1859, S. 177: „Das goldene Dachl von Innsbruck“. [Die Abbildung dieses nach der Hofburg ältesten Hauses in Innsbruck. Friedrich ließ 1425, um den Spottnamen „mit der leeren Tasche“ zu widerlegen, das Dach des Erkers an diesem Hause für 30.000 Ducaten vergolden.] – Waldkirch (Joh. Rudolph v.), Gründliche Einleitung zu der eydgenossischen Bundes- und Staatshistorie (Basel 1757, 8°.) Neu vermehrte Auflage. Bd. I, S. 187, 193. – Vergleiche auch: Schmit von Tavera (Carl Dr.), Bibliographie zur Geschichte des österreichischen Kaiserstaates (Wien 1858, Seidel, 8°.) Nr. 534–550. – Das inhaltreiche und wechselvolle Leben Friedrich’s bot auch reichen Stoff zur poetischen Gestaltung, theils in epischer, theils in dramatischer Form und in jener des Romanes. So enthält Hormayr’s „Taschenbuch“ für 1846, S. 120–132, ein längeres Gedicht: „Der Friedel mit der leeren Tasche von Tirol“, von Hannusch. – Theodor Herzog schrieb ein dramatisches Gedicht: „Friedrich von Oesterreich“ (Leipzig 1848, Brandstätter, 8°.). – Franzisca Stengel verarbeitete eine Liebesangelegenheit Friedrich’s im Romane: „Die Rose von Innsbruck. Ein Roman aus der Zeit des Conziliums von Constanz“. 2 Theile (Mannheim 1844, Bensheimer). – Auch soll, wie Zeitungsnotizen melden, der begeisterte Sänger des „letzten Ritters“, Anastasius Grün, den Herzog Friedrich zum Vorwurfe eines größeren epischen Gedichtes gewählt haben. – Porträte. 1) Gestochen von Hyrtl (Wien, Schaumburg, 8°.); – 2) ohne Angabe des Stechers (wahrscheinlich von Philipp Kilian) in Fugger’s „Spiegel der Ehren des Erzhauses Oesterreich“, S. 503.