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BLKÖ:Chasteler-Courcelles, Johann Gabriel Marquis von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Chambon, Eduard
Band: 2 (1857), ab Seite: 331. (Quelle)
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Chasteler-Courcelles, Johann Gabriel Marquis von (Feldzeugmeister, Commandeur des Mar. Theresien-Ordens, geb. zu Mons 22. Jänner 1763, gest. zu Venedig 10. März 1825). Entstammt einer alten belgischen Familie, welche mit dem Hause Lothringen verwandt war [vergleiche die Quellen]. Seine Mutter Albertine Josephine war eine geborne Gräfin Thürheim. Johann Gabriel kam 1773 in das Collegium de Fort nach Metz, wo der gelehrte Canonicus Lacretelle, der Bruder des berühmten Naturforschers, sein Lehrer war. Im Jahre 1776 trat C. als Cadet in’s Inf.-Reg. Prinz Karl von Lothringen; 1778 kam er in die Ingenieur-Akademie; wurde 1780 Unterlieutenant im Corps; von 1781–1784 beim Festungsbau in Olmütz, [332] 1785 bei der Armee in den Niederlanden verwendet und wurde im nämlichen Jahre Hauptmann. Im J. 1787 kam er in die Bukowina, rückte im Februar 1788 mit dem Coburg’schen Corps in die Moldau und verlor bei der Belagerung von Chotym durch einen Kartätschenschuß den rechten Fuß. In der Schlacht bei Focksan erwarb er sich das Ritterkreuz des Mar. Theres.-Ordens. In den J. 1789–1792 war er in verschiedenen Diensten, zuletzt als Oberstlieutenant in den Niederlanden thätig, wo er in Namur am 2. December 1792 gefangen genommen und erst im Juni 1793 ausgewechselt wurde. Am 15. und 16. October d. J. durchbrach C. an der Spitze von vier Escadronen Coburg-Dragoner den rechten Flügel der franz. Armee und bezahlte diese Waffenthat mit acht Bajonettstichen in Brust und Leib. Im J. 1794 zum Geniedirector der Festung Mainz ernannt, erhielt er 1795 bei Vertheidigung eines vorliegenden Werkes eine Wunde im Kopfe. Am 29. Oct., bei der Erstürmung der Mainzer Linien, zeichnete sich C. so sehr aus, daß selbst der Feind seinem Heldenmuthe Ehre widerfahren ließ. Nur nannten ihn die Franzosen irrig einen Mr. de Challotais oder Chatelet. Im Nov. 1795 wurde er zum Obersten befördert und nun bei den durch Polens Theilung nothwendig gewordenen Gränzregulirungs-Arbeiten verwendet. Am 3. Apr. 1797 ernannte ihn Kaiser Franz zum Generalmajor, als welcher er nach dem Frieden von Campoformio zum bevollm. Gränzberichtigungscommissär ernannt wurde, um die Gränze zwischen Oesterreich und der cisalpinischen Republik zu bestimmen. Im J. 1798 bereiste C. im kais. Aufträge Ost- und Westgalizien, um eine militär. Abhandlung über diese Provinzen zu verfassen. 1799 ging er als General-Quartiermeister nach Italien, wo Suwarow am 15. April d. J. den Oberbefehl der östr. Truppen übernommen hatte und C. sein Liebling u. Vertrauter wurde. Bei dem Uebergang der Oesterreicher über den Mincio, Oglio und die Adda, bei Verderio, wo die Division des Generals Serrurier die Waffen streckte, wovon die letzte Folge der Einmarsch der Verbündeten in Mailand war, that sich C. so hervor, daß er das Commandeurkreuz des Mar. Ther.-Ordens erhielt. Ueberhaupt war C. bei diesem Feldzuge an der Seite Suwarows ununterbrochen thätig und an der Vernichtung der französ. Armee an der Trebia (17.–19. Juni 1798), wo das französische 35,000 Mann starke Heer 22,000 Mann an Todten, Verwundeten und Gefangenen verlor, hatten C.’s Rathschläge wesentlichen Antheil. Bei der Belagerung von Alessandria ward C. durch eine Kartätschenkugel tödtlich verwundet. Erst 1800 erscheint C. wieder als zweiter General-Quartiermeister im Feldzuge d. J. neben GM. Heinrich von Schmidt. C. ging nun nach Tyrol, wo er den Tyroler Landsturm einübte, die Bekanntschaft des 19jähr. Hauptmanns Freiherrn von Hormayr machte und mit diesem zusammen jene Memoiren ausarbeitete, welche im J. 1802 die wirkliche Errichtung der Tyroler Landmiliz zur Folge hatten. Am 8. Jänner 1801 avancirte C. zum F. M. L., entwickelte eine rastlose Thätigkeit in Tyrol, wofür ihm die Tyrolerstände durch Ertheilung ihrer Landmannschaft und der großen Tapferkeitsmedaille ihre Erkenntlichkeit bezeigten. In dem im J. 1805 zwischen Oesterreich und Frankreich ausgebrochenen Kriege befehligte C. in Nordtyrol. Im darauf folgenden Friedensjahr 1806 ward er Divisionscommandant in Graz. Im J. 1808 erhielt er das Commando über die Festungsarbeiten in Comorn, welche auf das emsigste in Angriff genommen wurden, so daß C., der am 1. Juni [333] mit den Arbeiten begonnen, im Dec. schon 3800 Klafter im Umfang von der 30 Schuh hohen Hauptfronte vollendet hatte und im folgenden J. die Festungswerke im vollkommenen Vertheidigungszustande waren. In dem im J. 1809 neuerdings zwischen Oesterreich und Frankreich ausgebrochenen Kriege ward C. Commandirender des 8. Armeecorps. Im März d. J. rückte er mit 10000 Mann in Lienz in Tyrol ein, Hormayr stand ihm als Provinzialhofcommissär zur Seite. Bis zum 26. April, an welchem Tage das zweitägige hartnäckige Treffen bei Volano endigte, war die Eroberung Tyrols vollendet, und nebst Vorarlberg schloß auch das Veltlin sich an. Die Franzosen griffen über diese Ereignisse zu Schreckensmaßregeln u. Napoleon erließ sogar im Hauptquartiere zu Enns den Tagsbefehl vom 5. Mai 1809: „Le nommé Chasteller, soi disant général au service d’Autriche, moteur de l’insurrection du Tyrol, et auteur des massacres commis, contre le droit des gens sur les Bavarois et Français, arretés et faits prisonniers par les insurgés, sera traduit à une commission militaire aussitôt qu’il sera prisonnier, et passé par les armes dans les vingt-quatre heures qui suivront sa saisie; et ce comme chef des brigands.“ Die Bezeichnung „le nommé Chasteler“ ist um so komischer, als Napoleon C. sehr gut kannte und zwar aus dem Jahre 1797, als Chasteler die Gränzberichtigungen für Oesterreich in Italien ordnete und sich dem damaligen Obergeneral in Passeriano vorstellte, ein zweites Mal im Jahre 1802, in welchem der auf Urlaub in Paris befindliche C. von Napoléon, damaligem 1. Consul mit Auszeichnung aufgenommen wurde und im Garten von St. Cloud eine längere Unterredung mit ihm hatte. Ja Napoleon hatte sogar den Sequester aufgehoben, womit dem Lüneviller Frieden zufolge C.’s Güter in den Niederlanden belegt waren. Diese Achtserklärung, nur in einer Zeit denkbar, in welcher Napoleon das Völkerrecht mit Füßen trat, blieb nicht ohne Eindruck auf C.’s Gemüth, noch mehr aber der ungerechte Vorwurf einer unmenschlichen Behandlung der Kriegsgefangenen, die im Gegentheil unter seiner humanen Behandlung sich der besten Pflege erfreuten. Die darauf folgenden Unternehmungen in Tyrol waren nicht glücklich, der Herzog von Danzig wüthete mit Brand, Raub und Mord. Am 13. Mai erlitt C. bei Wörgl von einem zehnmal überlegenen Feinde eine völlige Niederlage, später mußte er sich – von allen Seiten vom Feinde umringt – aus Tyrol durchschlagen und den Weg durch Kroatien und Untersteier nach Ungarn erzwingen, wo er sich mit dem Banus von Kroatien, dem FML. Grafen Giulay bei Gonowitz vereinigte. Im J. 1810 bereiste er Galizien und Oberungarn, 1811 und 1812 commandirte er in Schlesien, 1813 leitete er die Vertheidigungsanstalten von Prag, wohnte den Schlachten von Dresden und Culm bei; nach der Schlacht von Leipzig erhielt er das Commando des Corps, welches vor ihm Graf Klenau befehligt hatte; 1814 bearbeitete er während des Wiener Congresses mehrere bedeutende militärische Gegenstände; 1815 ging er als Stadt- und Festungscommandant nach Venedig, in welcher Stadt er bis an sein Lebensende unermüdet thätig, in Folge seiner vielen Wunden nach langen Leiden u. zahlreichen schmerzlichen Anfällen im Alter von 63 Jahren starb. Im J. 1827 wurde dem Helden ein Monument errichtet, dessen Inschrift seiner schönsten Waffenthaten gedenkt. C. hatte 14 Wunden, welche sein Nervensystem sehr erschüttert hatten. Er war in allen ritterlichen Uebungen von Jugend an ausgezeichnet. Er war ein gelehrter [334] Soldat, sprach 12 Sprachen, hatte ungeheuer viel gelesen, dichtete, wie Baron Stassart berichtet, der ein Paar von ihm gedichtete Romanzen, welche in Musik gesetzt worden, selbst gelesen. Seine Tapferkeit war ein Sprichwort. In seinen schönen Jahren war er ein rechter Heinrich Percy und Bayard, und in Wahrheit „ein Ritter ohne Furcht und Tadel“. Uneigennützig und großmüthig, mit Neid, Haß, Rache, Diensteseifersucht und Intrigue so unbekannt wie ein Kind, mild und menschenfreundlich, Soldat mit Leib und Seele, von glühendem Eifer und ewig bewegter Thätigkeit, voll begeisterter Anhänglichkeit an Oesterreich und an das Kaiserhaus, ein Freund seiner Freunde, Jedermann gerne hilfreich, war er einer jener Feldherren in Oesterreich, deren Namen immerfort geehrt bleiben und in der Reihe jener feurigen chevaleresken Wallonen glänzen wird, unter denen die de Ligne, Aremberg, Boucquoy, Dampiere und viele Andere in unvergänglicher Glorie strahlen.

Généalogie de la maison de Chasteler avec les preuves (Bruxelles 1768, Fol.) [liefert den Nachweis, daß die Familie Chasteler ein Seitenzweig des Lothringen’schen Hauses sei und von Dietrich (Terricus) von Autigny, genannt le Diable, jüngerem Sohne des 1206 verstorbenen Herzogs Friedrich I. und der polnischen Königstochter Ludmilla abstamme. Auf die von der Heroldskammer in Mecheln vorgenommene strenge Prüfung der Urkunden und Proben erkannte die Kais. Maria Theresia in einer Urkunde vom 28. März 1769 jene Stammtafel als echt und die Abkunft der Chasteler von den Lothringern als erwiesen an]. – Archiv für Geschichte, Statistik, Liter. und Kunst (Wien 1825, 4°.) XVI. Jahrg. Nr. 65: „Nekrolog“ [gibt den 7. Mai 1825 als seinen Todestag an]. – Ritter von Rittersberg (J.), Biographien der ausgezeichnetsten verstorbenen und lebenden Feldherrn der k. k. östr. Armee aus der Epoche der Feldzüge 1788–1821 (Prag 1828, 8°.) S. 444 [daselbst sein lithographirtes Porträt]. – Zeitgenossen. Biographien und Charakteristiken (Leipzig und Altenburg 1818, F. A. Brockhaus, gr. 8°.). II. Bd. S. 163. – Szöllösy (Joh. Nep. von), Tagebuch gefeierter Helden ... (Fünfkirchen 1837, bisch. Lyceums-Druckerei, 8°.) S. 96 [gibt den 7. October 1825 als seinen Sterbetag an]. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Auflage) IV. Bd. S. 53. – Biographie des hommes vivants (Paris 1816, Michaud, 8°.) II. Bd. S. 142. – Biographie universelle [nach dieser ist C. irrig auf seiner Besitzung bei Ath im J. 1820 gest.]. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de M. le Dr. Hoffer (Paris 1853) X. Bd. Sp. 67 [der Verfasser dieser Biographie, Baron de Stassart, erklärt die Angabe des 7. Mai 1825 als Todestag C.’s, welche Angabe sich in allen östr. Quellen findet, als falsch und gibt den 10. März dess. Jahres als das richtige Datum an]. – Gallerie historique des contemporains. – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer und Czikann), (Wien 1835, 6 Bde.) I. Bd. S. 519 [gibt den 10. Mai 1825 als seinen Todestag an].