Zum Inhalt springen

BLKÖ:Beniowsky, Moriz August Graf von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Nächster>>>
Benkert, Anton
Band: 1 (1856), ab Seite: 272. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Moritz Benjowski in der Wikipedia
Moritz Benjowski in Wikidata
GND-Eintrag: 118810952, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Beniowsky, Moriz August Graf von|1|272|}}

Beniowsky auch Benyowsky, Moriz August Graf von (Abenteurer, geb. [273] zu Verbova in der Neutraer Gespannschaft Ungarns 1741, im Gefecht erschossen in Madagascar nach Baur’s richtiger Angabe in Ersch und Gruber am 23. Mai 1786, [nach Andern Juni 1786, auch Juli 1785]). Sohn eines kaiserlichen Generals der Kavallerie wurde er in Wien erzogen, trat 14 Jahre alt in die kais. Armee, machte als Lieutenant den siebenjähr. Krieg, die Schlachten bei Prag und Schweidnitz mit, und trat 1758 aus der Armee, um zu einem Onkel nach Lithauen zu gehen, den er später beerbte. Indessen entrissen ihm seine Stiefschwestern in der Heimat nach der Mutter Tod das ihm gebührende Erbtheil. Um sich zu beruhigen, machte er eine Reise durch Deutschland, Holland und England, und eben im Begriffe, nach Ostindien sich einzuschiffen, luden ihn 1767 einige polnische Magnaten ein, bei der Krakauer Conföderation einzutreten, was er auch that. B. wurde nach und nach Generalquartiermeister, schlug die Russen bei Kumenka, nahm Landskron in Besitz, ward aber am 20. Mai 1769 in einem Gefechte von den Russen gefangen. Als Gefangener erlitt er ein hartes Loos und wurde nach Kamtschatka gebracht, wo er sich aber durch sein Schachspiel und sonstige Kenntnisse des Gouverneurs Nilow Zuneigung erwarb, erst dessen Kinder unterrichtete, dann in kaiserliche Dienste aufgenommen wurde, und obgleich er schon in Ungarn eine Frau besaß, doch des Gouverneurs Tochter Aphanasia zur Frau nehmen mußte, wollte er die günstige Wendung seines Schicksals sichern. Nun entwarf B. mit anderen Verbannten einen Plan zur Flucht, welcher verrathen, aber durch B.’s Muth und Entschlossenheit dennoch im Mai 1771 ausgeführt wurde. Nach mancherlei glücklich überstandenen Gefahren und Abenteuern erreichte B. am 28. August 1771 die Insel Formosa, welche er, da sie nur zu 1/7 von Chinesen besetzt, und 6/7 frei war, für eine europäische Macht in Besitz zu nehmen gedachte. Am 19. Mai 1772 landete er in Frankreich. Sein Antrag, eine Colonie in Formosa zu errichten, wurde von der franz. Regierung in den ihr genehmeren, eine in Madagascar anzulegen, umgewandelt. Nachdem er die vom Gouverneur von Isle de france ihm in den Weg gelegten Hindernisse alle beseitigt, landete B. am 14. Juni 1774 in Madagascar und war dort mit allen anwohnenden Bewohnern in guter Freundschaft, so daß sie ihn zu ihrem Oberregenten ernannten. Die Colonie würde, wenn sie von Isle de france unterstützt worden wäre, guten Fortgang gehabt haben; aber der Gouverneur der letztern legte B. nicht nur alle denkbaren Hindernisse in den Weg, sondern machte dem französ. Ministerium über den Grafen solche Berichte, daß dasselbe eine Commission zur Untersuchung abschickte. B. jedoch kam der Sache zuvor und reiste 1776 selbst nach Paris, wurde aber so übel empfangen, daß er Frankreich verließ, wieder in österreichische Dienste trat, und 1778 den Sieg bei Habelschwerdt gegen die Preußen erfocht. Doch schon 1783 reiste er nach London, legte den britischen Ministern einen Plan vor, „Madagascar“ in Englands Besitz zu bringen, der aber nicht angenommen wurde. Nun reiste er, nachdem ihm Privatpersonen für 4000 Pf. St. Waare anvertraut, nach Baltimore in Nordamerika, von da nach Brasilien, und kam im Juli 1785 wieder in Madagascar an. Er wurde freundschaftlich aufgenommen und legte eine Colonie an; bald fing er aber Feindseligkeiten gegen die Franzosen an. Nunmehr wurden 60 Mann reguläre Truppen von Isle de france gegen ihn abgesendet, und B. im Gefechte mit denselben am 23. Mai 1786 in die Brust getroffen, so daß er schon nach wenigen Minuten seinen Geist aufgab. [274] Beniowsky hat die Geschichte seines abenteuerlichen Lebens selbst in französischer Sprache geschrieben und sie erschien in engl. Uebersetzung: „Memoirs and travels of Mr. A. count de Beniowsky, contain. an account of his exile into Kamtschatka, travels in China, ec., written by himself, translated from the original manuscript, by Magelhan and Nicholson“ (London 1790, 4°., 2 Bde. mit 28 Karten und K. K.) . Diese für die Länder- und Völkerkunde wenig erhebliche Reisebeschreibung erschien in 3 deutschen Uebersetzungen: 1. „Beniowsky’s Schicksale und Reisen“ übers. von Gr. Forster (Leipzig 1791, 2 Bde.,. 8°., mit K. K.); – 2. „Reisen durch Sibirien und Kamtschatka, über Japan und China“ (übers. von Doroth. Marg. Liebeskind), mit Anmerkungen von J. Reinh. Forster, (Berlin 1790, 8°., mit K. K., auch als 5. Bd. des Magazins von merkw. neuen Reisebeschreibungen); – und 3. „Begebenheiten von ihm selbst beschrieben,“ übers. von Ch. Dan. Ebeling und J. D. P. E. Ebeling, mit des Ersteren Anmerkungen und einem Anhange (Hamburg 1791, 2 Bde., 8°., mit K. K. (auch als 3. und 4. Bd. der neuen Geschichte der Land- und Seereisen). Vieler gehaltvoller Zusätze, Berichtigungen u. Anmerkungen wegen ist diese letzte Uebersetzung am meisten geschätzt. In’s Franz. übersetzt, erschien das Werk Paris 1792 (2 Bde.), in’s Holländische Harlem 1791 (4 Bde.). Die Glaubwürdigkeit B.’s ist öfter, und zwar z. B. von Bretschneider, der den Grafen persönlich kannte, in „Meusels verm. Nachrichten und Bemerkungen“ 110–115, und von Rochon in seiner Voyage à Madagaskar“ (Paris 1791, 8°.) angefochten worden. Doch ohne sich in den Werth und die Glaubwürdigkeit von B.’s Memoiren einzulassen, Muth, Energie, Menschenkenntniß, rastlose Thätigkeit, Unternehmungsgeist und Ausdauer, wenn es galt, seine Entwürfe auszuführen, können dem auch sonst merkwürdigen Manne nicht abgesprochen werden. Kotzebue benützte ihn und seine Geschicke zu einem romantischen Drama: „die Verschwörung in Kamtschatka.“ Von B.’s Begleitern auf der Flucht von Kamtschatka kamen mehrere nach Europa und kehrten in ihre Heimat zurück. Einer derselben, der Kanzellist Riumin, hatte ein Tagebuch geführt, welches auf B.’s Leben ein sehr ungünstiges Licht wirft. Ein Bruchstück dieses interessanten Tagebuchs erschien 1821 in einem russ. Journale.

Zimmermann Annalen der geograph. und statist. Wissensch. I. Jahrg. 4. St. S. 358 u. f. – Allg. Lit. Ztg. 1790, Nr. 230 u. 232. Goth. gel. Ztg. 1790. Ausland. Lit. 273–278; 281–283. – Dieselbe 1791, S. 124–128, – Allg. deutsche Biblioth. CI. Bd. S. 503–513. – Baur (Samuel), Lebensgem. I. Bd. S. 348–365, neue Auflage. S. 353–369. – Biographie universelle (Art. von Baur). – Horanyi (Alex.), Nova memoria Hungarorum (Pest 1792) S. 410. – Kölesy’s et Melczer’s Magyar Plutarkus (Pest 1816) S. 249–288. – Allgem. Encyklopädie der Wissenschaften und Künste. Herausgeg. von J. S. Ersch und J. G. Gruber (Leipzig 1822, Gleditsch, 4°.) I. Sect. 9. Thl. S. 33. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Auflage) II. Bd. S. 509. – Oestr. Militär-Konversations-Lexikon. Herausgeg. von J. Hirtenfeld und Dr. Meynert (Wien 1851) I. Bd. S. 361. (Artikel von Mt.) – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer u. Czikann), (Wien 1835, 6 Bde.) VI. Bd. S. 365. – Sartori (Franz), Pantheon denkwürdiger Wunderthaten des östr. Gesammtreiches (Wien 1816, 3 Bde. mit K. K.) II. Bd. S. 45–278 [der beste Auszug aus B.’s selbst verfaßter Reisebeschreibung und Memoiren]. – Sein Bild steht, von S. Langer gest., in Sartori’s Pantheon.