An Herrn Hofrath von Greiner
[16] An Herrn Hofrath von Greiner.
Ein Liedchen würdigst du dich mir
Zum Angebinde[1] darzubringen,
Ein Liedchen will ich dir
Entgegensingen,
Denn wohl weißt du, du edler Mann!
Ein Schurke thut mehr, als er kan.
Dein Biederherz, so sanft, so groß,
So gut, so deutsch, das absichtslos
Dahin sich giebt, sey nie verkannt!
Lies immer dein verdientes Glück
In unsrer Fürsten Gnadenblick:
Es strahl’ auf dich von ihrem Thron
[17] Doch bist du ja nicht Bürger nur,
Bist Vater auch; Mama Natur
Gab freundlich dir zwey Kinderchen,
Gar brav, und lieblich anzusehn.
Schon jetzt sich zeigt, und wie ein Blitz
Durch jede schöne Kenntniß fährt,
Sey dein und ihrer Mutter werth!
Hohn, Tadelsucht, Koketterie
Ein Edler fühl’ einst Götterlust
An ihrer liebewarmen Brust!
Dein Herzensjunge Xavier
Geh’ bald voll Jünglingsstolz einher,
In seinem eignen Eichenwald!
[18] Auf Bäum’ und Felsen klimm’ er n’auf,
Durchschwimme Seen, sey nicht im Lauf,
Im Waffenspiel und Ringen faul,
Stets bleib’ er von Empfindeley
Und jeder Modenarrheit frey,
Sey nie der Thierbegierden Sklav,
Empfinde stark, und handle brav.
Nach diesen wackren Kindern hin,
Kannst nie die Edle segnen gnug,
Die sie in ihrem Schoosse trug;
Die sie mit ihren Brüsten sog,
Für dich, und sie, bey Tag und Nacht
Mit endeloser Sorge wacht,
[19] Die Weisheit kennt, und übt, und ehrt,
Mit Freyheit handelt, Menschenwerth
Und nicht nach Aussenwerken mißt,
All’ deinen Kummer redlich theilt,
Des Abends dir entgegeneilt,
Und dir in unsrem trauten Kreis
Drum lebt, die ihr es würdig seyd,
In engelgleicher Einigkeit,
Von Glück begleitet und von Ruhm,
Ein ganzes halbes Sekulum.
Wies traun! der Edle meistens hat;
So rück euch sanft zugleich der Tod
Ins Himmelreich zu eurem Gott,
[20] Und der, zu dem der Tod euch rückt,
Der Geber mache, würdig Paar,
Buchstäblich meine Wünsche wahr!
Und wenn es eine Pflicht doch giebt,
Zu lieben, wer uns ehrt und liebt:
Mich warm zu lieben eure Pflicht.
- ↑ An meinem 25sten Geburtstage.